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Sachverhalt
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2. Die kantonale Volksabstimmung vom 17. Juni 2012 über die  ...
3. Art. 34 Abs. 1 BV gewährleistet die politischen Rechte au ...
4. Zunächst ist zu prüfen, ob es grundsätzlich zul ...
5. Uneinigkeit besteht zwischen den Beschwerdeführern und de ...
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18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Grüne Kanton Zürich und Schlatter-Schmid gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
1C_312/2014 vom 27. Mai 2015
 
 
Regeste
 
Art. 34 Abs. 1 BV; Umsetzung einer den Stimmberechtigten in der Form der allgemeinen Anregung unterbreiteten kantonalen Volksinitiative.
 
Eine inhaltlich korrekte Umsetzung der Kulturlandinitiative setzt voraus, dass die wertvollen Landwirtschaftsflächen in ihrem Bestand besser geschützt werden, als dies gemäss geltendem Recht und revidiertem Richtplan der Fall ist. Mit dem Beschluss, auf die ihm vom Regierungsrat unterbreitete Umsetzungsvorlage nicht einzutreten, hat der Kantonsrat die Kulturlandinitiative auch inhaltlich nicht korrekt umgesetzt und damit die politischen Rechte der Stimmbürger verletzt (E. 5).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 141 I 186 (187)A. Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich haben am 17. Juni 2012 die ihnen in der Form der allgemeinen Anregung unterbreitete kantonale Volksinitiative zum Erhalt der landwirtschaftlich und ökologisch wertvollen Flächen (Kulturlandinitiative) mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 54,5% angenommen. Die Volksinitiative hat folgenden Wortlaut:
    "Die unterzeichnenden, im Kanton Zürich wohnhaften Stimmberechtigten stellen gestützt auf Art. 23 ff. der Kantonsverfassung vom 27. Februar 2005 sowie das Gesetz über die politischen Rechte (GPR) und die zugehörige Verordnung (VPR) in der Form der allgemeinen Anregung folgendes Begehren:
    Eine regionale landwirtschaftliche Produktion, welche die Ernährungssouveränität mit möglichst hoher Selbstversorgung anstrebt, setzt genügend Kulturland voraus. Der Kanton sorgt deshalb dafür, dass die wertvollen Landwirtschaftsflächen und Flächen von besonderer ökologischer Bedeutung wirksam geschützt werden und in ihrem Bestand und ihrer Qualität erhalten bleiben. Als wertvolle Landwirtschaftsflächen gelten die Flächen der Bodeneignungsklassen 1 bis 6, mit Ausnahme der zum Zeitpunkt der Annahme der Initiative rechtskräftig der Bauzone zugewiesenen Flächen."
(...)
B. Der Regierungsrat des Kantons Zürich arbeitete zur Umsetzung der angenommenen Volksinitiative einen Entwurf zur Revision des kantonalen Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG; LS 700.1) aus. Er unterbreitete die Vorlage am 19. Juni 2013 dem Zürcher Kantonsrat, beantragte allerdings ihre Ablehnung. Der Regierungsrat stellte sich auf den Standpunkt, die Forderungen der Kulturlandinitiative könnten auch mit dem Instrument des kantonalen Richtplans erfüllt werden. Er habe dem Kantonsrat nach der Annahme der Kulturlandinitiative einen Richtplanentwurf unterbreitet, der auch nach der Annahme der Initiative als zweckmässig, ausgewogen und zukunftsgerichtet anzusehen sei. Der Kantonsrat beschloss am 18. März 2014 die Festsetzung des revidierten kantonalen Richtplans. Auf die ihm vom Regierungsrat am 19. Juni 2013BGE 141 I 186 (187) BGE 141 I 186 (188)unterbreitete Umsetzungsvorlage zur Kulturlandinitiative, den Entwurf zur Revision des Planungs- und Baugesetzes, trat er am 19. Mai 2014 nach einer Eintretensdebatte nicht ein.
C. Gegen den Nichteintretensbeschluss des Kantonsrates vom 19. Mai 2014 haben die Grünen Kanton Zürich sowie Marionna Schlatter-Schmid Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und der Kantonsrat anzuweisen, auf die Vorlage einzutreten sowie sie in geeigneter Form zu beschliessen. Eventualiter beantragen sie, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben und der Kantonsrat anzuweisen, auf die Vorlage einzutreten sowie im Falle eines Ablehnens die Umsetzungsvorlage dem Volk vorzulegen. (...)
In Gutheissung der Beschwerde hebt das Bundesgericht den angefochtenen Beschluss auf.
(Auszug)
 
Die Beschwerdeführer rügen, der Kantonsrat habe mit dem angefochtenen Beschluss Art. 34 BV sowie Art. 25 i.V.m. Art. 32 lit. d KV/ZH verletzt, weil er damit die Umsetzung der den Stimmbürgern in der Form der allgemeinen Anregung unterbreiteten und von den Stimmbürgern angenommenen Kulturlandinitiative verweigere. Mit dem flexiblen Mittel des Richtplans, welcher weiterhin eineBGE 141 I 186 (188) BGE 141 I 186 (189)Siedlungsentwicklung auf Kosten von Kulturland zulasse, werde die Kulturlandinitiative nicht umgesetzt. Der Kantonsrat und der Regierungsrat sind dagegen der Ansicht, die Kulturlandinitiative sei mit der Festsetzung des revidierten Richtplans durch den Kantonsrat am 18. März2014 formell und inhaltlich korrekt umgesetzt worden, ohne dass damit die politischen Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden seien. Auf eine Ergänzung des PBG im Sinne der vom Regierungsrat ausgearbeiteten Umsetzungsvorlage könne verzichtet werden.
Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst es sich jedoch der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an; als oberste kantonale Organe anerkennt es Volk und Parlament. Die Anwendung anderer kantonaler Vorschriften und die Feststellung des Sachverhalts prüft das Bundesgericht nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots (BGE 139 I 292 E. 5.2 S. 294 f. mit Hinweisen).
4.2 Gemäss Art. 25 Abs. 4 KV/ZH bestimmt im Kanton Zürich der Kantonsrat, in welcher Rechtsform eine von den StimmbürgernBGE 141 I 186 (189) BGE 141 I 186 (190)angenommene Volksinitiative in der Form der allgemeinen Anregung umzusetzen ist. Nach der Annahme einer solchen Initiative arbeitet der Regierungsrat nach Massgabe von § 138 Abs. 1 GPR eine Umsetzungsvorlage aus. Die Schlussabstimmung des Kantonsrates über die Umsetzungsvorlage erfolgt innert zwei Jahren nach der Volksabstimmung (§ 138 Abs. 2 GPR).
Nach der Annahme einer kantonalen Volksinitiative in der Form der allgemeinen Anregung wählt demnach der Kantonsrat das für das betreffende Initiativbegehren passende Gefäss staatlichen Handelns aus (CHRISTIAN SCHUHMACHER, in: Kommentar zur Zürcher Kantonsverfassung, Häner/Rüssli/Schwarzenbach [Hrsg.], 2007, N. 29 zu Art. 25 KV/ZH). Nicht ausser Acht lassen darf der Kantonsrat allerdings, dass gemäss kantonalem Verfassungsrecht nicht jeder beliebige staatliche Akt zum Gegenstand einer Volksinitiative gemacht werden kann (vgl. Art. 23 i.V.m. Art. 24 lit. a KV/ZH; SCHUHMACHER, in: a.a.O., N. 12 zu Art. 23 KV/ZH). Verlangt werden kann mit einer Initiative im Kanton Zürich die Total- oder die Teilrevision der Verfassung (Art. 23 lit. a KV/ZH), der Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines Gesetzes (Art. 23 lit. b KV/ZH), der Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines dem Referendum unterstehenden Kantonsratsbeschlusses (Art. 23 lit. c KV/ZH), die Einreichung einer Standesinitiative (Art. 23 lit. d KV/ZH) oder die Aufnahme von Verhandlungen über Abschluss oder Änderung eines interkantonalen oder internationalen Vertrages, der dem Referendum untersteht, oder die Kündigung eines solchen Vertrages (Art. 23 lit. e KV/ZH).
Wurde eine den Stimmbürgern in der Form der allgemeinen Anregung unterbreitete Volksinitiative als gültig im Sinne von Art. 28 KV/ZH erachtet und lässt sie sich namentlich in einer in Art. 23 KV/ZH vorgesehenen Form umsetzen, so darf der Kantonsrat für die Umsetzungsvorlage indessen nicht eine Rechtsform wählen, die gemäss Art. 23 KV/ZH gar nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein kann. Zwischen dem Gegenstand einer Initiative und deren Umsetzungsform muss insoweit Kongruenz bestehen, dass für beide der Katalog von Art. 23 KV/ZH massgebend ist. Die dem Kantonsrat zustehende Wahlmöglichkeit von Art. 25 Abs. 4 KV/ZH ist in diesem Sinne einschränkend zu verstehen. Ist eine in der Form der allgemeinen Anregung eingereichte, von den Stimmbürgern angenommene Volksinitiative nach ihrem Gegenstand unmittelbar auf kantonaler Ebene umzusetzen, muss die Umsetzungsvorlage im Hinblick auf Art. 23 lit. a-c i.V.m. Art. 32 f. KV/ZH zwingend eine dem obligatorischen oder fakultativen Referendum unterstehende Rechtsform aufweisen.BGE 141 I 186 (190) BGE 141 I 186 (191)Es ist nämlich nicht nur ausgeschlossen, ein Initiativbegehren der Volksabstimmung zu unterwerfen, das einen anderen als die in Art. 23 KV/ZH genannten Gegenstände hat, selbst wenn der Kantonsrat die Umsetzung des Begehrens in einer der Volksabstimmung unterstehenden Rechtsform beschliesst. Ebensowenig fällt konsequenterweise und im Blick auf die Systematik der Kantonsverfassung in Betracht, ein Initiativbegehren über einen Gegenstand nach Art. 23 KV/ZH auf kantonaler Ebene in einer Erlassform umzusetzen, die der Volksabstimmung entzogen ist (in diesem Sinne auch SCHUHMACHER, in: a.a.O., N. 29 zu Art. 25 KV/ZH, insbesondere Fn. 65). Diesem Verständnis entspricht auch die Regelung von Art. 30 Abs. 1 KV/ZH, wonach ein allfälliger Gegenvorschlag des Kantonsrates die gleiche Rechtsform haben muss wie die Hauptvorlage. Er kann zwar eine andere Regelungsstufe aufweisen als das Initiativbegehren (SCHUHMACHER, in: a.a.O., N. 17 und 20 zu Art. 30 KV/ZH), darf aber nicht in dem Sinne indirekt geschehen, als er die Umsetzung auf dem Verordnungsweg oder durch einen nicht referendumsfähigen Kantonsratsbeschluss vorsieht. Die Streichung von § 138 Abs. 3 GPR in der Revision vom 14. September 2009 ändert an dieser Betrachtungsweise nichts. Dadurch wurde nur die Verpflichtung aufgehoben, eine vom Kantonsrat abgelehnte Umsetzungsvorlage obligatorisch der Volksabstimmung zuzuführen. Der Parallelismus zwischen dem Gegenstand der Initiative und der Rechtsform ihrer Umsetzung wurde damit nicht aufgegeben.
4.4 Dem Initiativtext der Kulturlandinitiative ist nicht ausdrücklich zu entnehmen, in welcher Form die Anliegen der Initiative umgesetzt werden sollen. Immerhin äusserte sich das Initiativkomitee vor der Abstimmung dahingehend, dass nach einer Annahme der Initiative Änderungen im Planungs- und Baugesetz nötig sein würden (Amtsblatt des Kantons Zürich vom 11. Mai 2012 sowie Abstimmungszeitung zur Volksabstimmung vom 17. Juni 2012, S. 36). Die der Kulturlandinitiative zustimmende Minderheit des Kantonsrates sodann begründete ihre Zustimmung unter anderem damit, es brauche eine verbindliche rechtliche Grundlage zum Schutz des Kulturlandes (Amtsblatt des Kantons Zürich vom 11. Mai 2012 sowie Abstimmungszeitung zur Volksabstimmung vom 17. Juni 2012, S. 35). Der Regierungsrat hat vor der Abstimmung über die Kulturlandinitiative argumentiert, es sei zweckmässig und ausreichend, das Kulturland mittels der kantonalen Richtplanung zu schützen, während die Initiative als zu weit gehend abzulehnen sei (Amtsblatt des Kantons Zürich vom 11. Mai 2012 sowie Abstimmungszeitung zur Volksabstimmung vom 17. Juni 2012, S. 31 ff.; Antrag vom 6. September 2011 an den Kantonsrat zur Ablehnung der Kulturlandinitiative, publiziert im Amtsblatt des Kantons Zürich vom 16. September 2011). Diese Formulierung lässt darauf schliessen, dass vor der Abstimmung auch der Regierungsrat davon ausging, die Kulturlandinitiative ziele nicht unmittelbar und ausschliesslich auf eine Richtplanrevision ab, sondern avisiere eine verbindlichere Regelung. Schliesslich haben anlässlich der Diskussion des Kantonsrates vom 13. Februar 2012 über die Kulturlandinitiative verschiedene Personen - sowohl Befürworter als auch Gegner der Initiative - die Ansicht vertreten, die Kulturlandinitiative ziele auf eine Gesetzesänderung ab, namentlich eine Änderung des Planungs- und Baugesetzes (Protokoll des Zürcher Kantonsrates vom 13. Februar 2012, S. 2698 ff.).
4.5 Gegenstand der Kulturlandinitiative war - was nach dem bereits Ausgeführten auch nicht zulässig gewesen wäre - nicht unmittelbar eine Richtplanrevision, sondern eine Änderung bzw. Ergänzung kantonalen Rechts im Sinne des Initiativtextes. In diesem Sinne mussten auch die Stimmbürger den Initiativtext verstehen. Zu Recht machen die kantonalen Behörden vor Bundesgericht nicht geltend, die Kulturlandinitiative lasse sich nicht mittels einer Gesetzesvorlage umsetzen. Im Gegenteil hat der Regierungsrat zunächst einenBGE 141 I 186 (192) BGE 141 I 186 (193)entsprechenden Gesetzesentwurf ausgearbeitet, den er dann allerdings zur Ablehnung empfohlen hat. Zwar liegt es in der Kompetenz des Kantonsrates, zu bestimmen, welches die passende Rechtsform zur Umsetzung der Kulturlandinitiative sei (vgl. E. 4.2 hiervor). Er hat sich dabei aber wie ausgeführt an den Gegenstand der Initiative zu halten und darf sie insbesondere nicht mittels eines staatlichen Akts umsetzen, der mit Blick auf Art. 23 KV/ZH gar nicht hätte Gegenstand der Initiative sein können. Eine Umsetzung der Kulturlandinitiative unmittelbar mit einer Revision des kantonalen Richtplans ist gemäss kantonalem Verfassungsrecht unzulässig und mit den politischen Rechten der Stimmbürger nicht vereinbar. Die Beschwerde erweist sich bereits aus diesem formellen Grund als begründet.
    "- Mit dem Raumordnungskonzept wird der Rahmen für die angestrebte Entwicklung vorgegeben. Insbesondere werden jene Handlungsräume festgelegt, die künftig den überwiegenden Teil des Bevölkerungswachstums aufnehmen sollen.
    - Gestützt darauf wird das Siedlungsgebiet in der Richtplankarte abschliessend festgelegt. Es kann auf regionaler und kommunaler Stufe weder vergrössert noch verkleinert werden. Damit wird aufgezeigt, wie grossBGE 141 I 186 (193) BGE 141 I 186 (194)das Siedlungsgebiet insgesamt sein soll, wie es im Kanton verteilt ist und welche Flächen für Einzonungen überhaupt infrage kommen.
    - Auf die Ausscheidung von Bauentwicklungsgebiet, das voraussichtlich in einem späteren Zeitpunkt der Besiedlung dienen könnte, wird verzichtet. Die entsprechenden Flächen wurden nach eingehender Prüfung zu einem Drittel dem Siedlungsgebiet und zu zwei Dritteln dem Landwirtschaftsgebiet zugeführt.
    - Das kartografisch ausgewiesene Siedlungsgebiet wird im Vergleich zum geltenden kantonalen Richtplan um rund 130 ha verkleinert.
    - Es werden Aufträge an Regionen und Gemeinden formuliert, um eine hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen zu bewirken und die Siedlungserneuerung zu stärken.
    - Die Sicherung der Produktionsgrundlagen für die Landwirtschaft, und damit den Schutz des ackerfähigen Kulturlands, wird als vorrangiges Ziel der Gesamtstrategie 'Landschaft' festgelegt.
    - Der Umfang an Fruchtfolgeflächen wird durch Anpassungen am Siedlungsgebiet um rund 200 ha erweitert. Damit kann der vom Bund vorgegebene Mindestumfang von 44'400 ha eingehalten werden.
    - Der Kanton sorgt dafür, dass Fruchtfolgeflächen nur in Anspruch genommen werden, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse vorliegt und grundsätzlich durch die Verursacherin oder den Verursacher Ersatz geleistet wird."
Um die Raumplanung langfristig zu lenken, die Zersiedelung einzudämmen und gleichzeitig die Standortattraktivität für Bevölkerung und Wirtschaft zu erhalten, sei der kantonale Richtplan somit das geeignete Instrument. Die Abstimmung der raumwirksamen Tätigkeiten über alle Politik- und Sachbereiche hinweg werde dadurch gewährleistet und der Kulturlandschutz angemessen gewichtet.
Uneinig sind sich die Beschwerdeführer und die kantonalen Behörden somit hinsichtlich des Umfangs und der Qualität des Schutzes von wertvollen Landwirtschaftsflächen, welche innerhalb des im revidierten Richtplan festgesetzten Siedlungsgebiets liegen. Hingegen bestreiten die Beschwerdeführer nicht, dass die wertvollen Landwirtschaftsflächen, welche ausserhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets liegen, nämlich die so genannten Fruchtfolgeflächen, sowie die Flächen von besonderer ökologischer Bedeutung bereits nach geltendem Recht wirksam geschützt werden (vgl. insbesondere Art. 6 Abs. 2 und Art. 15 Abs. 3 RPG [SR 700], Art. 26 ff. RPV [SR 700.1], § 18 Abs. 2 lit. h und § 36 PBG sowie Art. 5 und Art. 18 des Natur- und Heimatschutzgesetzes vom 1. Juli 1966 [NHG; SR 451] i.V.m. § 18 Abs. 2 lit. l und § 203 ff. PBG).
BGE 141 I 186 (195) BGE 141 I 186 (196)Für die Auslegung des Initiativtextes ist grundsätzlich vom Wortlaut der Initiative auszugehen und nicht auf den subjektiven Willen der Initianten abzustellen. Eine allfällige Begründung des Volksbegehrens darf allerdings mitberücksichtigt werden, wenn sie für das Verständnis der Initiative unerlässlich ist. Massgeblich ist bei der Auslegung eines Initiativtextes, wie er von den Stimmberechtigten und späteren Adressaten vernünftigerweise verstanden werden muss (BGE 139 I 292 E. 7.2 und 7.2.1 S. 298 mit Hinweisen).
Gemäss ihrem Wortlaut verlangt die Kulturlandinitiative unter anderem einen wirksamen Schutz der wertvollen Landwirtschaftsflächen in ihrem Bestand und ihrer Qualität. Die Initiative fordert zwar kein striktes Verbot für die Zuweisung von wertvollen Landwirtschaftsflächen zur Bauzone. Insbesondere schliesst der Initiativtext eine Regelung nicht aus, wonach wertvolle Landwirtschaftsflächen der Bauzone zugewiesen werden können, wenn der Verlust anderswo kompensiert wird, etwa durch die Auszonung gleichwertiger Flächen oder die Aufwertung geeigneter Flächen. Dass dies grundsätzlich möglich sein soll, kann auch der Begründung zur Initiative entnommen werden und wird von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Aus dem Initiativtext geht aber hervor, dass der flächenmässige Umfang der im Kanton Zürich bestehenden wertvollen Landwirtschaftsflächen und ihre Qualität erhalten bleiben sollen. Als wertvolle Landwirtschaftsflächen gelten die Flächen der Bodeneignungsklassen 1 bis 6. Die Kulturlandinitiative verlangt einen wirksamen Bestandesschutz für wertvolle Landwirtschaftsflächen, ohne dabei zwischen Flächen innerhalb und ausserhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets zu unterscheiden. Ausdrücklich ausgenommen vom Bestandesschutz sind einzig die zum Zeitpunkt der Annahme der Initiative rechtskräftig der Bauzone zugewiesenen Flächen.BGE 141 I 186 (196)
BGE 141 I 186 (197)5.5 Entgegen dem Anliegen der Kulturlandinitiative können nach geltendem Recht Landwirtschaftsflächen, die innerhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets liegen, unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. insbesondere Art. 15 i.V.m. Art. 1 und 3 RPG) der Bauzone zugewiesen werden (§ 47 Abs. 1 PBG), ohne dass der damit verbundene Verlust von wertvollen Landwirtschaftsflächen anderswo kompensiert werden müsste. Der revidierte Richtplan sieht eine solche Kompensationspflicht nur vor, wenn Fruchtfolgeflächen, das heisst wertvolle Landwirtschaftsflächen, die ausserhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets liegen, beansprucht werden (Ziffer 3.2.3 des Richtplans des Kantons Zürich vom 18. März 2014). Entscheidend ist, dass der Initiativtext von den Stimmberechtigten und späteren Adressaten vernünftigerweise so verstanden werden musste, dass der Bestandesschutz auch für wertvolle Landwirtschaftsflächen gilt, die innerhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets liegen. Dies ergibt sich aus dem Initiativtext, zeigt sich aber auch darin, wie sich die verschiedenen Akteure vor der Abstimmung zur Kulturlandinitiative geäussert haben.
    "Die Initiative fordert betreffend den Perimeter des Kulturlandschutzes und die Steuerung der Siedlungsentwicklung weiter gehende Massnahmen:
    Der Perimeter für die zu schützenden wertvollen Landwirtschaftsflächen wird deutlich weiter gefasst. Im kantonalen Richtplan wird die Steuerung der Siedlungsentwicklung mit der kartografischen Festlegung des Siedlungsgebiets vorgenommen. Der Abgrenzung des Siedlungsgebiets liegt eine umfassende raumplanerische Interessenabwägung zugrunde. Das Siedlungsgebiet ist demnach für Siedlungszwecke reserviert. Fruchtfolgeflächen werden deshalb im kantonalen Richtplan ausschliesslich ausserhalb des Siedlungsgebiets ausgeschieden. Die Initiative will jedoch den Schutz auch auf Flächen innerhalb des Siedlungsgebiets ausdehnen, die zum Zeitpunkt der Annahme der Initiative noch nicht rechtskräftig der Bauzone zugewiesen wurden. Dies betrifft somit Landwirtschaftszonen, Reservezonen und Freihalte- und Erholungszonen..."BGE 141 I 186 (197)
BGE 141 I 186 (198)Weiter hat der Regierungsrat erklärt, weshalb ein derart weit gehender Schutz von landwirtschaftlichen Produktionsflächen nicht angemessen sei.
    "Die Stossrichtung der Initiative, landwirtschaftlich und ökologisch wertvolle Flächen wirksam zu schützen, ist grundsätzlich zu begrüssen. Die Initiative geht aber insofern zu weit, als dass sie die Zweckmässigkeit des Siedlungsgebiets infrage stellt, das auf der Grundlage einer umfassenden raumplanerischen Interessenabwägung ausgeschieden wurde. Mit dem kantonalen Richtplan verfügt der Kanton Zürich über ein geeignetes, vom Bund anerkanntes Instrument, das die langfristige räumliche Entwicklung steuert, die Siedlungsentwicklung nach innen fördert und wertvolle Landschaftsräume schützt und erhält. Ausserhalb des Siedlungsgebiets führt dies letztlich zu einem Schutzgrad für landwirtschaftlich und ökologisch wertvolle Flächen, der jenem der Initiative entspricht. Vorgaben, die darüber hinaus zielen, sind nicht zweckmässig und verkennen die Vorreiterrolle des Kantons Zürich bezüglich Siedlungssteuerung."
5.5.4 Die kantonalen Behörden haben somit vor der Abstimmung öffentlich zum Ausdruck gebracht, dass der von derBGE 141 I 186 (198) BGE 141 I 186 (199)Kulturlandinitiative verlangte Schutz von wertvollen Landwirtschaftsflächen weiter gehe als das geltende Recht sowie der revidierte kantonale Richtplan. Namentlich wurde festgestellt, dass die Initiative einen stärkeren Schutz der wertvollen Landwirtschaftsflächen verlange, die innerhalb des im Richtplan festgelegten Siedlungsgebiets liegen. Soweit ersichtlich hat vor der Abstimmung hingegen niemand geltend gemacht, sämtliche Anliegen der Initiative seien inhaltlich schon gemäss dem geltenden Recht und dem von der Regierung erarbeiteten Richtplanentwurf erfüllt. In der Abstimmungszeitung konnten sich die Stimmberechtigten darüber informieren, mit welcher Begründung der Regierungsrat die Kulturlandinitiative zur Ablehnung empfahl. Es sind keine Anzeichen ersichtlich, dass die Stimmberechtigten die Kulturlandinitiative anders als der Regierungsrat hätten verstehen können. Namentlich kann nicht gesagt werden, die Stimmberechtigten hätten die Kulturlandinitiative vernünftigerweise so verstehen müssen, dass die Anliegen der Initiative bereits nach geltendem Recht sowie revidiertem Richtplan erfüllt waren. Das Abstimmungsergebnis bringt daher zum Ausdruck, dass eine Mehrheit der Stimmbürger einen im erwähnten Sinne weiter gehenden Kulturlandschutz als im revidierten kantonalen Richtplan vorsehen wollte.
5.6 Eine inhaltlich korrekte Umsetzung der Kulturlandinitiative setzt nach dem Ausgeführten somit voraus, dass die wertvollen Landwirtschaftsflächen in ihrem Bestand besser geschützt werden, als dies gemäss geltendem Recht und revidiertem Richtplan der Fall ist. Nicht im Sinne der Initiative wirksam in ihrem Bestand geschützt werden nach geltendem Recht namentlich diejenigen wertvollen Landwirtschaftsflächen, die innerhalb des im kantonalen Richtplan festgesetzten Siedlungsgebiets liegen und für deren Zuweisung zur Bauzone das kantonale Recht bzw. der revidierte kantonale Richtplan keine Kompensationspflicht vorsehen. Dass mit dem neuen kantonalen Richtplan das Siedlungsgebiet insgesamt verkleinert und der Umfang an Fruchtfolgeflächen vergrössert worden ist, ändert daran nichts. Mit dem angefochtenen Beschluss hat der Kantonsrat die von den Stimmbürgern angenommene Kulturlandinitiative somit auch inhaltlich nicht korrekt umgesetzt und damit die politischen Rechte der Stimmbürger verletzt. Die Beschwerde erweist sich daher auch in materieller Hinsicht als begründet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass dem Kantonsrat als Umsetzungsorgan eine gewisse Gestaltungskompetenz zukommt (vgl. E. 5.3 hiervor). Er ist nicht verpflichtet, den Vorstellungen der Initianten genauestens zu folgen.BGE 141 I 186 (199) BGE 141 I 186 (200)Nicht ausgeschlossen erscheint daher beispielsweise, dass eine Umsetzungsvorlage für ganz besondere Fälle Ausnahmen vom Bestandesschutz für wertvolle Landwirtschaftsflächen vorsehen kann.BGE 141 I 186 (200)