Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang: 

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 1
2. Die Vorinstanz ist der Auffassung, der kantonale Gesetzgeber h ...
Erwägung 3
Erwägung 3.3
Erwägung 3.6
Erwägung 3.8
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
20. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. B. gegen Ausgleichskasse Schwyz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
9C_881/2011 vom 27. Juni 2012
 
 
Regeste
 
Art. 14 ELG; § 8 Abs. 3 ELG/SZ; Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten im Rahmen von Ergänzungsleistungen.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 138 I 225 (226)A. Der 1977 geborene B. bezieht nebst einer ganzen Rente der Invalidenversicherung eine Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades. Die Ausgleichskasse Schwyz (nachfolgend: Ausgleichskasse) richtet Ergänzungsleistungen (EL) aus. Mit Verfügung vom 30. November und 2. Dezember 2010 kürzte die Ausgleichskasse die Rückerstattung von Krankheits- und Behinderungskosten mit der Begründung, diese würden nur bis zu einem Höchstbetrag von Fr. 90'000.- pro Jahr vergütet, welcher für das Jahr 2010 bereits erreicht sei. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 22. Juni 2011 fest.
B. Die Beschwerde des B. wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 26. September 2011 ab.
C. B. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, unter Aufhebung des Entscheides vom 26. September 2011 sei die Ausgleichskasse zu verpflichten, ihm die Kosten der behinderungsbedingten Aufwendungen ohne betragsmässige jährliche Limite zu vergüten. Ferner lässt er um unentgeltliche Rechtspflege ersuchen.
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das kantonale Gericht und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Stellungnahme.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
 
 
Erwägung 1
 
1.1 Die Kantone vergüten den Bezügerinnen und Bezügern einer jährlichen Ergänzungsleistung ausgewiesene, im laufenden Jahr entstandene Krankheits- und Behinderungskosten namentlich fürBGE 138 I 225 (226) BGE 138 I 225 (227)Hilfe, Pflege und Betreuung zu Hause (Art. 14 Abs. 1 lit. b ELG [SR 831.30]). Für die zusätzlich zur jährlichen Ergänzungsleistung vergüteten Krankheits- und Behinderungskosten können die Kantone Höchstbeträge festlegen. Diese dürfen jedoch für zu Hause lebende, alleinstehende Personen den Betrag von Fr. 25'000.- nicht unterschreiten (Art. 14 Abs. 3 lit. a Ziff. 1 ELG). Haben solche Personen einen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der Invaliden- oder Unfallversicherung, erhöht sich der Mindestbetrag bei schwerer Hilflosigkeit auf Fr. 90'000.-, soweit die Kosten für Pflege und Betreuung durch die Hilflosenentschädigung nicht gedeckt sind (Art. 14 Abs. 4 ELG in der bis 31. Dezember 2011 geltenden Fassung).
Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige Anwendung des Gesetzes (§ 8 Abs. 3 ELG/SZ in Verbindung mit Art. 14 Abs. 3 und 4 ELG). Überdies macht er eine Ungleichbehandlung von zu Hause und im Heim lebenden pflegebedürftigen Personen geltend, worin er eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes von Art. 8 Abs. 1 BV resp. des Diskriminierungsverbotes von Art. 14 EMRK sowie des Rechts auf Privat- und Familienleben gemäss Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 Ziff. 1 EMRK sieht.
 
Erwägung 3
 
 
Erwägung 3.3
 
3.3.2 Dass mit der kantonalen Leistungsbegrenzung die bundesrechtlich festgelegte Mindesthöhe unterschritten oder Art. 14 ELG sonst wie verletzt sein soll, ist nicht ersichtlich. Bereits nach der früheren, im Rahmen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA [AS 20075779]) auf den 31. Dezember 2007 aufgehobenen bundesrechtlichen Regelung (Art. 3d Abs. 2bis aELG [AS 2003 3857]) war dieKostenvergütung für Krankheits- und Behinderungskosten bei schwerBGE 138 I 225 (228) BGE 138 I 225 (229)hilflosen Personen auf Fr. 90'000.- beschränkt. Anlässlich der Aufgabenneuverteilung sollte eine Verschlechterung der Stellung versicherter Personen vermieden werden, indessen wurde den Kantonen auch keine umfangreichere Leistungspflicht als die bisherige auferlegt (Botschaft vom 7. September 2005 zur NFA-Ausführungsgesetzgebung, BBl 2005 6224 Ziff. 2.9.8.2.2). Die schwyzerische Regelung, mit welcher die Ergänzungsleistungen für Krankheits- und Behinderungskosten unter Einhaltung der Mindestbeträge von Art. 14 Abs. 3 und 4 ELG limitiert werden, steht daher im Einklang mit den bundesgesetzlichen Vorgaben.
 
Erwägung 3.6
 
3.6.1 Das Gebot der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV) ist verletzt, wenn ein Erlass hinsichtlich einer entscheidwesentlichen Tatsache rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftigerBGE 138 I 225 (229) BGE 138 I 225 (230)Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder wenn er Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen. Die Rechtsgleichheit ist verletzt, wenn Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich oder Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Dem Gesetzgeber bleibt im Rahmen dieser Grundsätze und des Willkürverbots ein weiter Spielraum der Gestaltung, den das Bundesgericht nicht durch eigene Gestaltungsvorstellungen schmälert (BGE 136 I 1 E. 4.1 S. 5; BGE 135 V 361 E. 5.4.1 S. 369; BGE 134 I 23 E. 9.1 S. 42).
3.6.2 Das IFEG bezweckt, invaliden Personen den Zugang zu einer Institution zur Förderung der Eingliederung zu gewährleisten (Art. 1 IFEG). Entsprechend den Vorgaben von Art. 112 Abs. 2 und 3 BV war es die Absicht des Gesetzgebers, jeder invaliden Person, die darauf angewiesen ist und dies wünscht, den Zugang zu einer angemessenen Institution zu gewährleisten, und zwar insbesondere unabhängig von ihren finanziellen Mitteln (BBl 2005 6204 Ziff. 2.9.4.4 zu Art. 1). Das gewährleistete Angebot darf grundsätzlich nur Institutionen umfassen, deren Kosten die Mittel invalider Personen nicht übersteigen; andernfalls haben sich die Kantone daran zu beteiligen (BBl 2005 6207 f. Ziff. 2.9.4.4 zu Art. 7). Das Ziel, eine durch einen Pflegeheimaufenthalt bewirkte Sozialhilfeabhängigkeit zu verhindern, kann indessen nicht gleichgesetzt werden mit jenem, eine solche für alle invaliden Personen zu vermeiden. Davon abgesehen steht im Übrigen nicht von vornherein fest, dass der öffentlichen Hand durch den Aufenthalt in einer Eingliederungsinstitution insgesamt - sei es über die Sozialversicherung oder die kantonale Verwaltung - höhere Kosten erwachsen, als wenn die invalide Person zu Hause lebt. Weiter hat die Vorinstanz zutreffend erkannt, dass die Möglichkeiten des Kantons zur Steuerung des Kostenmanagements nur bei Institutionen gemäss IFEG, nicht aber bei zu Hause betreuten Versicherten gegeben sind. Dass für solche Personen keine "Defizitgarantie" im Sinne eines Anspruchs auf betragsmässig unbegrenzte Ergänzungsleistungen besteht, entbehrt nach dem Gesagten nicht eines sachlichen und vernünftigen Grundes. Ein solcher Anspruch kann deshalb auch nicht aus Art. 7 IFEG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 BV hergeleitet werden.
3.7 Die Begrenzung der Ergänzungsleistungen gilt namentlich für alle invaliden Personen gleichermassen, auf welche die kantonale Bestimmung von § 8 Abs. 3 ELG/SZ anwendbar ist. Soweit sich der Beschwerdeführer auf das Diskriminierungsverbot von Art. 8 Abs. 2BGE 138 I 225 (230) BGE 138 I 225 (231)BV und Art. 14 EMRK beruft, legt er nicht dar, inwiefern die unterschiedliche Behandlung an ein verpöntes Kriterium (BGE 134 I 105 E. 5 S. 108 f.; Urteil 9C_886/2010 vom 10. Juni 2011 E. 3.2) anknüpfen soll. Darauf ist nicht weiter einzugehen (E. 3.2).
 
Erwägung 3.8