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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Ausser Frage steht, dass die Enteigneten eine Bodenfläche ...
4. Nach Auffassung der Enteigneten sind mit der Minderwertsentsch ...
5. Zur Bemessung der Entschädigung für die abgetretene  ...
6. Nach der Schätzungskommission führen die durch das e ...
7. Im angefochtenen Entscheid wird die Enteignerin mit Hinweis au ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: Sabiha Akagündüz
 
34. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. BLS Lötschbergbahn AG gegen Erbengemeinschaft W. sowie Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 6 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
1E.3/2005 vom 10. Mai 2005
 
 
Regeste
 
Teilenteignung für den Eisenbahnbau; Abtretung eines Landstreifens und Auferlegung eines Näher- bzw. Höherbaurechts; Entschädigungsbemessung.
 
Besteht zwischen der Enteignung und den auftretenden Lärm- und Staubimmissionen kein adaequater Kausalzusammenhang, so ist eine Entschädigung für die Immissionen nur geschuldet, wenn diese nach Nachbarrecht nicht zu dulden sind (E. 4).
 
Bemessung der Entschädigung für die Abtretung eines Landstreifens ab einer überbauten Liegenschaft. Problematik der Lageklassenmethode (E. 5).
 
Die Enteignungsentschädigung ist vom Tage der vorzeitigen Besitzergreifung an zu den vom Bundesgericht festgelegten Zinssätzen und nach Ablauf von 20 Tagen nach rechtskräftiger Festsetzung zum üblichen Verzugszins zu verzinsen (E. 7).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 131 II 458 (460)Für den im Rahmen des Konzeptes "Bahn 2000" vorgesehenen Doppelspurausbau der Bahnstrecke Fischermätteli-Weissenbühl in Bern liess die Gürbetal-Bern-Schwarzenburg-Bahn (GBS) als damals verantwortliche Unternehmung im März 1998 u.a. gegen die Eigentümer der Liegenschaft Weissensteinstrasse X ein Enteignungsverfahren einleiten. Ab dieser Parzelle ist längs der Bahnlinie ein schmaler Landstreifen von 3 m2 definitiv abzutreten. Zudem ist während den - nunmehr abgeschlossenen - Bauarbeiten eine Teilfläche von 45 m2 vorübergehend in Anspruch genommen worden. Auf der neuen bahnseitigen Grenze des mit einem vierstöckigen Reihenhaus überbauten Grundstücks stehen heute eine 2,15 m hohe Stützmauer und eine Lärmschutzwand von zusätzlich 2,20 m.
Während der Auflagefrist meldeten die Grundeigentümer eine Entschädigungsforderung von Fr. 800.-/m2 für die enteignete Landfläche sowie von Fr. 223'360.- für den Minderwert der Restliegenschaft an. Ausserdem verlangten sie eine Inkonvenienzentschädigung für Reinigungsarbeiten und die Wiederherstellung der Gartenanlage. Die als Nachfolgerin der GBS ins Verfahren eingetretene BLS Lötschbergbahn AG bestritt, dass eine Minderwertsentschädigung geschuldet werde. Die Einigungsverhandlung vor der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 6, verlief erfolglos.
Mit Entscheid vom 22. November 2004 sprach die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 6, den Grundeigentümern für die Enteignung einer Bodenteilfläche von 3 m2 Fr. 2'400.-, für den durch Sonnen- und Lichtentzug entstandenen Minderwert Fr. 5'539.- und für Inkonvenienzen während der Bauzeit Fr. 1'000.- zu, alles zuzüglich Zins ab 26. Oktober 1998. Die Entschädigungsbegehren der Enteigneten für Lärm- und Staubimmissionen während der Bauzeit und seit Inbetriebnahme des zweiten Geleises erklärte die Kommission für unbegründet.
Gegen den Entscheid der Eidgenössischen Schätzungskommission hat die BLS Lötschbergbahn AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben mit dem Hauptantrag, das Gesuch um Ausrichtung einer Entschädigung abzuweisen. Allenfalls sei den Enteigneten eineBGE 131 II 458 (460) BGE 131 II 458 (461)Fr. 2'000.- nicht übersteigende Entschädigung zuzusprechen, zuzüglich Zins seit 26. Oktober 1998 bzw. seit 1. Mai 2002.
Mit Anschlussbeschwerde verlangen die Enteigneten, dass die BLS Lötschbergbahn AG verpflichtet werde, ihnen für den Minderwert ihrer Liegenschaft Fr. 163'000.- zuzüglich Zins zu bezahlen.
Das Bundesgericht heisst die Hauptbeschwerde teilweise gut und weist die Anschlussbeschwerde ab.
 
Gegenüber einem privaten Nachbarn hätten die Enteigneten somit verlangen können, dass die an die Grenze gestellte Stützmauer oder Lärmschutzwand (insgesamt) 1,20 m nicht überrage oder dass eine höhere Stützmauer mit Einfriedung einen Grenzabstand von 3 m wahre. Zur Durchsetzung dieses Nachbarrechts stünde ihnen grundsätzlich der Beseitigungsanspruch gemäss Art. 679 ZGB zu. Dieser kann gegenüber einem im öffentlichen Interesse liegenden Unternehmen, das im massgeblichen Verfahren bewilligt worden ist und für welches das Enteignungsrecht zur Verfügung steht, nicht ausgeübt werden. Den Betroffenen verbleibt lediglich die Möglichkeit, auf dem Enteignungsweg Entschädigung zu fordern. Die Schätzungskommission hat daher zu Recht erkannt, dass die Enteignerin gegenüber den Enteigneten ein Näher- bzw. Höherbaurecht in Anspruch nimmt, für welches sie entschädigungspflichtig wird.
3.3 Für die Entschädigungspflicht ist unerheblich, ob die negativen Auswirkungen der Stützmauer und der Lärmschutzwand,BGE 131 II 458 (462) BGE 131 II 458 (463)insbesondere der Schattenwurf, übermässig seien oder nicht. Es geht im vorliegenden Zusammenhang weder um die Unterdrückung des nachbarlichen Rechts auf Abwehr von übermässigen - positiven oder negativen - Immissionen im Sinne von Art. 684 ZGB noch um eine Umgehung von Art. 22 der bernischen Bauverordnung vom 6. März 1985, wonach höhere Häuser bestehende oder geplante Wohnbauten nicht durch übermässigen Schattenwurf beeinträchtigen dürfen. Es handelt sich wie ausgeführt vielmehr darum, dass die an der Grundstücksgrenze erstellte Stützmauer und die Lärmschutzwand nach kantonalem Baurecht so nicht hätten gebaut werden dürfen und ihre Errichtung auf eine Unterdrückung der nachbarlichen Abwehrrechte von Art. 686 ZGB in Verbindung mit Art. 79 Abs. 1, Art. 79h Abs. 3 sowie Art. 79k Abs. 1 und 2 EGzZGB hinausläuft. Da Dienstbarkeiten, wie das zwangsweise auferlegte Näher- oder Höherbaurecht, keinen Verkehrswert im Sinne von Art. 19 lit. a EntG aufweisen, bestimmt sich die Enteignungsentschädigung nach den Regeln über die Teilenteignung gemäss Art. 19 lit. b EntG. Demnach hat der Enteignete Anspruch auf den Ersatz der Wertdifferenz, die sich zwischen dem Verkehrswert des unbelasteten und jenem des servitutsbelasteten Grundstücks ergibt (vgl. BGE 122 II 246 E. 4 mit Hinweisen). Dabei ist grundsätzlich der ganze Schaden zu berücksichtigen, der aus dem Entzug oder der Beeinträchtigung der den Verkehrswert beeinflussenden Eigenschaften entsteht, die ohne die Enteignung aller Voraussicht nach erhalten geblieben wären (Art. 22 Abs. 2 EntG). Zu vergüten sind daher auch die bloss faktischen Nachteile, die das Restgrundstück infolge der Enteignung erleidet (vgl. BGE 106 Ib 381 E. 2b S. 385). An die Minderwertsentschädigung anzurechnen sind dagegen allfällige Sondervorteile, die dem Enteigneten durch das Unternehmen des Enteigners erwachsen (Art. 22 Abs. 1 EntG).
3.4 Schliesslich vermag auch die Behauptung, dass die Stützmauer mit der Lärmschutzwand aus polizeilichen Gründen, nämlich zur Gefahrenabwehr, errichtet worden sei, die Enteignerin nicht von ihrer Entschädigungspflicht zu entbinden. Zum einen trifft die Behauptung für die Stützmauer nicht zu; diese dient offensichtlich einzig der Abstützung des zweiten Geleises bzw. des dafür aufgeschütteten Bahnkörpers. Im Weiteren ist die Bahnunternehmung nach Art. 7 Abs. 3 EntG und Art. 19 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101) verpflichtet, alle Vorkehren zu treffen, die zur Vermeidung von Gefahren für Personen undBGE 131 II 458 (463) BGE 131 II 458 (464)Sachen erforderlich sind. Für solche Vorkehren steht der Unternehmung das Enteignungsrecht zu (vgl. Art. 4 lit. d und e EntG). Wie gesehen, ist dieses für den Bau der mit dem kantonalen Baurecht unvereinbaren Lärmschutzwand denn auch beansprucht worden. Es kann aber keine Rede davon sein, dass Enteignungen für Schutzvorkehren im Sinne von Art. 7 Abs. 3 EntG und Art. 19 Abs. 1 EBG entschädigungslos geduldet werden müssten und zu Lasten der Enteigneten gingen. Für solche Vorkehren wäre wie bereits erwähnt lediglich dann kein Ersatz zu leisten, wenn die enteignungsbedingte Werteinbusse durch die dem Enteigneten aus dem Unternehmen erwachsenden Sondervorteile völlig aufgewogen würde (vgl. Art. 22 Abs. 1 EntG).
5. Zur Bemessung der Entschädigung für die abgetretene Bodenfläche hat die Eidgenössische Schätzungskommission den relativen Landwert der teilenteigneten Liegenschaft anhand der sog. Lageklassenmethode bestimmt. Ausgehend von einem Neubauwert desBGE 131 II 458 (464) BGE 131 II 458 (465)vierstöckigen Mehrfamilienhauses von Fr. 1'237'500.- und einer Lageklasse von 5,15 (von insgesamt 10 Lageklassen) hat sie den Bodenwert des 234 m2 umfassenden Grundstücks auf 47.47 % bzw. auf Fr. 587'400.- festgelegt. Da es sich beim fraglichen Landstreifen um eine unüberbaubare und für die heutige und künftige Nutzung irrelevante Fläche handle, ist der Quadratmeterpreis von Fr. 2'510.- auf einen Drittel reduziert und schliesslich, nach Abzug der Kosten für die Teilerschliessung, auf Fr. 800.-/m2 abgerundet worden. Den Enteigneten ist somit für die Abtretung der Bodenfläche von 3 m2 eine Entschädigung von insgesamt Fr. 2'400.- zugesprochen worden.
Die Enteignerin rügt die Wahl der Schätzungsmethode, die sich für die Bewertung von Vorgartenland nicht eigne. Da für Bauland in der Stadt Bern der Bauklasse 4 von Preisen in der Höhe von Fr. 1'000.-/m2 auszugehen sei, sei die für die Landabtretung zugesprochene Entschädigung zu hoch. Diese Kritik erscheint als berechtigt.
BGE 131 II 458 (466)Das Bundesgericht hat schon verschiedentlich zur Vorsicht und Sorgfalt bei der Anwendung der Lageklassenmethode gemahnt, da diese - gleich wie etwa die Rückwärtsrechnung - auf nicht mehr durchwegs geltenden Rentabilitätsüberlegungen beruhe und selbst ziffernmässig geringe Differenzen bei den einzelnen Ausgangswerten erhebliche Resultatsstreuungen entstehen liessen (BGE 102 Ib 353 E. 2; BGE 114 Ib 286 E. 7 in fine S. 296; BGE 122 I 168 E. 3a S. 174). Auch nach den unlängst vorgenommenen Überarbeitungen der Lageklassentabellen, mit welchen den rasanten Entwicklungen der Bodenpreise in den achtziger Jahren Rechnung getragen werden sollte, ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung stets sorgfältig zu prüfen, ob diese Schätzungsmethode den Eigenheiten des Enteignungsobjekts gerecht zu werden vermöge oder ob sie allenfalls nur zu einer Grobkontrolle der nach anderen Methoden ermittelten Resultate beizuziehen sei (BGE 128 II 74 E. 5c/bb S. 82).
5.3 Die Schätzungskommission hat den Bodenwert des teilenteigneten Grundstücks nicht anhand des Verhältnisses Landwert/Jahresmietzins oder Landwert/Gebäude-Zeitwert, sondern aufgrund der Lageklassen-Beziehung von Landwert zum Neubauwert der Liegenschaft ermittelt. Sie hat hierzu auf die neuere Fachliteratur verwiesen, nach welcher die Vergangenheit im schweizerischen Immobiliensektor gezeigt habe, dass über eine längere ZeitspanneBGE 131 II 458 (466) BGE 131 II 458 (467)gesehen der Gesamtwert eines jeden Grundstücks steige. Mit dem Gesamtwert bewege sich auch der relative Landwert über einen längeren Zeitraum kontinuierlich aufwärts, etwa im gleichen Verhältnis wie die Baukosten und die Mietzinse. Demgegenüber verlören die Bauten - infolge ihrer wirtschaftlichen und technischen Entwertung - immer mehr an Wert. Steige jedoch im Laufe der Zeit der Gesamtwert einer Liegenschaft und nehme der Zeitwert der Gebäude ab, so müsse zwangsläufig der relative Landwert die Altersentwertung kompensieren; dieser wachse daher sogar stärker an als der Gesamtwert (CANONICA, a.a.O., S. 82, 115; vgl. auch Schätzerhandbuch, Kommentar zu den Tabellen 9 und 10, S. 209 f.)
Dass aber die Preise für Bauland wie für überbautes Land in den letzten fünfzig Jahren angestiegen sind, ändert nichts daran, dass für ältere Wohnbauten in der Regel nicht der selbe Mietertrag erzielt werden kann wie für Neubauten in gleicher Lage. Ein solcher auf die Altersentwertung zurückzuführender Minderertrag schlägt sich im Ertragswert einer Liegenschaft nieder. Würde der Minderwert einer Altbaute wie behauptet durch den relativen Landwert kompensiert, so würde dieser jedenfalls insoweit keinen wirtschaftlichen Nutzen bringen. Ein relativer Landwert(-Teil), der keinen Ertrag abwirft, stünde aber in Widerspruch zum eingangs erwähnten Prinzip und vermöchte auch den Verkehrswert im Sinne von Art. 19 lit. a EntG nicht zu beeinflussen; er könnte höchstens im Falle einer relativ kurz bevorstehenden Neuüberbauung von Bedeutung sein. Es erscheint deshalb zumindest als fraglich, ob bei der enteignungsrechtlichen Schätzung des Gesamt- und des relativen Landwertes einer älteren Mehrfamilienhaus-Parzelle ungeachtet von Mietzins-Mindereinnahmen gleich vorgegangen werden dürfe wie bei der Bewertung einer Neuüberbauung.
5.4 Der relative Landwert kann nach dem Verständnis des Bundesgerichtes den Baulandwert oder absoluten Landwert kaum je übersteigen, es sei denn, das überbaute Grundstück sei "übernutzt" oder es lägen andere aussergewöhnliche Umstände vor. Nun hat die Schätzungskommission für die teilenteignete Liegenschaft aufgrund des Neubauwertes einen Landwert von Fr. 587'000.- für eine Grundstücksfläche von 234 m2 ermittelt, was einem Quadratmeterpreis von Fr. 2'510.- entspricht. Dieser Preis liegt offensichtlich weit über dem, was in den Aussenquartieren der Stadt Bern für Bauland der Bauklasse 4 bezahlt wird, besonders wenn dieses Land - wie hier - an eine Bahnlinie und eine stark befahreneBGE 131 II 458 (467) BGE 131 II 458 (468)Strasse grenzt. Dabei sind die von der Schätzungskommission bei der Bauwertberechnung eingesetzten Zahlen kaum zu beanstanden. Einzig der für Umgebungskosten eingesetzte Pauschalbetrag von Fr. 55'000.-, der für den gegebenen Umschwung von 94 m2 (Grundstücksfläche von 234 m2 minus überbaute Fläche von 140 m2) rund Fr. 585.-/m2 ausmacht, lässt sich angesichts der normalerweise eingesetzten Kosten von Fr. 100.-/m2 bis Fr. 200.-/m2 (vgl. CANONICA, a.a.O., Tabelle 9, S. 147) nicht vertreten. Selbst wenn aber die Berechnung in diesem Punkte korrigiert wird, erscheint der ermittelte Landwert noch als übersetzt. Die Schätzungskommission hat wohl auch aus diesem Grunde den Quadratmeterpreis um zwei Drittel reduziert, was für Land, das zu einer zwar schmalen aber voll genutzten Gartenfläche gehörte und nicht unter einer Baulinie lag, als sehr hoher Abzug gelten kann (vgl. BGE 122 I 168 E. 4b und c; Urteile 1P.743/2000 vom 29. Juni 2000, E. 4 und 1P.195/ 2003 vom 18. Dezember 2003, E. 8).
Die Enteignerin bestreitet den Anspruch der Enteigneten auf eine Entschädigung für Minderwert der Restliegenschaft, begründet dies jedoch einzig mit dem - bereits widerlegten - Argument, dass es an übermässigen Immissionen und daher an einem Enteignungsobjekt fehle; mit der Bemessung des durch das Höherbaurecht verursachten Schadens befasst sich die Beschwerde nicht. DieBGE 131 II 458 (468) BGE 131 II 458 (469)Enteigneten verlangen in ihrer Anschlussbeschwerde eine massive Erhöhung der Minderwertsentschädigung, da auch die bahnbetriebsbedingten Lärm-, Staub- und Erschütterungseinwirkungen abzugelten seien. Auch dieser Einwand ist bereits zurückgewiesen worden (E. 4). Die Höhe der zugesprochenen Minderwertsentschädigung, die von der Schätzungskommission nach den Regeln des Enteignungsgesetzes über den zu berücksichtigenden Schaden und die Vorteilsanrechnung festgesetzt worden ist, ist nicht zu beanstanden. Allerdings darf die im vorliegenden Fall angestellte genaue Berechnung nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei der Entschädigungsbemessung für Vor- und Nachteile, wie sie hier in Frage stehen, weitgehendes Schätzungsermessen besteht und der den Enteigneten verbleibende Schaden auch mit einem Pauschalbetrag hätte ersetzt werden dürfen.
Da Art. 22 Abs. 1 EntG die Anrechnung eines dem Enteigneten entstehenden Sondervorteils nur an die Minderwertsentschädigung (Art. 19 lit. b EntG) zulässt, fällt die von der Enteignerin verlangte Verrechnung mit der Entschädigung für die Landabtretung (Art. 19 lit. a EntG) und der Inkonvenienzentschädigung (Art. 19 lit. c EntG) von vornherein ausser Betracht.
7. Im angefochtenen Entscheid wird die Enteignerin mit Hinweis auf Art. 19bis Abs. 1 EntG zur Verzinsung der zugesprochenen Entschädigungen ab 26. Oktober 1998, dem Datum der Einigungsverhandlung, verpflichtet. Art. 19bis Abs. 1 EntG bestimmt jedoch nicht den Beginn des Zinsenlaufes, sondern setzt den massgeblichen Schätzungszeitpunkt (dies aestimandi) fest. Für die Verzinsung massgebend sind vielmehr die Bestimmungen von Art. 76 Abs. 5, Art. 19bis Abs. 4 und Art. 88 Abs. 1 EntG. Danach ist die Enteignungsentschädigung vom Tage der vorzeitigen Besitzergreifung an zu den üblichen, vom Bundesgericht festgelegten Zinssätzen zu verzinsen (Art. 76 Abs. 5 Satz 3 EntG). Nach der rechtskräftigen Festsetzung der Entschädigung wird der Enteigner, ob eine vorzeitige Besitzergreifung stattgefunden habe oder nicht, nach Ablauf von 20 Tagen säumig und schuldet den gewöhnlichen Verzugszins (Art. 88 Abs. 1 Satz 1 EntG; vgl. Urteile 1E.3/2003 vom 12. August 2003, E. 4 und 1E.11/2003 vom 22. April 2004, E. 6, je mit Hinweisen). Entrichtet der Enteigner im Sinne von Art. 19bis Abs. 2 EntG auf Ersuchen des Enteigneten sofort eine Zahlung in der voraussichtlichen Höhe des Verkehrswertes und erwirbt damit das Eigentum am Enteignungsobjekt (Art. 91 Abs. 1 EntG), so hatBGE 131 II 458 (469) BGE 131 II 458 (470)er den allfälligen Differenzbetrag zwischen geleisteter Zahlung und endgültiger Entschädigung zunächst zu den vom Bundesgericht festgelegten Zinssätzen (Art. 19bis Abs. 4 EntG) und nach Ablauf von 20 Tagen nach rechtskräftiger Festsetzung der Entschädigung zum üblichen Verzugszins zu verzinsen.
Im vorliegenden Verfahren hat der Präsident der Eidgenössischen Schätzungskommission die Enteignerin zur vorzeitigen Besitzergreifung ab 4. Februar 2002 ermächtigt. Die enteignungsrechtlichen Entschädigungen sind daher ab diesem Tag zu den vom Bundesgericht festgelegten Zinssätzen zu verzinsen.BGE 131 II 458 (470)