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BGE 128 I 317 - Kirchensteuer Schaffhausen
BGE 102 Ia 468 - Buchdruckerei Elgg


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Nach Art. 49 Abs. 6 BV ist niemand gehalten, Steuern zu bezahl ...
3. Ist für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religi ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
65. Auszug aus dem Urteil vom 20. September 1972 i.S. Tschudi gegen Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Luzern, Steuerrekurskommission des Kantons Luzern und Reformierte Landeskirche des Kantons Bern.
 
 
Regeste
 
Kirchensteuer; Art. 49 Abs. 6 BV.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 98 Ia 405 (406)Aus dem Tatbestand:
Nach § 173 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Luzern vom 27. Mai 1946 (StG) werden die Kirchensteuern von den staatlich anerkannten Kirchgemeinden (§ 168 StG) nur von Konfessionsangehörigen erhoben. Toni Tschudi, der in Bern wohnt und Mitglied der Reformierten Landeskirche des Kantons Bern ist, besitzt in Luzern ein Grundstück. Mit Verfügung des Steueramts der Stadt Luzern vom 9. September 1970 wurde er für sein in Luzern gelegenes Grundstück zur Kirchensteuer der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Luzern für das Jahr 1969 herangezogen. Sein nach erfolgloser Einsprache dagegen erhobener Rekurs wurde von der Steuerrekurskommission des Kantons Luzern am 24. Juni 1971 abgewiesen. Mit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 49 Abs. 6 BV (sowie des Doppelbesteuerungsverbots) verlangt Tschudi im Hauptantrag die Aufhebung dieses Entscheids der Steuerrekurskommission. Nach seiner Auffassung kann die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Luzern die Kirchensteuer von ihm nicht verlangen, weil er nicht deren Mitglied ist. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
 
2. Nach Art. 49 Abs. 6 BV ist niemand gehalten, Steuern zu bezahlen, welche speziell für eigentliche Kultuszwecke einer Religionsgenossenschaft, der er nicht angehört, auferlegt werden. Das Bundesgericht hat bereits im Jahre 1881 entschieden, dass damit die Religionsgenossenschaften in der Besteuerung ihrer eigenen Konfessionsverwandten nicht beschränkt würden. Dieser Verfassungssatz sei nämlich im Zusammenhang mit der in Art. 49 Abs. 1 BV gewährleisteten Glaubens- und Gewissensfreiheit zu verstehen und habe somit bloss die Bedeutung, dass niemand zur Bezahlung von Steuern für Unterhaltung eines Kultus, dem er nicht angehört, angehalten werden könne (BGE 7 S. 6). Daran hat das Bundesgericht in ständiger RechtsprechungBGE 98 Ia 405 (406) BGE 98 Ia 405 (407)festgehalten. InBGE 52 I 115ff. führte es präzisierend aus, dass der in Art. 49 Abs. 6 BV enthaltene Ausdruck "Religionsgenossenschaft" nicht im technischen Sinne der Zugehörigkeit zu einer bestimmten kirchlichen Korporation, sondern in dem weitern Sinne der Glaubens- und Konfessionsgemeinschaft gebraucht sei, als deren Ausdruck und Glied der besteuernde Verband erscheine. So aufgefasst stehe die Verfassungsbestimmung auch einer Besteuerung auswärts wohnender Personen, die wegen ihres auswärtigen Wohnsitzes nicht als Genossen, Mitglieder des besteuernden Verbandes selbst gelten können, nicht entgegen, sobald sie nur derselben Konfession, Glaubensgemeinschaft angehören wie dieser Verband. Diese Auslegung des Art. 49 Abs. 6 BV überzeugt auch heute noch, und es besteht kein Anlass, von ihr abzuweichen. Wer für einen Glaubensverband, dessen Mitglied er nicht ist, eine Kultussteuer zu entrichten hat, ist in seiner Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht verletzt, solange dieser Verband das gleiche Bekenntnis hat wie er. § 173 StG ist demnach verfassungsmässig, und zwar ohne dass er einschränkend ausgelegt werden müsste in dem Sinne, dass als Konfessionsangehörige nur Mitglieder der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Luzern gelten könnten.