21. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Verkehrssicherheitszentrum OW/NW (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
1C_621/2019 vom 23. April 2020 | |
Regeste | |
Art. 15a Abs. 4 SVG; Verfall des Führerausweises auf Probe.
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Sachverhalt | |
A. Der 1998 geborene A. ist Inhaber eines Führerausweises auf Probe. Am 8. Juni 2018 verursachte er einen Verkehrsunfall, als er beim Rückwärtsfahren eine korrekt entgegenkommende Fahrradfahrerin übersah und mit dieser kollidierte. Am 27. Juni 2018 teilte ihm das Verkehrssicherheitszentrum OW/NW mit, es werde die Einleitung eines Administrativverfahrens geprüft; das Verfahren werde jedoch bis zum Abschluss des Strafverfahrens sistiert.
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Am 8. September 2018 verursachte A. als Fahrzeugführer eines militärischen Fahrzeugs wegen nicht angepasster Geschwindigkeit einen Selbstunfall, wobei drei seiner fünf Mitfahrer leichte Verletzungen erlitten. Daraufhin annullierte das Verkehrssicherheitszentrum OW/ NW mit Verfügung vom 14. Januar 2019 und Einspracheentscheid vom 14. März 2019 den Führerausweis auf Probe.
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B. Die von A. hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 30. September 2019 ab.
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A., das Verkehrssicherheitszentrum OW/NW sei unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides anzuweisen, ihm den Führerausweis auf Probe wieder zu erteilen.
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Das Verkehrssicherheitszentrum OW/NW und das Bundesamt für Strassen ASTRA schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
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(Zusammenfassung)
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Aus den Erwägungen:
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3.2 Der vorerst nur probeweisen Erteilung des Führerausweises liegt der Gedanke zugrunde, dass sich Neulenker (sog. "Neuerwerber") während einer dreijährigen Probezeit in der Fahrpraxis bewähren sollen, bevor ihnen der (unbefristete) Führerausweis definitiv erteilt wird. Während der Probezeit soll sich der Neulenker durch einwandfreies und klagloses Fahrverhalten im Verkehr ausweisen. Verstösse gegen Verkehrsregeln lösen deshalb nicht nur die gegen Inhaber des unbefristeten Führerausweises vorgesehenen Strafsanktionen und Administrativmassnahmen aus. Gleichzeitig erschweren sie während der Probezeit die Erlangung des unbefristeten Ausweises. Besteht der Neulenker die Probezeit nicht, kann er frühestens ein Jahr nach der zweiten Widerhandlung mit Ausweisentzug (und nach erfolgter verkehrspsychologischer Abklärung der Fahreignung) einen neuen Lernfahrausweis (und nach Bestehen der Führerprüfung einen neuen Führerausweis auf Probe) beantragen. Das neu eingeführte administrativmassnahmenrechtliche Instrument dient (ergänzend zur Verschärfung der Warnungsentzüge) der strengeren Ahndung und Prävention von SVG-Widerhandlungen durch Neulenker und damit der Erhöhung der Verkehrssicherheit (BGE 136 I 345 E. 6.1 S. 348 f. mit Hinweisen; BGE 136 II 447 E. 5.1 S. 454 f.). Unter die nach Art. 15a Abs. 4 SVG relevanten Fälle von erneuten Widerhandlungen fallen auch leichte Fälle, für die (nach Art. 16a Abs. 2 SVG) ein weiterer Ausweisentzug anzuordnen wäre (BGE 136 I 345 E. 6.1 S. 348 mit Hinweis).
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Erwägung 4 | |
4.2 Rechtsprechungsgemäss setzt der Verfall des Führerausweises auf Probe im Sinne von Art. 15a Abs. 4 SVG nicht voraus, dass der vorangehende Ausweisentzug vollzogen worden oder auch nur, dass der betreffende Entscheid in Rechtskraft erwachsen ist. Entscheidend ist einzig, dass nach einer ersten Widerhandlung, die zu einem Ausweisentzug (sowie zu einer Verlängerung der Probezeit) führte, eine zweite Widerhandlung begangen wird, welche ebenfalls einen Ausweisentzug zur Folge hat. Eine zweite Widerhandlung bewirkt somit den Verfall des Führerausweises auf Probe, auch wenn der Entscheid, welcher die erste Widerhandlung mit einem Ausweisentzug sanktionierte, noch nicht rechtskräftig ist und/oder noch nicht vollzogen wurde (BGE 136 II 447 E. 5 ff. S. 454 ff.). Offengelassen hat das Bundesgericht in diesem Leitentscheid jedoch die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Entscheid über die Sanktionierung der ersten Widerhandlung noch nicht einmal gefällt und dem Fahrzeugführer eröffnet worden ist.
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Wie es sich in dem vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Spezialfall, in dem der Fahrer im Zeitpunkt der zweiten Widerhandlung noch nicht von seiner ersten Widerhandlung weiss, verhält, braucht demgegenüber vorliegend nicht geprüft zu werden. Somit hat das kantonale Gericht kein Bundesrecht verletzt, als es die Annullierung des Führerausweises auf Probe bestätigt hat; die Beschwerde ist abzuweisen.
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