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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Die Beschwerdeführer rügen, das Verfahren für d ...
Erwägung 4
5. Die Beschwerdeführer kritisieren neben kantonalem Gesetze ...
6. Die Beschwerdeführer rügen, Art. 27 Abs. 4 KV/GR, wo ...
7. Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, das Reprä ...
8. Weiter machen die Beschwerdeführer geltend, das für  ...
Erwägung 8.5
9. Nach dem Ausgeführten ergibt sich, dass das im Kanton Gra ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: Julian Marbach
 
17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Baltermi und Mitb. gegen Grosser Rat und Regierung des Kantons Graubünden (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
1C_495/2017 vom 29. Juli 2019
 
 
Regeste
 
Art. 8, 34 Abs. 1 und 2 sowie Art. 51 Abs. 1 und 2 BV; Wahl eines kantonalen Parlaments in einem reinen Majorzverfahren.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 145 I 259 (260)A. Im Hinblick auf die Grossratswahlen vom 10. Juni 2018 hat die Regierung des Kantons Graubünden am 12. September 2017 die Zahl der in jedem Wahlkreis für die Legislaturperiode 2018-2022 zu wählenden Abgeordneten festgelegt. Dieser Beschluss wurde am 14. September 2017 im Kantonsamtsblatt publiziert.
B. Gegen den Beschluss der Regierung erhoben 54 Privatpersonen sowie fünf im Kanton Graubünden tätige politische Parteien am 18. September 2017 gemeinsam eine inhaltlich je gleichlautende Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden sowie an das Bundesgericht. Die Beschwerdeführer stellten die Anträge, es sei festzustellen, dass das Bündner Mehrheitswahlsystem für die Wahl des Grossen Rates Art. 8 und 34 der Bundesverfassung verletze, sowie,BGE 145 I 259 (260) BGE 145 I 259 (261)es seien die zuständigen Behörden des Kantons Graubünden im Sinne eines Appellentscheids aufzufordern, im Hinblick auf die übernächste Wahl des Grossen Rates eine verfassungskonforme Wahlordnung zu schaffen. Mit Verfügung vom 23. Oktober 2017 sistierte das Bundesgericht das bundesgerichtliche Verfahren bis zum Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden in der gleichen Sache. Mit Urteil vom 16. Januar 2018 trat das Verwaltungsgericht auf die bei ihm erhobene Beschwerde nicht ein, woraufhin das bundesgerichtliche Verfahren am 27. Februar 2018 wieder aufgenommen wurde. Die Wahl des Grossen Rates für die Amtsperiode 2018-2022 hat am 10. Juni 2018 stattgefunden.
C. Die Regierung sowie der Grosse Rat beantragen, auf die beim Bundesgericht erhobene Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. Mit Eingabe vom 17. August 2018 haben die Beschwerdeführer an ihren Rechtsbegehren festgehalten.
 
Für die Verteilung der Grossratssitze auf die Wahlkreise massgebend ist die schweizerische Wohnbevölkerung der Wahlkreise aufgrundBGE 145 I 259 (261) BGE 145 I 259 (262)der eidgenössischen Statistik des jährlichen Bevölkerungsstandes, die jeweils im Jahr vor den Wahlen publiziert wird (Art. 1 Abs. 1 GRG). Die Zuordnung der Gemeinden zu den Wahlkreisen ist im Anhang geregelt (Art. 1 Abs. 2 GRG). Der erwähnte Anhang listet 39 Wahlkreise auf und ordnet diesen je eine bis elf Gemeinden zu.
Art. 2 GRG umschreibt das Verfahren, nach welchem die 120 Sitze des Grossen Rats auf die Wahlkreise verteilt werden. Die Verteilung erfolgt nach dem sogenannten Bruchzahlverfahren (vgl. EHRAT/EIGENMANN, in: Das Parlamentswahlrecht der Kantone, 2018, § 6 Rz. 10 S. 175, mit Hinweisen). Im Rahmen der Vorwegverteilung (Art. 2 Abs. 1 lit. a GRG) werden in mehreren Runden Verteilungszahlen gebildet. Die erste Verteilungszahl ist das auf die nächsthöhere ganze Zahl aufgerundete Ergebnis der schweizerischen Wohnbevölkerung geteilt durch 120. Jeder Wahlkreis, dessen Bevölkerung diese Zahl nicht erreicht, erhält einen Sitz und scheidet für die weitere Verteilung aus. Die zweite Verteilungszahl entspricht dem auf die nächsthöhere ganze Zahl aufgerundeten Ergebnis der schweizerischen Wohnbevölkerung der verbleibenden Wahlkreise geteilt durch die Zahl der noch nicht zugeteilten Sitze. Jeder Wahlkreis, dessen Bevölkerung diese Zahl nicht erreicht, erhält ebenfalls einen Sitz und scheidet für die weitere Verteilung aus. Dieses Verfahren wird (wenn nötig) wiederholt, bis die verbleibenden Wahlkreise die letzte Verteilungszahl erreichen. Im Rahmen der Hauptverteilung (Art. 2 Abs. 1 lit. b GRG) erhält jeder verbliebene Wahlkreis so viele Sitze, als die letzte Verteilungszahl in seiner Bevölkerungszahl enthalten ist. Im Rahmen der Restverteilung (Art. 2 Abs. 1 lit. c GRG) werden die restlichen Sitze auf die Wahlkreise mit den grössten Restzahlen verteilt.
Gestützt auf diese Bestimmungen verteilte die Regierung die 120 Sitze für die Wahl des Grossen Rates für die Legislaturperiode 2018-2022 auf die 39 Wahlkreise wie folgt:
BGE 145 I 259 (262)
BGE 145 I 259 (263)
Wahlkreis
Schweizer Wohnbevölkerung
Sitze
Wahlkreis
Schweizer Wohnbevölkerung
Sitze
Alvaschein
3'254
2
Mesocco
1'998
2
Avers
160
1
Oberengadin
11'430
8
Belfort
665
1
Poschiavo
3'224
2
Bergün
752
1
Ramosch
1'406
1
Bregaglia
1'327
1
Rhäzüns
10'229
7
Brusio
986
1
Rheinwald
655
1
Calanca
713
1
Roveredo
3'917
3
Chur
27'955
20
Ruis
1'675
1
Churwalden
1'918
1
Safien
843
1
Davos
8'062
6
Schams
1'617
1
Disentis
5'507
4
Schanfigg
2'910
2
Domleschg
3'991
3
Schiers
4'096
3
Fünf Dörfer
16'009
12
Seewis
1'240
1
Ilanz
7'991
6
Suot Tasna
3'669
3
Jenaz
1'844
1
Sur Tasna
1'260
1
Klosters
3'592
3
Surses
1'970
1
Küblis
914
1
Thusis
4'866
4
Lumnezia/ Lugnez
2'801
2
Trins
6'555
5
Luzein
1'450
1
Val Müstair
1'395
1
Maienfeld
6'086
4
Total
160'932
120
BGE 145 I 259 (264)Die Wahlberechtigten nehmen an der Wahl teil, indem sie den Namen von wählbaren Personen auf den amtlichen Wahlzettel setzen (vgl. Art. 32 ff. GPR). Enthält ein Wahlzettel mehr gültige Namen, als Personen zu wählen sind, sind die überzähligen Stimmen ungültig (Art. 35 Abs. 2 Satz 1 GPR). Gewählt ist im ersten Wahlgang, wer das absolute Mehr erreicht. Das absolute Mehr ist das auf die nächsthöhere ganze Zahl aufgerundete Ergebnis aus der Gesamtzahl aller gültigen Stimmen für kandidierende Personen geteilt durch die doppelte Zahl der freien Sitze (Art. 39 Abs. 1 GPR). Haben mehr Personen das absolute Mehr erreicht, als Sitze zu besetzen sind, gelten diejenigen mit den höchsten Stimmenzahlen als gewählt (Art. 39 Abs. 2 GPR). Kommt bei Einzelwahlen eine Wahl nicht zustande oder sind bei Gesamtwahlen weniger Personen gewählt, als Sitze zu besetzen sind, findet ein zweiter, freier Wahlgang statt. Gewählt sind nach dem relativen Mehr jene Kandidierenden, welche am meisten Stimmen erzielt haben (Art. 40 Abs. 1 GPR).
Die erwähnten Ausführungen des Bundesrats stiessen auf den deutlichen Widerspruch der Staatspolitischen Kommission des Ständerats, die in einem Bericht vom 24. Mai 2004 die Verfassungsmässigkeit von Majorzwahlen bejahte (BBl 2004 3635 ff.). Sie führt darin aus, das Majorzwahlsystem sei nicht "undemokratisch" im Sinne von Art. 51 Abs. 1 BV. Dieses Wahlsystem finde nicht nur weltweit in zahlreichen unbestritten als "demokratisch" geltenden Staaten, sondern auch in der Schweiz auf Bundesebene Anwendung (Art. 47-51 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte [BPR; SR 161.1]). Die Mitglieder des Ständerats würden in allen Kantonen mit einer Ausnahme nach dem Majorzsystem gewählt. In den Kantonen und Gemeinden werde das Majorzsystem traditionsgemäss vor allem in kleineren, ländlich geprägten Gebieten angewendet, wo die Kandidierenden in der Regel den meisten Wahlberechtigten persönlich bekannt seien. Die Persönlichkeit der Kandidierenden stehe bei diesen Wahlen im Vordergrund; ihre Parteizugehörigkeit spiele keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Das Majorzwahlsystem werde vor allem auch dort angewendet, wo die zahlenmässig beschränkte Bevölkerung eines kleineren Gebiets mit ausgeprägter eigener Identität Anspruch auf Repräsentation im übergeordneten Rahmen und damit Anspruch auf einen eigenen Wahlkreis erhebe - wie z.B. im Kanton Graubünden mit seinen Talschaften. Das Proporzwahlsystem habe demgegenüber unter den Bedingungen des schweizerischen politischen Systems dort seine Vorteile, wo eine grössere Bevölkerungszahl eine grössere Zahl von Repräsentantinnen und Repräsentanten in ein Parlament abordnen könne. Das Proporzwahlsystem sei unter solchen Umständen besser geeignet, um das möglichst gleiche Gewicht der Stimmkraft jedes Wahlberechtigten und damit eine repräsentative Zusammensetzung des Parlaments zu gewährleisten. Die Abwägung, ob in einem konkreten Anwendungsfall die Vorteile des einen oder des anderen Wahlsystems grösser seien, sei nicht immer einfach, wie die entsprechenden heftigen Auseinandersetzungen imBGE 145 I 259 (265) BGE 145 I 259 (266)Kanton Graubünden zeigten. Diese Abwägung müsse aber durch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger selbst vorgenommen werden können.
Aus den Protokollen der parlamentarischen Beratungen zur Gewährleistung der Verfassung des Kantons Graubünden folgt eine mehrheitliche Zustimmung der Bundesversammlung zu den Ausführungen der Staatspolitischen Kommission des Ständerats (AB 2004 S 260 ff.; AB 2004 N 1057 ff.). In der Folge beschloss die Bundesversammlung, die Kantonsverfassung zu gewährleisten (Bundesbeschluss vom 15. Juni 2004, BBl 2004 3643).
 
Erwägung 4
 
4.3 Eine bedeutsame Schranke bei der Ausgestaltung des Verfahrens für die Wahl der kantonalen Parlamente bildet allerdings Art. 34 BV. Art. 34 Abs. 1 BV gewährleistet die politischen Rechte (auf Bundes- sowie Kantons- und Gemeindeebene) in abstrakter Weise und ordnet die wesentlichen Grundzüge der demokratischen Partizipation im Allgemeinen. Der Gewährleistung kommt Grundsatzcharakter zu. SieBGE 145 I 259 (266) BGE 145 I 259 (267)weist Bezüge auf zur Rechtsgleichheit (Art. 8 BV) sowie zur Rechtsweggarantie (Art. 29a BV). Der konkrete Gehalt der politischen Rechte mit ihren mannigfachen Teilgehalten ergibt sich nicht aus der Bundesverfassung, sondern in erster Linie aus dem spezifischen Organisationsrecht des Bundes bzw. der Kantone (BGE 143 I 92 E. 3.3 S. 94 f. mit Hinweis). Die in Art. 34 Abs. 2 BV verankerte Wahl- und Abstimmungsfreiheit gibt den Stimmberechtigten Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Es soll garantiert werden, dass jeder Stimmberechtigte seinen Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und umfassenden Prozess der Meinungsbildung treffen und entsprechend mit seiner Stimme zum Ausdruck bringen kann. Die Wahl- und Abstimmungsfreiheit gewährleistet die für den demokratischen Prozess und die Legitimität direktdemokratischer Entscheidungen erforderliche Offenheit der Auseinandersetzung (BGE 143 I 92 E. 3.3 S. 95 mit Hinweis).
4.4 Bestandteil von Art. 34 Abs. 2 BV bildet die Wahlrechtsgleichheit, welche sich in drei Teilgehalte unterteilen lässt. Die Zählwertgleichheit bedeutet, dass alle Stimmen formell gleich behandelt werden. Alle Wähler desselben Wahlkreises verfügen über die gleiche Anzahl von Stimmen, haben die gleichen Möglichkeiten zur Stimmabgabe und alle gültig abgegebenen Stimmen werden bei der Auszählung gleich berücksichtigt. Differenzierungen des Stimmgewichts sind unzulässig. Die Stimmkraft- oder Stimmgewichtsgleichheit garantiert jedem Wähler, dass seine Stimme nicht nur gezählt, sondern gleich wie alle anderen Stimmen verwertet wird. Das Verhältnis zwischen der repräsentierten Bevölkerung und der zugeteilten Sitzzahl soll in den einzelnen Wahlkreisen möglichst gleich sein. Die Zuweisung der Sitze an die Wahlkreise darf sich nur an der Bevölkerungsgrösse messen. Die Erfolgswertgleichheit soll schliesslich sicherstellen, dass allen Stimmen derselbe Erfolg zukommt, d.h. dass sie materiell und in gleicher Weise zum Wahlergebnis beitragen und bei der Mandatsverteilung berücksichtigt werden. Dem Grundsatz der Zählwertgleichheit kommt absoluter Charakter zu. Dagegen lässt die bundesgerichtliche Rechtsprechung bis zu einem gewissen Grad sachlich gerechtfertigte Einschränkungen der Stimmkrafts- und der Erfolgswertgleichheit zu. Wegen des hohen Stellenwertes der betroffenen politischen Rechte sind solche Einschränkungen allerdings nur mit Zurückhaltung anzuerkennen (vgl. BGE 143 I 92 E. 3.4 S. 95 mit Hinweis).
BGE 145 I 259 (267)
BGE 145 I 259 (268)5. Die Beschwerdeführer kritisieren neben kantonalem Gesetzesrecht auch Art. 27 KV/GR. Es stellt sich daher vorab die Frage, ob das Bundesgericht im vorliegenden Verfahren neben den Bestimmungen auf Gesetzesstufe auch Art. 27 KV/GR daraufhin zu überprüfen hat, ob er mit Art. 8 BV und mit der aus Art. 34 BV fliessenden Wahlrechtsgleichheit im Einklang steht.
5.1 Gemäss langjähriger Praxis sieht das Bundesgericht in Anbetracht von deren Gewährleistung durch die Bundesversammlung (vgl. Art. 51 Abs. 2 BV) nicht nur von einer abstrakten Normenkontrolle, sondern grundsätzlich auch von einer inzidenten Kontrolle von Bestimmungen von Kantonsverfassungen ab (BGE 142 I 99 E. 4.3.3 S. 117; BGE 138 I 378 E. 5.2 S. 383 f.; je mit Hinweisen). Ob an dieser von der Lehre zum Teil stark kritisierten Rechtsprechung festgehalten werden kann oder ob die bundesgerichtliche Praxis aufgegeben oder gelockert werden müsste, liess das Bundesgericht zuletzt offen (BGE 142 I 99 E. 4.3.3 S. 117; BGE 140 I 394 E. 9.1 S. 403 f.; BGE 138 I 378 E. 5.3 S. 384). Jedenfalls überprüft es im Anwendungsfall Bestimmungen einer Kantonsverfassung, wenn das übergeordnete Recht im Zeitpunkt der Gewährleistung noch nicht in Kraft war oder sich seither in einer Weise weiterentwickelt hat, der es Rechnung zu tragen gilt (BGE 142 I 99 E. 4.3.3 S. 117; BGE 140 I 394 E. 9.1 S. 403 f.; je mit Hinweisen).
6.2 Bei der Zuteilung der Anzahl Sitze auf die Wahlkreise sind drei Varianten denkbar. Im Bund (vgl. Art. 149 Abs. 4 BV) sowie in den meisten Kantonen wird auf die gesamte Wohnbevölkerung abgestützt. In den Kantonen Graubünden, Uri sowie Wallis ist die schweizerischeBGE 145 I 259 (270) BGE 145 I 259 (271)Wohnbevölkerung und im Kanton Basel Landschaft die Zahl der Stimmberechtigten massgebend (vgl. die Übersicht von CORSIN BISAZ, in: Das Parlamentswahlrecht der Kantone, 2018, § 2 Rz. 47 S. 52 f.). Für eine Sitzverteilung auf der Grundlage der gesamten Wohnbevölkerung spricht die Überlegung, dass die Volksvertretung die Gesamtbevölkerung repräsentieren soll. Für eine Verteilung auf der Grundlage der schweizerischen Bevölkerung oder der Stimmberechtigten lässt sich argumentieren, das Parlament sei in der schweizerischen Demokratie - unter Vorbehalt der direktdemokratischen Volksrechte - an die Stelle der herkömmlichen, nur aus Schweizerinnen und Schweizern bestehenden Volksversammlung der direkten Demokratie getreten, weshalb die Volksvertretung als Repräsentantin der schweizerischen Bevölkerung bzw. der Stimmberechtigten zu begreifen sei (ANINA WEBER, Schweizerisches Wahlrecht und die Garantie der politischen Rechte, 2016, S. 94 f.).
7. Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, das Repräsentationsverhältnis in den verschiedenen Wahlkreisen variiere sehr stark. Dies habe unter anderem mit der Sitzgarantie für jeden Wahlkreis (Art. 2 Abs. 1 lit. a GRG) zu tun. Der Wahlkreis Surses, wo eine einzige Abgeordnete mehr als 1'970 Einwohner vertrete, habe bei der Grossratswahl 2018 das höchste Repräsentationsverhältnis aufgewiesen.BGE 145 I 259 (271) BGE 145 I 259 (272)Der im kleinsten Wahlkreis Avers gewählte Grossrat hingegen repräsentiere lediglich 160 Einwohner. Die durchschnittliche Repräsentationsziffer - ermittelt als Division der gesamten schweizerischen Wohnbevölkerung (160'932) durch die gesamte Anzahl zu vergebender Sitze (120) - betrage 1'342. Davon weiche das Repräsentationsverhältnis in 18 Wahlkreisen um mehr als 15 % und in 11 Wahlkreisen gar um mehr als 30 % ab. Diese Abweichungen verletzten die Stimmkraftgleichheit, welche Bestandteil von Art. 34 BV bilde.
7.2 Nach der Praxis der Bundesversammlung sowie der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die mit der Sitzgarantie für kleine Wahlkreise verbundene Einschränkung in die Stimmkraft- bzw. Stimmgewichtsgleichheit unter gewissen Voraussetzungen zulässig. In BGE 143 I 92 E. 6.4 S. 108 kam das Bundesgericht zum Schluss, die in Art. 88 Abs. 2 lit. a der Verfassung des Kantons Uri vom 28. Oktober 1984 (KV/UR; SR 131.214) für jeden Wahlkreis vorgesehene Sitzgarantie bei der Wahl des Landrats sei mit Art. 34 Abs. 2 BV vereinbar, zumal die Einwohnergemeinden, welche im Kanton Uri traditionellerweise die Wahlkreise bildeten, mit grosser Autonomie ausgestattet seien. Die Sitzgarantie für jede Gemeinde ermögliche es, dass auch die kleinsten Gemeinden mit einer Person im Landrat vertreten seien. Eine so ausgestaltete Sitzgarantie diene einem zulässigen Zweck und es sei nicht zu beanstanden, dass die kleinsten Gemeinden des Kantons gegenüber den grossen Gemeinden etwas gestärkt würden. Dementsprechend habe die Bundesversammlung am 14. März 2013 § 48 Abs. 2 der Verfassung des Kantons Schwyz vom 24. November 2010BGE 145 I 259 (272) BGE 145 I 259 (273)(KV/SZ; SR 131.215) gewährleistet (BBl 2013 2621), welcher den teilweise ebenfalls sehr kleinen Gemeinden des Kantons Schwyz einen Sitzanspruch im Parlament einräume. Ebenfalls als nicht verfassungswidrig erachtete das Bundesgericht in BGE 143 I 92 E. 6.4 S. 108 die bei der Verteilung der Sitze auf die Urner Wahlkreise entstehenden Rundungsabweichungen, zumal sie nicht allzu gross seien und solche Abweichungen bei unterschiedlich grossen Wahlkreisen zwangsläufig auftreten würden.
Als in diesem Sinne deutlich zu klein erweist sich mit Blick auf die Grossratswahl 2018 der Wahlkreis Avers mit einer schweizerischen Wohnbevölkerung von lediglich 160 Personen. Die Differenz zur durchschnittlichen Repräsentationsziffer bzw. zur ersten Verteilungszahl von 1'342 ist so gross, dass sie mit der aus Art. 34 Abs. 2 BV fliessenden Stimmkraft- bzw. Stimmgewichtsgleichheit nicht mehr vereinbar ist. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Wahlkreis Avers einzig aus der Gemeinde Avers besteht und geografisch eine in sich abgeschlossene Talschaft bildet, zumal nicht einzusehen ist, weshalb im Unterschied zu anderen bevölkerungsarmen Gemeinden im Kanton Graubünden mit ähnlicher geografischer Charakteristik (wie z.B. die Gemeinden Lumnezia, Vals, Samnaun, Valsot oderBGE 145 I 259 (273) BGE 145 I 259 (274)Medel/Lucmagn) gerade die Gemeinde Avers von einer Sitzgarantie profitieren sollte. Als mögliche Lösung denkbar erscheint die Angliederung des Wahlkreises Avers an einen benachbarten Wahlkreis.
Die beiden nach dem Wahlkreis Avers nächstgrösseren Wahlkreise Rheinwald sowie Belfort mit einer für die Grossratswahl 2018 massgebenden schweizerischen Wohnbevölkerung von 655 bzw. 665 verfehlen den Richtwert von 671 Personen sehr knapp. Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die historisch gewachsene Wahlkreiseinteilung nicht ohne Vorliegen gewichtiger Gründe als verfassungswidrig bezeichnet werden kann, sowie aus Gründen der Praktikabilität erweisen sich die beiden Wahlkreise Rheinwald sowie Belfort in Bezug auf die Grossratswahl 2018 als gerade noch gross genug. Sollte in diesen beiden oder in anderen kleinen Wahlkreisen die massgebende Bevölkerung im Verhältnis zur gesamtkantonalen schweizerischen Wohnbevölkerung deutlich sinken, sodass die schweizerische Wohnbevölkerung in einzelnen Wahlkreisen dannzumal deutlich kleiner wäre als die Hälfte der durchschnittlichen Repräsentationsziffer bzw. der ersten Verteilungszahl, wäre die damit verbundene Einschränkung der aus Art. 34 Abs. 2 BV fliessenden Stimmkraft- bzw. Stimmgewichtsgleichheit ebenfalls nicht mehr zu rechtfertigen. Vorbehalten blieben besondere Situationen, in denen gewichtige sachliche Gründe ausnahmsweise für die Beibehaltung eines bestimmten Wahlkreises trotz zu geringer Wohnbevölkerung sprechen würden.
8. Weiter machen die Beschwerdeführer geltend, das für die Wahl des Grossen Rats vorgesehene Majorzwahlverfahren verletze die aus Art. 34 Abs. 2 BV abgeleiteten Prinzipien der Erfolgswertgleichheit sowie der Wahl- und Abstimmungsfreiheit. Das Verfahren zwinge die Personen, die mit einer Minderheitspartei sympathisierten, BGE 145 I 259 (274) BGE 145 I 259 (275)entweder eine Kandidatin oder einen Kandidaten einer ihnen nicht genehmen Mehrheitspartei zu wählen oder auf eine Stimmabgabe zu verzichten. Ausserdem führe das System für die Wahl des Grossen Rats zu einer starken Übervertretung der regional gut verwurzelten und einer starken Untervertretung der kantonal eher gleichmässig vertretenen Parteien. Im Sinne einer Alternativbegründung bringen die Beschwerdeführer sodann vor, wenn sich der kantonale Verfassungs- bzw. Gesetzgeber schon für ein Majorzwahlverfahren entscheide, so habe er das Majorzprinzip auch systemgerecht umzusetzen. Dies bedeute, dass grundsätzlich alle Sitze in Einerwahlkreisen vergeben werden und die Wahlkreise ungefähr die gleiche Bevölkerungszahl aufweisen müssten sowie, dass im ersten Wahlgang die leeren Stimmen bei der Berechnung des absoluten Mehrs berücksichtigt werden müssten.
8.1 Die Erfolgswertgleichheit (vgl. E. 4.4 hiervor) lässt sich im reinen Majorzwahlverfahren nicht verwirklichen. Sämtliche Stimmen, die in diesem Verfahren an Personen gehen, die in einem Wahlkreis keine (absolute oder relative) Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen können, werden bei der Mandatsverteilung nicht berücksichtigt und bleiben gewichtslos. Die von den Wahlberechtigten abgegebenen Stimmen tragen im Regelfall weder wahlkreisintern noch wahlkreisübergreifend in gleicher Weise zum Wahlergebnis bei. Dass die abgegebenen Stimmen bei Majorzwahlen direkt bestimmten Personen zufallen und nicht zuerst auf Listen verteilt werden, bringt jedoch nicht notwendigerweise zum Ausdruck, dass die Parteizugehörigkeit der Kandidaten bei Majorzwahlen für die Wähler von untergeordneter Bedeutung ist. Im Gegenteil ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die politische Haltung der Kandidaten bzw. die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Partei für viele Wähler auch im Majorzwahlverfahren ein wesentliches Wahlkriterium darstellt. Unter diesen Gesichtspunkten kann das Majorzwahlverfahren - wie zu kleine Wahlkreise im Proporzwahlverfahren - dazu führen, dass nicht nur ein beträchtlicher Teil der abgegebenen Stimmen bei der Mandatsverteilung unberücksichtigt bleibt, sondern dass ausserdem die wichtigen politischen Kräfte nicht nach Massgabe ihrer Parteistärke im Parlament Einsitz nehmen bzw. die Parteistärke im Parlament ungenau abgebildet wird. Anders als grundsätzlich im Proporzwahlverfahren trägt im Majorzwahlverfahren auch die Bildung grösserer Wahlkreise nicht ohne Weiteres zu einer besseren Verwirklichung der Erfolgswertgleichheit bei; im Gegenteil besteht die Möglichkeit, dass inBGE 145 I 259 (275) BGE 145 I 259 (276)einem Wahlkreis mit mehreren zu vergebenden Sitzen sämtliche Mandate an Personen gehen, die der gleichen in diesem Wahlkreis dominierenden Gruppierung angehören (BGE 143 I 92 E. 6.1 S. 101 f.; BGE 140 I 394 E. 10.1 S. 405 mit Hinweisen).
Der Umstand, dass sich die Erfolgswertgleichheit in einem reinen Majorzwahlverfahren nicht verwirklichen lässt, bedeutet indessen noch nicht, dass eine Wahlordnung, in welcher die Mitglieder eines kantonalen Parlaments nach dem Majorzprinzip gewählt werden, mit Art. 34 Abs. 2 BV unvereinbar ist (BGE 143 I 92 E. 6.1 S. 102; BGE 140 I 394 E. 10.2 S. 406; GIOVANNI BIAGGINI, Majorz und majorzgeprägte Mischsysteme, ZBl 117/2016 S. 412 ff.; EHRAT/EIGENMANN, a.a.O., § 6 Rz. 32 S. 183; PIERRE GARRONE, L'élection populaire en Suisse, 1991, S. 38 f.; ANDREAS GLASER, in: Staatsrecht, Biaggini/Gächter/Kiener [Hrsg.], 2. Aufl. 2015, § 42 Rz. 84 ff.; YVO HANGARTNER, Die Wahl kantonaler Parlamente nach dem Majorzsystem, ZBl 106/2005 S. 227; GEORG MÜLLER, Sind Wahlen von Parlamenten nach dem Majorzsystem verfassungswidrig?, SJZ 111/2015 S. 104 f.; anderer Ansicht: ANDREAS AUER, Rechtsvergleichende Einordnung der neuen Verfassung, in: Kommentar zur Verfassung des Kantons Graubünden, 2006, Rz. 22 ff. S. 9 f.; JULIAN MARBACH, Ist der Majorz für kantonale Parlamentswahlen verfassungsgemäss?, Jusletter 28. November 2016 Rz. 24 ff.; PIERRE TSCHANNEN, Stimmrecht und politische Verständigung, 1995, S. 500). Je nach den konkreten Umständen können die Vorteile des Majorzprinzips grösser sein als die mit seiner Anwendung verbundenen Nachteile (BGE 143 I 92 E. 6.1 S. 102 mit Hinweis).
Das Gebot, wonach die Parlamentsmandate proportional zur Stärke der an der Wahl beteiligten politischen Gruppierungen zu verteilen sind, verliert namentlich dort an Bedeutung, wo die Zugehörigkeit der Kandidaten zu einer bestimmten politischen Gruppierung für den Entscheid der Wähler von untergeordneter Bedeutung ist. Es sind durchaus Konstellationen denkbar, in denen für die Wähler andere Kriterien im Vordergrund stehen. Nicht ausgeschlossen ist je nach den konkreten Umständen, dass die Wähler vorwiegend Personen wählen, die ihnen persönlich bekannt sind und von denen sie nicht aufgrund der Zugehörigkeit zu einer politischen Gruppierung, sondern ihrer Persönlichkeit annehmen, dass sie von ihnen im Parlament gut repräsentiert würden. Nicht ausgeschlossen ist sodann, dass die Wahl auf Personen fällt, die gar keiner politischen Gruppierung angehören, sich aber zuvor innerhalb des Wahlkreises politisch oder in BGE 145 I 259 (276) BGE 145 I 259 (277)anderer Weise besonders engagiert haben. Solche Konstellationen sind umso wahrscheinlicher, je dezentralisierter sich das politische und gesellschaftliche Leben im Kanton abspielt, je weniger Personen in einem Wahlkreis wohnen und je stärker die Wähler sowie die Kandidaten in ihrem Wahlkreis verwurzelt sind (BGE 143 I 92 E. 6.3.4 S. 105 f.; Urteil 1C_59/2012 / 1C_61/2012 vom 26. September 2014E. 12.5.1, nicht publ. in: BGE 140 I 394, aber in: ZBl 117/2016 S. 430 ff.).
Die Vorbehalte, welche das Bundesgericht in den beiden erwähnten Entscheiden gegen die Anwendung von Majorzelementen in gemischten Parlamentswahlverfahren gemacht hat, gelten im Prinzip auch für reine Majorzwahlverfahren. Die entsprechenden Überlegungen können jedoch nicht unbesehen auf reine Majorzwahlverfahren übertragen werden (vgl. BGE 143 I 92 E. 6.1 S. 102). Wenn sich der kantonale Verfassungs- und Gesetzgeber im Unterschied zu den Kantonen, in denen ein gemischtes Wahlsystem zur Anwendung gelangt, vorbehaltlos für die Anwendung des Majorzprinzips und damitBGE 145 I 259 (277) BGE 145 I 259 (278)bewusst gegen ein Nebeneinander von Majorz- und Proporzelementen entscheidet, muss das mit dem Majorzwahlverfahren nicht zu vereinbarende Prinzip der Erfolgswertgleichheit mit Blick auf Art. 39 Abs. 1 BV noch stärker in den Hintergrund treten. Immerhin muss in einem reinen Majorzwahlverfahren aufgrund der konkreten Umstände zumindest wahrscheinlich sein, dass die Persönlichkeit der Kandidatinnen und Kandidaten für den Entscheid eines Grossteils der Wählerinnen und Wähler tatsächlich von einer gewissen Bedeutung ist und dass die Zugehörigkeit der Kandidatinnen und Kandidaten zu einer bestimmten politischen Gruppierung für die Wahlberechtigten nicht zu stark im Vordergrund steht (vgl. E. 8.1 hiervor). Sind diese Voraussetzungen offenkundig nicht erfüllt, lässt sich die mit dem reinen Majorzprinzip verbundene Missachtung der Erfolgswertgleichheit nicht rechtfertigen (vgl. GLASER, a.a.O., § 42 Rz. 86). Von entscheidender Bedeutung bei der Beurteilung der Verfassungsmässigkeit von Majorzwahlen für kantonale Parlamente sind wie im Proporzwahlverfahren sowie bei Mischsystemen die konkrete Einteilung des Wahlgebiets in Wahlkreise sowie die Wahlkreisgrösse (vgl. NAGIHAN MUSLIU, in: Das Parlamentswahlrecht der Kantone, 2018, §1 Rz. 51 S. 24).
8.3 Für die Beschwerdeführer ist die mit der Anwendung des Majorzprinzips bei der Wahl des Grossen Rats des Kantons Graubünden verbundene Missachtung der Erfolgswertgleichheit nicht zu rechtfertigen, weil die Wahlkreise im Kanton Graubünden seit der Gebietsreform über keinerlei Autonomie mehr verfügten, mehrere Wahlkreise eine relativ grosse Bevölkerungszahl aufwiesen und die politischen Parteien im Kanton Graubünden eine überragende Bedeutung hätten. Der Grosse Rat sowie die Regierung hingegen weisen in ihren Vernehmlassungen an das Bundesgericht auf die geografische, kulturelle, wirtschaftliche, sprachliche und konfessionelle Vielfältigkeit und die fehlende Homogenität des Kantons Graubünden hin. Der Kanton Graubünden sei mehrsprachig und weitläufig. Er bestehe aus zahlreichen bevölkerungsarmen sowie topografisch klar gegeneinander abgegrenzten bzw. in sich abgeschlossenen Talschaften mit ihren ausgeprägten eigenen Identitäten. Diese Besonderheiten garantierten eine grosse Nähe zwischen den Kandidatinnen und Kandidaten sowie der Wählerschaft. Es bestehe eine starke Bindung der Bevölkerung an den Herkunftsort und die grosse Autonomie der Gemeinden führe zu einem ausgeprägt dezentralisierten politischen Leben. Unter den gegebenen Umständen sei die Persönlichkeit der Kandidatinnen undBGE 145 I 259 (278) BGE 145 I 259 (279)Kandidaten für den Entscheid der Wählerinnen und Wähler zentral, während die politischen Parteien im Zusammenhang mit den Grossratswahlen weitgehend nur eine formale Bedeutung hätten.
Für diese 33 Wahlkreise kann wegen der beschränkten Bevölkerungsgrösse sowie der geografischen, politischen und gesellschaftlichen Besonderheiten (vgl. E. 3.5 sowie 8.3 hiervor) vermutet werden, dass eine gewisse Nähe zwischen den kandidierenden Personen und den Wahlberechtigten besteht und dass die Persönlichkeit der Kandidatinnen und Kandidaten - allenfalls neben ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Gruppierung - für einen Grossteil der Wahlberechtigten von wesentlicher Bedeutung war. Daran ändern auch die Umstände nichts, dass die als Wahlkreise dienenden Kreise im Zuge der Gebietsreform als Körperschaften des öffentlichen Rechts abgeschafft wurden (vgl. E. 5.4 hiervor) und dass anlässlich der letzten Grossratswahlen im Kanton Graubünden nur wenige Sitze an parteilose Personen vergeben wurden. Unter Vorbehalt von E. 7 hiervor ist die Anwendung des Majorzprinzips in den 33 Wahlkreisen mit einer schweizerischen Wohnbevölkerung von weniger als 7'000 Personen trotz der damit verbundenen Missachtung der Erfolgswertgleichheit mit Art. 34 Abs. 2 BV bzw. mit Art. 8 BV vereinbar.
 
Erwägung 8.5
 
8.5.2 Auf die sechs genannten Wahlkreise mit einer schweizerischen Wohnbevölkerung von 7'991-27'955 Personen bzw. mit 6-20 zu vergebenden Sitzen trifft die Beschreibung als bevölkerungsarme, in sich abgeschlossene Talschaften mit ausgeprägten eigenen Identitäten offenkundig nicht zu. In Wahlkreisen von dieser Grössenordnung kann in Kombination mit der entsprechend grossen Zahl von KandidatinnenBGE 145 I 259 (279) BGE 145 I 259 (280)und Kandidaten eindeutig nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die kandidierenden Personen einer Mehrzahl der Wählerinnen und Wählern persönlich bekannt sind. Vielmehr muss angenommen werden, dass sich die Wahlberechtigten in diesen Wahlkreisen stark an der Zugehörigkeit der Kandidatinnen und Kandidaten zu einer politischen Gruppierung orientieren, während das persönliche Element bei der Wahl zwangsläufig in den Hintergrund tritt (vgl. EHRAT/EIGENMANN, a.a.O., § 6 Rz. 41 S. 187).
Will der Kanton Graubünden das reine Majorzwahlverfahren für die Wahl des Grossen Rats beibehalten, bedingt dies eine Überarbeitung der Wahlkreise im Sinne der vorstehenden Erwägungen. Denkbar erscheint eine Aufteilung der grössten Wahlkreise, wobei im vorliegenden Verfahren nicht darüber zu befinden ist, ob die Aufteilung der je aus einer einzigen Gemeinde bestehenden Wahlkreise Chur und Davos in mehrere Majorzwahlkreise wünschenswert bzw. sinnvoll wäre. Als mögliche Alternative bietet sich die Einführung eines Mischsystems an, in dem in den grösseren Wahlkreisen das Proporzprinzip zur Anwendung gelangt und welches seinerseits den Anforderungen der Bundesverfassung und namentlich Art. 34 Abs. 2 BV zu genügen hätte.
8.6 Nicht zu folgen ist der von den Beschwerdeführern geäusserten Ansicht, wonach - wenn für die Wahl des Grossen Rats schon das Majorzprinzip gelten solle - von Verfassungs wegen grundsätzlich alle Sitze in Einerwahlkreisen vergeben werden müssten, alle Wahlkreise ungefähr die gleiche Bevölkerungszahl aufweisen müssten und im ersten Wahlgang die leeren Stimmen bei der Berechnung des absoluten Mehrs berücksichtigt werden müssten (vgl. dazu ANDREABGE 145 I 259 (280) BGE 145 I 259 (281)TÖNDURY, Der ewige K(r)ampf mit den Wahlkreisen, in: Festschrift für Andreas Auer zum 65. Geburtstag, 2013, S. 60; derselbe, Die "Proporzinitiative 2014" im Kanton Graubünden, Zeitschrift für Gesetzgebung und Rechtsprechung in Graubünden [ZGRG] 2012 S. 72ff.). Für die mit der Umsetzung dieser Anliegen verbundene starke Einschränkung der den Kantonen von Art. 39 Abs. 1 BV eingeräumten Souveränität bei der konkreten Ausgestaltung des Parlamentswahlverfahrens bieten Art. 8, Art. 34 sowie Art. 51 Abs. 1 BV keine rechtliche Grundlage.