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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Mit dem Rechtsbegehren 3 gegen die Beklagte 1 verlangt die Kl& ...
3. Die Klägerin leitet ihr Bezugsrecht sinngemäss auch  ...
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32. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 10. Mai 1983 i.S. Habib Bank Ltd. Karachi gegen Habib Bank AG Zürich, Wicki und Hodler (Berufung)
 
 
Regeste
 
Art. 686 Abs. 4, 685 Abs. 4, 652 OR. Eintragung ins Aktienbuch und Bezugsrecht bei vinkulierten Namenaktien.
 
Kein Bezugsrecht steht ihr als blosse Eigentümerin vinkulierter Namenaktien zu; Begriff des Bezugsrechts; Ablehnung der Spaltungstheorie (E. 3).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 109 II 130 (130)A.- Die Zweigniederlassungen der Habib Bank (Overseas) Limited, Karachi, in Beirut, Bahrein und Sharjah sind als Eigentümerinnen von insgesamt 22'496 Namenaktien zu nominal Fr. 100.-- je Aktie im Aktienbuch der Habib Bank AG Zürich eingetragen. Vier weitere Namenaktien stehen laut Aktienbuch im Eigentum von Rashid und Hyder Habib, die sie jedoch der Habib Bank (Overseas) Limited, Karachi, übertragen haben. Die Habib Bank AG Zürich anerkennt gemäss ihren Statuten nur jene Personen als Aktionäre, die im Aktienbuch eingetragen sind; derBGE 109 II 130 (130) BGE 109 II 130 (131)Verwaltungsrat kann die Eintragung unter Vorbehalt von Art. 686 Abs. 4 OR ohne Begründung verweigern.
Mit Wirkung auf den 1. Januar 1974 verstaatlichte ein pakistanisches Bankennationalisierungsgesetz die Habib Bank (Overseas) Limited, Karachi, mitsamt ihren Niederlassungen; deren Rechte und Pflichten gingen infolge Fusion am 1. Juli 1974 auf die ebenfalls verstaatlichte Habib Bank Limited, Karachi, über.
Die Habib Bank AG Zürich erhöhte am 22. März 1976 ihr Aktienkapital von Fr. 10'000'000.-- auf Fr. 12'500'000.--, indem sie 25'000 neue Namenaktien zu je nominal Fr. 100.-- ausgab. Davon zeichneten im Auftrag des Verwaltungsrates André Wicki 13'750 und Mario Hodler 11'250 Stück. Das Bezugsrecht der bis zum 22. März 1976 im Aktienbuch eingetragenen Aktionäre sollte dabei gewahrt bleiben.
Die Habib Bank AG Zürich bestritt jegliches Bezugsrecht der Habib Bank Limited, Karachi; diese reichte daher beim Bezirksgericht Zürich ein Begehren um Erlass vorsorglicher Massnahmen ein. Am 1. April 1976 verpflichtete sich die Habib Bank AG Zürich jedoch, ein Zertifikat über 5625 Namenaktien zu je nominal Fr. 100.-- bei der Schweizerischen Kreditanstalt in Zürich zu hinterlegen, die es der im Prozess um das Bezugsrecht obsiegenden Partei herauszugeben habe. Das Massnahmenbegehren wurde dadurch gegenstandslos.
Am 20. April 1976 weigerte sich die Habib Bank AG Zürich, die Habib Bank Limited, Karachi, als Rechtsnachfolgerin der Habib Bank (Overseas) Limited und Eigentümerin von 22'500 Namenaktien ins Aktienbuch einzutragen.
B.- Daraufhin klagte die Habib Bank Limited, Karachi, gegen die Habib Bank AG Zürich (Beklagte 1) auf Feststellung, dass sie berechtigt sei, 22,5% der neu ausgegebenen Aktien der Beklagten 1 zu beziehen (Rechtsbegehren 1). Die Beklagte 1 sei ausserdem zu verpflichten, ihr das Aktienzertifikat Nr. 36 über 5625 Aktien zu je nominal Fr. 100.-- auszuhändigen oder durch die Schweizerische Kreditanstalt, André Wicki oder Mario Hodler aushändigen zu lassen, allenfalls 22,5% (5625 Stück) der von Wicki und Hodler liberierten Aktien herausgeben zu lassen (Rechtsbegehren 2). Ferner sei die Beklagte 1 zu verpflichten, die Klägerin als Aktionärin von 28'125 Namenaktien im Aktienbuch einzutragen (Rechtsbegehren 3). Schliesslich habe ihr die Beklagte 1 für das Verfahren bezüglich der vorsorglichen Massnahmen vor dem Audienzrichter des Bezirksgerichts Zürich die Kosten von Fr. 258.-- zu ersetzenBGE 109 II 130 (131) BGE 109 II 130 (132)und eine angemessene Prozessentschädigung zu bezahlen (Rechtsbegehren 4).
Die Habib Bank Limited, Karachi, reichte auch gegen André Wicki (Beklagter 2) und Mario Hodler (Beklagter 3) je eine Klage ein mit dem Begehren, die Beklagten seien zu verpflichten, ihr das Zertifikat Nr. 36 über 5625 Aktien zu je nominal Fr. 100.-- oder 22,5% der von ihnen liberierten Aktien herauszugeben.
Das Bezirksgericht Zürich, das die drei Klagen vereinigte, und auf Appellation hin am 26. März 1982 auch das Obergericht des Kantons Zürich wiesen sämtliche Klagebegehren ab und forderten die Schweizerische Kreditanstalt auf, das hinterlegte Aktienzertifikat nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils der Habib Bank AG Zürich unbeschwert herauszugeben.
Eine Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerin wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 3. Dezember 1982 ab, soweit darauf einzutreten war.
C.- Die Klägerin hat Berufung eingelegt mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und ihre Klagebegehren gutzuheissen oder die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen.
 
a) Die Rüge, die Vorinstanz habe Art. 4 BV verletzt, ist in einer Berufung unzulässig, weshalb auf sie nicht einzutreten ist (Art. 43 Abs. 1 OG).
b) Die Aktiengesellschaft darf einer Person, die infolge Erbganges, ehelichen Güterrechts oder Zwangsvollstreckung vinkulierte Aktien erworben hat, den Eintrag ins Aktienbuch nach Art. 686 Abs. 4 OR nur dann verweigern, wenn Mitglieder der Verwaltung oder einzelne Aktionäre sich bereit erklären, die Aktien zum Börsenkurs und, wenn ein solcher nicht besteht, zum wirklichen WertBGE 109 II 130 (132) BGE 109 II 130 (133)im Zeitpunkt der Anmeldung zur Eintragung zu übernehmen. Zu prüfen ist daher, ob diese Bestimmung die Erwerbsgründe, welche die Weigerungsbefugnis der Gesellschaft einschränken, abschliessend aufzählt, die Fusion also im Sinne eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers nicht umfasst (vgl. MEIER-HAYOZ, N. 255 zu Art. 1 ZGB).
Art. 705 des Entwurfs Hoffmann zur Revision des Obligationenrechts vom Dezember 1923 enthielt keine dem Art. 686 Abs. 4 OR entsprechende Ausnahmebestimmung. Erst die Expertenkommission anerkannte den Aktienerwerb infolge Erbganges oder kraft ehelichen Güterrechts als Anspruchsgrundlage für die Eintragung ins Aktienbuch (Prot. ExpKom. 1928 S. 292 bis 294). Diesen beiden Gründen fügte der Bundesrat den Aktienerwerb infolge Zwangsvollstreckung hinzu (Botschaft zur Novelle, in BBl 1928 I S. 245). Die drei Gründe blieben in den parlamentarischen Beratungen unwidersprochen (Sten.Bull StR 1931 S. 405/06, NR 1934 S. 122). Ausgangspunkt der Fassung von Art. 686 Abs. 4 OR war für die Expertenkommission der Erbgang. Isler ergänzte jedoch, dass es noch andere Fälle der Rechtsnachfolge, insbesondere im ehelichen Güterrecht, gebe, die man nicht verhindern könne. In der Expertenkommission herrschte somit keineswegs die Meinung, die von ihr erwähnten Gründe hätten als abschliessende Aufzählung zu gelten. Sie und später der Bundesrat formulierten die Bestimmung, indem sie allgemein die Interessen der Gesellschaft und des Aktienerwerbers gegeneinander abwogen. Dass die Kommission sich erklärtermassen nur von Gründen des Familien- oder Gläubigerschutzes hätte leiten lassen, wie die Vorinstanz mit Hinweis auf Stechel (Der erbrechtliche Übergang vinkulierter Namenaktien, Diss. Fribourg 1951, S. 22) meint, geht aus dem Protokoll nicht hervor. Eine abschliessende Aufzählung nimmt auch THILO (in SAG 30/1957/58, S. 186) an, ohne seinen Standpunkt allerdings zu begründen.
Aus dem Umstand, dass die Revision des Obligationenrechts im Jahre 1936 die Frage des Erwerbs vinkulierter Namenaktien durch Fusion nicht geregelt hat, ist daher entgegen der Vorinstanz nicht zu schliessen, es liege ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vor; der Schluss wäre nur dann vertretbar, wenn der Gesetzgeber mit Sicherheit um das hier gestellte Problem gewusst hätte (BGE 88 II 483 mit Verweisung). Die historische Auslegung von Art. 686 Abs. 4 OR spricht daher nicht für eine abschliessende Aufzählung der Fälle, wo der Aktienerwerber trotz VinkulierungBGE 109 II 130 (133) BGE 109 II 130 (134)einen Anspruch haben kann, als Aktionär ins Aktienbuch eingetragen zu werden.
Die systematische Auslegung ergibt entgegen der Meinung der Vorinstanz ebenfalls nichts für eine solche Aufzählung. Wohl ist es nicht abwegig, Art. 686 Abs. 4 OR als Ausnahmebestimmung zu Abs. 1 und 2 zu betrachten, denn er beschränkt die Befugnis der Aktiengesellschaft, ihre Aktien zu vinkulieren. Im Verhältnis zum übergeordneten Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Aktie sind indessen bereits Art. 686 Abs. 1 und 2 OR Ausnahmebestimmungen, und Art. 686 Abs. 4 OR schränkt insofern lediglich eine Ausnahme, nämlich die Vinkulierbarkeit von Aktien, ein. Bei dieser Rechtslage ist mit der von der Vorinstanz angerufenen formalistischen Regel, Ausnahmebestimmungen seien nicht extensiv auszulegen oder analog anzuwenden, nichts zu gewinnen. Der Schluss bedarf diesfalls, soll er zulässig sein, vielmehr einer zusätzlichen sachlichen Begründung anhand der besonderen Umstände (BGE 88 II 153; MEIER-HAYOZ, N. 191 zu Art. 1 ZGB).
c) Es ist daher nicht zum vornherein unzulässig, Art. 686 Abs. 4 OR auch auf den Tatbestand der Fusion analog anzuwenden, wenn dieser zwar nicht vom Wortlaut, aber vom Sinn und Zweck der Bestimmung erfasst wird (BGE 98 Ia 40). Der Entscheid darüber ist soweit möglich den Wertungen und Zwecksetzungen des Gesetzes selbst zu entnehmen (BGE 105 Ib 53 E. 3a mit Hinweisen; ferner BGE 88 II 483).
Veräussert ein Aktionär seine Aktien zu Lebzeiten, verbleiben die Aktienrechte bei ihm, bis die Gesellschaft ihrem Übergang zugestimmt hat. Stirbt er dagegen, ist vorderhand niemand da, der die Aktienrechte auszuüben berechtigt wäre. Infolge Ablebens des Aktionärs ist der Träger der Aktienrechte weggefallen (Art. 31 Abs. 1 ZGB), die Mitgliedschaftsstelle mithin unbesetzt, solange die Gesellschaft die Rechtsnachfolge in die Aktienrechte des Verstorbenen nicht genehmigt, wozu sie regelmässig nicht verpflichtet ist. Die Expertenkommission hat die "Unhaltbarkeit dieser Situation" nicht übersehen (vgl. Oser, Prot. ExpKom. S. 293). Mit dem Art. 686 Abs. 4 OR wollte sie offensichtlich verhindern, dass die Gesellschaft einen verstorbenen Aktionär möglicherweise während Jahren als Träger der Aktienrechte weiterhin im Aktienbuch eingetragen lässt; das wäre unvereinbar mit dem aktienrechtlichen Grundsatz, wonach sämtliche Mitgliedschaftsstellen besetzt sein müssen (vgl. FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ, Aktienrecht, 2. Aufl., S. 264 N. 2; FORRER, Die Mitgliedschaft und ihre Beurkundung,BGE 109 II 130 (134) BGE 109 II 130 (135)Diss. Zürich 1959, S. 30/31). Entgegen dem wohlverstandenen Interesse der Aktiengesellschaft könnten die übrigen Aktionäre diese Rechtslage ausnützen und Beschlüsse fassen, die ein möglicher Träger der brachliegenden Aktien mit seinem Stimmrecht unter Umständen verhindert hätte. Nach dem Tod des Aktionärs ist die Trägerschaft der Aktienrechte daher möglichst rasch neu zu regeln. Das war bereits ein wesentlicher Gesichtspunkt in BGE 75 II 352 E. 4; dieser Entscheid zeigt gleichzeitig, dass der Tod eines Aktionärs auch in anderer Hinsicht Rechtsfragen stellt, die Art. 686 Abs. 4 OR nicht beantwortet und die der Richter nach Art. 1 Abs. 2 ZGB zu entscheiden hat (BGE 103 Ia 502 /3 mit Zitaten).
Der Gesetzgeber unterliess es, den Aktienerwerb infolge Fusion zu regeln, weil er an diese Möglichkeit offenbar nicht gedacht hat, obwohl der Untergang einer juristischen Person infolge Fusion in mancher Beziehung mit dem Tod einer natürlichen Person vergleichbar ist. Insbesondere treffen die Gründe, die den Gesetzgeber bewogen haben, beim Aktienerwerb infolge Erbganges die Rechtswirkungen der Vinkulierung einzuschränken, gleichermassen auch auf die Fusion zu; auch sie kann im Ergebnis zu dauernd unbesetzten Mitgliedschaftsstellen führen, wenn die übernehmende Gesellschaft nicht nach Art. 686 Abs. 4 OR vorgehen darf. PESTALOZZI-HENGGELER (Die Namenaktie und ihre Vinkulierung, Diss. Zürich 1948, S. 164) lehnt die analoge Anwendung unter Hinweis auf den Wortlaut der Bestimmung ab; der Wortlaut ist indes wie dargelegt nicht entscheidend. KÜRY (Die Universalsukzession bei der Fusion von Aktiengesellschaften, S. 76 Anm. 17) und Suter (Die Fusion von Aktiengesellschaften im Privatrecht und im Steuerrecht, Diss. Zürich 1965, S. 34/35) befürworten die Analogie mit der angesichts von BGE 90 II 239 E. 2 allerdings fragwürdigen Begründung, die Aktien würden wertlos, wenn sie nicht auf den Rechtsnachfolger übergingen. Trotzdem ist diesen beiden Autoren aus den dargelegten Gründen im Ergebnis zuzustimmen.
Ob Art. 686 Abs. 4 OR auch dann analog anzuwenden ist, wenn die Fusion nicht kraft Gesetzes eintritt, sondern auf Vertrag beruht, kann dahingestellt bleiben.
d) Entgegen der Meinung der Vorinstanz ist somit Art. 686 Abs. 4 OR durchaus auf die Aktien anwendbar, die der Klägerin infolge Fusion mit der Habib Bank Limited, Karachi, zugekommen sind; das sind 22'496 Stück zu je nominal Fr. 100.--. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, soweit es dasBGE 109 II 130 (135) BGE 109 II 130 (136)Rechtsbegehren 3 der Klägerin, sie als Aktionärin dieser Aktien zu behandeln, abgewiesen hat. Gutheissen kann das Bundesgericht dieses Begehren freilich nicht. Die Sache ist in diesem Punkt vielmehr an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie prüfe, ob die weiteren tatbeständlichen und die prozessualen Voraussetzungen vorliegen, um Art. 686 Abs. 4 OR anzuwenden. Die Beklagte 1 hat binnen einer angemessenen Frist zu erklären, ob sie die Klägerin als Aktionärin von 22'496 Namenaktien ins Aktienbuch eintragen will oder ob Mitglieder der Verwaltung oder einzelne Aktionäre sich bereit erklären, die Aktien zu den gesetzlichen Bedingungen zu übernehmen. Nur wenn sie innert nützlicher Frist kein Übernahmeangebot macht, käme eine Gutheissung des Rechtsbegehrens 3 in bezug auf die 22'496 Aktien in Betracht.
e) Unbegründet ist hingegen das Rechtsbegehren 3 für die vier Aktien von Rashid und Hyder Habib, die beide im Aktienbuch eingetragen sind. Ihre Aktienrechte, die sie ungeachtet der Fusion weiterhin ausüben können, wären nur dann auf die Klägerin übergegangen, wenn die Beklagte 1 gemäss Art. 686 Abs. 1 und 2 OR der Übertragung zugestimmt hätte. Dass eine solche Zustimmung vorliege oder ein Anspruch darauf bestehe, behauptet die Klägerin zu Recht nicht.
f) Die Klägerin verlangt mit ihrem Rechtsbegehren 3 zudem, als Eigentümerin von weiteren 5625 Namenaktien zu je nominal Fr. 100.-- ins Aktienbuch eingetragen zu werden. Das sind 22,5% der neu ausgegebenen Aktien, auf welche die Klägerin entsprechend ihrem bisherigen Aktienbesitz von 22'500 Stück ein Bezugsrecht zu haben glaubt. Ein derartiges Recht steht jedoch ausschliesslich den bisherigen Aktionären zu, soweit die Statuten oder der Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals nicht etwas anderes bestimmen (Art. 652 OR). Im Verhältnis zur Gesellschaft wird als Aktionär betrachtet, wer im Aktienbuch eingetragen ist (Art. 685 Abs. 4 OR). Als die Beklagte 1 am 22. März 1976 beschloss, neue Aktien auszugeben, um ihr Aktienkapital zu erhöhen, erfüllte die Klägerin diese Voraussetzung nicht. Es wäre ihr indes ohne weiteres möglich gewesen, die Beklagte 1 vor der Kapitalerhöhung um Eintrag ins Aktienbuch zu ersuchen, nachdem die Fusion bereits 1974 stattgefunden hatte. Ihr nachträgliches Gesuch vom 29. März 1976 war eindeutig verspätet, zumal auch die Emissionsbedingungen in der Einladung vom 6. März 1976 zur ausserordentlichen Generalversammlung klar festhielten, dass nur berechtigt sei, neue Aktien zu beziehen, wer bis zum 22. März 1976BGE 109 II 130 (136) BGE 109 II 130 (137)im Aktienbuch eingetragen sei. Als mögliche Aktionärin von 22'496 Aktien hat die Klägerin ihr Bezugsrecht daher verwirkt. Die Frage, ob sie ausnahmsweise als nicht im Aktienbuch eingetragene Person die Bezugsrechte geltend machen könnte, weil die Fusion kurz vor dem Beschluss der Beklagten 1 über die Kapitalerhöhung stattgefunden hat, stellt sich nicht. Der Klägerin standen mehr als zwei Jahre zur Verfügung, um ihr Gesuch zu stellen. Die Abweisung des Rechtsbegehrens 3 durch die Vorinstanz ist daher auch insoweit nicht zu beanstanden.
a) Das Bundesgericht lässt der Praxis folgend zu, dass der Aktionär die mit der Aktie verbundenen Vermögensrechte von den Mitgliedschaftsrechten "abspalten" und durch Übertragung der Aktie zu Eigentum einem Dritten abtreten kann (BGE 83 II 302 E. 4). Auf Kritik hin hat es seine Auffassung in dem Sinn verdeutlicht, dass unter den Vermögensrechten Forderungen im gewöhnlichen obligationenrechtlichen Sinne zu verstehen seien, etwa der Anspruch auf Auszahlung der von der Generalversammlung beschlossenen Dividenden oder des Liquidationsanteils, der sich aufgrund der genehmigten Schlussabrechnung und des gestützt darauf erstellten Verteilplans ergibt. Nur derartige Forderungen könnten einen vom Aktionär verschiedenen Träger und ein selbständiges rechtliches Schicksal haben, nicht dagegen die ihnen zugrunde liegenden mitgliedschaftlichen Vermögensrechte, wie etwa der Anspruch auf jährliche Verteilung des erzielten Reingewinns. Die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte blieben mit den übrigen Aktienrechten beim Veräusserer der Aktie, weil das Aktienrecht unteilbar sei (BGE 90 II 239 E. 2a und b mit Hinweis auf die Lehre). Zwischen den mitgliedschaftlichen Vermögensrechten und den aus ihnen fliessenden Forderungen im obligationenrechtlichen Sinn ist daher klar zu unterscheiden (vgl. FORRER, a.a.O., S. 55/56; VON TUHR/PETER, S. 9 Anm. 2). Diesen Sachverhalt verkennt die Klägerin, indem sie behauptet, die in der Aktie verkörperten Rechte liessen sich aufspalten. Eine solche Betrachtungsweise ist fehl am Platz. Das Bundesgericht verwendete sie, um die Befugnis des Aktionärs zu umschreiben, die ausBGE 109 II 130 (137) BGE 109 II 130 (138)dem Aktienrecht fliessenden Forderungen einem Dritten zu übertragen (BGE 90 II 241). Sind indes die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte nur Voraussetzung, nicht Bestandteil der obligationenrechtlichen Forderungen, bleibt für eine Spaltungstheorie kein Raum mehr.
b) Das Bezugsrecht ist ein typisches, im Aktientitel verkörpertes Mitgliedschaftsrecht (BGE 82 II 493; SCHUCANY, in SJZ 41/1945, S. 182 lit. d) und daher nicht gleichzusetzen mit den erwähnten Forderungen im obligationenrechtlichen Sinn. Die Befugnis, bei einer Kapitalerhöhung Aktien zu zeichnen, sichert zwar ohne Zweifel Vermögensinteressen des Zeichnungsberechtigten. Gewisse Autoren zählen das Bezugsrecht daher zu den eigentlichen Vermögensrechten (vgl. namentlich SCHUCANY, N. 1 zu Art. 652 OR). SIEGWART (N. 2 zu Art. 652 OR) sieht in ihm dagegen lediglich einen Vermögenswert, soweit der Ausgabebetrag der neuen Aktie tiefer angesetzt ist als der Wert, den sie nach der Kapitalerhöhung hat; gleicher Meinung ist VON GREYERZ (Schweizerisches Privatrecht, Bd. VIII/2, S. 159).
Rechtsprechung und mehrheitlich auch die Lehre haben indes immer betont, dass das Bezugsrecht nebst den finanziellen Interessen auch Mitwirkungsrechte des Aktionärs sicherstellen will (BGE 83 II 302 E. 4a, BGE 82 II 493; BRUNNER, Streifzug durch die Statuten schweizerischer Publikums-Aktiengesellschaften, S. 124; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ, a.a.O., S. 244/45; VON GREYERZ, a.a.O., S. 159; GUHL/MERZ/KUMMER, 7. Aufl., S. 643; JÄGGI, in ZSR 77/1958 I, S. 527; MORELL, in ZSR 53/1934, S. 189/90; OTT, Das Bezugsrecht der Aktionäre, Diss. Zürich 1961, S. 56/57; RUEDIN, Le droit préférentiel de souscription en droit suisse, in Recueil des travaux suisses présentés au IXe Congrès international de droit comparé, Basel 1976, S. 136; WEBER, in SAG 35/1962/63, S. 322/23; WÜRZER, Die Zuordnung der Rechte aus gespaltenen Aktien, Diss. St. Gallen 1981, S. 104/05). Dem stimmt auch die Klägerin weitgehend zu, hält sie doch das Bezugsrecht wie die Aktie selbst für einen Inbegriff von Rechten.
Als vollwertiges Mitgliedschaftsrecht steht das Bezugsrecht bei vinkulierten Namenaktien daher allein der im Aktienbuch eingetragenen Person zu, die es ohne Zustimmung der Aktiengesellschaft nicht an einen Dritten rechtsgültig übertragen kann. Zum gleichen Ergebnis gelangt mehrheitlich auch die Lehre; es wird fast ausnahmslos von den Autoren gebilligt, die sich nach BGE 90 II 239 E. 2a dazu geäussert haben (BRUNNER, a.a.O., S. 125;BGE 109 II 130 (138) BGE 109 II 130 (139)VON GREYERZ, a.a.O., S. 162; GUHL/MERZ/KUMMER, a.a.O., S. 643; JÄGGI, a.a.O., S. 527; KRAFFT, La dissociation des droits de l'action nominative, Diss. Lausanne 1962, S. 240; PFENNINGER, in SAG 38/1966, S. 98; VON STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz, 4. Aufl., S. 160, ebenso 2. Aufl., S. 169, sowie derselbe, in SAG 35/1962/63, S. 243). Auch SCHUCANY vertrat ursprünglich keine andere Meinung (SJZ 41/1945, S. 182/83), entschied sich allerdings später und ohne eingehende Begründung für den gegenteiligen Standpunkt (N. 3 zu Art. 652 OR); noch später räumte er freilich ein, die Rechtsprechung könnte dereinst auch im Gegensatz zu seiner Annahme entscheiden (ZSR 81/1962 I, S. 532).
c) Die Klägerin hält das Bezugsrecht für aufspaltbar in einen mitgliedschaftlichen Teil, der ohne Zustimmung der Aktiengesellschaft unübertragbar sei, und in einen frei übertragbaren vermögensrechtlichen Teil, der mit dem Eigentum an den Aktien auf sie übergegangen sei und ihr ein "gespaltenes" Recht auf Bezug "gespaltener" Aktien einräume. Wenn das Aktienrecht anerkanntermassen in Mitgliedschafts- und Vermögensrechte aufspaltbar sei, müsse das folgerichtig auch für das Bezugsrecht gelten, das latent alle in einer Aktie verkörperten Rechte mitumfasse, ein Konglomerat dieser Rechte, eine latente potentielle Aktie sei. Eine ähnliche Meinung vertritt WIDMER (Die Abspaltung der Aktionärrechte, Diss. St. Gallen 1968, S. 61). Diese Ansicht verkennt jedoch, dass die mitgliedschaftlichen Vermögensrechte nicht gleichzusetzen sind mit den Forderungsrechten im obligationenrechtlichen Sinn. Das Bezugsrecht als Vermögens- und Mitwirkungsrecht ist wie jedes andere Mitgliedschaftsrecht weder in sich noch von anderen Mitgliedschaftsrechten spaltbar und vom Aktionär daher als Einheit geltend zu machen (vgl. BRUNNER, a.a.O., S. 124; PFENNINGER, a.a.O., S. 98; WÜRZER, a.a.O., S. 110/11). Allein von ihm kann ein Dritter die aus den neu bezogenen Aktien fliessenden Forderungsrechte im obligationenrechtlichen Sinn erwerben.
Die Vorinstanz hat daher kein Bundesrecht verletzt, indem sie der Klägerin, soweit sie blosse Eigentümerin vinkulierter Namenaktien ist, einen Anspruch auf Bezug "gespaltener" Aktien abgesprochen, folglich die Rechtsbegehren 1 und 2 gegen die Beklagte 1 sowie sämtliche Rechtsbegehren gegen die Beklagten 2 und 3 abgewiesen hat.BGE 109 II 130 (139)