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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Nach Art. 7 Abs. 3 AlkG (Fassung gemäss BG vom 25. Oktobe ...
4. Die Alkoholgesetzgebung soll den Verbrauch von Trinkbranntwein ...
5. Die Innerschweiz, wohin die Beschwerdeführerin ihre Brenn ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
28. Auszug aus dem Urteil vom 8. Februar 1974 i.S. Erste Actienbrennerei gegen Eidg. Finanz- und Zolldepartement
 
 
Regeste
 
Alkoholgesetz: Bewilligungspflicht für den Wechsel des Standortes von Brennapparaten gewerblicher Brennereien (Art. 7 Abs. 3).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 100 Ib 176 (176)Aus dem Tatbestand:
A.- Die im Jahre 1.896 gegründete Erste Actienbrennerei, die ihren Sitz bis im Jahre 1971 in Basel hatte, ist Eigentümerin der fünf Brennapparate Nr. BS 5, 6, 8, 10 und 11 mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 1530 Litern. Es wurde ihr eine Konzession für die Herstellung von Spezialitätenbranntwein erteilt. In der Konzessionsurkunde vom 4. Mai 1944 ist als Standort der Brenneinrichtungen Basel angegeben.
Im Jahre 1961 verkaufte die Erste Actienbrennerei ihre angestammte Geschäftsliegenschaft an der Margarethenstrasse in Basel. Sie verlegte ihr Geschäftsdomizil in gemietete Räumlichkeiten an der Efringerstrasse in Basel und führte dort die Brennerei nur noch mit dem 200 Liter fassenden Brennapparat Nr. BS 10 weiter. Im Jahre 1970 stellte sie das Brennen vollständig ein. Seither stehen alle ihre Brenneinrichtungen plombiert in einem Lagerkeller in Basel.
Seitdem die Gesellschaft ihren Brennereibetrieb abzubauen begonnen hatte, wurden die Rohstoffe aus dem Einzugsgebiet Basel, die bisher von ihr eingekauft und verarbeitet wordenBGE 100 Ib 176 (176) BGE 100 Ib 176 (177)waren, mehr und mehr von der Distillerie Räber AG in Küssnacht a. R. abgenommen. Dieses Unternehmen lieferte anderseits in der gleichen Zeit der Ersten Actienbrennerei den grössten Teil ihres Bedarfes an Steinobstbranntwein. Im September 1971 erwarb die Distillerie Räber AG sämtliche Aktien der Ersten Actienbrennerei. In der Folge wurde der Sitz der Ersten Actienbrennerei nach Küssnacht a. R. verlegt.
B.- Da die Erste Actienbrennerei auch den Standort ihrer Brennanlagen nach Küssnacht a. R. verlegen wollte, ersuchte sie am 22. September 1971 die Eidg. Alkoholverwaltung um die dafür nach Art. 7 Abs. 3 des Alkoholgesetzes (AlkG) erforderliche Bewilligung.
Die Alkoholverwaltung lehnte das Begehren am 29. November 1971 ab mit der Begründung: Aus Art. 5 Abs. 3 AlkG ergebe sich, dass die Brennereirohstoffe möglichst dort gebrannt werden sollen, wo sie anfallen. Die Gutheissung des Gesuches widerspräche dieser Zielsetzung; verfügten doch die Spezialitätenbrennereien der Innerschweiz bereits über einen derart grossen Brennraum, dass sie Rohstoffe aus anderen Landesgegenden, insbesondere aus dem Kanton Baselland, beziehen müssten.
Die Beschwerde der Ersten Actienbrennerei gegen diesen Entscheid wurde vom Eidg. Finanz- und Zolldepartement am 21. September 1973 abgewiesen.
C.- Die Erste Actienbrennerei ficht den Entscheid des Departementes mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Sie beantragt erneut, die Verlegung ihrer aus den Brennapparaten Nr. BS 5, 6, 8, 10 und 11 bestehenden Brennerei von Basel nach Küssnacht a. R. zu bewilligen.
Es wird u.a. geltend gemacht, die Standortsfrage habe nach Verfassung und Gesetz nicht die Bedeutung, die ihr von der Verwaltung beigemessen werde. Art. 7 Abs. 3 AlkG sei eine blosse Polizeivorschrift mit dem Zweck, das "schwarze" Brennen zu verhindern. Zu Unrecht schliesse die Verwaltung aus Art. 5 Abs. 3 AlkG, dass jeder Landesgegend soviel Brennraum zugeteilt werden solle, als zur Verarbeitung der dort anfallenden Rohstoffe notwendig sei. Nach Art. 5 Abs. 1 AlkG seien die Bedürfnisse "des Landes" massgebend. Rechtslage und wirtschaftliches Bedürfnis sprächen für die nachgesuchte Bewilligung.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
BGE 100 Ib 176 (177)
 
BGE 100 Ib 176 (178)Aus den Erwägungen:
 
Die Verwaltung nimmt an, die in Art. 5 Abs. 3 AlkG erwähnte Bevorzugung einzelner Landesgegenden sei "der allgemeinen Voraussetzung der wirtschaftlichen Bedürfnisse nach Abs. 1 untergeordnet". Abs. 3 sei in dem Sinne zu verstehen, dass die Brennkapazität angemessen auf die Bedürfnisse jeder Gegend verteilt werden solle. "Eine künstliche Zusammenballung der Brennereien in einer bestimmten Gegend könnte auf längere Sicht in der rechtzeitigen Verwertung der Obstüberschüsse des Landes Störungen bewirken." Der Standort der Brennapparate sei somit für die Erteilung der Konzession "mitentscheidend" und werde demgemäss in der Konzessionsurkunde festgelegt. Auch beim Entscheid über Gesuche, den Standort der Brennapparate verlegen zu dürfen, sei Art. 5 Abs. 3 AlkG anzuwenden, d.h. darauf Bedacht zu nehmen, dass die Rohstoffe nach Möglichkeit in der Gegend gebrannt werden, wo sie anfallen.
Die Auslegung, welche die Verwaltung dem Art. 5 Abs. 3 AlkG gibt, ist mit dem Text dieser Bestimmung vereinbar und entspricht auch ihrem Zusammenhang mit den vorhergehenden Absätzen 1 und 2. Art. 5 AlkG lässt erkennen, dass es nicht bloss auf die wirtschaftlichen Bedürfnisse des ganzen Landes (Abs. 1), sondern auch auf diejenigen der einzelnen Landesgegenden ankommt (Abs. 3). Er geht offenbar davon aus, dass die rechtzeitige Verwertung der Abfälle und Rückstände des Obstbaues usw. (Abs. 2) durch eine gewisse Regionalisierung der Brennereikonzessionen erleichtert wird. Dementsprechend bestimmt Art. 2 Abs. 4 VV, dass bei der Erteilung und Erneuerung der Konzessionen für Gewerbebrenner in Betracht zu ziehen sei, wie weit "im natürlichen Einzugsgebiet der einzelnen Brennereien" die Rohstoffe (Abfälle und Überschüsse des Obstbaues usw.) durch Brennen verwertet werden müssen. Wenn aber schon bei der Erteilung der Konzessionen darauf zu achten ist, dass der Standort der Brennapparate sich in der Regel im natürlichen Einzugsgebiet der einzelnen Brennereien befinden soll, ist es folgerichtig, diesen Grundsatz auch beim Entscheid über Gesuche um Bewilligung des Verlegens der Apparate an einen "neuen" Standort (Art. 7 Abs. 3 AlkG) anzuwenden.
Das Gesagte gilt insbesondere auch für die SpezialitätenbrennereienBGE 100 Ib 176 (179) BGE 100 Ib 176 (180)(vgl. Botschaft des Bundesrates vom 1. Juni 1931 zum Entwurf des AlkG, BBl 1931 I 734; A. REICHMUTH, Das schweizerische Alkoholmonopol, Diss. Freiburg 1971, S. 97). Art. 12 AlkG, wonach das Brennrecht solcher Betriebe nicht nur mengenmässig, sondern auch nach der Herkunft der Rohstoffe unbeschränkt ist, steht dem nicht entgegen. Dieses Recht ist vom einzelnen Brennereibetrieb dort auszuüben, wo sich der behördlich bewilligte Standort seiner Brennapparate befindet. Für die Festlegung dieses Standortes ist aber Art. 5 AlkG massgebend, der auch auf die Spezialitätenbrennerei anwendbar ist.
Hinsichtlich der Frage, ob der eine oder der andere Standort nach Massgabe der wirtschaftlichen Bedürfnisse vorzuziehen sei, ist der Verwaltung naturgemäss ein weites Feld der Würdigung eingeräumt (vgl. BGE 94 I 505 oben). Das Bundesgericht überprüft daher ihren Entscheid mit einer gewissen Zurückhaltung.