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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 4
Erwägung 4.4
Erwägung 4.5
Erwägung 4.6
Erwägung 4.6.2
Erwägung 4.6.5
Bearbeitung, zuletzt am 01.10.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
14. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Kanton Bern und Grosser Rat des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
2C_418/2020 vom 21. Dezember 2021
 
 
Regeste
 
Art. 8 Abs. 1, Art. 49, Art. 108 Abs. 1, Art. 127 Abs. 1 BV; Art. 14 Abs. 1 StHG; Art. 56 Abs. 1 lit. d und Art. 182 Abs. 1 StG/BE bzw. Art. 2 Abs. 4 AND/BE, je in der Fassung vom 9. März 2020; verfassungsrechtliche Unhaltbarkeit eines Medians im Bereich von 70 Prozent des Verkehrswerts unbeweglichen Vermögens.
 
Die fakultative kommunale Liegenschaftssteuer des Kantons Bern, bei welcher es sich um eine Objektsteuer handelt, darf bei der Bemessung des unbeweglichen Vermögens nicht berücksichtigt werden, da das Vermögen zum Verkehrswert zu bewerten ist (E. 4.6).
 
Aufhebung von Art. 2 Abs. 4 AND/BE, wonach für die Festsetzung der amtlichen Werte ein Ziel-Medianwert im Bereich von 70 Prozent der Verkehrswerte anzustreben ist (E. 4.7).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 148 I 210 (211)A.
A.a Im Nachgang zum Urteil 2C_463/2017 / 2C_466/2017 vom 9. August 2019 verabschiedete der Grosse Rat des Kantons Bern am 9. März 2020 folgende Neufassung von Art. 182 Abs. 1 des Steuergesetzes des Kantons Bern vom 21. Mai 2000 (StG; BSG 661.11; nachfolgend: StG/BE 2000):
    "Haben sich im Grossteil des Kantons oder im ganzen Kanton seit der letzten allgemeinen Neubewertung die Verkehrs- oder Ertragswerte erheblich verändert, ordnet der Grosse Rat durch Dekret eine allgemeine Neubewertung der Grundstücke und Wasserkräfte an. Er bestimmt den Ziel-Medianwert, den Stichtag und die Bemessungsperiode."
Gleichzeitig überarbeitete er - neben weiteren Bestimmungen, die hier nicht einschlägig sind - den Art. 56 Abs. 1 lit. d StG/BE 2000. Konkret ergänzte er den bestehenden Wortlaut mit einem Verweis auf die Liegenschaftssteuer. Die revidierte Norm lautete demnach wie folgt:
    "Die Bewertung erfolgt ... für die übrigen Grundstücke und die ihnen gleichgestellten Rechte sowie für Konzessionen aufgrund des Verkehrswerts unter Berücksichtigung von Ertrags- und Realwert, soweit dieses Gesetz keine Ausnahme vorsieht; die Festlegung erfolgt massvoll unter Berücksichtigung der Förderung der Vorsorge, der Eigentumsbildung und der Belastung durch die Liegenschaftssteuer."
Die Referendumsvorlage wurde im Amtsblatt des Kantons Bern vom 1. April 2020, S. 117, veröffentlicht, worauf die Referendumsfrist bis zum 1. Juli 2020 lief. Das fakultative Referendum wurde nichtBGE 148 I 210 (211) BGE 148 I 210 (212)ergriffen. Die Revision vom 9. März 2020 trat rückwirkend auf den 1. Januar 2020 in Kraft (BAG 20-074; Ziff. IV der Revision vom 9. März 2020).
A.b In Ausführung des revidierten Art. 182 Abs. 1 StG/BE 2000 änderte der Grosse Rat am 10. März 2020 auch Art. 2 des Dekrets des Grossen Rates des Kantons Bern vom 21. März 2017 über die allgemeine Neubewertung der nichtlandwirtschaftlichen Grundstücke und Wasserkräfte (AND; BSG 661.543; nachfolgend: AND/BE 2017). Er fügte dem Artikel einen vierten Absatz an, der folgendermassen lautet:
    "Für die Festsetzung der amtlichen Werte ist ein Ziel-Medianwert im Bereich von 70 Prozent der Verkehrswerte anzustreben."
Die Publikation erfolgte in der Bernischen Amtlichen Gesetzessammlung vom 22. April 2020. Auch diese Änderung trat rückwirkend auf den 1. Januar 2020 in Kraft (BAG 20-021).
B. Mit Eingabe vom 20. Mai 2020 erhebt A. beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er beanstandet, dem Grossen Rat des Kantons Bern fehle im Bereich der amtlichen Bewertung die Zuständigkeit zur Festlegung eines Zielwertes (erste Rüge; nicht publ. E. 3); zudem verstosse ein Zielwert, der einen Median im Bereich von 70 Prozent des Verkehrswerts anstrebe, gegen Bundesrecht (zweite Rüge; E. 4).
Das Bundesgericht hat die Sache am 21. Dezember 2021 öffentlich beraten und ist zur Gutheissung der Beschwerde gelangt.
(Zusammenfassung)
 
 
Erwägung 4
 
 
Erwägung 4.4
 
4.4.1 Der harmonisierten Vermögenssteuer von Kantonen und Gemeinden unterliegt das gesamte Reinvermögen (Art. 13 Abs. 1 StHG). Die Bewertung des beweglichen und unbeweglichen Vermögens ist Gegenstand von Art. 14 StHG. Das Vermögen wird zum Verkehrswert bewertet, wobei der Ertragswert angemessen berücksichtigt BGE 148 I 210 (213) BGE 148 I 210 (214)werden kann (Art. 14 Abs. 1 StHG; dazu BGE 138 II 311 E. 7.1; BGE 131 I 291 E. 2.5.2; BGE 128 I 240 E. 3.1.1; Urteile 2C_68/2021 vom 22. Februar 2021 E. 3.3.3; 2C_866/2019 vom 27. August 2020 E. 4.1). Von der Massgeblichkeit des Verkehrswertes bestehen Ausnahmen, die das Gesetz abschliessend nennt (BGE 134 II 207 E. 3.5). Eine erste Ausnahme besteht im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke; diese unterliegen einer rein ertragswertgestützten Bewertung (Art. 14 Abs. 2 StHG; Urteil 2C_858/2019 vom 20. August 2020 E. 2.1). Eine zweite Ausnahme sieht das Gesetz hinsichtlich des beweglichen Vermögens (inklusive immaterieller Güter) vor, das dem Geschäftsvermögen der steuerpflichtigen Person angehört. Solches unterliegt dem für die Einkommenssteuer massgeblichen Wert (Art. 14 Abs. 3 StHG). Hingegen ist für unbewegliches nichtlandwirtschaftliches Vermögen sowohl für das Privat- als auch für das Geschäftsvermögen der Verkehrswert, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Ertragswerts (Art. 14 Abs. 1 StHG) massgebend (BGE 134 II 207 E. 3.5).
4.4.3 Was unter dem unbestimmten Rechtsbegriff des Verkehrswerts zu verstehen sei, stellt eine Rechtsfrage dar, während der Preis, derBGE 148 I 210 (214) BGE 148 I 210 (215)tatsächlich erzielt werden kann, eine Tatfrage ist (BGE 122 I 168 E. 2c; Urteile 2C_68/2021 vom 22. Februar 2021 E. 3.3.2; 2C_1081/ 2018 vom 29. Januar 2020 E. 2.2.2). Der abgaberechtliche Verkehrswert entspricht praxisgemäss dem Marktwert und damit dem Preis, der bei einer Veräusserung des Vermögensobjektes im gewöhnlichen Geschäftsverkehr mutmasslich zu erzielen ist, den also ein unabhängiger Dritter unter normalen Umständen zu bezahlen bereit wäre. Er beruht mithin auf einer doppelten Fiktion, indem angenommen wird, dass eine Veräusserung überhaupt möglich wäre und dass diese zu Drittkonditionen vorgenommen würde. In jedem Fall bildet der abgaberechtliche Verkehrswert keine mathematisch punktgenau bestimmbare Grösse; vielmehr ist er in der Regel ein Schätz- oder Vergleichswert (BGE 131 I 291 E. 3.2.2; BGE 128 I 240 E. 3.2.1; BGE 124 I 193 E. 4A; Urteil 2C_68/2021 vom 22. Februar 2021 E. 3.3.2). Hinzu kommt, dass die auf dem Markt tatsächlich erzielten Preise nicht nur erheblichen Schwankungen unterliegen, sondern mitunter auch ausgesprochen spekulative oder subjektive Preiskomponenten enthalten (Urteil 2C_181/2018 vom 12. März 2018 E. 2.2.3).
Das Bundesgericht spricht in einem älteren Entscheid gar von einer "minimalen Streubreite von 20 Prozent" (BGE 128 I 240 E. 2.6). Entsprechend dürfen die Veranlagungsbehörden auch bei der Bewertung des unbeweglichen Vermögens zu Schematisierungen und Pauschalisierungen greifen (BGE 124 I 193 E. 3e und 4a). Solche sind im Abgaberecht, das als Massenverwaltungsrecht ausgestaltet ist, aus praktischen und veranlagungsökonomischen Gründen unvermeidlich und in einem gewissen Ausmass zulässig, auch wenn dabei die rechtsgleiche Behandlung nicht durchwegs gewährleistet ist (BGE 140 II 167 E. 5.5.2; BGE 131 I 291 E. 3.2.2; siehe auch BGE 142 V 577 E. 5.4). Massenfallrecht liegt namentlich auch vor, wenn es um die kantonsweite Bewertung des unbeweglichen Vermögens geht (Urteil 2C_38/2021 vom 3. März 2021 E. 3.5.2).BGE 148 I 210 (215)
BGE 148 I 210 (216)Vor diesem Hintergrund sind Bewertungsnormen im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle nicht schon dann aufzuheben, wenn einzelne Elemente der vorgesehenen Bewertungsmethode bei isolierter Beurteilung allenfalls kritisierbar wären, sondern nur, wenn ihre Anwendung insgesamt zu klar gesetzwidrigen oder unhaltbaren Ergebnissen führen würde (BGE 124 I 159 E. 2f; BGE 131 I 291 E. 3.2.2). Ein Verstoss gegen Art. 14 StHG liegt vor, wenn die Bewertungsnormen zu systematischen und erheblichen Über- oder Unterbewertungen führen (BGE 131 I 291 E. 3.2.2; DZAMKO-LOCHER/TEUSCHER, in: Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG], Zweifel/Beusch [Hrsg.], 3. Aufl. 2017, N. 39 zu Art. 14 StHG).
BGE 148 I 210 (217)4.4.7 Im Rahmen der Vermögenssteuer hat das Bundesgericht erwogen, dass die Kantone über einen erheblichen Spielraum verfügen, der im Ergebnis dazu führen kann, dass die Steuerwerte allgemein mehr oder weniger deutlich unter dem eigentlichen Verkehrswert liegen (BGE 124 I 145 E. 6b [Kanton Zürich]). Würde die generelle Bewertungsregelung so festgelegt, dass der Steuerwert im Durchschnitt 100 Prozent des Verkehrswerts beträgt, käme der Steuerwert in einer gewissen Zahl von Fällen höher zu liegen als der Verkehrswert. Damit würde ein Vermögenswert besteuert, der so gar nicht besteht (BGE 124 I 193 E. 4b [Kanton Zürich]), was verfassungswidrig wäre (BGE 128 I 240 E. 3.3.1 und 3.4.1 [Kanton Zürich]).
Es ist deshalb zulässig, den Steuerwert aufgrund schematischer, vorsichtiger Schätzungen zu bemessen, die der notwendigen Schematisierung und der zwangsläufigen Unsicherheit der Bewertung Rechnung tragen. Wenn daraus Steuerwerte resultieren, die im Durchschnitt unterhalb des effektiv realisierbaren Verkehrswerts liegen, so ist dies in einem gewissen Rahmen verfassungsrechtlich haltbar (BGE 131 I 291 E. 3.2.2 [Kanton Schwyz]; BGE 128 I 240 E. 3.1.1 und 3.2.2 S. 249; BGE 124 I 145 E. 6c, BGE 124 I 159 E. 2h S. 168 [Kanton Tessin], 193 E. 4a). Dies gilt jedenfalls, soweit der niedrigere Ansatz sich durch die Ungenauigkeit der Schätzung sachlich rechtfertigen lässt (BGE 124 I 193 E. 4b S. 200).
Insgesamt ist bei der Bewertung des unbeweglichen Vermögens "vorsichtig" (BGE 124 I 145 E. 6c) bzw. "massvoll" vorzugehen, wie das im Kanton Bern in Art. 56 Abs. 1 lit. d StG/BE 2000 vorgesehen ist, dies auch, um Überbewertungen abzuwenden (BGE 124 I 193 E. 4b; BGE 128 I 240 E. 3.3.1 und 3.4.1). Die bernische Gesetzgebung entspricht insoweit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung.
 
Erwägung 4.5
 
4.5.4 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers besagt ein Median von 70 Prozent nicht, dass sich sämtliche Werte imBGE 148 I 210 (219) BGE 148 I 210 (220)Bereich von 70 Prozent des Verkehrswerts bewegen müssen. Er lässt theoretisch auch zu, dass in der einen Hälfte der Fälle ein Wert von 69 Prozent, in der anderen Hälfte ein Wert von 100 Prozent resultiert. Das zöge einen Durchschnitt von 84,5 Prozent nach sich, was im Lichte der Rechtsprechung (vorne E. 4.4.9) als zulässig zu erachten wäre. Ebenso ist aber möglich, dass in der Hälfte der Fälle ein Wert von 71 Prozent resultiert und in der Hälfte ein Wert von z.B. 30 Prozent. Dies würde zu einem bundesrechtswidrig tiefen Durchschnitt führen. Eine bundesrechtskonforme Bewertung ist mit einem Median von 70 Prozent weder ausgeschlossen noch sichergestellt. Im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist aber entscheidend, ob sich der Norm ein bundesrechtskonformer Sinn beimessen lässt und wie wahrscheinlich dies ist. Das Bundesgericht hebt einen kantonalen oder kommunalen Erlass nur auf, falls die Norm sich jeder mit dem übergeordneten Recht vereinbaren Auslegung entzieht (BGE 147 I 136 E. 1.4; BGE 146 I 62 E. 4; BGE 145 I 26 E. 1.4; nicht publ. E. 1.5). Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Bundesrecht den Kantonen und Gemeinden in diesem Bereich einen weiten Gestaltungsspielraum eröffnet (vorne E. 4.4.2).
 
Erwägung 4.6
 
4.6.1 Der Kanton macht jedoch geltend, dass sich unter Berücksichtigung der Belastung durch die Liegenschaftssteuer ein bundesrechtskonformer Wert ergebe. Der Kanton Bern kennt wie einige andereBGE 148 I 210 (220) BGE 148 I 210 (221)Kantone (dazu MARTIN KOCHER, in: Immobiliensteuern, Zweifel/ Beusch/Oesterhelt [Hrsg.], 2021, § 28 Rz. 105 ff.) eine besondere Liegenschaftssteuer. Die Gemeinden des Kantons Bern können auf den amtlichen Werten eine Liegenschaftssteuer erheben (Art. 258 Abs. 1 StG/BE 2000), deren Steuersatz höchstens 1,5 Promille des amtlichen Werts betragen darf (Art. 261 Abs. 2 StG/BE 2000). Von den rund 340 Einwohnergemeinden des Kantons Bern kennen lediglich acht Gemeinden eine Liegenschaftssteuer, deren Satz unter 1,0 Promille liegt. Rund 90 Einwohnergemeinden wenden den höchstzulässigen Steuersatz von 1,5 Promille an, darunter viele grosse Gemeinden. Von den fünf grössten Gemeinden erheben deren drei den Maximalsatz (Bern, Biel, Ostermundigen); in zwei Gemeinden gilt ein Satz von 1,2 Promillen (Thun, Köniz).
 
Erwägung 4.6.2
 
4.6.2.1 Gemäss Art. 56 Abs. 1 lit. d StG/BE 2000 in der Fassung vom 9. März 2020 (vgl. Sachverhalt Bst. A.a) soll die Bewertung des unbeweglichen Vermögens auch unter Berücksichtigung der Belastung durch die Liegenschaftssteuer erfolgen. In Befolgung dieser Bestimmung hat der Grosse Rat einen Ziel-Medianwert von 70 Prozent festgelegt.
4.6.2.2 Der Kanton führt in seiner Vernehmlassung aus, dass unter Berücksichtigung der Liegenschaftssteuer bei einem Median von 77 Prozent die Eigentümer von unbeweglichem Vermögen durchwegs stärker belastet würden als die Eigentümer von beweglichem Vermögen. Unter der Annahme, dass bewegliches Vermögen zum effektiven Verkehrswert (Art. 14 StHG) bewertet wird, wäre damit die Belastung des unbeweglichen Vermögens höher als dieser Wert. Der Kanton beruft sich dazu auf die Berechnungen, die der Regierungsrat in seinem Vortrag vom 13. November 2019 an den Grossen Rat angestellt hat. Der Beschwerdeführer stellt diese Berechnungen als solche nicht in Frage.
BGE 148 I 210 (222)4.6.4 Die Urteile, in denen das Bundesgericht sich zur Bewertung des unbeweglichen Vermögens für die Vermögenssteuer geäussert hat (vorne E. 4.4.8-4.4.10), betrafen zumeist Kantone, die keine Liegenschaftssteuer kennen. Einzig im Urteil BGE 124 I 159 zum Kanton Tessin hat das Bundesgericht sich mit der Frage befasst, ob der Umstand, dass das Grundeigentum mit besonderen Abgaben belastet wird, die auf beweglichem Vermögen nicht erhoben werden, einen Einschlag bei der Vermögenssteuerbewertung zulasse. Es hat dies unter dem Titel der Rechtsgleichheit (Art. 4 aBV) verneint (E. 2i S. 169), und zwar mit drei Argumenten:
1. Die besondere steuerliche Belastung von Grundeigentümern sei nicht zu beanstanden, solange diese Besteuerungen ausschliesslich dazu bestimmt seien, die durch das Grundeigentum verursachten Kosten des Gemeinwesens zu decken (so die Grundeigentümerbeiträge).
2. Auch das bewegliche Vermögen sei mit besonderen Steuern belastet, wie etwa die eidgenössische Stempelsteuer oder analoge kantonale Abgaben.
3. Es sei ohnehin problematisch, eine Ungleichbehandlung mit einer anderen zu kompensieren. Im konkreten Fall sei nicht nachgewiesen, dass die genannten kantonalen Abgaben eine korrekte Kompensation der Unterbewertung von unbeweglichem Vermögen darstellten.
Inwieweit diese Aussagen auch heute noch Geltung beanspruchen, braucht hier nicht weiter untersucht zu werden.
 
Erwägung 4.6.5
 
4.6.5.1 Zu berücksichtigen ist, dass die Prüfung in BGE 124 I 159 einzig unter verfassungsrechtlichem Aspekt erfolgte und noch nicht unter dem Gesichtspunkt des Steuerharmonisierungsgesetzes, das nunmehr die Bemessungsgrundlage für die Vermögenssteuer bundesrechtlich harmonisiert. Diese bemisst sich zwingend und ausschliesslich nach den Vorgaben von Art. 14 StHG. Faktoren, die in dieser Bestimmung nicht genannt sind, dürfen nicht als Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden. Ein kantonaler Spielraum besteht diesbezüglich nur im dargelegten Rahmen (vorne E. 4.4).
4.6.5.2 Die Bemessung der Liegenschaftssteuer beruht jedenfalls im Kanton Bern auf derselben Grundlage wie die Vermögenssteuer. Massgebend ist in beiden Fällen der "amtliche Wert" (vorne E. 4.3BGE 148 I 210 (222) BGE 148 I 210 (223)und 4.6.1). Es handelt sich bei der Liegenschaftssteuer damit um eine Objektsteuer (Urteil 2C_1001/2020 vom 9. März 2021 E. 2.3.3 [ETH Zürich]), die nicht um die Schulden bereinigt ist (KOCHER, a.a.O., § 28 Rz. 311 ff.). Die jüngere Rechtsprechung hat sie auch schon als besondere oder partielle Vermögenssteuer bezeichnet (auch dazu Urteil 2C_1001/2020 vom 9. März 2021 E. 2.3.3; ferner Urteil 2C_463/2017 / 2C_466/2017 vom 9. August 2019 E. 1.4.2 [Einwohnergemeinde Bern]; KOCHER, a.a.O., § 28 Rz. 295 ff.). Als rein kantonale oder kommunale Steuer ist sie von der bundesrechtlich harmonisierten Vermögenssteuer abzugrenzen. Daher ist es zumindest zweifelhaft, ob die Liegenschaftssteuer in die Überlegungen zur Gesamtsteuerbelastung des unbeweglichen Vermögens einbezogen werden kann. Ein solcher Ansatz dürfte mit Art. 8 Abs. 1 BV in Widerspruch stehen, was hier aber nicht zu vertiefen ist. Zu entscheiden ist einzig, ob die Liegenschaftssteuer bei Festsetzung der Bemessungsgrundlage, die für die Vermögenssteuer auf unbeweglichem Vermögen massgebend ist, berücksichtigt werden darf. Dies ist zu verneinen: Es ist unzulässig, die kantonale oder kommunale Liegenschaftssteuer in die harmonisierte Bemessungsgrundlage des unbeweglichen Vermögens einzubeziehen, nachdem das Vermögen zum Verkehrswert zu bewerten ist (Art. 14 Abs. 1 StHG; vorne E. 4.4.1).