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Zitiert durch:
BGE 133 II 136 - Fernsehwerbung für Handy-Pornographie
BGE 118 Ib 356 - Camel-Trophy Uhren


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Auszug aus den Erwägungen:
2. a) Die Kompetenzen der Unabhängigen Beschwerdeinstanz und ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
22. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Juni 1988 i.S. X. AG gegen Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 1 und 2 BB über die unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen; Abgrenzung der Zuständigkeiten.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 114 Ib 152 (152)Die X. AG erhielt vom Bundesrat die Erlaubnis, ein eigenes lokales Radioprogramm zu verbreiten. Der Y.-Verband reichte gegen eine von der X. AG wiederholt ausgestrahlte Sendung beim Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement eine Beschwerde ein, weil die beanstandete Sendung die für lokale Rundfunkversuche geltenden Werbevorschriften verletzt habe. Mit Verfügung vom 13. August 1987 stellte das Departement fest,BGE 114 Ib 152 (152) BGE 114 Ib 152 (153)die X. AG habe die Werbevorschriften verletzt; im weiteren wurde die X. AG förmlich ermahnt, die Werbevorschriften und die Versuchserlaubnis einzuhalten.
Die X. AG erhebt gegen diese Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie begründet diese unter anderem damit, zur Beurteilung der Beschwerde des Y.-Verbandes wäre statt des Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartements das lokale Beschwerdeorgan mit Weiterzugsmöglichkeit an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen zuständig gewesen.
 
Der Bundesrat führte in seiner Botschaft vom 8. Juli 1981 über die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (BBl 1981 III 105 ff.) indessen aus, dass die Unabhängige Beschwerdeinstanz Sendungen dahingehend zu untersuchen habe, ob sie mit den Programmvorschriften der Konzession übereinstimmen, nicht aber, ob sie den finanz- und betriebsrechtlichen Vorschriften entsprechen (a.a.O., 118). Daraus lässt sich durch Umkehrschluss ableiten, dass das Departement auch nach Schaffung der Unabhängigen Beschwerdeinstanz zuständig bleibt, über Beschwerden, welche die Einhaltung finanz- und betriebsrechtlicherBGE 114 Ib 152 (153) BGE 114 Ib 152 (154)Vorschriften betreffen, zu entscheiden (bei lokalen Rundfunkveranstaltungen nach Art. 32 Abs. 1 RVO, im Gegensatz zu Art. 33 Abs. 3 RVO).
b) Im vorliegenden Fall scheinen sich die Kompetenzen der Unabhängigen Beschwerdeinstanz und des Departements zu überschneiden. Die umstrittene Werbung wurde innerhalb des Programmteils der X. AG ausgestrahlt. Steht dabei die Verletzung finanz- und betriebsrechtlicher Vorschriften in Frage, so ist das Departement zum Entscheid zuständig; ist die im Programmteil ausgestrahlte Werbung jedoch geeignet, die Programmvorschriften der Konzession zu verletzen, so müssen das lokale Beschwerdeorgan und die Unabhängige Beschwerdeinstanz entscheiden. Nach der Praxis, die sich zwischen der Unabhängigen Beschwerdeinstanz und dem Departement herausgebildet hat, ist zu unterscheiden zwischen Programmgesichtspunkten und solchen rein finanzieller Art. Aspekte mit Programmnatur liegen vor, wenn es sich um Fragen der Meinungs- und Willensbildung, um die Transparenz einer Sendung oder um Fragen von verfälschter Information handelt. In solchen Fällen erachtet sich die Unabhängige Beschwerdeinstanz als zuständig, weil es um die Frage geht, ob die unabhängige Willensbildung des Publikums gewährleistet ist, deren Schutz der Beschwerdeinstanz übertragen ist. Fragen finanzpolitischer Natur, unternehmerische Gesichtspunkte und Finanzierungsaspekte fallen, nach dieser Auffassung, in die Kompetenz des Departementes. Nicht ausgeschlossen ist schliesslich, dass im gleichen Fall die Zuständigkeit sowohl des Departementes wie der Unabhängigen Beschwerdeinstanz gegeben ist (VPB 51 (1987), S. 312 f.). Gestützt hierauf wurde die Zuständigkeit des Departementes in einigen Fällen mit der Begründung bejaht, bei der Werbung stehe immer die finanzielle Seite im Vordergrund (z.B. VPB 51 (1987), Nr. 52 B E. 1; Nr. 52 C).
c) Diese von Beschwerdeinstanz und Departement entwickelte Rechtspraxis, die der Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche dient, erscheint als zweckmässig. Am Gehalt der Werbung ändert sich nichts, ob sie innerhalb des Programmteils erscheint oder ob sie von diesem getrennt wird. Deshalb untersteht verbotene Werbung auch dann den Finanzierungsvorschriften, wenn sie im Programmteil erscheint. Damit ist die Zuständigkeit des Departements im konkreten Fall gegeben, denn auch hier ist zu prüfen, ob eine unzulässige Werbung vorliegt. Weil das Departement die Sendung ausschliesslich unter diesem Aspekt und nicht unterBGE 114 Ib 152 (154) BGE 114 Ib 152 (155)Programmgesichtspunkten geprüft hat, hat es weder Art. 32 noch Art. 33 RVO verletzt.
d) Nicht stichhaltig ist der Einwand der Beschwerdeführerin, das Departement habe die Zuständigkeitsabgrenzung gegenüber der falschen Instanz vorgenommen, denn es geht ausschliesslich darum, ob die - allenfalls wie hier: lokale - Beschwerdeinstanz oder das Departement zuständig sei. Als ebenso unbegründet erweist sich der weitere Einwand der Beschwerdeführerin, "im Sinne der Rechtssicherheit müsste die Zuständigkeitsfrage mindestens in einem Beschluss des Bundesrates geregelt werden". Es stellen sich nämlich nicht Probleme der Rechtsetzung, sondern der Rechtsanwendung; die Rechtsanwendung ist von den dazu zuständigen Organen vorzunehmen und, gegebenenfalls, auf dem Rechtsweg zu überprüfen.
Unerheblich sind weiter die Erörterungen der Beschwerdeführerin zum Begriff der Aufsichtsbeschwerde, denn entscheidend ist nur, dass die Vorinstanz - von sich aus oder auf Anzeige hin - befugt war, als Aufsichtsbehörde einzuschreiten.BGE 114 Ib 152 (155)