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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Der Beschwerdeführer rügt in formeller Hinsicht, ...
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16. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Anwaltsaufsichtsbehörde des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
2C_204/2020 vom 3. August 2020
 
 
Regeste
 
Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Anspruch auf eine öffentliche Gerichtsverhandlung im anwaltsrechtlichen Disziplinarverfahren.
 
Das anwaltsrechtliche Disziplinarverfahren nach Art. 17 BGFA sieht als Sanktion unter anderem ein Berufsausübungsverbot vor und stellt deshalb eine Streitigkeit über zivilrechtliche Ansprüche dar (E. 2.2).
 
Die Verfahrensgarantien von Art. 6 Ziff. 1 EMRK - und damit auch der Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung - müssen bei der gerichtlichen Beurteilung auch dann gewährleistet werden, wenn im konkreten Fall nicht ein Berufsausübungsverbot, sondern nur eine Verwarnung angeordnet wurde bzw. vor Gericht streitig ist (E. 2.3).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 147 I 219 (220)A. Rechtsanwalt A. wird vorgeworfen, er habe in einem Gerichtsverfahren eine Stundungsvereinbarung als Beweismittel eingereicht, die in wesentlichen Punkten vom Original abgewichen sei. In der Folge eröffnete die Anwaltsaufsichtsbehörde des Kantons Bern ein Disziplinarverfahren und sprach mit Verfügung vom 7. Dezember 2018 eine Verwarnung aus.
B. Am 10. Januar 2019 erhob A. gegen die Disziplinarverfügung Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern und beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde am 20. Januar 2020 ab, soweit es auf sie eintrat. Eine mündliche Verhandlung führte es nicht durch. BGE 147 I 219 (220)
BGE 147 I 219 (221)C. Mit Beschwerde vom 2. März 2020 beantragt A. dem Bundesgericht, das Disziplinarverfahren sei einzustellen, eventualiter sei die Sache zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Während das Verwaltungsgericht auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet die Anwaltsaufsichtsbehörde auf eine Vernehmlassung.
 
BGE 147 I 219 (223)2.3.3 Mit dieser Argumentation betrachtet das Verwaltungsgericht das Rechtsmittelverfahren isoliert, ohne den Gesamtzusammenhang mit dem erstinstanzlichen Verfahren vor der Anwaltsaufsichtsbehörde zu berücksichtigen. Stellt das anwaltliche Disziplinarverfahren aufgrund der in Art. 17 Abs. 1 BGFA vorgesehenen Disziplinarmassnahmen wie erwähnt eine Streitigkeit über zivilrechtliche Ansprüche dar, hat der Beschwerdeführer einen Anspruch auf die in Art. 6 Ziff. 1 EMRK verbrieften Verfahrensgarantien. Nachdem in erster Instanz kein Gericht, sondern eine Verwaltungsbehörde entschieden hatte, wurden diese Garantien dort unbestrittenermassen nicht eingehalten. Weil die Verfahrensrechte mindestens einmal im Verfahren gewährleistet werden müssen, hätte es am Verwaltungsgericht gelegen, die gerichtliche Beurteilung unter Einhaltung der Garantien von Art. 6 Ziff. 1 EMRK vorzunehmen. Dass im Rechtsmittelverfahren aufgrund des anwendbaren kantonalen Prozessrechts kein Berufsausübungsverbot mehr zur Debatte stand, ändert nichts daran; die Qualifikation des Verfahrens als zivilrechtliche Streitigkeit fällt dadurch nicht dahin (vgl. hiervor E. 2.2.1). Die Vorinstanz hat Art. 6 Ziff. 1 EMRK deshalb zu Unrecht als nicht anwendbar erachtet.