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BGE 135 II 384 - Rhesusaffen I


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 2
Erwägung 4
Erwägung 5
Erwägung 7
Erwägung 8
Erwägung 9
Erwägung 10
Erwägung 11
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
24. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. SWICO und Mitb. gegen ProLitteris und Mitb. sowie Eid-genössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
2A.53/2006 etc. vom 19. Juni 2007
 
 
Regeste
 
Art. 19, 20, 46, 60 und 74 URG; Genehmigung des Gemeinsamen Tarifs 4d (Vergütung auf digitalen Speichermedien wie Microchips oder Harddiscs in Audio- und audiovisuellen Aufnahmegeräten).
 
Kognition des Bundesgerichts (E. 4 und 8.2-8.4).
 
Handelt es sich bei den Konsumentenschutzorganisationen um massgebende Nutzerverbände, die in die Tarifverhandlungen einzubeziehen sind (E. 5)?
 
Gesetzliche Grundlage für eine urheberrechtliche Vergütung durch einen Gemeinsamen Tarif für dauerhaft in einem Aufnahmegerät eingebaute Speicher sowie austauschbare Speicher- oder Chipkarten (E. 7).
 
Grundsatz der Angemessenheit eines Tarifs (E. 8.1).
 
Überprüfung der Angemessenheit des Gemeinsamen Tarifs 4d (E. 9 und 10).
 
Inkraftsetzung und Geltungsdauer des Gemeinsamen Tarifs 4d (E. 11).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 133 II 263 (264)Am 30. September 2004 bzw. 30. September 2005 unterbreiteten die fünf Verwertungsgesellschaften ProLitteris, Société suisse des auteurs, Schweizerische Gesellschaft für die Rechte der Urheber musikalischer Werke (SUISA), Suissimage und Swissperform unter der Federführung der SUISA der Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (nachfolgend: Schiedskommission) einen neuen Gemeinsamen Tarif 4d in der Fassung vom 27. September 2004 zur Genehmigung. Der neue Tarif sieht eine Vergütung auf digitalen Speichermedien wie Microchips oder Harddiscs und ähnlichen digitalen Leerträgern für das private Kopieren von Werken und Leistungen mit reinen Tonaufnahmegeräten und kombinierten audiovisuellen Aufnahmegeräten vor. Die Verwertungsgesellschaften gaben an, mit dem Dachverband der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer (DUN), dem Schweizerischen Wirtschaftsverband der Informations-, Kommunikations- und Organisationstechnik (SWICO) sowie dem Verband der Schweizer Unternehmen (economiesuisse) Tarifverhandlungen geführt zu haben, die jedoch erfolglos geblieben seien.
Der vorgesehene Gemeinsame Tarif 4d (Vergütung auf digitalen Speichermedien wie Microchips oder Harddiscs in Audio- und audiovisuellen Aufnahmegeräten) lautete auszugsweise wie folgt:BGE 133 II 263 (264)
    BGE 133 II 263 (265)"1. Gegenstand des Tarifs
    1.1 Der Tarif bezieht sich auf die nach Art. 20, Abs. 3, des schweizerischen bzw. nach Art. 23, Abs. 3, des liechtensteinischen Urheberrechtsgesetzes vorgesehene Vergütung für das private Kopieren von Werken und Leistungen, die durch Urheberrecht oder verwandte Schutzrechte geschützt sind, auf Microchips, Harddiscs und ähnliche digitale Datenträger (nachstehend "privates Kopieren" auf "Leer-Datenträger" genannt). Als solche gelten nach diesem Tarif alle Arten von Chipkarten und Festplattenspeicher, die
    - in Audioaufnahmegeräten (z.B. mp3-Walkman, mp3-Jukebox, iPod, Audio-Harddiscrecorder), oder
    - in Videoaufnahmegeräten (z.B. Satelliten-Receiver mit eingebauter Harddisc, Set-Top-Boxen mit eingebauter Harddisc, TV-Geräten mit eingebauter Harddisc, DVD-Recorder mit eingebauter Harddisc) enthalten sind, oder zusammen mit solchen Geräten an Konsumenten abgegeben werden.
    Als Audio-/Videoaufzeichnungsgeräte im Sinne dieses Tarifs gelten jene Geräte mit Aufzeichnungsfunktion, die hauptsächlich für das Aufzeichnen und Abspielen geschützter Werke und Leistungen angeboten werden.
    1.2 Nicht unter diesen Tarif fallen Werkverwendungen zum Eigengebrauch nach Art. 20, Abs. 2, des schweizerischen bzw. Art. 23, Abs. 2, des liechtensteinischen Urheberrechtsgesetzes.
    1.3 Nicht in diesem Tarif geregelt ist das private Kopieren auf andere Leer-Tonträger oder Leer-Tonbildträger wie leere Audio- und Videokassetten, Minidisc, DAT, CD-R/RW Audio, CD-R data und bespielbare DVD. Die Vergütung für das private Überspielen auf solche Leerträger ist in anderen Tarifen geregelt.
    1.4 Dieser Tarif ist nicht anwendbar auf in Personalcomputer eingebaute Festplatten.
    2. Hersteller und Importeure
    2.1 Der Tarif richtet sich an Hersteller und Importeure von Leer-Datenträgern.
    2.2 Als Hersteller und Importeur gilt, wer diese Datenträger in ihrer handelsüblichen Form dem Handel in der Schweiz oder im Fürstentum Liechtenstein anbietet.
    2.3 Unter diesen Tarif fallen auch bespielte Datenträger, sofern sie im Hinblick auf eine Verwendung als Datenträger für privates Kopieren angeboten werden.
    (...)
    4. Vergütung
    Die Vergütung beträgt:
    BGE 133 II 263 (265) BGE 133 II 263 (266)4.1 für Chipkarten (...)
    4.2 für Harddisc in Audio-Aufnahmegeräten: (...)
    4.3 für Harddisc in Audiovisions-Aufnahmegeräten: (...)
    4.4 Alle Vergütungen werden im Verhältnis 3:1 zwischen den Inhabern von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten aufgeteilt.
    4.5 Die Vergütung wird verdoppelt für Leer-Datenträger, die der SUISA nicht gemäss den Bestimmungen dieses Tarifs gemeldet werden.
    4.6 Alle Vergütungen verstehen sich ohne eine allfällige MWST, die zum jeweils aktuellen Steuersatz hinzukommt.
    5. Massgebender Zeitpunkt für das Entstehen der Vergütungspflicht
    5.1 Für den Importeur: mit dem Import in die Schweiz.
    5.2 Für den Hersteller: mit der Auslieferung aus seinem Werk oder aus seinen eigenen Lagern.
    (...)
    9. Gültigkeitsdauer
    9.1 Dieser Tarif tritt mit der Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt in Kraft und gilt für alle ab dem 1. Mai 2005 von den Importeuren oder Herstellern an den Detailhandel oder direkt an den Konsumenten verkauften Leer-Datenträger. Er gilt bis zum 31. Dezember 2007.
    9.2 Bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse kann er vorzeitig revidiert werden."
Das Präsidium der Schiedskommission holte dazu in der Folge Stellungnahmen der bereits beteiligten Nutzerverbände sowie neu von vier Konsumentenschutzorganisationen von regionaler und nationaler Bedeutung (Konsumentenforum [kf], Stiftung für Konsumentenschutz [SKS], Fédération romande des consommateurs [FRC] und Associazione consumatrici della Svizzera italiana [acsi]) ein. Überdies wurde der Preisüberwacher konsultiert.
Mit Beschluss vom 17. Januar 2006 traf die Schiedskommission den folgenden (hier auszugsweise wiedergegebenen) Entscheid (dessen Begründung in sic! 1/2007 S. 21 ff. teilweise publiziert wurde):
    "1. Die Konsumentenschutzorganisationen (Associazione Consumatrici della Svizzera Italiana, Fédération romande des consommateurs, Konsumentenforum, Stiftung für Konsumentenschutz) sind keine massgebenden Nutzerverbände gemäss Art. 46 Abs. 2 URG und es kommt ihnen in diesem Verfahren somit keine Parteistellung zu.
    2. Der Gemeinsame Tarif 4d (Vergütung auf digitalen Speichermedien wie Microchips oder Harddiscs in Audio- und audiovisuellen Aufnahmegeräten) wird in der Fassung vom 28. September 2005 mit den folgendenBGE 133 II 263 (266)
    BGE 133 II 263 (267)Änderungen mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 31. Dezember 2007 genehmigt:
    a) Ziff. 1.1 Abs.1:
    (...)
    - in Audioaufnahmegeräten, namentlich mp3-Walkman, mp3-Jukebox (sowie solche mit entsprechenden Kompressionsverfahren), iPod, Audio-Harddiscrecorder oder
    - in Videoaufnahmegeräten, namentlich Satelliten-Receiver mit eingebauter Harddisc, Set-Top-Boxen mit eingebauter Harddisc, TV-Geräte mit eingebauter Harddisc, DVD-Recorder mit eingebauter Harddisc, Digital Video Recorder (DVR) und Personal Video Recorder (PVR) mit eingebauter Harddisc
    (...)
    b) Ziff. 1.1 neuer Absatz:
    Die Verwertungsgesellschaften erstellen in Zusammenarbeit mit den Verbänden von Herstellern und Importeuren ein Verzeichnis dieser Kategorien von Trägern.
    c) Ziff. 4.1 für Chipkarten
    - mit weniger als 512 Megabyte (MB) Speicherkapazität Fr. 0.0253 pro MB
    - mit weniger als 1 Gigabyte Speicherkapazität Fr. 0.0178 pro MB
    - mit 1 aber weniger als 2 Gigabyte Speicherkapazität Fr. 0.0145 pro MB
    - mit 2 aber weniger als 4 Gigabyte Speicherkapazität Fr. 0.0078 pro MB
    - mit 4 und mehr Gigabyte Speicherkapazität Fr. 0.00467 pro MB
    Ziff. 4.2 für Harddisc in Audio-Aufnahmegeräten:
    pro 1 Gigabyte Speicherkapazität Fr. 0.469
    Ziff. 4.3 für Harddisc in Audiovisions-Aufnahmegeräten:
    pro 1 Gigabyte Speicherkapazität Fr. 0.346
    d) Ziff. 9.1:
    Dieser Tarif tritt am 1. März 2006 in Kraft und gilt für alle ab diesem Zeitpunkt von den Importeuren oder Herstellern an den Detailhandel oder direkt an den Konsumenten verkauften Leer-Datenträger. Er gilt bis zum 31. Dezember 2007.
    (...)"
Gegen diesen Beschluss der Schiedskommission gingen verschiedene Verwaltungsgerichtsbeschwerden beim Bundesgericht ein.BGE 133 II 263 (267)
BGE 133 II 263 (268)Am 27. Januar 2006 bzw. 1. Juni 2006 reichte der Schweizerische Wirtschaftsverband der Informations-, Kommunikations- und Organisationstechnik (SWICO) Beschwerde ein mit dem Antrag, den Tarifgenehmigungsbeschluss aufzuheben und den beantragten Tarif zur Fortsetzung der Verhandlungen zurückzuweisen, eventuell ihn nicht zu genehmigen, subeventuell den Tarif lediglich mit bestimmten Änderungen (Senkung einzelner Tarifposten) zu genehmigen (Verfahren 2A.53/2006 und 2A.338/2006). Mit Eingabe vom 1. Juni 2006 erhob auch der Dachverband der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer (DUN) mit analogen Anträgen Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht (Verfahren 2A.336/2006). In ihren Stellungnahmen in der Sache schliessen sich die übrigen Nutzerorganisationen jeweils den Anträgen der beschwerdeführenden Organisation im Wesentlichen an. Die Verwertungsgesellschaften beantragen in gemeinsamen Eingaben, auf die Rückweisungsbegehren sei nicht einzutreten, eventuell seien sie abzuweisen; im Übrigen seien die Beschwerden abzuweisen. Die Schiedskommission hat in allen Verfahren auf eine Vernehmlassung in der Sache verzichtet.
Am 30. Mai 2006 reichten auch die Verwertungsgesellschaften in einer gemeinsamen Eingabe Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht gegen den Beschluss der Schiedskommission vom 17. Januar 2006 ein (Verfahren 2A.322/2006). Sie beantragen, die Beschwerde gutzuheissen und den strittigen Tarif lediglich mit bestimmten Änderungen (Erhöhung einzelner Tarifposten) zu genehmigen. Economiesuisse, der Schweizerische Wirtschaftsverband der Informations-, Kommunikations- und Organisationstechnik (SWICO) sowie der Dachverband der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer (DUN) schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Die Schiedskommission hat wiederum auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Schliesslich führen auch die vier Konsumentenschutzorganisationen Fédération romande des consommateurs (FRC), Konsumentenforum (kf), Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) und Associazione consumatrici della Svizzera italiana (acsi) Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht gegen den Beschluss der Schiedskommission vom 17. Januar 2006 (Verfahren 2A.337/2006). Sie beantragen Eintreten auf ihre Beschwerde und Aufhebung des angefochtenen Entscheids. In einer gemeinsamen Stellungnahme beantragen die Verwertungsgesellschaften, auf die neu eingereichten Beweismittel sei nicht einzutreten und die Beschwerde gegen Ziffer 1 des Beschlusses der Schiedskommission (Verweigerung der ParteistellungBGE 133 II 263 (268) BGE 133 II 263 (269)für die Konsumentenschutzorganisationen im Genehmigungsverfahren) sei abzuweisen. Sodann sei auf die Beschwerde insoweit nicht einzutreten, sie eventuell abzuweisen, als sie sich gegen Ziffer 2 des angefochtenen Entscheides (d.h. gegen die Tarifgenehmigung) richte.
Mit verschiedenen Verfügungen erteilte der Abteilungspräsident allen Beschwerden mit Ausnahme derjenigen der Verwertungsgesellschaften jeweils antragsgemäss die aufschiebende Wirkung.
 
 
Erwägung 2
 
(...)
 
Erwägung 4
 
 
Erwägung 5
 
5.2 Im Unterschied zur Ausgangslage bei anderen Tarifen wird der hier für die Leerträgertarife massgebliche Eigengebrauch nach Art. 19 Abs. 1 lit. a URG unmittelbar vom Endverbraucher ("Konsumenten") vorgenommen. Der Gesetzgeber erklärte aber in Art. 20 Abs. 3 URG den Importeur oder Hersteller zum Schuldner der Vergütung. Diese Schuldnerverpflichtung führt konsequenterweise dazu, dass die Hersteller und Importeure bzw. deren repräsentative Verbände in Anwendung von Art. 46 Abs. 2 URG als Verhandlungspartner für die Bestimmung der Tarife beigezogen werden müssen. Sie erscheinen grundsätzlich auch geeigneter als reine Konsumentenschutzorganisationen, die den Werknutzern obliegende Pflicht zu erfüllen, bei den Verhandlungen alle Angaben und Zahlen zu unterbreiten, die erst die Überprüfung der Angemessenheit eines Tarifs erlauben (vgl. Art. 60 Abs. 1 URG in Verbindung mit Art. 51 URG sowie das Urteil des Bundesgerichts 2A.539/1996 vom 20. Juni 1997, E. 6b, publ. in: sic! 1/1998 S. 33 ff.). Immerhin werden die für die Vergütung anfallenden Kosten regelmässig auf die Endverbraucher überwälzt, weshalb es nicht ausgeschlossen ist, auch repräsentative Konsumentenschutzorganisationen als Verhandlungspartner anzuerkennen. Das Bundesgericht hat denn auch bereits festgehalten, Nutzer im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. a URG seien die Verbraucher, die Leerträger (damals: Leerkassetten) für ihren eigenen Gebrauch kaufen und bespielen; dass es einen repräsentativen Verband der privaten Nutzer von Leerträgern (damals: Leerkassetten) gebe, der zur erforderlichen Interessenvertretung geeignet erscheine, sei jedoch nicht bekannt (Urteil 2A.142/1994 vom 24. März 1995, E. 1b/cc). An dieser Einschätzung ist grundsätzlich festzuhalten: Es ist nicht ersichtlich, weshalb repräsentative Konsumentenschutzorganisationen von vornherein nicht als Verhandlungspartner mit eigenen Parteirechten nach Art. 46 Abs. 2 URG in Frage kommen sollten. Voraussetzung wäre indessen, dass ihre Repräsentativität für den in Frage stehenden Tarif belegt ist.
5.3 Nach der Feststellung der Schiedskommission haben diejenigen Konsumentenschutzorganisationen, die im vorliegenden Verfahren eine Stellungnahme einreichten, es unterlassen, ihre Repräsentativität zu belegen bzw. insbesondere ihre Statuten einzureichen. Es lasse sich daher nicht beurteilen, inwiefern sie bzw. ihreBGE 133 II 263 (271) BGE 133 II 263 (272)Mitglieder durch den strittigen Tarif besonders betroffen seien und inwiefern es zu ihren statutarischen Aufgaben gehöre, die Interessen von Urheberrechtsnutzern in fraglicher Hinsicht zu vertreten. Der allgemeine Anspruch, Konsumenteninteressen zu verfolgen, rechtfertige für sich allein eine Teilnahme an (auf spezifische Produkte ausgerichtete) Tarifverhandlungen noch nicht.
5.4 Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht im Tarifgenehmigungsverfahren eine im Vergleich zum gewöhnlichen Verwaltungsverfahren erhöhte Mitwirkungspflicht der Parteien (Urteil 2A.142/1994 vom 24. März 1995, E. 8d). Dies muss auch für diejenigen Organisationen gelten, die für sich eine Parteistellung in Anspruch nehmen wollen. Die Frage des allfälligen Einbezugs von Konsumentenschutzorganisationen in das urheberrechtliche Tarifgenehmigungsverfahren ist nicht neu. Namentlich weist die Schiedskommission im angefochtenen Entscheid darauf hin, sich bereits im Jahre 2002 bei der Genehmigung der Gemeinsamen Tarife GT 4b und GT 4c damit befasst zu haben. Unter diesen Umständen oblag es in erster Linie den Konsumentenschutzorganisationen selbst, ihre Repräsentativität zu belegen, und war es nicht Aufgabe der Schiedskommission, hierzu von Amtes wegen die erforderlichen Abklärungen vorzunehmen. Die Konsumentenschutzorganisationen haben die einschlägigen Unterlagen bei der Vorinstanz indessen nicht eingereicht. Dies lässt sich auch nicht vor Bundesgericht nachholen, da es sich bei der Schiedskommission um eine gerichtliche Instanz handelt, die Abklärungen nicht von Amtes wegen zu treffen waren und keine wesentlichen Verfahrensvorschriften verletzt wurden. Die entsprechenden vor Bundesgericht nachgereichten Unterlagen erweisen sich demnach als unzulässige neue Beweismittel und sind aus dem Recht zu weisen (vgl. E. 4.2). Zwar kann es als notorisch gelten, dass die betreffenden Organisationen in allgemeiner Weise Konsumenteninteressen vertreten. Dass sie aber auch konkret im hier fraglichen Zusammenhang repräsentativ sind, wurde vor der Vorinstanz nicht belegt. Unter diesen Umständen verletzt es Bundesrecht nicht, dass die Schiedskommission den vier Konsumentenschutzorganisationen im vorliegenden Verfahren die Parteistellung abgesprochen hat. Deren Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher insoweit abzuweisen.
5.5 Daraus ergibt sich auch, dass die Konsumentenschutzorganisationen nicht legitimiert sind, den Tarifgenehmigungsentscheid derBGE 133 II 263 (272) BGE 133 II 263 (273)Schiedskommission in der Sache anzufechten, weshalb insofern auf ihre Beschwerde nicht eingetreten werden kann.
(...)
 
Erwägung 7
 
Die beteiligten Nutzerverbände bestreiten, dass Art. 20 Abs. 3 URG eine genügende gesetzliche Grundlage für den GT 4d darstellt, und zwar sowohl hinsichtlich der dauerhaft in einem Aufnahmegerät eingebauten Speicher (so genannte "Harddiscs") als auch der austauschbaren Speicher- oder Chipkarten (so genannte "Flash Memories"). Nach ihrer Auffassung stellt der fragliche Tarif eine verkappte Geräteabgabe dar bzw. enthält er zumindest Elemente einer solchen. Eine Gerätevergütung sehe das Gesetz aber gerade nicht vor und dürfe nur durch eine Gesetzesrevision eingeführt werden.
BGE 133 II 263 (274)7.2.2 Mit der ausdrücklichen Beschränkung der Leerträgervergütung auf geeignete Träger wollte der Gesetzgeber einzig Tonträger von der Abgabe ausschliessen, die nicht für Werkverwendungen bestimmt sind. Im Übrigen war die gesetzliche Regelung zwar von der - damals vorrangigen - Frage der Leerkassetten geleitet, im Parlament wurde aber auf mögliche neue digitale Speichermedien hingewiesen (vgl. AB 1992 N S. 41 f.). Wie die Schiedskommission zu Recht erwägt, wollte der Gesetzgeber solche technischen Änderungen offenbar nicht von der Vergütungspflicht ausschliessen, hätte er doch sonst nicht eine derart offene gesetzliche Bestimmung zu erlassen brauchen. Erfasst werden somit Träger, die wegen des ihnen zugedachten Nutzungszwecks und ihrer Aufzeichnungs- oder Wiedergabeeigenschaften für die Aufzeichnung geschützter Werke bestimmt sind und wahrscheinlich dafür verwendet werden (CHRISTOPH GASSER, Der Eigengebrauch im Urheberrecht, Bern 1997, S. 166 f.). Dazu zählen auch neue digitale Speichermedien (vgl. GASSER, a.a.O., S. 168).
7.3 Damit fallen solche neuen digitalen Speichermedien, die zusammen mit einem Aufnahmegerät bzw. für einen entsprechenden Einsatz angeboten werden, grundsätzlich unter den Begriff der Leerträger nach Art. 20 Abs. 3 URG. Zu prüfen bleibt, ob allenfalls zwischen auswechselbaren Flash Memories oder Speicherchips und festBGE 133 II 263 (274) BGE 133 II 263 (275)eingebauten Speichern (Harddiscs) zu unterscheiden ist. Der im Gesetz ausdrücklich erwähnte Fall der Leerkassetten könnte nämlich allenfalls nahelegen, nur solche Speicher als abgabebelastete Leerträger anzuerkennen, die vom Lesegerät abgelöst und gegebenenfalls wiederum in einem anderen Lesegerät eingesetzt werden können. In der Literatur werden denn auch teilweise lediglich solche auswechselbare Trägersysteme (wie Ton- und Videokassetten, Tonbänder, compact discs und DVD) als Beispiele für die Vergütungspflicht aufgeführt (vgl. etwa DENIS BARRELET/WILLI EGLOFF, Das neue Urheberrecht, 2. Aufl., Bern 2000, N. 10 zu Art. 20 URG). Allerdings hinkt auch das Schrifttum der technologischen Entwicklung zwangsläufig hinterher.
7.3.1 Im Jahr 2004 lehnte der Ständerat eine Motion zur Einführung einer Vergütung für Geräte mit eingebauten Speichern ab, nachdem sie zuvor vom Nationalrat angenommen worden war (AB 2004 N S. 1224 und 2005 S S. 835 f.). Nach entsprechendem Widerstand in der Vernehmlassung sah in der Folge auch der Bundesrat von der Einführung einer allgemeinen Geräteabgabe ab (BBl 2006 S. 3389 ff., insb. S. 3406). Einerseits wird dazu in der Literatur ausgeführt, damit würden unter anderem die (hier interessierenden) MP3-Geräte anvisiert (so wohl IVAN CHERPILLOD, Schranken des Urheberrechts, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. II/1, 2. Aufl., Bern/Genf/München 2006, S. 283 Anm. 84). Andererseits fällt auf, dass selbst der Dachverband der Urheber- und Nachbarrechtsnutzer (DUN) die Geräteabgabe unter anderem mit dem Argument bekämpfte, dass das Vervielfältigen von Werken zum Eigengebrauch bereits heute über ein Vergütungssystem entschädigt werde, das sowohl im analogen als auch im digitalen Bereich zur Anwendung komme (vgl. BBl 2006 S. 3405). Zu beachten ist denn auch, dass sich die Geräteabgabe vor allem auf grössere Speichermedien wie Festplatten in Personal Computern bezogen hätte. Solche Speichermedien werden in der Regel nur nebenbei auch für das Kopieren geschützter Werke verwendet und dienen in erster Linie anderen Nutzungen (wie der Verwendung von Schreib-, Mail- und Internetprogrammen oder Computerspielen). Der Verzicht auf eine allgemeine Geräteabgabe kann daher nicht bedeuten, dass davon potentiell miterfasste kleinere Speichermedien, wie sie etwa in MP3-Geräten zum Einsatz gelangen und deren Zweck in erster Linie das Kopieren von Ton- und Tonbildwerken darstellt, von vornherein nach dem bisherigen System der LeerträgerabgabeBGE 133 II 263 (275) BGE 133 II 263 (276)von einer Vergütung nach Art. 20 Abs. 3 URG ausgenommen sind, solange es keine Geräteabgabe gibt.
 
Erwägung 8
 
BGE 133 II 263 (278)8.2 Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei den in Art. 60 URG genannten Kriterien um verbindliche Vorgaben für die Schiedskommission und nicht um blosse Ermessensrichtlinien. Dabei ist davon auszugehen, dass Art. 60 URG unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, deren Auslegung und Anwendung grundsätzlich vom Bundesgericht überprüft werden können. Allerdings auferlegt sich das Bundesgericht, auch soweit Rechtsfragen streitig sind, bei der Überprüfung von Entscheiden spezialisierter Behörden eine gewisse Zurückhaltung, wenn besondere fachtechnische Fragen anstehen (vgl. etwa BGE 132 II 257 E. 3.2 S. 262 f.; BGE 131 II 13 E. 3.4 S. 20; BGE 126 II 111 E. 3b; BGE 125 II 591 E. 8a S. 604). Der Gesetzgeber hat die Beurteilung der Tarife einem besonders sachkundigen Gremium, der Schiedskommission, übertragen, in der sowohl die Urheber als auch die Werknutzer vertreten sind. Die von Art. 60 URG vorgegebenen Kriterien sind zum Teil sehr offen formuliert und lassen der Schiedskommission bei ihrer Anwendung und Gewichtung einen grossen Beurteilungsspielraum. Dieser ist auch vom Bundesgericht zu respektieren: Es muss zwar im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überprüfen, ob die in Art. 60 URG genannten Kriterien von der Schiedskommission richtig ausgelegt und in ihrem Entscheid berücksichtigt wurden; dagegen ist die Prüfungsdichte einzuschränken, soweit es um die nur beschränkt justiziable Frage geht, wie diese Faktoren im konkreten Fall zu gewichten sind und sich zahlenmässig auf den zu genehmigenden Tarif auswirken. Im Ergebnis läuft dies, wie bei Vorliegen eines Ermessensspielraums, auf die Frage hinaus, ob die Schiedskommission ihren Beurteilungsspielraum überschritten oder missbraucht hat (Urteil 2A.142/1994 vom 24. März 1995, E. 2b).
BGE 133 II 263 (278)
BGE 133 II 263 (279)8.4 Das Bundesgericht hat schon im Leerkassetten-Entscheid (Urteil 2A.142/1994 vom 24. März 1995, insb. E. 5 ff.) die damals von der Schiedskommission verwendete Methode zur Bestimmung des Gemeinsamen Tarifs in Anwendung von Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 60 URG geprüft und grundsätzlich für zulässig und insbesondere gesetzmässig erklärt. Im vorliegenden Zusammenhang hat sich die Schiedskommission erneut weitgehend auf die gleiche Methode abgestützt. Was die Parteien dagegen einwenden, ist nur dahingehend zu prüfen, ob die Schiedskommission das ihr bei der Festlegung des Tarifs zustehende Ermessen und den entsprechenden Beurteilungsspielraum überschritten oder missbraucht hat. Dabei ist nicht auf alle Details einzugehen, sondern es genügt, das methodische Vorgehen der Vorinstanz in grundsätzlicher Weise unter Berücksichtigung der hauptsächlichen Kritikpunkte zu prüfen.
 
Erwägung 9
 
9.2 Die Nutzerorganisationen beanstanden, wie die Schiedskommission die Speichereinheit bei den Festplatten definierte und gestützt darauf den massgeblichen Preis bestimmte. Entscheidend sind dafür jedoch, wovon die Vorinstanz zu Recht ausgeht, die Blickwinkel des Konsumenten und des Händlers. Danach wird als Speichereinheit verstanden, was zwecks Speicherfunktion im Handel erhältlich und gekauft bzw. ausgetauscht wird. Eine Aufteilung in reinesBGE 133 II 263 (279) BGE 133 II 263 (280)Speichermaterial und ergänzende Bestandteile, wie dies die Nutzerorganisationen vorziehen würden, erscheint wenig sinnvoll; dies entspricht nämlich nicht dem Angebot im Handel, wo die Speichereinheit bereits aus technischen Gründen, weil der normale Konsument die einzelnen aufgespaltenen Bestandteile gar nicht nutzen könnte, als Ganzes vermarktet wird.
BGE 133 II 263 (281)9.5 Die Nutzerorganisationen stossen sich auch an den von der Schiedskommission vorgenommenen Quervergleichen. Sie erachten solche zwar grundsätzlich als sinnvoll, halten insbesondere aber einen Vergleich des vorliegenden, für digitale Speichermedien geltenden Tarifs GT 4d mit dem für analoge Videokassetten geltenden GT 4a für fragwürdig. Einzig zulässig sei ein Vergleich mit anderen für digitale Speichermedien festgelegten Vergütungssätzen (wie die Gemeinsamen Tarife GT 4b und GT 4c). Die Vorinstanz hat vorliegend indessen eine breit abgestützte mehrfache Gegenüberstellung verschiedener Tarife vorgenommen. Dabei stellte sie vornehmlich auf einen Vergleich mit wiederbeschreibbaren Trägern ab, wie sie vom hier interessierenden Vergütungssatz erfasst werden. Überdies hat die Schiedskommission die Unterschiede detailliert herausgearbeitet und dargelegt, wie sie sich begründen lassen. Das Vorgehen der Vorinstanz ist nachvollziehbar. Was die Nutzerorganisationen dagegen vorbringen, belegt die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Tarifs nicht. Auch ein Vergleich mit ausländischen Tarifen erscheint nicht unzulässig (Urteil des Bundesgerichts 2A.142/1994 vom 24. März 1995, E. 11d und e).
9.7 Was die Nutzerorganisationen vorbringen, ist insgesamt somit nicht geeignet, das methodische Vorgehen der SchiedskommissionBGE 133 II 263 (281) BGE 133 II 263 (282)in Frage zu stellen. Diese hat ihr entsprechendes Ermessen und ihren Beurteilungsspielraum weder überschritten noch missbraucht, weshalb sich der angefochtene Tarif insofern als angemessen im Sinne des Gesetzes und daher nicht als bundesrechtswidrig erweist.
 
Erwägung 10
 
Überhaupt ist strittig, ob bei legalen Downloads ein Privatgebrauch nach Art. 19 Abs. 1 lit. a URG vorliegt, nachdem die Werknutzung ja im Einverständnis des Urhebers und nicht aufgrund einer gesetzlichen Lizenz erfolgt, wobei immerhin insofern eine gewisse Parallele zum Kauf einer bespielten Compact Disc besteht. Wie es sich damit verhält, kann aber offenbleiben. Jedenfalls handelt es sich beim Herunterladen über Digital Rights Management-Systeme um einen urheber- bzw. verwertungsrechtlich eigenständig zu beurteilenden Vorgang. Dabei geniesst bei solchen legalen Downloads die individuelle Verwertung gegenüber der kollektiven Vorrang. Die Rechteinhaber werden bereits über die individuelle Verwertungskette, d.h. über die Gebühr, die für das Herunterladen zu begleichen ist, vollständig abgegolten. Diese enthält auch die Vergütung für eine bestimmte Anzahl von Folgekopien, bzw. es steht den Rechteinhabern und ihren Verwertungsgesellschaften sowie den Online-Anbietern frei, entsprechende Regelungen zu treffen. Insgesamt rechtfertigt sich eine zusätzliche Entschädigung daher nicht. Das parallele Bestehen von individuellen und kollektiven Verwertungssystemen erscheint im Übrigen auch durchaus angebracht und dürfte noch einige Zeit sinnvoll bleiben (vgl. GOVONI/STEBLER, a.a.O., S. 418 f.).BGE 133 II 263 (287)
 
Erwägung 11