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Regeste
Sachverhalt
aus folgenden Erwägungen:
2. a) Die direkte Bundessteuer der Stiftungen umfasst nach Art. 5 ...
3. a) Der Entscheid, ob einer privatrechtlichen Körperschaft ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
42. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. Oktober 1988 i.S. Stiftung X. gegen Steuerverwaltung des Kantons Bern und Steuerrekurskommission des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Befreiung einer Stiftung von der Steuerpflicht für das Vermögen und Einkommen, das ausschliesslich gemeinnützigen Zwecken dient (Art. 16 Ziff. 3 BdBSt).
 
2. Eine private Stiftung, welche die Förderung des preisgünstigen und qualitativ hochstehenden Wohnungsbaus bezweckt, verfolgt keine ausschliesslich gemeinnützigen Zwecke, wenn mit ihrer Tätigkeit eigene unmittelbare Interessen des ihr nahestehenden Wirtschaftskreises verknüpft sind (E. 3).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 114 Ib 277 (278)Das der Baugenossenschaft Z. nahestehende Architekten-Ehepaar A. errichtete am 14. März 1984 die Stiftung X. und widmete ihr ein Kapital von Fr. 250'000.--. In Ziff. 2 der Stiftungsurkunde ist der Zweck wie folgt umschrieben:
"Die Stiftung bezweckt die Förderung des Wohnens im weitesten Sinne.
Die Stiftung soll fördern:
- den gemeinnützigen und preisgünstigen Wohnungsbau
- die Grundlagenbeschaffung für Verfahren, Gestaltung, Formen, Finanzierung und Infrastruktur des Wohnungsbaus
- Wohnexperimente
- die Information der Öffentlichkeit über Probleme des Wohnens
- Bestrebungen zur Verhinderung der Spekulation mit Grundstücken aller Art
Die Stiftung kann besondere Leistungen auf dem Gebiet der Wohnförderung durch das Prämieren ausgeführter Bauten, das Ausrichten von Zusatzpreisen bei Wettbewerben usw. auszeichnen.
Die Stiftung kann alle Massnahmen ergreifen und Geschäfte tätigen, welche geeignet sind, den Stiftungszweck zu verwirklichen.
Die Stiftung nimmt ihre Tätigkeit sofort auf."
Die Veranlagungsbehörde für die direkte Bundessteuer des Kantons Bern lehnte das Begehren der Stiftung X. um Steuerbefreiung wegen ausschliesslicher Gemeinnützigkeit ab und veranlagte sie für die Steuerperiode 1983/84 mit einem steuerbaren Vermögen von Fr. 230'000.--. Die Veranlagungsbehörde und anschliessend die Steuerrekurskommission des Kantons Bern wiesen ihre Rechtsmittel ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Stiftung X., der Entscheid der Steuerrekurskommission sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass sie von der Steuer befreit sei. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
 
BGE 114 Ib 277 (279)b) Gemeinden und andere öffentlichrechtliche und kirchliche Körperschaften und Anstalten sind nach Art. 16 Ziff. 2 BdBSt für ihr Vermögen und Einkommen, das öffentlichen Zwecken dient, steuerbefreit. Der Begriff der öffentlichen Zwecke im Sinn dieser Vorschrift umfasst jede Tätigkeit, die einem öffentlichen Interesse entspricht (BGE 112 Ib 22 ff. E. b).
Demgegenüber hat das Bundesgericht den Begriff der ausschliesslich gemeinnützigen Zwecke nach Art. 16 Ziff. 3 BdBSt durchwegs sehr eng interpretiert. Art 16 Ziff. 3 BdBSt gewährt Steuerbefreiung nicht schon bei Gemeinnützigkeit schlechthin, sondern beschränkt sie auf ausschliesslich gemeinnützige Zwecke. Gemeinnützig sind nur Zwecke, die aus gesellschaftlicher Gesamtsicht als besonders fördernswert gelten (vgl. KÄNZIG, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl. 1982, Art. 16 N 14 BdBSt), wie die ausdrücklich genannten Kultus- und Unterrichtszwecke, Fürsorge für Arme, Kranke, für Alter und Invalidität. Der Begriff der ausschliesslichen Gemeinnützigkeit wurde in ständiger Rechtsprechung nicht in dem weiten Sinne verstanden, der jede Betätigung im Dienste der Allgemeinheit umfasst und der auch alle Bestrebungen einschliessen würde, welche irgendwie auf wirtschaftliche oder soziale Förderung einzelner Bevölkerungskreise gerichtet sind. Keine ausschliesslich gemeinnützige Tätigkeit liegt vor, wenn mit einer gemeinnützigen Zielsetzung auch Erwerbszwecke oder sonst eigene unmittelbare Interessen der juristischen Person oder ihrer Mitglieder verknüpft sind (vgl. BGE 113 Ib 9 E. 2b, mit Hinweisen; BGE 109 Ib 112 E. 2).
b) Die Beschwerdeführerin bezweckt nach ihren Statuten die Förderung des Wohnens im weitesten Sinne. Ihre Tätigkeit liegt schwerpunktmässig in der Erarbeitung und Vermittlung von konzeptionellen Grundlagen des preisgünstigen und qualitativ hochstehenden Wohnungsbaus und der Wohnraumverteilung. Im November 1984 führte sie eine Tagung zum Thema "Alternative Formen für gemeinnützige Wohnbauträger" durch, an der sich besonders Vertreter von Wohnbaugenossenschaften und Wohnbauförderungsinstitutionen beteiligten. Das Resultat wurde in einer 1985 veröffentlichten Broschüre (Wohnwert in Zukunft von der Fläche zur Qualität) zusammengefasst. Die zweite Tagung vom 6. März 1987 war dem Thema "Wieviel Wohnfläche braucht der Mensch?" gewidmet. Die Beschwerdeführerin setzte im Hinblick auf die Entwicklung eines Modells der Roh- und Altbaumiete eine Arbeitsgruppe ein. 1985 zeichnete sie zwei Anteilscheine einer Wohnbaugenossenschaft in Höhe von je Fr. 3'000.-, wobei mit einer Verzinsung nicht gerechnet wurde, und 1986 leistete sie einen Beitrag von Fr. 2'000.- an die Spielplastik "Wylosaurier".
c) Die Förderung des Wohnungsbaus, vor allem des sozialen Wohnungsbaus, gehört bereits seit Jahrzehnten auch zu den staatlichen Aufgaben. Der soziale Wohnungsbau wird vor allem in grossen städtischen Agglomerationen und in neuerer Zeit auch in Randgebieten von den Gemeinden mit Unterstützung des Bundes und der Kantone selbst betrieben oder gefördert. Nach Art. 34sexies BV greift auch der Bund fördernd in das Wohnbauwesen ein. Er trifft namentlich Massnahmen zur Verbilligung des Wohnungsbaus und unterstützt Bestrebungen auf dem Gebiet des Siedlungs- und Wohnungswesens zugunsten von Familien, Personen mit beschränkten Erwerbsmöglichkeiten, Betagten, Invaliden und Pflegebedürftigen sowie die Bauforschung und Baurationalisierung.
d) Wo sozialer Wohnungsbau von Gemeinden, öffentlichrechtlichen Körperschaften oder Anstalten selber übernommen wird, kann diesem (öffentlichen) Zweck dienendes Vermögen und Einkommen nach Art. 16 Ziff. 2 BdBSt von der direkten Bundessteuer befreit werden (BGE 112 Ib 24 E. d, e).
Wenn eine private Körperschaft oder Anstalt sozialen Wohnungsbau betreibt oder ihn fördert, kann zwar angenommen werden, dies liege im Interesse der Allgemeinheit, da dieser ZweckBGE 114 Ib 277 (280) BGE 114 Ib 277 (281)auch als staatliche Aufgabe anerkannt ist. Das zieht jedoch (wie oben E. 2b ausgeführt) nicht notwendigerweise die Befreiung von den Steuern gestützt auf Art. 16 Ziff. 3 BdBSt nach sich. So verfolgen privatrechtliche Körperschaften oder Anstalten, die selbst sozialen Wohnungsbau betreiben, keine ausschliesslich gemeinnützigen Zwecke; denn Baugesellschaften wahren mit der Anlage ihres Kapitals im sozialen Wohnungsbau gleichzeitig ihre eigenen Interessen (BGE 74 I 312 E. 2) und Selbsthilfegenossenschaften verfolgen zugleich die Interessen ihrer Mitglieder, für welche sie Wohnungen beschaffen (MASSHARDT, Kommentar zur direkten Bundessteuer, 2. Aufl. 1985, Art. 16 N 17 S. 79; KÄNZIG, a.a.O., Art. 16 N 15 S. 172; in Art. 6 Abs. 1 lit. a BG vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben ist dagegen ihre Befreiung von der Emissionsabgabe ausdrücklich vorgesehen).
e) Die auf die Förderung des qualitativ hochstehenden und preisgünstigen Wohnungsbaus gerichtete Tätigkeit der Beschwerdeführerin erfüllt die Anforderungen, die nach Art. 16 Ziff. 3 BdBSt an eine ausschliesslich gemeinnützige Zwecksetzung zu stellen sind, nicht. Dazu genügt nicht, dass diese Tätigkeit allgemein staatlichen Zielsetzungen entspricht (oben E. c). Wo die private Körperschaft oder Anstalt wirtschaftlich tätig ist oder bestimmte Wirtschaftszweige fördert, lässt sich eine Steuerbefreiung nur schwer rechtfertigen, auch wenn in denselben Bereichen (wie etwa im sozialen Wohnungsbau) der Staat selbst wirtschaftlich tätig ist oder eine bestimmte Wirtschaftstätigkeit (beispielsweise durch Subventionen) unterstützt. So sind Vereinigungen, welche die Förderung der Landwirtschaft oder Werbung für Kurorte bezwecken, nicht im Sinne von Art. 16 Ziff. 3 BdBSt gemeinnützig tätig, obwohl Landwirtschaft und Fremdenverkehr auch staatlich gefördert werden.
Die Beschwerdeführerin bezweckt die Förderung des Wohnungsbaus, der eine wirtschaftliche und - bei Trägern des sozialen Wohnungsbau zwar in geringerem Masse - grundsätzlich gewinnstrebige Tätigkeit ist. Sie entfaltet ihre Haupttätigkeit in enger Verbindung mit der Baugenossenschaft Z. Nicht nur bestimmt diese die Mehrheit der Stiftungsratsmitglieder, sie erhält nach Ziff. 1.3 und 1.4 des Stiftungs-Reglementes auch laufend Kenntnis von der Stiftungstätigkeit, kann auf Antrag des Stiftungsrates bei ihrer Tätigkeit mitwirken und von sich aus dem Stiftungsrat Vorschläge über seine Tätigkeit unterbreiten. Die Baugenossenschaft Z. führt auch das Sekretariat und die Buchhaltung der Beschwerdeführerin.BGE 114 Ib 277 (281)
BGE 114 Ib 277 (282)Umgekehrt sind die Aktivitäten der Beschwerdeführerin auch für die Baugenossenschaft Z., ebenso wie für die übrigen Träger des sozialen Wohnungsbaus, unmittelbar von Nutzen. Sind mit der Tätigkeit der Beschwerdeführerin eigene unmittelbare Interessen von ihr nahestehenden Unternehmungen, die im Rahmen derselben Zielsetzung wirtschaftlich tätig sind, verknüpft, ist die Steuerbefreiung nach Art. 16 Ziff. 3 BdBSt ausgeschlossen (oben E. 2b). Es rechtfertigt sich nicht, einer Institution für eine Tätigkeit Steuerfreiheit zu gewähren, die im Interesse von ihr nahestehenden Unternehmungen ausgegliedert wurde, anstatt dass sie diese Unternehmungen selber ausüben.
Eine Steuerbefreiung käme nach Art. 16 Ziff. 3 BdBSt nur in Betracht, wenn die Beschwerdeführerin mit ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit keine unmittelbaren Interessen des mit ihr verbundenen Wirtschaftskreises förderte und die wirtschaftliche Tätigkeit unmittelbar und ausschliesslich auf die Unterstützung Betagter, Invalider, Pflegebedürftiger oder weiterer Personen gerichtet wäre, die auf preisgünstige Wohnungen angewiesen sind. Auf die wirtschaftlichen und berufsethischen Bestrebungen der Beschwerdeführerin trifft dies nicht zu. Sie unterstützt solche Personen nicht unmittelbar, beispielsweise durch Gewährung zinsloser Darlehen zum Erwerb von Wohnungseigentum, Bürgschaftsleistung oder durch Zuschüsse zur Verbilligung von Miet- oder Hypothekarzinsen.BGE 114 Ib 277 (282)