Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang: 

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer rügt Art. 17 Abs. 3 SVG als ver ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. April 1987 i.S. G. gegen Rekurskommission für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 17 Abs. 3 SVG.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 113 Ib 49 (50)A.- G. überholte am 21. Mai 1986 in Bonstetten mit seinem Personenwagen ein Auto, obwohl der dazu notwendige Raum wegen Gegenverkehrs nicht frei war; ein Unfall wurde nur durch die vorausschauende Fahrweise der überholten Autolenkerin vermieden. Am 27. Juni 1986 führte er in der Stadt Bern einen Personenwagen in angetrunkenem Zustand (1,42 Gew. o/oo), nachdem ihm wegen gleicher Verfehlungen der Ausweis in der Vergangenheit schon zweimal entzogen worden war.
Am 21. August 1986 entzog das Strassenverkehrs- und Schiffahrtsamt des Kantons Bern G. den Führerausweis für 23 Monate; es verfügte weiter:
"4.- Auf Gesuch hin wird Ihnen der Führerausweis bereits nach 16
Monaten im Sinne von Art. 17 Abs. 3 SVG vorzeitig wieder zurückgegeben,
sofern ..." (Es folgt die Aufforderung, eine Alkoholabstinenzerklärung für
23 Monate abzugeben sowie einen Informationskurs zu besuchen.)
B.- Die von G. gegen die Verfügung vom 21. August 1986 erhobene Beschwerde wies die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern am 19. November 1986 ab.
C.- G. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, der Entscheid der Rekurskommission sei aufzuheben; der Führerausweis sei für eine Dauer von höchstens 18 Monaten zu entziehen und von der Anordnung einer Mindestentzugsdauer sei abzusehen.
 
Die Vorinstanz beruft sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die vorzeitige Rückgabe an strenge Voraussetzungen zu knüpfen sei; da bei Führerausweisentzügen wegen Fahrens in angetrunkenem ZustandBGE 113 Ib 49 (50) BGE 113 Ib 49 (51)eine nachgewiesene Alkoholabstinenz während der in Art. 17 Abs. 3 SVG festgesetzten Minimaldauer von sechs Monaten oftmals nicht die Annahme zulasse, der Zweck der Massnahme sei erreicht, erscheine die Anordnung einer längeren, in Relation zur Gesamtentzugsdauer stehenden "Mindestentzugsdauer" im Einzelfall gerechtfertigt.
Das Bundesgericht entschied in BGE 107 Ib 32 /33, dass die bedingte Wiedererteilung gemäss Art. 17 Abs. 3 SVG auch bei Warnungsentzügen möglich sei, für die das Gesetz eine Minimaldauer von einem Jahr vorsehe. Dem Argument, die Wirksamkeit der Massnahmen gegen rückfällige angetrunkene Motorfahrzeugführer werde durch die Möglichkeit der vorzeitigen Rückgabe beeinträchtigt, hielt es u.a. entgegen, der Umstand, dass der Vollzugsabbruch nur bedingt erfolge, bilde für den Betroffenen ein starkes Bewährungsmoment; die bedingte Suspendierung des Entzugs könne unter Umständen deshalb nicht weniger zweckmässig sein als der ungebrochene Vollzug. Im Lichte dieser Rechtsprechung hält die von der Rekurskommission vertretene Auffassung, die in Art. 17 Abs. 3 SVG angegebene Minimaldauer von sechs Monaten könne von den Administrativbehörden im Einzelfall heraufgesetzt werden, einer Überprüfung nicht stand. Auch wenn im Zeitpunkt der Anordnung einer konkreten Administrativmassnahme nur der Nachweis der Bewährung während einem länger als sechs Monate dauernden Massnahmevollzug die bedingte Wiederaushändigung des Ausweises zu rechtfertigen scheint, kann eine frühere Wiedererteilung nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Wie beim Sicherungsentzug so gilt auch beim Warnungsentzug, dass die vorzeitige bedingte Aushändigung des Führerausweises insbesondere dann möglich sein soll, wenn aus Gründen, welche im Zeitpunkt des Erlasses der Entzugsverfügung nicht oder noch nicht bekannt waren, angenommen werden kann, die Massnahme habe ihren Zweck vorher erreicht als ursprünglich angenommen werden musste (vgl. BGE 112 Ib 182).
Dass diese Auslegung von Art. 17 Abs. 3 SVG auch der vom Gesetzgeber der Vorschrift beigemessenen Bedeutung entspricht, hat der Kassationshof in einem kürzlich publizierten Entscheid festgehalten (BGE 112 Ib 182); danach ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte, dass die Mindestfrist für Fälle aller Art auf sechs Monate festgesetzt und den Administrativbehörden kein Raum für die Anordnung längerer Minimalfristen im Einzelfall gelassen wurde.
BGE 113 Ib 49 (51)
BGE 113 Ib 49 (52)Auch wenn somit bundesrechtswidrig erscheint, die bedingte Wiederaushändigung des Ausweises nach sechs Monaten schon im Zeitpunkt der Anordnung des Führerausweisentzugs definitiv auszuschliessen, ist damit noch nicht gesagt, dass es den kantonalen Behörden auch verwehrt sei, dem Beschwerdeführer in der Entzugsverfügung mitzuteilen, ab welchem Zeitpunkt und unter welchen Bedingungen bei normalen Umständen der Führerausweis vorzeitig wieder ausgehändigt werde; eine solche Angabe erscheint gerade bei Führerausweisentzügen wegen - wiederholten - Fahrens in angetrunkenem Zustand sinnvoll; in solchen Fällen kann der rückfällige Betroffene seine Einsicht und seinen ernsten Willen, einer weiteren Wiederholung vorzubeugen, kaum anders als durch eine kontrollierte Alkoholabstinenz während einer u.a. nach dem bisherigen Verhalten zu bestimmenden Entzugsdauer beweisen (vgl. BGE 107 Ib 33 E. 2). Einer derart verstandenen "Mindestentzugsdauer" kommt nur die Bedeutung einer Absichtserklärung seitens der Behörden hinsichtlich der in Zukunft unter gewissen Voraussetzungen möglichen Wiederaushändigung des Ausweises zu; einer früheren bedingten Wiedererteilung des Ausweises - bei Vorliegen besonderer Umstände, welche den Schluss zulassen, der Zweck der Massnahme sei vorzeitig erfüllt - steht sie nicht entgegen.
Soweit die Vorinstanz mit der Ziffer 4 der Verfügung vom 21. August 1986 zum Ausdruck bringen wollte, dass vor Ablauf einer Frist von 16 Monaten eine bedingte Wiederaushändigung des Führerausweises nicht geprüft werden könne, verletzt der angefochtene Entscheid Bundesrecht. Da heute jedoch nicht über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine frühzeitige bedingte Wiedererteilung des Führerausweises zu entscheiden ist, kann das Bundesgericht von der Aufhebung des angefochtenen Entscheids absehen und sich darauf beschränken, die Vorinstanz anzuweisen, Ziffer 4 der Verfügung im Sinne der obigen Ausführungen anzuwenden. Die Beschwerde ist deshalb im Sinne der Erwägungen abzuweisen.BGE 113 Ib 49 (52)