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Regeste
Aus den Erwägungen:
1. b) Gemäss Art. 89 Abs. 2 Ziff. 2 der Bündner StPO ha ...
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2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 4. Februar 1977 i.S. C. gegen Staatsanwaltschaft und Kantonsgericht von Graubünden
 
 
Regeste
 
Willkür im Strafprozess. - Anklageprinzip (Art. 89 Abs. 2 Ziff. 2 StPO-GR); Begriff, Tragweite, insbesondere hinsichtlich des subjektiven Tatbestands.
 
 
BGE 103 Ia 6 (6)Aus den Erwägungen:
 
d) Im übrigen bringt der Beschwerdeführer einzig vor, die Vorinstanz habe in verschiedenen Fällen auf Vorsatz bzw. Eventualvorsatz erkannt, obschon in der Anklageschrift zumeist weder sein Wissen um den wahren Sachverhalt noch der Wille nachgewiesen sei. Diese Rüge verkennt, dass das Anklageprinzip nur eine Darstellung des Sachverhalts in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung, nicht aber auch eine Begründung fordert (SCHMID, op.cit. S. 116). Der Beweis des dargestellten Sachverhalts ist in der Beweisverhandlung zu führen (Art. 112 ff. Bündner StPO), nicht in der Anklageschrift. Entsprechend ist es auch erst Sache des Richters zu ermessen, ob genügend sichere Anhaltspunkte für eine eventualvorsätzliche Begehung sprechen.
Was sodann die Erwähnung der Vorsatzelemente in der Anklage anbelangt, so ist es nicht willkürlich, den jeweiligen Hinweis auf den gesetzlichen Straftatbestand im Anschluss an den Einzelfall als zureichende Umschreibung jener subjektiven Merkmale gelten zu lassen, wenn der betreffende Tatbestand nur als Vorsatzdelikt erfüllbar ist. Dadurch wird nämlich für den Angeklagten - wie übrigens auch für den Richter - jeder Irrtum darüber, ob jenem Fahrlässigkeit oder vorsätzliche Begehung zur Last gelegt werde, ausgeschlossen (s. WAIBLINGER, Das Strafverfahren des Kantons Bern, S. 304) und folglich dem Anklageprinzip Genüge getan. In diesem Sinne aber ist die Staatsanwaltschaft durchwegs verfahren, indem sie eingangs oder am Schluss der jeweiligen Umschreibung des Einzelfalles namentlich und unter Angabe des Gesetzesartikels den in Betracht fallenden Straftatbestand erwähnt hat. Dass sie daneben nicht immer Wissen und Willen des Täters noch besonders hervorhob, war daher kein Mangel im Sinne eines Verstosses gegen das Anklageprinzip, über den die Vorinstanz schlechterdings nicht hätte hinweggehen dürfen.BGE 103 Ia 6 (7)