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Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 2
Erwägung 3
Erwägung 3.4
Erwägung 5
Erwägung 6
Erwägung 7
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
50. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Aufsichtskommission über die Rechts- anwälte sowie Obergericht des Kantons Zug (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
2A.169/2005 vom 24. August 2005
 
 
Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 BGFA; Rechtsanwälte können sich nur in das kantonale Anwaltsregister eines einzigen Kantons eintragen lassen.
 
 
Art. 8 und Art. 9 BV; § 2 Abs. 1 BeurkG/ZG; Eintrag ins kantonale Anwaltsregister und Befugnis zur öffentlichen Beurkundung.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 131 II 639 (640)Rechtsanwalt X. ist im Anwaltsregister des Kantons Zürich eingetragen. Weil die Zürcher Anwaltskanzlei, für welche er tätig ist, die Eröffnung eines Zweigbüros in Zug plant und er offenbar dessen Leitung übernehmen soll, ersuchte er am 22. Juni 2004 zusätzlich um Eintragung in das Anwaltsregister des Kantons Zug; gleichzeitig verlangte er eine Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung. Der Präsident der Zuger Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte lehnte das Begehren am 12. Juli 2004 ab: Die öffentliche Beurkundung sei den im kantonalen Anwaltsregister eingetragenen Rechtsanwälten vorbehalten. In dieses könne nur eingetragen werden, wer nicht bereits in einem anderen kantonalen Anwaltsregister eingetragen sei und seine "Hauptgeschäftsadresse" im Kanton Zug habe (§ 29 Abs. 1 des Zuger Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte). X. erfülle diese Voraussetzungen nicht, da er in Zürich eingetragen sei und weiterhin überwiegend dort tätig sein werde. Der abschlägige Entscheid der Aufsichtskommission wurde vom Obergericht des Kantons Zug auf Beschwerde hin geschützt (Urteil vom 8. Februar 2005).
Hiergegen ist X. am 14. März 2005 an das Bundesgericht gelangt, bei welchem er (in einer einzigen Eingabe) gleichzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde eingereicht hat. Das Bundesgericht weist beide Rechtsmittel ab, soweit auf sie einzutreten ist.
 
I. Verwaltungsgerichtsbeschwerde
 
Erwägung 2
 
2.1 Der Eintrag ins kantonale Anwaltsregister wird durch Art. 4 ff. des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) geregelt. Es handelt sich dabei um Bundesverwaltungsrecht, weshalbBGE 131 II 639 (640) BGE 131 II 639 (641)gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über den Registereintrag - gestützt auf Art. 97 ff. OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG - die eidgenössische Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen steht (BGE 130 II 87 E. 1 S. 90). Der Beschwerdeführer ist zu diesem Rechtsmittel legitimiert, zumal ihm der Eintrag im Anwaltsregister des Kantons Zug verweigert worden ist (Art. 103 lit. a OG).
 
Erwägung 3
 
 
Erwägung 3.4
 
3.4.2 Dabei geht es nicht nur um die Zuständigkeit zur Verfahrensführung als solcher, sondern es käme überhaupt zu einer unerwünschten Komplizierung der Disziplinaraufsicht, wie sich dies etwa am Beispiel von Art. 16 BGFA zeigen lässt. Gemäss dieser Bestimmung hat eine Aufsichtsbehörde, welche ein Disziplinarverfahren gegen einen Rechtsanwalt eröffnet, der nicht im Register ihres Kantons eingetragen ist, die Aufsichtsbehörde jenes Kantons zu informieren, in dessen Register der betroffene Anwalt eingetragen ist (Abs. 1). Beabsichtigt sie in der Folge, eine Disziplinarmassnahme anzuordnen, so räumt sie der Aufsichtsbehörde des "Register-Kantons" die Möglichkeit ein, zum Ergebnis der Untersuchung Stellung zu nehmen (Abs. 2). Dadurch soll einerseits die Aufsichtsbehörde des "Register-Kantons", welcher die Hauptverantwortung für die Beaufsichtigung der bei ihr eingetragenen Anwälte zukommt, über den Verlauf des in einem anderen Kanton geführten Verfahrens ins Bild gesetzt werden. Andererseits wird bezweckt, die Zusammenarbeit unter den Aufsichtsbehörden zu fördern und die Ausbildung einer (möglichst) einheitlichen Praxis zu beschleunigen (vgl. BBl 1999 S. 6059). Die Regelung von Art. 16 BGFA ist darauf ausgerichtet, Disziplinarverfahren interkantonal zwischen zwei Aufsichtsbehörden zu koordinieren, nicht aber eine Mehr- oder gar Vielzahl von Behörden zu involvieren. Müssen in einem Verfahren mehrere ausserkantonale Stellungnahmen eingeholt und berücksichtigt werden, so verlängert und erschwert dies die Entscheidfindung ungebührlich, was offensichtlich nicht im Sinne des eidgenössischen Anwaltsgesetzes ist. So ging der Bundesrat in seiner Botschaft denn auch ausdrücklich von einer einzigen "zur Hauptsache zuständigen" Aufsichtsbehörde aus, die anzuhören sei (BBl 1999 S. 6059). Die dargestellte Problematik erkennt auch der Beschwerdeführer und schlägt deshalb als zusätzliche Eintragungsmerkmale im Register Zusätze wie etwa "Hauptadresse" und "Zweitadresse" vor. Eine derartige Schaffung von Registereinträgen erster und zweiter Ordnung mit unterschiedlichem Gewicht ist jedoch gesetzlich nicht vorgesehen. Sie würde im Übrigen die geschilderten Komplikationen im Rahmen der Disziplinaraufsicht nicht lösen, sondern vielmehr andere schaffen.BGE 131 II 639 (643)
BGE 131 II 639 (644)3.4.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sind denn auch keine sachlichen Gründe ersichtlich, wieso ein Mehrfacheintrag gestattet sein müsste. Die Werbewirkung des kantonalen Anwaltsregisters, welche der Beschwerdeführer diesbezüglich anspricht, wird von ihm selbst an anderer Stelle stark relativiert und der Nutzen eines Mehrfacheintrags als für den betroffenen Rechtsanwalt "oft bedeutungslos" bezeichnet. Sollten aber die Grosskanzleien, welche in mehreren Kantonen gleichzeitig Büros unterhalten, insoweit tatsächlich im Vergleich zur einheimischen Anwaltschaft einen Wettbewerbsnachteil erfahren, so würde dieser Umstand allein die Zulassung eines Mehrfacheintrags nicht als geboten erscheinen lassen. Die Grosskanzleien verfügen nämlich über mannigfaltige andere Vorteile, die es ihnen ohne weiteres ermöglichen, im Wettbewerb mit lokalen Anwaltsbüros zu bestehen. Schliesslich kann es im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf ankommen, dass die Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung im Kanton Zug vom Eintrag im Zuger Anwaltsregister abhängt. Hierbei handelt es sich um ein sachfremdes Argument, das bei der Auslegung der einschlägigen bundesrechtlichen Bestimmungen zum Anwaltsregister keine Berücksichtigung finden kann.
(...)
II. Staatsrechtliche Beschwerde
 
Erwägung 5
 
(...)
 
Erwägung 6
 
6.2 Der Kanton Zug kennt drei Arten von Urkundspersonen mit unterschiedlichen Kompetenzen: die Gemeindeschreiber undBGE 131 II 639 (645) BGE 131 II 639 (646)deren Stellvertreter, den Grundbuchverwalter und dessen Stellvertreter sowie die zur öffentlichen Beurkundung ermächtigten Rechtsanwälte (§ 1 und §§ 4-7 des Zuger Gesetzes über die öffentliche Beurkundung und die Beglaubigung in Zivilsachen; BeurkG). Auf Gesuch hin werden die im kantonalen Anwaltsregister eingetragenen Anwälte von der kantonalen Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte zur Beurkundung ermächtigt, wenn sie das Zuger Anwaltspatent besitzen und im Kanton Zug Wohnsitz haben (§ 2 Abs. 1 BeurkG in der Fassung vom 25. April 2002).
 
Erwägung 7
 
7.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen § 2 Abs. 1 BeurkG und macht geltend, es verstosse sowohl gegen das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 BV; vgl. BGE 123 I 1 E. 6a S. 7) als auch gegen das Willkürverbot (Art. 9 BV; vgl. BGE 127 I 60 E. 5a S. 70), die Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung auf jene Rechtsanwälte zu beschränken, welche im Anwaltsregister des Kantons Zug eingetragen sind; ein Eintrag in irgendeinem kantonalen Anwaltsregister müsse genügen. Der Beschwerdeführer macht damit nicht geltend, das kantonale Recht sei vom Obergericht falsch angewandt worden; er rügt vielmehr, § 2 Abs. 1 BeurkG sei selbst verfassungswidrig. Damit verlangt er eine vorfrageweise Überprüfung von dessen Verfassungsmässigkeit, was im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde zulässig ist (vgl. BGE 129 I 265 E. 2.3 S. 268).
7.3 Den Kantonen kommt bei der Festlegung der Voraussetzungen, unter denen ein Bewerber zur Notariatsausübung zugelassenBGE 131 II 639 (646) BGE 131 II 639 (647)wird, grosse Freiheit zu (Urteil 2P.433/1997 vom 30. Juni 1998, publ. in: ZBGR 81/2000 S. 72, E. 6). Die hier streitige Regelung geht nicht über das hinaus, was unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zulässig ist. Das Bestreben des Kantons, die Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung jenen Rechtsanwälten vorzubehalten, die überwiegend im Kanton selbst tätig und deshalb im Anwaltsregister des Kantons Zug eingetragen sind, lässt sich sachlich begründen (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 128 I 280). Gleiches gilt für die Absicht, die betreffenden Rechtsanwälte generell der primären Aufsicht der Zuger Aufsichtsbehörde zu unterstellen, was mit dem Erfordernis des Registereintrags im Kanton selbst durchaus erreicht wird. Im Übrigen sind der Fall des Beschwerdeführers und die von ihm vorgetragenen - teils etwas gesucht wirkenden - Beispiele (Angestellter eines Unternehmens mit Nebenerwerb als Rechtsanwalt, Zweigbüro einer ausländischen Kanzlei, Verbands- oder Parteisekretär mit Nebenerwerb als Rechtsanwalt, Rechtsanwalt, der nur noch einige Stunden pro Woche arbeitet) im entscheidenden Punkt nicht miteinander vergleichbar: Bei allen genannten Konstellationen wird die Tätigkeit als Rechtsanwalt nur (oder zumindest überwiegend) im Kanton Zug ausgeübt. Damit ist - anders als beim Beschwerdeführer - die hier streitige Voraussetzung für einen Eintrag im Zuger Anwaltsregister erfüllt (vgl. oben E. 3.5). Sobald der Beschwerdeführer ebenfalls überwiegend im Kanton Zug tätig ist, kann er sich, worauf ihn das Obergericht ausdrücklich hingewiesen hat, im dortigen Anwaltsregister eintragen lassen und anschliessend um Ermächtigung zur öffentlichen Beurkundung ersuchen.