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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Das eidg. Gewässerschutzgesetz verpflichtet in Art 2 Abs. ...
4. Der Oberamtmann des Sensebezirkes hat verfügt, dass die B ...
5. Das eidg. Gewässerschutzgesetz verpflichtet die vollziehe ...
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30. Auszug aus dem Urteil vom 19. Juni 1964 i.S. Spycher und Rohrer gegen Staatsrat des Kantons Freiburg.
 
 
Regeste
 
Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung. BG vom 16. März 1955.
 
2. Wahl der Sicherheitsmassnahmen; Tragweite einer von der kantonalen Behörde im Verfahren vor Bundesgericht abgegebenen Erklärung (Erw. 4).
 
3. Vorbehalt künftiger Massnahmen, die den Gewässerschutz besser gewährleisten würden (Erw. 5).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 90 I 195 (195)Aus dem Tatbestand:
A.- Die Beschwerdeführer Hansruedi Spycher und Otto Rohrer erstellten im Jahre 1960 in Oberflamatt (Gemeinde Wünnewil) ein Hochhaus, in welchem eine Ölfeuerung eingerichtet wurde. Die zur Heizungsanlage gehörenden beiden Heizölbehälter wurden trotz Einsprache des Gemeinderates von Wünnewil am 12. April 1960 in den Boden versenkt.
BGE 90 I 195 (195)
BGE 90 I 195 (196)In der Folge machte die Gesundheitsdirektion des Kantons Freiburg die Beschwerdeführer darauf aufmerksam, dass die Ölbehälter in der Nähe von Grundwasserflächen lägen, die der Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit Trinkwasser dienten. Sie teilte den Beschwerdeführern mit, dass gemäss Anordnung der kantonalen Gewässerschutzkommission die Behälter ausgehoben und in dichte Betonschalen verlegt werden müssten. Am 3. Juli 1961 verfügte der Oberamtmann des Sensebezirkes in Anwendung des BG über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung vom 16. März 1955 (GSchG, AS 1956 S. 1533), dass die Beschwerdeführer dieser Anordnung nachzukommen hätten.
Auf Beschwerde Spychers und Rohrers hin bestätigte der Staatsrat des Kantons Freiburg diese Verfügung mit Entscheid vom 29. Dezember 1961.
B.- Gegen diesen Entscheid erheben Spycher und Rohrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragen, er sei aufzuheben; eventuell sei die Angelegenheit zur Abklärung des Tatbestandes an die kantonale Behörde zurückzuweisen.
Zur Begründung wird geltend gemacht, es treffe nicht zu, dass das in den zwei Behältern gespeicherte Öl einen Grundwasserstrom gefährden könnte. Die Behälter befänden sich nicht "auf dem Grundwasser". Sie seien von einer mächtigen Kiesschicht umgeben, so dass die Erdsäure ihnen nichts anhaben könne. Zudem sei ihre Wandung besonders dick. Alle anderen Ölbehälter in der Gegend seien weniger gut versenkt. In zahlreichen Fällen seien keine Sicherungsmassnahmen verlangt worden.
Übrigens seien die Beschwerdeführer bereit, elektrische Warngeräte einzubauen. Diese Massnahme biete mehr Sicherheit und sei auch weniger kostspielig als die Verlegung der Behälter in Betonwannen.
C.- Der Staatsrat des Kantons Freiburg und das Eidg. Departement des Innern beantragen Abweisung der Beschwerde.
BGE 90 I 195 (196)
BGE 90 I 195 (197)D.- Im Verfahren vor Bundesgericht sind Professor R. F. Rutsch und Ingenieur H. Steiner, beide in Bern, beauftragt worden, ein geologisch-technisches Gutachten zu erstatten. Eine Delegation des Gerichts hat mit ihnen am 4. Oktober 1962 einen Augenschein vorgenommen.
Dem Bericht der Experten vom 15. Januar 1964 ist zu entnehmen:
a) Die Tankanlagen der Beschwerdeführer befinden sich wahrscheinlich über dem im Gebiet von Flamatt durchfliessenden bedeutenden Grundwasserstrom, auf jeden Fall in dessen Nähe. Dieses Grundwasservorkommen dient der Versorgung von Flamatt mit Trink- und Brauchwasser. Es besteht die Gefahr, dass das dort gefasste Wasser durch Öl verunreinigt wird, das aus den Tankanlagen der Beschwerdeführer in den Boden versickert.
b) Dieser Gefahr kann begegnet werden
- entweder durch Verlegung der Tanks in Eisenbeton-Wannen
- oder durch Auskleidung der Tanks mit Kunststoff-Folien, kombiniert mit der Installation von Leckwarngeräten, Überfüllsicherungen und Beobachtungsrohren.
Die Experten empfehlen im vorliegenden Fall dieses zweite Verfahren, in Erwägung, dass es sich bewährt hat und die abzusichernden Behälter bereits seit Jahren im Boden versenkt sind.
c) Das erste Sicherungsverfahren würde mutmasslich Fr. 53'000.--, das zweite Fr. 24'000.-- kosten.
E.- a) Die Beschwerdeführer haben keine Bemerkungen zum Gutachten eingereicht.
b) Das Eidg. Departement des Innern hält die von den Gerichtsexperten vorgeschlagenen Schutzvorrichtungen nicht für genügend zuverlässig; es betrachtet den Einbau einer Betonwanne oder -schale als bessere Sicherung.
Die Gerichtsexperten erachten die Einwendungen des Departements für unbegründet; sie weisen darauf hin, dass in den Betonkonstruktionen Risse entstehen können.
c) Der Staatsrat des Kantons Freiburg hat in einer EingabeBGE 90 I 195 (197) BGE 90 I 195 (198)vom 25. Mai 1964 am Antrag auf Abweisung der Beschwerde grundsätzlich festgehalten (Ziff. 1). Er hat beigefügt, dass er angesichts des Befundes der Experten auf der Durchführung der angeordneten Sicherheitsmassnahme nicht bestehe, sondern sich mit einer anderen Lösung, z.B. mit der von den Experten befürworteten, einverstanden erklären könne (Ziff. 2).
 
Im vorliegenden Fall sind solche Schutzvorkehren unumgänglich; denn aus dem vom Gericht eingeholten Gutachten ergibt sich zweifelsfrei, dass die Ölbehälter, welche die Beschwerdeführer im Boden versenkt haben, in der Nähe eines der Versorgung der Bevölkerung mit Trink- und Brauchwasser dienenden bedeutenden Grundwasserstromes - wenn nicht sogar direkt darüber - liegen und dass der gegenwärtige Zustand dieser Behälter die Gefahr einer Verunreinigung des für die genannten Zwecke verwendeten Grundwassers durch ausfliessendes Öl in sich birgt.
Allerdings sind andere Ölbehälter in der Gegend, namentlich solche des Bundes, noch nicht mit den erforderlichen Schutzvorrichtungen versehen. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass im Falle der BeschwerdeführerBGE 90 I 195 (198) BGE 90 I 195 (199)von Schutzvorkehren abgesehen werden darf. Vielmehr werden auch in jenen anderen Fällen so bald wie möglich die notwendigen Massnahmen angeordnet und durchgeführt werden müssen.
Auf die Höhe der Kosten der zu treffenden Massnahmen ist nicht Rücksicht zu nehmen, wo es, wie hier, um die Sicherstellung gesunden Trink- und Brauchwassers geht (Art. 2 Abs. 3 GSchG; BGE 84 I 155 ff., Erw. 2 und 3; BGE 86 I 195 ff., Erw. 5 und 7 a).
Die Gerichtsexperten haben zwei Lösungen ins Auge gefasst, einerseits die Verlegung der Tanks in Betonwannen und anderseits die Auskleidung der Tanks mit Kunststoff-Folien, kombiniert mit der Installation von Leckwarngeräten, Überfüllsicherungen und Beobachtungsrohren. Sie haben die zweite Lösung empfohlen.
Das Eidg. Departement des Innern teilt diese Auffassung nicht; es erachtet den Einbau von Betonwannen oder -schalen als die bessere Sicherung.
Indessen hat der Staatsrat schliesslich die Erklärung abgegeben, dass er an Stelle einer Betonkonstruktion auch die von den Gerichtsexperten befürwortete - weniger kostspielige - Lösung (Auskleidung mit Plastik usw.) annehmen könne (Eingabe von 25. Mai 1964, Ziff. 2). Er überlässt damit die Wahl zwischen den beiden in Betracht fallenden Lösungen den Beschwerdeführern. In diesem Sinne hat er den angefochtenen Entscheid abgeschwächt und das in der Antwortschrift gestellte, auf Abweisung der Beschwerde schlechthin lautende Rechtsbegehren eingeschränkt. Das Gericht, das nicht über die Rechtsbegehren der Parteien hinausgehen darf (Art. 109 Abs. 1 OG), hat sich an diese Einschränkung zu halten. Es behaftet den Staatsrat bei der erwähnten ErklärungBGE 90 I 195 (199) BGE 90 I 195 (200)und gibt den Beschwerdeführern Kenntnis von ihr. In diesem Sinne ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen.
Aus dieser gesetzlichen Ordnung ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die (im erwähnten Sinne eingeschränkte) Entscheidung des Staatsrates nicht unabänderlich ist, sondern von der kantonalen Behörde jederzeit und ohne Rücksicht auf die den Beschwerdeführern (oder ihren Rechtsnachfolgern) entstehenden Kosten durch andere, wirksamere Anordnungen zum Schutze des für die öffentliche Wasserversorgung verwendeten Grundwassers ersetzt werden kann, wenn sich dies auf Grund neuer tatsächlicher Feststellungen und nach dem Stande der Technik als möglich und notwendig erweist. Solchen neuen Anordnungen könnte nicht die Rechtskraft der früheren Entscheidung entgegenhalten werden, und sie würden auch - wie die frühere Entscheidung - keine Entschädigungspflicht des Gemeinwesens begründen.BGE 90 I 195 (200)