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Regeste
Sachverhalt
aus den folgenden Erwägungen:
Erwägung 1
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13. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. E. gegen Migrationsamt des Kantons Zürich und Haftrichter des Bezirksgerichts Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
2A.90/2002 vom 4. März 2002
 
 
Regeste
 
Art. 13b und 13c Abs. 1 ANAG, Art. 55 StGB; Ausschaffungshaft zur Sicherstellung des Vollzugs einer strafrechtlichen Landesverweisung.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 128 II 103 (103)Der aus dem Libanon stammende E., geb. 1970, reiste am 8. April 2001 in die Schweiz ein und stellte zwei Tage später unter dem Namen A. ein Asylgesuch. Nachdem er am 18. Juni 2001 sein Asylgesuch zurückgezogen hatte, schrieb das Bundesamt für Flüchtlinge dieses am 21. Juni 2001 als durch Rückzug erledigt ab; es ordnete keine Wegweisung an, sondern hielt fest, dafür sowie für allfällige weitere fremdenpolizeiliche Massnahmen sei der Kanton Zürich zuständig.
BGE 128 II 103 (103)
BGE 128 II 103 (104)Mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 20. November 2001 wurde E. insbesondere wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz mit 18 Monaten Gefängnis bei bedingtem Vollzug sowie mit fünf Jahren Landesverweisung unbedingt bestraft. Gleichentags verfügte der Gerichtspräsident, E. sei aus der Sicherheitshaft zu entlassen und dem Migrationsamt des Kantons Zürich zuzuführen. Am 21. November 2001 ordnete dieses die Ausschaffungshaft an, welche mit Entscheid des Haftrichters am Bezirksgericht Zürich vom 23. November 2001 bis zum 19. Februar 2002 bestätigt wurde.
Am 12. Februar 2002 beantragte das Migrationsamt beim Bezirksgericht die Verlängerung der Ausschaffungshaft. Mit Verfügung vom 15. Februar 2002 verlängerte der Haftrichter die Haft bis zum 19. Mai 2002.
E. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag, die Verfügung des Haftrichters über die Fortsetzung der Ausschaffungshaft sei aufzuheben und er sei umgehend aus der Haft zu entlassen.
Das Migrationsamt schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Der Haftrichter hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Das Bundesamt für Ausländerfragen liess sich innert Frist nicht vernehmen. E. hat sich mit weiterer Eingabe vom 26. Februar 2002 nochmals zur Sache geäussert.
Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab
 
 
Erwägung 1
 
BGE 128 II 103 (104)
BGE 128 II 103 (105)1.2 Als das Migrationsamt den Beschwerdeführer in Ausschaffungshaft nahm, war er fremdenpolizeilich weder aus- noch weggewiesen worden. Bei der einzigen vorher gegen ihn ergangenen Entfernungsmassnahme handelte es sich um die unbedingt ausgesprochene strafrechtliche Landesverweisung. Der ursprüngliche Haftrichterentscheid vom 23. November 2001, mit welchem die Anordnung der Ausschaffungshaft bestätigt wurde, nennt denn auch diese Landesverweisung und keine andere Entfernungsmassnahme als Grundlage für die Haft. Der Beschwerdeführer wendet nun allerdings ein, die Landesverweisung sei nicht vollziehbar gewesen, insbesondere weil noch keine Vollstreckungsverfügung ergangen sei. Dies gelte auch für den Entscheid über die Fortsetzung der Ausschaffungshaft, sei doch die Vollstreckungsverfügung dem Haftrichter bei Fällung seines Verlängerungsentscheids am 15. Februar 2002 noch immer nicht vorgelegen. Daran ändere nichts, dass das strafrichterliche Urteil am 29. Januar 2002 rechtskräftig geworden und der Vollzug der Landesverweisung am 13. Februar 2002 angeordnet worden sei, habe der Haftrichter davon doch keine Kenntnis gehabt.
Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 13b ANAG ergibt, wonach eine erstinstanzliche Entfernungsmassnahme für die Anordnung von Ausschaffungshaft genügt, muss die verfügte Entfernungsmassnahme nicht vollstreckbar sein. Die tatsächliche Ausschaffung hat einzig - aus Gründen der Verhältnismässigkeit - in einer nahen Zukunft, d.h. jedenfalls innert der gesetzlich zulässigen Haftdauer,BGE 128 II 103 (105) BGE 128 II 103 (106)als möglich zu erscheinen. Dies gilt nicht nur bei Aus- oder Wegweisungen, sondern grundsätzlich auch bei der Landesverweisung, und zwar unabhängig davon, dass bei dieser in der Regel eine getrennt von der Anordnung der Landesverweisung zu treffende Vollstreckungsverfügung zu ergehen hat (vgl. BGE 121 IV 345; BGE 116 IV 105 E. 4 S. 115). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bildet eine unbedingt ausgesprochene Landesverweisung selbst dann eine genügende Grundlage für die Ausschaffungshaft, wenn noch keine Vollstreckungsverfügung ergangen ist, sofern das Verhältnismässigkeitsprinzip gewahrt bleibt (Urteil 2A.1/1998 vom 23. Januar 1998).
1.5 Unter diesen Umständen kann offen bleiben, inwieweit die Wegweisungsverfügung, welche das Migrationsamt nachträglich getroffen hat, nachdem es vom Haftrichter im Haftverlängerungsverfahren dazu angehalten worden war, ebenfalls als Grundlage für die Ausschaffungshaft dienen könnte. Nach der Rechtsprechung sind die Formerfordernisse bei der Anordnung einer so genanntBGE 128 II 103 (106) BGE 128 II 103 (107)formlosen Wegweisung nach Art. 12 ANAG freilich gering, und es ist insbesondere nicht von vornherein ausgeschlossen, eine - vorweg angeordnete - Wegweisung zusammen mit dem Hafturteil zu eröffnen (Urteil des Bundesgerichts 2A.313/2001 vom 20. Juli 2001; vgl. auch GRANT, a.a.O., S. 12). Wie dies und das damit verbundene - eher ungewöhnliche - Vorgehen des Haftrichters im vorliegenden Fall zu beurteilen wären, ist aber für die Frage der Zulässigkeit der Haft nicht von Belang, nachdem sich die Ausschaffungshaft bereits auf die Landesverweisung zu stützen vermag.