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Regeste
Sachverhalt
Erwägungen:
1. a) Gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. a WUStB ist steuerpflichtig, ...
2. Die Frage, ob Herstellung aufgrund eines Werkvertrages vorlieg ...
3. Auf den Personaleinsatz bzw. auf den damit verbundenen Arbeits ...
4. a) Die Beschwerdeführerinnen haben in ihren Lokalen Fotok ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
16. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. Juni 1990 i.S. X. und X. AG gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Warenumsatzsteuer.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 116 Ib 126 (126)X., Inhaberin der Einzelfirma X. in ..., und die X. AG in ... sind als Grossistinnen im Sinne des Bundesratsbeschlusses über die Warenumsatzsteuer (WUStB) eingetragen. Beide Firmen bezwecken die Herstellung von Fotokopien und Drucksachen. Sie haben in ihren Räumlichkeiten Fotokopiergeräte aufgestellt, die von den Kunden selbst bedient werden.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung Warenumsatzsteuer, betrachtet die Einnahmen aus dem Betrieb dieser Geräte - in Änderung ihrer bisherigen Praxis - als steuerbaren Umsatz im Sinne des Warenumsatzsteuerbeschlusses und fordert gegenüber X. für solche Umsätze Warenumsatzsteuern im BetragBGE 116 Ib 126 (126) BGE 116 Ib 126 (127)von Fr. ... (1. Quartal 1982 bis 4. Quartal 1983) und gegenüber der X. AG von Fr. ... (1. Quartal 1981 bis 2. Quartal 1984) nach.
Mit Einspracheentscheid vom 20. Oktober 1989 stellte die Eidgenössische Steuerverwaltung fest: "Das 'schnelle' Anfertigen von Fotokopien auf sog. Selbstbedienungs-Kopiergeräten durch Dritte gilt als grundsätzlich steuerbarer Umsatz des Aufstellers solcher Apparate." Zugleich bestätigte sie die Steuerforderungen.
X. und die X. AG führen Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit welcher sie beantragen, der Einspracheentscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass das "schnelle" Anfertigen von Fotokopien durch Dritte nicht als steuerbarer Umsatz des Aufstellers solcher Apparate gelte. Die Eidgenössische Steuerverwaltung sei ferner zu verpflichten, der X. AG die vom 1. Januar 1982 bis 30. Juni 1984 zu Unrecht bezahlten Steuern zurückzuerstatten.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden
 
b) Fotokopien können Gegenstand eines Fahrniskaufes sein und werden tatsächlich oft im Rahmen solcher Verträge gehandelt. Sie sind mithin umsatzsteuerrechtlich als Ware zu behandeln (Art. 17 WUStB). Sie werden im Sinne von Art. 10 Abs. 2 WUStB hergestellt, auch wenn die Herstellung vorwiegend maschinell erfolgt. Das ist im vorliegenden Fall auch nicht bestritten.
Die Beschwerdeführerinnen machen aber geltend, dass die Fotokopien nicht durch sie - aufgrund eines Werkvertrages - hergestellt würden, sondern durch den Kunden, dem sie hierzu die Fotokopiergeräte mietweise zur Verfügung stellten. Trifft dieser Einwand zu, so müssten die in Frage stehenden Umsätze steuerfreiBGE 116 Ib 126 (127) BGE 116 Ib 126 (128)bleiben. Denn die blosse Vermietung eines Gerätes (oder einer Maschine) erfüllt den Tatbestand der Lieferung gemäss Art. 15 WUStB nicht (ASA 56, 266 E. 4).
So hat das Bundesgericht in bezug auf das gewerbsmässige Reinigen von Wäsche zunächst gefunden, dass es sich dabei um eine Instandstellung von Waren im Sinne von Art. 10 Abs. 2 WUStB handle (BGE 68 I 103 E. 2, 3). Ausgehend von dieser Rechtsprechung hat das Bundesgericht im Urteil vom 5. November 1965 (ASA 34, 298) eine Warenlieferung auch angenommen, wenn in sog. Selbstbedienungs-Waschsalons Kleidungsstücke chemisch gereinigt werden. Denn die Reinigung solcher Kleidungsstücke erfolge aufgrund eines Werkvertrages.
Dass man es mit einem solchen zu tun habe und nicht bloss mit einer Vermietung von Waschautomaten, gehe daraus hervor, dass die Waschanstalt eine umfassende Bedienungsanleitung an ihren Waschautomaten angeschlagen habe und Aufsichtspersonal stelle, dessen Mitwirkung unerlässlich sei. Dieses habe bei erstmaligen Kunden im Zweifel behilflich zu sein, darüber zu wachen, dass nur den Vorschriften entsprechend gewaschen werde, und in Stosszeiten sogar das Reinigungsgut herauszunehmen und neues einzufüllen. Das Bedienungspersonal habe ferner für die richtige Handhabung der chemischen Substanzen zu sorgen und darauf zu achten, dass die Kunden nicht mit diesen in Berührung kämen. Der Benützer könne demgegenüber einzig bewirken, dass die Maschine durch Geldeinwurf für ihn tätig werde. Der Beitrag der Waschanstalt am Reinigungsvorgang bestehe demnach nicht nur darin, dem Kunden einen Automaten zum Gebrauch zu überlassen. Vielmehr erfolge die Reinigung durch Mitarbeit von Unternehmungspersonal und unter Einsatz von Maschinen und eines von der Unternehmung beschafften Reinigungsmittels (ASA 34, 300 E. 3).
Ähnlich hat auch die Eidgenössische Steuerverwaltung in ihrer früheren Verwaltungspraxis für die Unterscheidung vor allem auf die Intensität des Personaleinsatzes abgestellt (vgl. etwa ASA 18, 450 E. 3b-d).
3. Auf den Personaleinsatz bzw. auf den damit verbundenen Arbeitseinsatz kann es aber heute, angesichts der zunehmenden Automatisierung, nicht mehr so entscheidend ankommen. Für dieBGE 116 Ib 126 (128) BGE 116 Ib 126 (129)Arbeitsobligation beim Werkvertrag ist es nicht wesentlich, ob der Unternehmer Arbeitskraft und Hilfsgeräte oder nur Hilfsgeräte einsetzt. Auch der WUStB unterscheidet für die Steuerpflicht nicht zwischen der automatischen und der mit Arbeitseinsatz von Personal verbundenen Herstellung (Art. 10 Abs. 2 WUStB), und erst recht ist diese Unterscheidung für den Begriff der Lieferung (Art. 15 Abs. 1 und 2 WUStB) bedeutungslos (s. auch METZGER, Handbuch der Warenumsatzsteuer, N 320). Auch ausschliesslich maschinell hergestellte Waren können deshalb Gegenstand eines Werkvertrages und mithin einer Warenlieferung (Art. 15 Abs. 2 WUStB) sein. Entscheidend ist in diesem Sinne, ob die erbrachte Leistung, der Arbeitserfolg, dem Kunden zuzurechnen ist - dann liegt allenfalls Vermietung von Maschinen vor - oder ob die Unternehmung selbst für den Arbeitserfolg, das Werk, einzustehen hat.
b) Die Beschwerdeführerinnen wenden ein, der Preis, der dem Kunden nach Anzahl der Fotokopien berechnet werde, könnte ebensogut nach der Dauer der Benützung des Gerätes bemessen werden. Das mag zutreffen, weist für sich allein jedoch nicht auf eine Vermietung von Maschinen hin. Dass keine Miete vorliegt, geht daraus hervor, dass das Entgelt für die Kopien nach derBGE 116 Ib 126 (129) BGE 116 Ib 126 (130)Stückzahl berechnet wird, dass die Geräte unter der Aufsicht des Unternehmungspersonals verbleiben, dass das Personal nötigenfalls dem Kunden bei der Bedienung des Gerätes behilflich ist und die Unternehmung nicht nur für das Funktionieren der Geräte einsteht, sondern darüber hinaus auch dafür, dass die Herstellung der Kopien durch die Geräte in brauchbarer Art erfolgt. Daran ändert nichts, dass die Beschwerdeführerinnen ihrerseits nicht Eigentümerinnen der Fotokopiergeräte sind, sondern sie aufgrund von Rahmenmietverträgen von Dritten (Rank Xerox, Ozalid AG usw.) zur Verfügung gestellt erhalten. Denn die Herstellung durch den Unternehmer im Rahmen eines Werkvertrages kann sowohl mit eigenen als auch mit gemieteten (oder geleasten) Geräten erfolgen.
c) Die Beschwerdeführerinnen legen allerdings Gewicht darauf, dass das Unternehmungspersonal für das einwandfreie Funktionieren der Apparate zu sorgen und namentlich Papier und Toner nachzufüllen habe. Dabei geht es jedoch entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen nicht um ihre Pflicht als Vermieterinnen, die Mietsache in einem zum vertragsgemässen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten (Art. 254 Abs. 1 OR), zumal warenumsatzsteuerrechtlich selbst bei Annahme einer Apparatenmiete mindestens hinsichtlich des Papiers eine Lieferung der Beschwerdeführerinnen in Betracht zu ziehen wäre (Art. 15 Abs. 1 WUStB). Vielmehr erfolgt der Arbeitseinsatz des Unternehmungspersonals im Rahmen der werkvertraglichen Arbeitsobligation des Unternehmers.
Auch die weiteren Einwendungen der Beschwerdeführerinnen vermögen offensichtlich zu keinem anderen Ergebnis zu führen.
d) Übrigens hat das Bundesgericht bereits im Urteil vom 19. Oktober 1984 (BGE 110 Ib 229), wenn auch nur beiläufig und ohne nähere Begründung, die Herstellung von Fotokopien sogar auf Fotokopiergeräten, die zur freien Benützung offen aufgestellt sind und vom Kunden durch Münzeinwurf bedient werden können, als Warenlieferung bezeichnet (S. 231 E. 3a). Im Lichte dieser Rechtsprechung ist eine Warenlieferung erst recht anzunehmen, wenn Unternehmungspersonal die Benützung der Kopiergeräte überwacht und den Kunden bei der Anfertigung einzelner Kopien behilflich ist. Die Herstellung von Fotokopien in den Geschäftsräumen der Beschwerdeführerinnen durch Kunden ist somit als Warenlieferung nach Art. 15 Abs. 2 WUStB zu behandeln. Das dafür vereinnahmte Entgelt unterliegt der Warenumsatzsteuer.BGE 116 Ib 126 (130)