10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. AG gegen Bau- und Justizdepartement des Kantons Solothurn (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
1C_556/2020 vom 25. November 2021 | |
Regeste | |
Art. 7 Abs. 6 und 6bis, Art. 30 und 32c USG; Art. 2 und 5 AltlV; Art. 19 VVEA; Kataster der belasteten Standorte (KbS); Ablagerungsstandort.
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Ausnahme vom Katastereintrag bei Bagatellfällen (E. 5). Voraussetzungen für die Annahme eines Bagatellfalls bei Abfallablagerungen (E. 5.4).
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Sachverhalt | |
Nach Beginn der Aushubarbeiten auf dem Grundstück meldete die A. AG dem Kanton den Fund von schadstoffbelastetem Material im Untergrund. Sie vertrat die Ansicht, es sei ein Eintrag im Kataster der belasteten Standorte (KbS) nötig, falls man das Material vor Ort belasse. Am 8. Oktober 2018 teilte das kantonale Amt für Umwelt (AfU) der A. AG mit, es sehe keinen Bedarf, das Grundstück in den KbS einzutragen. Die A. AG ersuchte am 19. Dezember 2019 das Bau- und Justizdepartement (BJD) um eine Feststellungsverfügung über die Notwendigkeit eines Katastereintrags.
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Das BJD wies mit Verfügung vom 27. April 2020 das Feststellungsbegehren der A. AG ab. Gleichzeitig stellte es förmlich fest, dass sich auf dem betroffenen Grundstück weder vor noch nach der Realisierung des Bauvorhabens der A. AG ein belasteter Standort im Sinne von Art. 32c USG (SR 814.01) und Art. 2 Abs. 1 der Verordnung vom 26. August 1998 über die Sanierung von belasteten Standorten (Altlasten-Verordnung, AltlV; SR 814.680) befinde bzw. befunden habe.
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B. Die A. AG gelangte gegen diese Verfügung an das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 1. September 2020 ab.
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C. Dagegen erhebt die A. AG Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht.
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Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) erachtet das angefochtene Urteil in seiner Vernehmlassung als konform mit dem Bundesumweltrecht.
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(Zusammenfassung)
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Nach Art. 7 Abs. 6 USG sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Inhaber entledigt (sog. subjektiver Abfallbegriff) oder deren geordnete Entsorgung im öffentlichen Interesse geboten ist (sog. objektiver Abfallbegriff). Ein öffentliches Entsorgungsinteresse liegt vor, wenn die Sache nicht mehr bestimmungsgemäss verwendet wird, sie in ihrem aktuellen Zustand die Umwelt konkret gefährdet oder in Zukunft gefährden kann, und sich diese Gefährdung nicht anders als durch geordnete Entsorgung vermeiden lässt (Urteil 1A.222/2005 vom 12. April 2006 E. 3.4.2, in: URP 2006 S. 730; BRUNNER/TSCHANNEN, in: Kommentar zum Umweltschutzgesetz [im Folgenden: USG-Kommentar], 2. Aufl. 2002, N. 35 der Vorbem. zu Art. 30-32e USG).
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2.2 Der Bundesrat hat gestützt auf Art. 32c Abs. 1 USG die Altlasten-Verordnung erlassen. Art. 2 Abs. 1 AltlV definiert belastete Standorte als Orte, deren Belastung von Abfällen stammt und die eine beschränkte Ausdehnung aufweisen. Sie umfassen Ablagerungsstandorte, d.h. stillgelegte oder noch in Betrieb stehende Deponien und andere Abfallablagerungen; ausgenommen sind Standorte, an die ausschliesslich unverschmutztes Aushub-, Ausbruch- oder Abraummaterial gelangt ist (lit. a); Betriebsstandorte, d.h. Standorte, deren Belastung von stillgelegten oder noch in Betrieb stehenden Anlagen oder Betrieben stammt, in denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen worden ist (lit. b) und Unfallstandorte, d.h. Standorte, die wegen ausserordentlicher Ereignisse, einschliesslich Betriebsstörungen, belastet sind (lit. c). Die Aufzählung der belasteten Standorte in Art. 2 AltlV wird gemäss Rechtsprechung und herrschender Lehre als abschliessend betrachtet (vgl. BGE 136 II 142 E. 3.2.3 mit Hinweisen; ISABELLE ROMY, in: Loi sur la protection de l'environnement [LPE; im Folgenden: Commentaire LPE], Moor/Favre/Flückiger [Hrsg.], 2010, N. 9 zu Art. 32c USG; JÄGER/BÜHLER, Schweizerisches Umweltrecht, 2016, Rz. 584; a.A. ALAIN GRIFFEL, Umweltrecht, 2. Aufl. 2019, S. 162 f.).
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Art. 5 AltlV regelt die Erstellung des Katasters. Danach ermittelt die Behörde die belasteten Standorte, indem sie vorhandene Angaben wie Karten, Verzeichnisse und Meldungen auswertet. Sie kann Auskünfte einholen (Abs. 1). Sie teilt den Inhabern oder den Inhaberinnen die zur Eintragung in den Kataster vorgesehenen Angaben mit und gibt ihnen Gelegenheit, Stellung zu nehmen und Abklärungen durchzuführen. Auf deren Verlangen trifft sie eine Feststellungsverfügung (Abs. 2). Sie trägt diejenigen Standorte in den Kataster ein, bei denen nach den Absätzen 1 und 2 feststeht oder mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass sie belastet sind (Abs. 3). Das Bundesamt für Umwelt hat hierzu eine Vollzugshilfe erlassen (BUWAL, Erstellung des Katasters der belasteten Standorte, [im Folgenden: Vollzugshilfe Altlastenkataster], 2001). Gemäss Art. 6 Abs. 2 AltlV löscht die Behörde den Eintrag eines Standortes im Kataster, wenn die Untersuchungen ergeben, dass der Standort nicht mit umweltgefährdenden Stoffen belastet ist (lit. a) oder die umweltgefährdenden Stoffe beseitigt worden sind (lit. b).
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Art. 30 Abs. 2 USG schreibt vor, dass Abfälle soweit möglich verwertet werden müssen. Art. 30 Abs. 3 USG betont, dass die Entsorgung - und damit auch die Verwertung - von Abfällen umweltverträglich erfolgen muss (BRUNNER, in: USG-Kommentar, a.a.O., N. 49 zu Art. 30 USG). Der Bundesrat kann vorschreiben, dass bestimmte Abfälle verwertet werden müssen, wenn dies wirtschaftlich tragbar ist und die Umwelt weniger belastet als eine andere Entsorgung und die Herstellung neuer Produkte (Art. 30d lit. a USG).
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Im Streit liegt, ob es sich deshalb um einen Ablagerungsstandort im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. a AltlV handelt (unstreitig liegt weder ein Betriebs- noch ein Unfallstandort vor). Dies wird von der Beschwerdeführerin bejaht. Die Vorinstanz verneinte, wie schon der Beschwerdegegner, das Vorliegen eines Ablagerungsstandorts, und zwar aus zwei Gründen: Zum einen sei das Material nicht zur Entsorgung abgelagert, sondern als Baustoff für die Auffüllungen verwendet bzw. verwertet worden; zum andern liege die altlastenrechtlich relevante Belastung des vorgefundenen Materials im Bagatellbereich.
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Im Folgenden ist zunächst die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Unterscheidung von Ablagerung und Verwertung darzustellen und zu prüfen, ob diese im Lichte der jüngsten Änderungen der Verordnung vom 4. Dezember 2015 über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen (Abfallverordnung, VVEA; SR 814.600) angepasst werden muss (E. 4). Anschliessend ist auf die Frage des Bagatellfalls einzugehen (E. 5). Gestützt auf die dabei angestellten Überlegungen sind daraus die Schlussfolgerungen für den vorliegenden Fall zu ziehen (nicht publ. E. 6-10).
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Erwägung 4 | |
Im Hinblick auf ein asbesthaltiges Gebäude hielt das Bundesgericht fest, dass sich die Gesetzesmaterialien im Wesentlichen auf das Konzept einer kontrollierten oder unkontrollierten Deponie bezogen hätten (unter Hinweis auf die Botschaft des Bundesrates vom 7. Juni 1993 zu einer Änderung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz [USG]; BBl 1993 II 1445 ff., 1499 Ziff. 42). Es sei nie die Rede davon gewesen, den Begriff des Ablagerungsstandorts auf Gebäude auszudehnen, bei deren Bau ein bestimmtes Material seiner spezifischen Eigenschaften wegen als Baustoff verwendet wurde, bevor man dessen Risiko für die Umwelt erkannt habe (BGE 136 II 142 E. 3.2.1). Das Vorliegen eines belasteten Standorts im Sinne von Art. 32c USG bzw. Art. 2 AltlV wurde beim asbesthaltigen Gebäude verneint (BGE 136 II 142 E. 3.2.4).
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Die Verwendung von Teerplatten eines ehemaligen Fabrikdachs zur Befestigung von Gehwegen und Plätzen sah das Bundesgericht als Verwertung an. Es erwog, es handle sich um eine Verwertung, wenn Material, das den objektiven Abfallbegriff erfülle, bewusst zu einem bestimmten Zweck und gerade seiner Eigenschaften wegen verwendet werde. Dass die Verwendung im Unterschied zu BGE 136 II 142 nicht innerhalb, sondern ausserhalb des Gebäudes erfolgte, könne nicht ausschlaggebend sein. Die Teerplatten seien als Baustoff verwendet und einem neuen Zweck zugeführt worden, indem sie in den Gärten verlegt worden seien. Anders zu beurteilen seien hingegen Terrainaufschüttungen, bei welchen in aller Regel der Ablagerungszweck im Vordergrund stehe (Urteil 1C_609/2014 vom 3. August 2015 E. 2.7.2, in: URP 2015 S. 506).
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Die Aufschüttung des Geländes eines Teichs mit möglichst unverschmutztem Abfallmaterial zum Zweck der Stabilisierung qualifizierte das Bundesgericht als eintragungspflichtigen Ablagerungsstandort. Es stellte darauf ab, dass sich das dafür verwendete Material aus den Zufälligkeiten ergab, was an brauchbarem Abfall anfiel. Das Material sei nicht wegen spezifischer Eigenschaften ausgewählt worden. Der Beweis, dass nur nicht umweltgefährdendes Material verwendet worden sei, sei nicht erbracht worden (Urteil 1C_537/2016 / 1C_546/2016 vom 20. November 2017 E. 3.2 und 4.2).
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4.2 In den beiden zuletzt erwähnten Urteilen ging das Bundesgericht davon aus, dass bei Auffüllungen in der Regel der Zweck der Ablagerung und nicht der Verwertung im Vordergrund steht. Art. 2 Abs. 1 lit. a AltlV nimmt nur Ablagerungsstandorte vom Katastereintrag aus, an die ausschliesslich unverschmutztes Aushub-, Ausbruch- oder Abraummaterial gelangt ist. Diese Rechtsprechung hat zur Folge, dass bei Auffüllungen mit verschmutztem Aushubmaterial grundsätzlich (vorbehältlich von Bagatellfällen; vgl. unten E. 5) ein Katastereintrag nötig ist.
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Dem entsprach die vom Bundesamt für Umwelt im Jahr 1999 herausgegebene Richtlinie für die Verwertung, Behandlung und Ablagerung von Aushub-, Abraum- und Ausbruchmaterial (Aushubrichtlinie). Die Richtlinie stand im Zusammenhang mit Art. 12 und 16 Abs. 3 der damals geltenden Technischen Verordnung über Abfälle vom 10. Dezember 1990 (aTVA; AS 1991 169), welche die Verwertung von unverschmutztem Material regelte (vgl. dazu Urteil 1C_462/2012 vom 6. Februar 2014 E. 5.1). Für unverschmutztes Aushubmaterial wurde die Verwertung als Hinterfüllung oder bewilligte Terrainveränderung am Standort, wo es anfiel, empfohlen (Aushubrichtlinie, Ziff. VIII/1 S. 9). Bei tolerierbarem Aushubmaterial (sog. T-Material) wurde unter gewissen Voraussetzungen die Verwertung im Strassenbau als Koffermaterial oder Fundation als zulässig erachtet. Bei dieser Form der Verwertung wurde aber ein Eintrag im KbS vorbehalten, damit das Material bei einem späteren Rückbau der Strasse umweltgerecht entsorgt werde (Aushubrichtlinie, Ziff. VIII/2 S. 11 und Anhang 2 S. 15). Stärker verschmutztes Aushubmaterial sollte demgegenüber auf einer Deponie abgelagert werden (Aushubrichtlinie, Ziff. VIII/3 S. 11).
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Unverschmutztes und schwach verschmutztes Aushub- und Ausbruchmaterial sind als Baustoff auf Baustellen oder Deponien oder als Rohstoff für die Herstellung von Baustoffen zu verwenden (vgl. Art. 19 Abs. 1 und 2 VVEA). Die stofflichen Anforderungen an schwach verschmutztes Aushubmaterial gemäss Art. 19 Abs. 2 i.V.m. Anhang 3 Ziff. 2 VVEA entsprechen im Wesentlichen denjenigen der Aushubrichtlinie an T-Material (vgl. die soeben erwähnte Vollzugshilfe, Ziff. 2.10 und Tabelle 1 S. 8, wo das schwach verschmutzte Material als T-Material bezeichnet wird). Stärker verschmutztes Aushub- und Ausbruchmaterial darf nach Art. 19 Abs. 3 VVEA grundsätzlich nicht verwertet werden (Satz 1). Die Bestimmung enthält Ausnahmen, u.a. zur Verwendung als Baustoff auf gewissen Deponien (lit. a) und im Rahmen der Sanierung einer Altlast (lit. b).
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4.5 Art. 19 VVEA liegt ein weiter Verwertungsbegriff zugrunde: Als Verwertung wird jede Verwendung als Baustoff, namentlich zur Aufschüttung und Verfestigung, bezeichnet, ohne Rücksicht auf den für den Abfallinhaber im Vordergrund stehenden Zweck oder das Vorhandensein oder Fehlen spezifischer Materialeigenschaften; als Ablagerung gilt nur noch die Entsorgung in einer Deponie. Die gleiche Begrifflichkeit findet sich in der Verordnung des UVEK vom 18. Oktober 2005 über Listen zum Verkehr mit Abfällen (SR 814.610.1; vgl. dazu FLÜCKIGER, in: Commentaire LPE, a.a.O., N. 36 zu Art. 30 USG). Diese definiert in Anhang 2 die Entsorgungsverfahren, die nicht als Verwertung gelten (Beseitigungsverfahren; Teil A) und diejenigen, die als Verwertung gelten (Teil B). In der Erläuterung des BAFU (Hinweise für die Zuordnung der Entsorgungsverfahren vom 7. September 2017) wird unter D1 (Ablagerung in oder auf dem Boden) nur die Ablagerung in einer Oberflächendeponie verstanden; als Verwertung gilt dagegen die Verwertung/Rückgewinnung anderer anorganischer Stoffe (R5), wenn mindestens eine Teilmenge direkt als Baustoff oder zu deren Herstellung eingesetzt wird.
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Im Lichte dieser neuen Bestimmungen erscheint es angebracht, die bisherige Differenzierung zwischen Verwertung und Ablagerung im Kontext von Art. 2 Abs. 1 lit. a AltlV zu überdenken, soweit es um Schadstoffe geht, die (z.B. als Auffüll- und Verfestigungsmaterial) in den Untergrund gelangen. Ausdrücklich auszuklammern ist beim Folgenden die Beurteilung der Verwendung von belastetem Material auf der Bodenoberfläche oder als Baumaterial für Hochbauten. Bei Auffüllungen mit belastetem Material im Untergrund lässt sich nachträglich meist nicht mehr feststellen, ob der Verwertungs- oder der Ablagerungszweck im Vordergrund steht; oft werden beide Ziele gleichzeitig verfolgt. Auch vom Zweck des KbS als Planungs- und Informationsinstrument für Behörden und für die Öffentlichkeit her ist nicht ohne Weiteres einsehbar, weshalb es einen Unterschied machen soll, ob Schadstoffe durch eine (heute nicht mehr zulässige) Verwertung oder durch Ablagerung in den Untergrund gelangt sind. Umgekehrt erscheint es widersprüchlich, Standorte, die Auffüllungen mit schwach verschmutztem Aushubmaterial enthalten, als Ablagerungsstandorte in den KbS einzutragen, obwohl das Material heute bei Tiefbauarbeiten nicht entsorgt werden müsste, sondern (gemäss Art. 19 Abs. 2 lit. d VVEA) vor Ort behandelt und wieder eingebaut werden dürfte, ohne dass hierfür ein KbS-Eintrag notwendig wäre.
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Bei Auffüllungen im Untergrund muss massgeblich sein, ob die Verwendung des Materials aus heutiger Sicht zulässig wäre (so bereits TSCHANNEN, in: USG-Kommentar, a.a.O., N. 9 zu Art. 32c USG S. 5 erster Spiegelstrich und S. 6 zweiter Spiegelstrich). Das ist bei Auffüllungen mit unverschmutztem (gemäss Anhang 3 Ziff. 1 VVEA; sog. A-Material) und schwach verschmutztem Material (gemäss Anhang 3 Ziff. 2 VVEA; sog. T-Material) grundsätzlich der Fall. Diesfalls handelt es sich nicht um einen Ablagerungsstandort, weshalb auch kein Eintrag in den KbS vorzunehmen ist. Diese Fortentwicklung der Praxis trägt (jedenfalls im Ergebnis) dem Anliegen der Solothurner Behörden Rechnung, ein Ausufern des Katasters zu verhindern. Dies wäre - so der Beschwerdegegner - der Fall, wenn nachträglich hunderte von Standorten mit künstlichen Auffüllungen und Aufschüttungen mit grösseren Mengen von schwach verschmutztem Material in den KbS aufgenommen werden müssten. Anders verhält es sich dagegen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Auffüllungen stärker verschmutztes Material enthalten, denn Letzteres unterliegt gemäss Art. 19 Abs. 3 VVEA einem grundsätzlichen Verwertungsverbot. Diesfalls liegt keine (umweltverträgliche) Verwertung i.S.v. Art. 30 Abs. 2 und 3 USG vor, mit der Folge, dass es sich um einen Ablagerungsstandort im Sinne von Art. 2 Abs. 1 lit. a AltlV handelt. Dies hat grundsätzlich einen Eintrag in den KbS zur Folge (vorbehältlich Bagatellfälle).
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Erwägung 5 | |
5.1 In der Vollzugshilfe Altlastenkataster wurde zu Bagatellfällen ausgeführt, bei der Erfassung der belasteten Standorte gehe es nicht darum, jede auch nur geringfügigste Ablagerung oder Versickerung von Abfällen in den Kataster aufzunehmen. Aus diesem Grund nehme Art. 2 Abs. 1 AltlV Ablagerungsstandorte, an die als Abfall ausschliesslich unverschmutztes Aushubmaterial gelangt sei, vom Standortbegriff aus (Ziff. 4.4 S. 10 der erwähnten Vollzugshilfe Altlastenkataster). Bagatellfälle gehörten nicht in den Kataster. Allerdings sei auf die Festlegung von Mindestmengen an belastetem Material (Mengenschwellen) oder Konzentrationsschwellen zu verzichten, weil diesfalls die Gefahr besteht, dass der volkswirtschaftliche Aufwand für dadurch provozierte Untersuchungen den Rahmen sprenge. Hier könne nur die vernünftige Umsetzung der AltlV durch die Behörden weiterhelfen. Beispielsweise sollten die früher beim Bau von Einfamilienhäusern vielerorts üblichen kleineren Hinterfüllungen mit Bauschutt nicht zu einem Katastereintrag führen. Diese Abfallablagerungen seien vom Volumen und vom Gefährdungspotenzial her bescheiden. Ebenso sollten Baupisten aus Bauschutt bei Deponien, auf denen ausschliesslich unverschmutztes Aushubmaterial abgelagert worden sei, nicht zu einem Katastereintrag führen. Mit dem Weglassen solcher Bagatellfälle könne ein Ausufern der Kataster verhindert werden (Ziff. 6 S. 14 der Vollzugshilfe Altlastenkataster).
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Das BAFU hält diese Überprüfung unter dem Blickwinkel von Anhang 1 und 3 AltlV zwar für unvollständig, stimmt aber im Ergebnis zu: Den zuständigen Behörden stehe bei der Beurteilung, ob ein Bagatellfall vorliege, ein pflichtgemäss auszuübendes Ermessen zu. Das BAFU teilt die Auffassung, dass Auffüllungen mit schwach belastetem Material vom Katastereintrag ausgeschlossen werden dürften; zu den (hier ebenfalls vorliegenden) Auffüllungen mit B- und E-Material äussert es sich nicht separat. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach die Abfallmenge vorliegend nicht unter der Bagatellschwelle liege, ist nach Ansicht des BAFU nicht nachvollziehbar, denn die Abfallmenge sei im vorliegenden Zusammenhang kein (mit)entscheidendes Kriterium. Entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin bezwecke der KbS auch nicht, eine umweltgerechte Entsorgung von Bauabfällen zu gewährleisten. Diesem Ziel diene vielmehr das Entsorgungskonzept nach Art. 16 VVEA.
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In der Vollzugshilfe Altlastenkataster wie auch in den Erläuterungen zur Revision der VVEA vom 12. Februar 2020 wurden zwei kumulative Kriterien für das Vorliegen eines Bagatellfalls genannt: Die Abfallablagerungen müssen vom Volumen und vom Gefährdungspotenzial her bescheiden sein. Nur in diesem Rahmen steht den kantonalen Vollzugsbehörden ein Ermessensspielraum zur Konkretisierung der Bagatellfälle zu. Die Einräumung eines weitergehenden Spielraums würde die einheitliche Anwendung des Bundesrechts im Altlastenrecht gefährden.
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Art. 2 Abs. 1 lit. a AltlV nimmt ausdrücklich nur Ablagerungsstandorte aus, auf die ausschliesslich unverschmutztes Aushub-, Ausbruch- oder Abraummaterial gelangt ist. Auffüllungen mit schwach belastetem Material (T-Material) können nach dem oben (E. 4) Gesagten als Verwertung qualifiziert werden und begründen damit keinen Ablagerungsstandort. Auch die bereits in der Vollzugshilfe Altlastenkataster genannten kleineren Hinterfüllungen (z.B. von Einfamilienhäusern) können als Bagatellfall vom Katastereintrag ausgenommen werden, sofern das Gefährdungspotenzial gering ist (z.B. B-Material, das chemisch nur schwach belastet ist, aber mehr als fünf Gewichtsprozente Bauschutt enthält; vgl. zu diesem Kriterium Anhang 3 Ziff. 2 lit. a VVEA). Besteht dagegen der Verdacht - oder steht aufgrund von Untersuchungen bereits fest -, dass grossvolumige Auffüllungen mit mehr als schwach verschmutztem Material, vorgenommen worden sind, kann kein Bagatellfall mehr angenommen werden. Dies gilt insbesondere für grössere Bauschuttablagerungen (vgl. Vollzugshilfe Altlastenkataster, a.a.O., Ziff. 5.3 in fine S. 14). Gleiches gilt für kleinere Auffüllungen mit stark belastetem Material (z.B. E-Material).
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5.5 Nach geltendem Recht knüpft der Katastereintrag einzig an die Belastung mit Abfällen an. Derart belastete Standorte werden in den KbS eingetragen und bleiben im Kataster, auch wenn die Untersuchungen ergeben, dass keine Überwachungs- oder Sanierungspflicht besteht, d.h. von den abgelagerten Schadstoffen zurzeit keine konkrete Gefahr für Umweltgüter ausgeht, diese aber im Fall von Tiefbauarbeiten fachgerecht entsorgt werden müssten. Im Urteil 1C_291/2016 vom 20. Februar 2017 E. 6.1 und 6.2 (in: URP 2018 S. 50) erwog das Bundesgericht (dem BAFU folgend), dass es Sinn ergebe, potenzielle Käufer, Bauherren und Behörden durch die Aufnahme in den KbS auf die im Untergrund vorhandenen Schadstoffe aufmerksam zu machen, um bei baulichen Massnahmen die notwendigen Vorkehrungen zur sicheren Behandlung und Entsorgung treffen zu können (so auch Vollzugshilfe Altlastenkataster, a.a.O., Ziff. 4.2 S. 8). Sollte dies heute nicht mehr zutreffen, d.h. würde der Katastereintrag nicht mehr (oder nur noch ausnahmsweise) mit Blick auf die Entsorgung der Bauabfälle als sinnvoll erachtet, so wäre eine entsprechende Revision der Art. 32c USG und Art. 2-6 AltlV erforderlich. Diese kann jedenfalls nicht durch eine Überdehnung des Bagatellbereichs ersetzt werden.
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5.6 Die Beschwerdeführerin verlangt einen Amtsbericht des BAFU zur Bagatellpraxis in den Kantonen im vorliegenden Zusammenhang. Mit den vorstehenden Erwägungen wird der bundesrechtliche Spielraum für die Annahme eines Bagatellfalls hinreichend eingegrenzt. Es besteht deshalb kein Anlass, einen Amtsbericht zur bisherigen Praxis in dieser Hinsicht einzuholen. Der Verfahrensantrag der Beschwerdeführerin ist demzufolge abzuweisen.
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