Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang: 

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Das Bundesparlament hat mit dem Erlass des BGÖ einen Para ...
3. Vorliegend ist die Frage streitig, ob und inwiefern das BG&Oum ...
4. Dahingegen ist der Beschwerdeführer der Auffassung, bei d ...
5. In der Lehre wird die Rechtsnatur der Schiedskommission unters ...
Erwägung 5.1
6. Dazu sind zuerst kurz die Entwicklung des Tarifgenehmigungsver ...
Erwägung 7
8. Der Beschwerdeführer macht ausserdem geltend, die Vorinst ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
6. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
1C_333/2020 vom 22. Oktober 2021
 
 
Regeste
 
Art. 2 Abs. 1 lit. a und Art. 3 Abs. 1 lit. a BGÖ; Art. 55 URG; Anwendung des BGÖ auf die Schiedskommission im Tarifgenehmigungsverfahren mit Einigungstarif.
 
Chronologischer Überblick der Entwicklung des Tarifgenehmigungsverfahrens und der Schiedskommission sowie der diesbezüglichen Rechtsprechung des Bundesgerichts (E. 6).
 
Im vom Informationszugangsgesuch betroffenen Tarifgenehmigungsverfahren wurde der Schiedskommission ein Einigungstarif vorgelegt. Diese führte weder eine Sitzung noch eine mündliche Anhörung der Parteien durch. Sie nahm keine Streitentscheidungsfunktion wahr, sondern amtete als Genehmigungsbehörde, die in der Wahrung des öffentlichen Interesses agiert (E. 7.4). Das vorliegend betroffene Tarifgenehmigungsverfahren unterliegt dem BGÖ (E. 7.5).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 148 II 92 (93)A.
A.a Mit Gesuch vom 17. Juni 2016 stellten die fünf Verwertungsgesellschaften ProLitteris (Schweizerische Urheberrechtsgesellschaft für Literatur und bildende Kunst), SSA (Société Suisse des Auteurs), SUISA (Genossenschaft für Urheber und Verleger von Musik), SUISSIMAGE (Schweizerische Genossenschaft für Urheberrechte an audiovisuellen Werken) und SWISSPERFORM (Gesellschaft für Leistungsschutzrechte) der Eidgenössischen Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten (nachfolgend: Schiedskommission) den Antrag, einen neuen Gemeinsamen Tarif GT 7 gemäss Art. 46 Abs. 3 URG (SR 231.1) zu genehmigen.
Der Tarif GT 7 bezieht sich auf Vergütungen für die schulische Nutzung von Werken. Diese umfasst gesetzlich erlaubte Verwendungen nach Art. 19 und Art. 20 URG, insbesondere das Vervielfältigen geschützter Werke zum Eigengebrauch. Der Tarif enthält Bestimmungen für elektronische Nutzungen von Werken mittels schulinterner Netzwerke, für das Fotokopieren in Schulen, die Vervielfältigung von geschützten Werken und Leistungen auf Leerträgern sowie das Aufführen geschützter Werke der nichttheatralischen Musik.BGE 148 II 92 (93)
BGE 148 II 92 (94)A.b Am 30. November 2016 genehmigte die Schiedskommission den Tarif antragsgemäss. Der Beschluss erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Die Schiedskommission führte darin unter anderem aus, aus den Unterlagen zum Gesuch der Verwertungsgesellschaften gehe hervor, dass deren Verhandlungen mit den Nutzerverbänden über die Gestaltung des Tarifs ordnungsgemäss durchgeführt worden seien und die Verhandlungspartner dem neuen Tarif zugestimmt hätten.
B. Mit Schreiben vom 7. November 2018 ersuchte A. bei der Schiedskommission um Zugang zu den Unterlagen, welche die Verwertungsgesellschaften im genannten Verfahren eingereicht hatten, und stützte sich dabei auf das Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ; SR 152.3). Die Schiedskommission verweigerte den Zugang mit der Begründung, die Einsicht in die betroffenen Dokumente unterstehe nicht dem Öffentlichkeitsgesetz.
C. Daraufhin reichte A. beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) einen Schlichtungsantrag ein. Da die Schlichtungsverhandlung zu keiner Einigung führte, empfahl der EDÖB am 21. Dezember 2018 der Schiedskommission, den Zugang zu den ersuchten Dokumenten entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zu gewähren. Mit Verfügung vom 17. Januar 2019 verweigerte die Schiedskommission A. die Einsicht in die Unterlagen.
D. Eine dagegen von A. erhobene Beschwerde hiess das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 9. April 2020 gut, hob die angefochtene Verfügung auf und wies die Angelegenheit zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurück.
E. Gegen dieses Urteil gelangt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Verfügung der Schiedskommission vom 17. Januar 2019 zu bestätigen. (...)
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Auszug)
 
2. Das Bundesparlament hat mit dem Erlass des BGÖ einen Paradigmenwechsel vollzogen und den Grundsatz der Geheimhaltung der Verwaltungstätigkeit ("Geheimhaltung mitBGE 148 II 92 (94) BGE 148 II 92 (95)Öffentlichkeitsvorbehalt") zu Gunsten des Öffentlichkeitsprinzips ("Grundsatz der Öffentlichkeit mit Geheimhaltungsvorbehalt") umgekehrt. Jede Person hat demnach gestützt auf Art. 6 BGÖ einen subjektiven, individuellen Anspruch, amtliche Dokumente einzusehen. Insoweit stellt das BGÖ eine Vermutung des freien Zugangs zu amtlichen Dokumenten auf (BGE 142 II 324 E. 3.4, BGE 142 II 340 E. 2.2). Der Öffentlichkeitsgrundsatz dient der Transparenz der Verwaltung und soll das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die staatlichen Institutionen und ihr Funktionieren fördern; er bildet zudem eine wesentliche Voraussetzung für eine sinnvolle demokratische Mitwirkung am politischen Entscheidfindungsprozess und für eine wirksame Kontrolle der staatlichen Behörden (BGE 142 II 313 E. 3.1).
Die Vorinstanz führt dazu in ihrem Urteil zunächst aus, es könne aufgrund des Inkrafttretens der Justizreform und der kürzlich ergangenen Teilrevision des URG nicht auf die altrechtliche Praxis des Bundesgerichts zum OG abgestellt werden. Die Frage der Abgrenzung zwischen Verwaltungs- und Justizbehörde sei mit Hilfe systematischer Auslegungsargumenten zu prüfen. Zunächst lege die Einordnung der Schiedskommission im URG nahe, diese hinsichtlich ihrer Funktion als Aufsichts- bzw. Verwaltungsbehörde einzustufen. Bei der Prüfung des Verfahrens und der Organisation der Schiedskommission würden sich hingegen einige Elemente ergeben, die einer gerichtlichen Instanz entsprechen würden. Für die Abgrenzung sei jedoch wesentlich, ob die Aufgabe der Schiedskommission in erster Linie die Streitentscheidung oder die Aufsicht im Sinne der Durchsetzung des öffentlichen Interesses betreffe. Das Verfahren der Schiedskommission sei in erheblichen Teilen nicht auf eine Entscheidung streitiger Punkte, sondern auf die Genehmigung möglichst einvernehmlich ausgehandelter Tarife ausgerichtet. Bei streitigen Tarifen entscheide sie sodann nicht über streitige Ansprüche zwischen den Verwertungsgesellschaften und Nutzerinnen und Nutzern. Im Vordergrund stehe nicht die unabhängige Beurteilung des Verhältnisses zwischen einem Verwaltungshandeln und einem Privatinteresse, sondern die Aufsichtsfunktion der Schiedskommission als Genehmigungsbehörde, dies zumindest dann, wenn sich die Parteien - wie vorliegend - auf einen Tarif geeinigt hätten. Der Schiedskommission komme insgesamt eine differenzierteBGE 148 II 92 (95) BGE 148 II 92 (96)Rechtsstellung zu; sie sei insgesamt als Aufsichtsbehörde zu qualifizieren. Das vorliegend betroffene Tarifgenehmigungsverfahren sei als erstinstanzliches Verwaltungsverfahren somit vom gesetzlichen Anwendungsbereich des BGÖ erfasst.
Das EJPD führt sodann aus, im Tarifgenehmigungsverfahren gehe es weniger um die Wahrung öffentlicher Interessen, sondern vielmehr um die Abgeltung privatrechtlicher Ansprüche bzw. Interessen. Es weist auch auf die konstante Rechtsprechung der Abteilung II des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer) hin, wonach es sich bei der Schiedskommission um eine richterliche Behörde handle.
Durch die Annahme, bei der Schiedskommission handle es sich um eine Verwaltungsbehörde, werde nicht nur Art. 2 und Art. 3 Abs. 1 lit. a Ziff. 5 und Bst. b BGÖ verletzt, sondern auch Art. 55 Abs. 3 URG betreffend die Weisungsfreiheit der Schiedskommission bzw. Art. 58 URG betreffend die (administrative) Aufsicht des EJPD über die Schiedskommission, da die Lehre beide Normen als Elemente der Garantie für die richterliche Unabhängigkeit der Schiedskommission betrachte. Der angefochtene Entscheid führe auch zu einer Verletzung von Art. 59 Abs. 3 URG, wonach die Tarife für die ordentlichen Gerichte verbindlich sind. Werde die Schiedskommission als Verwaltungsbehörde qualifiziert, könne die Verbindlichkeit für die Gerichte aufgrund des Gewaltenteilungsprinzips nicht mehr länger gewährleistet werden. Diese Einstufung der Schiedskommission verletze ausserdem Art. 30 Abs. 3 BV, weil eine ungenügende (Justiz)Öffentlichkeit nicht durch eine Umqualifzierung der Behörde zu korrigieren sei, sondern durch eine erweiterte Transparenz der Verfahren der Schiedskommission. Schliesslich sei Art. 25 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Bundesverwaltungsgericht vom 17. Juni 2005 (VGG; SR 173.32) verletzt, weil die neue Beurteilung der Rechtsnatur der Schiedskommission ohne Zustimmung der Vereinigung der Abteilungen I und II des Bundesverwaltungsgerichts erfolgt sei.
5. In der Lehre wird die Rechtsnatur der Schiedskommission unterschiedlich umschrieben. Während die einen sie als richterlicheBGE 148 II 92 (96) BGE 148 II 92 (97)Instanz (BARRELET UND ANDERE, Das neue Urheberrecht, 4. Aufl. 2020, S. 445 und anderswo; DIETER MEIER, Das Tarifverfahren nach schweizerischem Urheberrecht, 2012, S. 84) oder jedenfalls als "eine Art Verwaltungsgerichtsbehörde" bezeichnen (so RETO M. HILTY, Urheberrecht, 2. Aufl. 2020, Rz. 805), rücken andere sie eher in die Nähe einer Verwaltungs- bzw. Aufsichtsbehörde (BENJAMIN SCHINDLER, Zur Beschleunigung des Tarifverfahrens im Urheberrecht, sic! 2/2016 S. 45; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, S. 9; FRANÇOIS DESEMONTET, Le droit d'auteur, 1999, Rz. 701). Wieder andere Autoren unterscheiden je nach der Tätigkeit der Schiedskommission. Wo sie über streitige Tarife befinde, nehme sie eine justizielle Funktion wahr; bei der Genehmigung einvernehmlich vereinbarter Tarife befinde sie sich dagegen in einer ähnlichen Stellung wie eine Aufsichts- bzw. Verwaltungsbehörde, die darüber wache, dass privatrechtliche Verträge nicht gegen öffentliche Interessen verstiessen (BREM/SALVADÉ/WILD, in: Urheberrechtsgesetz [URG], 2. Aufl. 2012, N. 2 zu Art. 55 URG; GOVONI/STEBLER, die Bundesaufsicht über die kollektive Verwertung von Urheberrechten, in: Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, SIWR Bd. II/1, 3. Aufl. 2014, Rz. 1439).
Insgesamt verfügt die Schiedskommission - wie es PHILIPP DANNACHER formuliert hat (in: Eine "digitale Seniorin", aber kein altes Eisen, sic! 9/2016 S. 426) - "über eine schillernde, komplexe Rechtsnatur zwischen Aufsichtsbehörde und unabhängiger Justizbehörde" und kann wohl weder eindeutig als Gericht noch klar als Verwaltungsbehörde qualifiziert werden. Dies ist zur Beurteilung der vorliegenden Streitsache aber auch nicht erforderlich: Der Beschwerdegegner stellt sein Zugangsgesuch nämlich in einem Tarifgenehmigungsverfahren, in welchem der Schiedskommission ein Einigungstarif zur Genehmigung vorgelegt wurde; dies bedeutet, dass sich die Verwertungsgesellschaften im Vorfeld des Genehmigungsverfahrens mit den Nutzerverbänden auf einen gemeinsamen Tarif geeinigt hatten (vgl. zu diesem Verfahren unten E. 7.2).
Im Folgenden ist daher einzig zu untersuchen, ob und inwiefern das BGÖ auf die Schiedskommission in einem Tarifgenehmigungsverfahren mit Einigungstarif nach Art. 55 ff. URG und Art. 9 ff. URV anwendbar ist. Mit anderen Worten ist zu prüfen, ob die Schiedskommission unter den persönlichen Geltungsbereich des BGÖ fällt und ob das genannte Tarifgenehmigungsverfahren vom sachlichen Geltungsbereich erfasst wird.BGE 148 II 92 (97)
 
BGE 148 II 92 (98)Erwägung 5.1
 
Es stellt sich also zunächst die Frage, ob die Schiedskommission zur Bundesverwaltung gehört oder ob sie, wie der Beschwerdeführer behauptet, der Judikative zugeordnet werden muss.
Der Hinweis auf Art. 71a ff. VwVG (SR 172.021) ist jedoch seither obsolet geworden, da diese Bestimmungen - und die Rekurs- und Schiedskommissionen selbst - im Zuge der am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Justizreform aufgehoben wurden (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege [nachfolgend: Botschaft Justizreform], BBl 2001 4202, 4412). Ausserdem wurde die Stellung der ausserparlamentarischen Behörden in den Jahren 2009 und 2010 totalrevidiert (vgl. Änderung RVOG: Neuordnung der ausserparlamentarischen Kommissionen, BBl 2008 2303, AS 2008 5941; Änderung der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 [RVOV; SR 172. 010.1]: AS 2008 5949 und AS 2010 3175). Nach Art. 7a Abs. 1 lit. a RVOV gehören ausserparlamentarische Kommissionen ausdrücklich zur dezentralen Bundesverwaltung. In Anhang 2 sind die ausserparlamentarischen Kommissionen abschliessend aufgelistet (Art. 8 Abs. 2 RVOV); die Schiedskommission ist als marktorientierte ausserparlamentarische Kommission Teil dieser Liste und wird dem EJPD zugeordnet (Anhang 2 Ziff. 2 RVOV). Diese (administrative) Zuordnung der Schiedskommission zum EJPD findet sich im Übrigen auch im URG (vgl. Art. 58 Abs. 1 URG).
Hinweise, wonach die Schiedskommission der Judikative zugeteilt ist - insbesondere einem der Bundesgerichte -, finden sich hingegen weder im URG noch in anderen Bundesgesetzen; insbesondereBGE 148 II 92 (99) BGE 148 II 92 (100)existieren keine spezialgesetzlichen Verfahrensnormen zur Einsicht, wie dies bei den richterlichen Behörden auf Bundesebene der Fall ist (vgl. oben E. 5.1.1).
Diese administrative Zuteilung zur Bundesverwaltung bedeutet jedoch, wie erwähnt, noch nicht, dass vorliegend auch der sachliche Geltungsbereich des BGÖ gegeben ist (vgl. oben E. 5.2). Im Folgenden ist daher die Frage zu beantworten, ob die Schiedskommission im Tarifgenehmigungsverfahren mit Einigungstarif eine Rechtsprechungsfunktion wahrnimmt; diesfalls wäre sie vom sachlichen Geltungsbereich nach Art. 3 Abs. 1 lit. a BGÖ ausgenommen.
6.2 Mit der Totalrevision des URG vom 9. Oktober 1992 wurde die Verwertungsgesetzgebung aufgehoben und in das revidierte URG überführt. Entgegen dem Vorschlag des Bundesrats, die Tarifgenehmigung fortan dem Bundesamt für geistiges Eigentum zu übertragen (Botschaft vom 19. Juni 1989 zu einem Bundesgesetz über dasBGE 148 II 92 (100) BGE 148 II 92 (101)Urheberrecht und verwandte Schutzrechte [Urheberrechtsgesetz, URG], zu einem Bundesgesetz über den Schutz von Topographien von integrierten Schaltungen [Topographiengesetz, ToG] sowie zu einem Bundesbeschluss über verschiedene völkerrechtliche Verträge auf dem Gebiete des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte [nachfolgend: Botschaft URG], BBl 1989 III 477, 557), sprach sich das Bundesparlament für die Beibehaltung der Schiedskommission aus (DANNACHER, a.a.O., S. 427; MEIER, a.a.O., S. 83; GOVONI/ STEBLER, a.a.O., Rz. 1266). Die Totalrevision brachte trotzdem einige Änderungen für die Schiedskommission; insbesondere hat diese seither die Tarife nicht mehr nur auf Willkür, sondern auf deren Angemessenheit zu prüfen (Botschaft URG, BBl 1989 III 477, 563; Art. 59 Abs. 1 URG).
6.5 Das Bundesgericht hat sich seit der Schaffung der Schiedskommission mehrmals zu dieser bzw. zum Tarifgenehmigungsverfahren geäussert. In einem Urteil von 1956 führte es aus, das VerwertungsG wolle lediglich verhindern, dass die VerwertungsgesellschaftBGE 148 II 92 (101) BGE 148 II 92 (102)das ihr gesetzlich eingeräumte Monopol zur Stellung offensichtlich übersetzter Forderungen missbrauche. In diesem Sinne diene die Genehmigungspflicht der Wahrung des öffentlichen Interesses (BGE 82 I 267 E. 2). Die Schiedskommission amte "nicht als Richter, sondern [befinde] sich in ähnlicher Stellung wie eine Verwaltungsbehörde, die eine Preiskontrolle ausübt oder sonstwie darüber wacht, dass privatrechtliche Verträge nicht gegen öffentliche Interessen verstossen" (BGE 82 I 267 E. 1).
Seit Inkrafttreten der Justizreform und in Anwendung des BGG hat sich das Bundesgericht nicht mehr zur rechtlichen Natur der Schiedskommission bzw. zu jener des Tarifgenehmigungsverfahrens geäussert.
Vor diesem Hintergrund ist die unter dem OG ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichts, worin sich dieses überdies nur zur Abklärung seiner eigenen Kognition zur Natur der Schiedskommission geäussert hatte, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht einschlägig für den hier zu beurteilenden Fall. Wie bereits erwähnt, geht es vorliegend einzig darum zu ermitteln, ob die Schiedskommission im Tarifgenehmigungsverfahren mit Einigungstarif eine Rechtsprechungsfunktion wahrnimmt (vgl. oben E. 5).BGE 148 II 92 (102)
 
BGE 148 II 92 (103)Erwägung 7
 
Der Präsident oder die Präsidentin leitet sodann das Genehmigungsverfahren ein durch Einsetzung der Spruchkammer und Einholen einer Stellungnahme bei den massgebenden an den Verhandlungen beteiligten Nutzerverbänden (Art. 10 Abs. 1 und 2 URV); das Einholen dieser Stellungnahme ist nicht nötig, wenn aus dem Genehmigungsantrag eindeutig hervorgeht, dass die Verhandlungen mit den massgebenden Nutzerverbänden zu einer Einigung geführt haben (Art. 10 Abs. 2 und 3 URV).
Die Schiedskommission prüft die ihr vorgelegten Tarife auf deren Angemessenheit (vgl. oben E. 6.2 und Art. 59 Abs. 1 URG; zum Begriff der Angemessenheit siehe BGE 140 II 305 E. 6.5 f.). Soweit die massgebenden Nutzerverbände dem Tarif zugestimmt haben und kein Mitglied des Spruchkörpers einen Antrag auf Einberufung einer Sitzung stellt, wird keine solche durchgeführt, sondern ergeht der Entscheid auf dem Zirkulationsweg (Art. 11 URV).
Bei strittigen Tarifen wird hingegen eine Sitzung einberufen und werden die Parteien angehört (Art. 12 und 13 URV). AnschliessendBGE 148 II 92 (103) BGE 148 II 92 (104)entscheidet die Schiedskommission über den Tarif, wobei sie selbst Änderungen daran vornehmen darf (Art. 14 und 15 URV).
Im Übrigen kann hier offenbleiben, wie es sich mit der Funktion der Schiedskommission in einem Tarifgenehmigungsverfahren verhält, in welchem sich die Parteien nicht auf einen Tarif einigen konnten oder in welchem allfällige Dritte gegenteilige Anträge stellten, und ob dieses allenfalls als Streitentscheidung bezeichnet werden kann.BGE 148 II 92 (104)
BGE 148 II 92 (105)7.5 Zusammengefasst nimmt die Schiedskommission im Tarifgenehmigungsverfahren keine Rechtsprechungsfunktion wahr, zumindest wenn sich die Verwertungsgesellschaften mit den Nutzerverbänden auf einen Tarif geeinigt haben und keine allfälligen Drittparteien gegenteilige Anträge gestellt haben. Als erstinstanzliches Verwaltungsverfahren unterliegt das vorliegend betroffene Tarifgenehmigungsverfahren somit dem BGÖ und ist nicht nach Art. 3 Abs. 1 lit. a Ziff. 5 BGÖ von dessen sachlichem Geltungsbereich ausgenommen.
Diese Rechtsanwendung verletzt weder Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 lit. a BGÖ noch Art. 30 Abs. 3 BV noch Art. 55 Abs. 3, Art. 58 und Art. 59 Abs. 3 URG. Die Beschwerde ist diesbezüglich abzuweisen.
Nach Art. 25 Abs. 1 VGG kann eine Abteilung eine Rechtsfrage nur dann abweichend von einem früheren Entscheid einer oder mehrerer anderer Abteilungen entscheiden, wenn die Vereinigung der betroffenen Abteilungen zustimmt.
Es ist fraglich, ob der Beschwerdeführer sich überhaupt auf diese, die interne Organisation des Bundesverwaltungsgerichts betreffende Norm berufen kann. Jedenfalls geht die einhellige Lehre bei vergleichbarer Situation auf der Stufe des Bundesgerichts davon aus, die Missachtung der Koordinationsregeln von Art. 23 BGG zeitige keine Rechtsfolgen (vgl. BIAGGINI/HAAG, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 38 zu Art. 23 BGG mit Hinweis auf die gleichlautenden Lehrmeinungen in Fn. 108). Doch selbst wenn man diese Rüge als zulässig erachten wollte, wäre sie jedenfalls unbegründet, handelt es sich doch vorliegend nicht um eine Praxisänderung. Für die urteilende Abteilung stellte sich einzig die Frage, ob das BGÖ auf das Tarifgenehmigungsverfahren der Schiedskommission im Falle eines Einigungstarifs anwendbar sei. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, dass diesbezüglich eine Praxis der Abteilung II (oder einer andern Abteilung) des Bundesverwaltungsgerichts besteht und dies ist angesichts der Geschäftsverteilung auch nicht ersichtlich (vgl. den Anhang zum Geschäftsreglement des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. April 2008 [SR 173.320.1]). Soweit auf diese Rüge eingetreten werden kann, ist sie abzuweisen.BGE 148 II 92 (105)