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Zitiert durch:
BGE 137 IV 92 - Diebesbande


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Untersuchungshaft kann im Kanton Zürich (u.a.) angeordnet ...
Erwägung 3
Erwägung 4
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
13. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Bezirksanwaltschaft und Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
 
 
1P.202/2002 vom 2. Mai 2002
 
 
Regeste
 
Art. 5 Ziff. 3 EMRK; Art. 31 Abs. 3 Satz 2 BV; § 58 StPO/ZH. Untersuchungshaft; besondere Kollusionsgefahr bei Kindsmissbrauch. Tragweite des Beschleunigungsgebots bei psychiatrischer Begutachtung des Angeschuldigten.
 
Kollusionsgefahr bejaht auf Grund der besonderen Beziehung des mutmasslichen Täters zu den missbrauchten Kindern, auch wenn diese ihre belastenden Aussagen bereits gemacht haben und die Untersuchung weitgehend abgeschlossen ist (E. 3).
 
Verletzung des Beschleunigungsgebotes bei monatelanger Untätigkeit des Gutachters, der mit der psychiatrischen Begutachtung des in Untersuchungshaft gehaltenen mutmasslichen Täters befasst ist (E. 4)?
 
 
Sachverhalt
 
BGE 128 I 149 (150)Die Bezirksanwaltschaft Zürich führt gegen X. ein Strafverfahren u.a. wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern und Drohung. Sie wirft ihm insbesondere vor, sich verschiedene Male an mehreren unter 16-jährigen Knaben vergangen zu haben und diesen für die geleisteten Dienste (gegenseitiges Onanieren, Oral- und Analverkehr) Geld und Haschisch gegeben zu haben. X. wurde am 22. Dezember 2000 verhaftet und am 25. Dezember 2000 in Untersuchungshaft gesetzt. Am 10. Juli 2001 bewilligte die zuständige Bezirksanwältin den vorzeitigen Strafantritt, widerrief diese Verfügung indessen tags darauf wieder, als bekannt wurde, dass X. versucht hatte, zwei Briefe an der Briefkontrolle vorbeizuschmuggeln. Am 29. Oktober 2001 bewilligte die Bezirksanwältin den vorzeitigen Strafantritt, wobei sie X. jeden Kontakt mit denBGE 128 I 149 (150) BGE 128 I 149 (151)Geschädigten untersagte. Am 7. März 2002 stellte X. ein Haftentlassungsgesuch, welches vom Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich am 14. März 2002 abgewiesen wurde.
Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab.
 
Der Beschwerdeführer bestreitet, dass Kollusionsgefahr vorliege und macht geltend, das Beschleunigungsgebot sei krass verletzt worden, weshalb er aus der Haft zu entlassen sei.
BGE 128 I 149 (152)Dies ist nur der Fall, wenn sie besonders schwer wiegt und zudem die Strafverfolgungsbehörden, z.B. durch eine schleppende Ansetzung der Termine für die anstehenden Untersuchungshandlungen, erkennen lassen, dass sie nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, das Verfahren nunmehr mit der für Haftfälle verfassungs- und konventionsrechtlich gebotenen Beschleunigung voranzutreiben und zum Abschluss zu bringen.
 
Erwägung 3
 
3.3 Der Beschwerdeführer wendet dagegen zwar insbesondere ein, er habe beim aktuellen Stand der Untersuchung gar keine Möglichkeit mehr, zu kolludieren, da die Untersuchung praktischBGE 128 I 149 (152) BGE 128 I 149 (153)abgeschlossen sei. Es fehlten unbestrittenermassen nur noch das psychiatrische Gutachten und die Schlusseinvernahme. Sollten die jugendlichen Opfer bei diesem Stand des Verfahrens (unter seinem Einfluss) ihre Belastungen plötzlich zurückziehen, wäre dies völlig unglaubhaft und würde den Sachrichter mit Sicherheit nicht von seiner Unschuld überzeugen.
 
Erwägung 4
 
BGE 128 I 149 (154)4.2 Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 22. Dezember 2000 und damit seit gut 1 1/3 Jahren in Haft. Überhaft droht daher zur Zeit noch nicht, da dem einschlägig vorbestraften Beschwerdeführer nach den zutreffenden Ausführungen des Haftrichters, auf die verwiesen werden kann, eine deutlich höhere Strafe droht.
Diese hat nach der Absage Dr. Möllers auch prompt reagiert und am 14. Januar Frau Dr. Wyler van Laak mit der Begutachtung des Beschwerdeführers beauftragt, welche dessen Fertigstellung für den August 2002 in Aussicht stellt. Sie hat sich somit für die Erstellung des psychiatrischen Gutachtens rund 7 Monate ausbedungen, was angesichts der notorischen Überlastung zu derartigen Gutachten befähigter Sachverständiger als akzeptabel erscheint. Es lag auch im Ermessen der Bezirksanwältin, den vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Dr. Stephan Kauf abzulehnen, da dieser nach seinen eigenen Angaben nicht auf die Begutachtung von Sexualstraftätern spezialisiert ist.