Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang: 

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Erwägungen:
1. A. hat gegen den Entscheid des Staatsrats des Kantons Freiburg ...
2. Nach den Art. 22 Abs. 1 und 24 RPG dürfen Bauten und Anla ...
3. Zusammenfassend ergibt sich, dass der angefochtene Entscheid b ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
6. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Mai 1992 i.S. A. gegen B. und Staatsrat des Kantons Freiburg (Verwaltungsgerichtsbeschwerde).
 
 
Regeste
 
Art. 24 RPG; Baubewilligungspflicht für einen Drahtmaschenzaun ausserhalb der Bauzone.
 
2. Ein Drahtmaschenzaun ausserhalb der Bauzone untersteht der Baubewilligungspflicht (E. 2).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 118 Ib 49 (49)A. ist Eigentümerin des Grundstücks Art. 469 des Grundbuchs der Gemeinde Ueberstorf, während die daran angrenzende Parzelle Art. 468 B. gehört. Diese 2420 m2 grosse Parzelle ist von einem zwei Meter hohen Drahtgitterzaun umgeben, der an Eisenstangen, die aufBGE 118 Ib 49 (49) BGE 118 Ib 49 (50)Betonsockeln stehen, befestigt ist. Diese Sockel sind bodeneben im Grundstück von B. eingelassen. Ihre äusseren Ränder sind ca. 20 cm von der Grundstücksgrenze entfernt.
Am 23. November 1990 reichte A. ein Gesuch um Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands beim Oberamtmann des Sensebezirks ein. Sie begründete dieses Begehren damit, dass die im Boden eingelassenen Betonsockel als Bauwerke im Sinne von Art. 146 des kantonalen Raumplanungs- und Baugesetzes vom 9. Mai 1983 (RPBG) zu betrachten seien, für welche eine Baubewilligung eingeholt werden müsse. Der Oberamtmann des Sensebezirks wies das Wiederherstellungsgesuch am 25. März 1991 ab und hielt in seinem Entscheid fest, das Erstellen der Betonsockel sei keine baubewilligungspflichtige Verrichtung im Sinne von Art. 146 RPBG. Gegen diesen Entscheid gelangte A. an den Staatsrat des Kantons Freiburg, welcher die Verwaltungsbeschwerde am 12. Juli 1991 abwies, soweit sie nicht gegenstandslos geworden war.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 11. September 1991 verlangt A., der Staatsratsentscheid vom 12. Juli 1991 sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen des Bundesgerichts an den Staatsrat zurückzuweisen.
Der Instruktionsrichter des Bundesgerichts fragte den Staatsrat mit Schreiben vom 2. März 1992 an, in welcher Nutzungszone gemäss Art. 14 ff. des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) sich der umstrittene Zaun befinde und ob die Einzäunung allenfalls der landwirtschaftlichen Nutzung diene. Am 16. März 1992 schrieb der Staatsrat dem Bundesgericht, dass sowohl das Grundstück der Beschwerdeführerin als auch das Grundstück von B. nach dem Zonenplan der Gemeinde Ueberstorf vom 19. Oktober 1983 in der Landwirtschaftszone liege. Der Beschwerdegegner führe keinen Landwirtschaftsbetrieb, sondern sei Inhaber eines kleineren Malergeschäfts. Auf seinem Grundstück befinde sich das Lager für seinen Gewerbebetrieb; nebenbei halte B. zwei Pferde sowie einige Schafe und Hühner.
 
1. A. hat gegen den Entscheid des Staatsrats des Kantons Freiburg, der als letzte kantonale Instanz die Frage der Baubewilligungspflicht für den umstrittenen Drahtgitterzaun beurteilte, staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht prüft von AmtesBGE 118 Ib 49 (50) BGE 118 Ib 49 (51)wegen und mit freier Kognition, ob und gegebenfalls inwieweit es auf ein Rechtsmittel eintreten kann (BGE 117 Ia 2 E. 1, 85 E. 1; BGE 117 Ib 138 E. 1, 156 E. 1, BGE 116 Ia 79 E. 1, je mit Hinweisen).
a) Der Staatsrat hat im angefochtenen Entscheid die Baubewilligungspflicht für den umstrittenen Drahtgitterzaun ausschliesslich nach kantonalem Recht geprüft. Indessen ergibt sich aus dem Schreiben des Staatsrats vom 16. März 1992 eindeutig, dass es sich beim besagten Zaun um eine zonenwidrige Einfriedung ausserhalb der Bauzone handelt. Ob für die Erstellung eines solchen Zauns eine Baubewilligung eingeholt werden muss, richtet sich nicht allein nach dem kantonalen Recht, sondern ist zunächst gestützt auf Art. 24 RPG zu beurteilen. Im vorliegenden Verfahren liegt somit ein Anwendungsfall von Art. 24 RPG vor, auch wenn sich der Staatsrat im angefochtenen Entscheid ausschliesslich auf kantonales Recht gestützt hat (s. nicht publizierte Urteile des Bundesgerichts vom 18. Juni 1991 i.S. D., vom 19. Juni 1987 i.S. Kanton Thurgau sowie vom 5. Mai 1982 i.S. Gemeinden Tamins und Trin). Die Frage, ob der Staatsrat Art. 24 RPG zu Unrecht nicht angewendet habe, ist nach Art. 34 Abs. 1 RPG im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen (BGE 117 Ib 11 mit Hinweisen). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an und ist an die Begründung der Parteibegehren nicht gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG; F. GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 211 ff.).
b) Dass allein staatsrechtliche Beschwerde erhoben worden ist, schadet der Beschwerdeführerin nicht, da im vorliegenden Fall auch die Sachurteilsvoraussetzungen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erfüllt sind und die eingereichte Rechtsschrift als solche behandelt werden kann (vgl. BGE 116 Ib 171 f.). Auch die in der Beschwerde erhobene Rüge der Verletzung von Bundesverfassungsrecht kann im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geprüft werden (BGE 116 Ib 178 E. 1; BGE 115 Ib 338 E. 2, je mit Hinweisen). Für die staatsrechtliche Beschwerde bleibt somit kein Raum. Die dem Bundesgericht eingereichte Beschwerde ist ausschliesslich als Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandeln.
a) Der bundesrechtliche Begriff "Bauten und Anlagen" ist vom Gesetzgeber nicht näher umschrieben worden. Nach der Rechtsprechung gelten als "Bauten und Anlagen" jedenfalls jene künstlich geschaffenen und auf Dauer angelegten Einrichtungen, die in bestimmter fester Beziehung zum Erdboden stehen und die Nutzungsordnung zu beeinflussen vermögen, weil sie entweder den Raum äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung belasten oder die Umwelt beeinträchtigen. Dazu gehören auch Fahrnisbauten, welche über nicht unerhebliche Zeiträume ortsfest verwendet werden. Das kantonale Recht darf den Umfang der nach Bundesrecht bewilligungspflichtigen Bauten und Anlagen nicht unterschreiten (BGE 113 Ib 315 f. E. 2b mit Hinweis).
Das Bundesgericht hat sich bereits in verschiedenen Urteilen zur Baubewilligungspflicht von zonenwidrigen Drahtgitterzäunen ausserhalb der Bauzonen geäussert. Ein Damhirschgehege aus Maschendraht hat es als künstlich geschaffene und auf Dauer angelegte Einrichtung mit bestimmter fester Beziehung zum Erdboden bezeichnet. Ein zwei Meter hohes Gehege mit Stahlrohrpfosten vermöge auch die Nutzungsordnung zu beeinflussen, verändere es doch den Raum durch sein Erscheinungsbild erheblich. In der Lehre würden denn auch Umzäunungen, vor allem wenn sie mit dem Boden fest verbunden seien, zu den baubewilligungspflichtigen Anlagen gezählt (unveröffentlichtes Urteil vom 19. Juni 1987 i.S. Kanton Thurgau, E. 2 mit Hinweisen auf LEUTENEGGER, Das formelle Baurecht der Schweiz, 2. Aufl., S. 92; ZAUGG, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern vom 9. Juni 1985, N 15 zu Art. 1; ZIMMERLIN, Baugesetz des Kantons Aargau, N 3 zu § 10). In gleichem Sinne ging das Bundesgericht im unveröffentlichten Entscheid vom 5. März 1982 i.S. Gemeinden Tamins und Trin davon aus, dass ein 1,8 m hohes Rothirschgehege klarerweise eine der Bewilligungspflicht unterliegende Anlage sei. Auch im nicht publizierten Entscheid vom 18. Juni 1991 i.S. D. hat das Bundesgericht die Baubewilligungspflicht für einen zwei Meter hohen Drahtmaschenzaun unter Hinweis auf die erwähnte Literatur ohne weiteres bejaht.
b) Im Hinblick auf die genannte Rechtsprechung und Literatur unterliegt der im vorliegenden Verfahren zur Diskussion stehende zwei Meter hohe Drahtgitterzaun zweifelsfrei der in Art. 24 RPG enthaltenen Bewilligungspflicht für nicht zonenkonforme BautenBGE 118 Ib 49 (52) BGE 118 Ib 49 (53)und Anlagen ausserhalb der Bauzonen. Die Vorinstanz hat Bundesrecht verletzt, indem sie die Frage der Baubewilligungspflicht verneinte. Der angefochtene Entscheid ist daher in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und die Sache antragsgemäss zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, welche die Frage der Standortgebundenheit (Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG) zu prüfen und die nach Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG gebotene Interessenabwägung vorzunehmen haben wird. Falls sich im Ausnahmebewilligungsverfahren ergeben sollte, dass der umstrittene Zaun gemäss Art. 24 RPG nicht bewilligt werden kann, wie dies in der bereits erwähnten Angelegenheit i.S. D. zutraf (nicht publiziertes Urteil vom 18. Juni 1991), so wäre entsprechend den Anträgen der Beschwerdeführerin die Frage der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands ebenfalls gestützt auf Art. 24 RPG zu prüfen (vgl. BGE 111 Ib 226).