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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 2
Erwägung 3
Erwägung 4
Erwägung 5
Erwägung 6
Bearbeitung, zuletzt am 20.10.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
16. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Securitas AG, Schweizerische Bewachungsgesellschaft gegen A. und Eidgenössisches Finanzdepartement (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
2C_69/2021 vom 17. Dezember 2021
 
 
Regeste
 
Art. 178 Abs. 3 und Art. 146 BV; Art. 19 VG; aArt. 26 AsylG; Art. 22 und 23 BWIS; Frage, ob die Securitas AG in Bezug auf potentielle Haftungsansprüche in Zusammenhang mit einer tätlichen Auseinandersetzung im EVZ Kreuzlingen Haftungssubjekt i.S.v. Art. 19 VG ist.
 
Weder das AsylG noch das BWIS enthält eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die vorliegend in Frage stehende Übertragung von sicherheitspolizeilichen Aufgaben an die Securitas AG. Diese kann damit zum Vornherein nicht als eine mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Bundes betraute Organisation i.S.v. Art. 19 VG gelten (E. 5 und 6).
 
Bei dieser Sachlage verbleibt der Bund direktes Haftungssubjekt für potentielle Haftungsansprüche (E. 6.3).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 148 II 218 (219)Das Bundesamt für Migration (BFM; seit dem 1. Januar 2015 Staatssekretariat für Migration [SEM]) und die Securitas AG schlossen am 23. Dezember 2013/7. Januar 2014 eine Rahmenvereinbarung. Gegenstand bildet die Erbringung sämtlicher in den Unterkünften des BFM anfallenden Sicherheitsdienstleistungen, unter anderem im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) Kreuzlingen. Dort kam es am 14. Mai 2018 zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Mitarbeitern der Securitas AG und dem Asylbewerber A. Dieser beantragte in der Folge mit Schreiben vom 13. Mai 2019 Schadenersatz sowie Genugtuung von der Securitas AG und ersuchte gleichzeitig um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2019 informierte die Securitas AG das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD), dass sie sich als eine mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Bundes betraute Organisation i.S.v. Art. 19 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958 (VG; SR 170.32) erachte und folglich gestützt auf Art. 19 Abs. 3 VG mittels Verfügung über das gegen sie gerichtete Schadenersatzbegehren zu befinden habe. Gleichzeitig erkundigte sich die Securitas AG, ob der Bund die ihr aus der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege an A. anfallenden Kosten direkt begleiche. Das EFD verfügte am 24. Januar 2020, das eidgenössische Verantwortlichkeitsrecht verpflichte den Bund nicht zur Übernahme dieser Kosten.BGE 148 II 218 (219)
BGE 148 II 218 (220)Das Bundesverwaltungsgericht wies die von der Securitas AG dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 3. Dezember 2020 ab.
Die Securitas AG erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht und wiederholt den vorinstanzlich gestellten Antrag. Das Bundesverwaltungsgericht verweist im Rahmen der Vernehmlassung auf den angefochtenen Entscheid. Das EFD beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Die II. öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat den Fall am 17. Dezember 2021 öffentlich beraten und heisst die Beschwerde gut.
(Zusammenfassung)
 
 
Erwägung 2
 
2.2 Streitfrage bildet vorliegend, ob die Kosten, die der Beschwerdeführerin aus der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege an A. entstehen, vom Bund zu tragen sind. Zu prüfen ist jedoch zunächst, ob die Beschwerdeführerin tatsächlich eine mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Bundes betraute Organisation i.S.v. Art. 19 VG ist. Ist diese vom Bundesgericht frei zu prüfende RechtsfrageBGE 148 II 218 (220) BGE 148 II 218 (221)(Art. 106 Abs. 1 BGG) zu verneinen, würde die Streitfrage gegenstandslos, weil die Beschwerdeführerin in diesem Fall nicht Haftungssubjekt und folglich auch nicht zuständig wäre, über die Haftungsansprüche und die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege zu verfügen.
 
Erwägung 3
 
3.1 Haftungssubjekt nach Art. 19 VG sind ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung stehende Organisationen. Darunter können staatliche oder staatlich beherrschte Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit fallen (wie z.B. die SUVA [BGE 136 II 187 E. 4.1]), aber auch Organisationen des Privatrechts (vgl. BGE 94 I 628 E. 3 [Schweizerischer Elektrotechnischer Verein]; Urteile 2C_303/2010 vom 24. Oktober 2011 E. 2.1 [Skyguide]; 2C_809/2018 vom 18. Juni 2019 E. 4.2 [von der Eidgenössischen Bankenkommission als Beobachterin beauftragte Gesellschaft]).BGE 148 II 218 (221) BGE 148 II 218 (222) 3.2 Art. 19 VG setzt voraus, dass die ausserhalb der ordentlichen Bundesverwaltung stehende Organisation mit einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe des Bundes betraut worden ist. Was eine öffentlich-rechtliche Aufgabe des Bundes darstellt, bestimmt die Verfassungs- und Gesetzgebung (BGE 138 II 134 E. 4.3.1). Das Bundesgericht hat unter anderem die Flugsicherung (Urteil 2C_303/2010 vom 24. Oktober 2011 E. 2.1), die Erhebung der Empfangsgebühr für Radio und Fernsehen (BGE 141 II 182 E. 6.2) oder die Kontrolle über die Starkstromanlagen (BGE 94 I 628 E. 3) als öffentlich-rechtliche Aufgaben i.S.v. Art 19 VG qualifiziert. Nicht anwendbar ist Art. 19 VG indessen, wenn der Bund im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung Private lediglich für administrative Hilfstätigkeiten beizieht (TOBIAS JAAG, Staats- und Beamtenhaftung, in: Organisationsrecht, SBVR Bd. I/3, 3. Aufl. 2017, S. 87 Rz. 227; vgl. ferner BGE 134 II 297 E. 3.3). Diesfalls bleibt der Bund direkt haftbar (BGE 138 I 196 E. 4.4.2; PIERRE TSCHANNEN, Verwaltung durch Private, in: Staatliche Aufgaben, private Akteure, Claudia Fuchs und andere [Hrsg.], Bd. II, 2017, S. 173; vgl. zum Begriff "auxiliaire" FRANÇOIS BELLANGER, Notions, enjeux et limites de la délégation d'activités étatiques, in: La délégation d'activités étatiques au secteur privé [nachfolgend: La délégation], Anne-Christine Favre und andere [Hrsg.], 2016, S. 62 f.; MARC-OLIVIER BESSE, L'investiture du délégataire, in: La délégation, a.a.O., S. 72 f.).
BGE 148 II 218 (223)3.3.2 Die konkreten Anforderungen an die formellgesetzliche Grundlage hängen von der Art der auszulagernden Verwaltungstätigkeit ab. Sollen Verwaltungsaufgaben übertragen werden, deren Erfüllung hoheitliches Handeln erfordert (vgl. BGE 141 II 182 E. 3.4) oder verfassungsmässige Rechte bzw. Rechte und Pflichten von Personen tangiert (vgl. Art. 164 Abs. 1 lit. b und c BV), gelten erhöhte Anforderungen (vgl. BGE 144 II 376 E. 7.2; BIAGGINI, a.a.O., N. 33 f. zu Art. 178 BV; MOOR/BELLANGER/TANQUEREL, Droit administratif, Bd. III, 2. Aufl. 2018, S. 242 f.; ANNE-CHRISTINE FAVRE, La délégation d'activités non économiques ou "à caractère ministériel", in: La délégation, a.a.O., S. 173 f.).
 
Erwägung 4
 
4.2 Das BFM hat die in den Asylunterkünften des Bundes anfallenden Sicherheitsdienstleistungen öffentlich ausgeschrieben. Die Beschwerdeführerin erhielt neben anderen den Zuschlag und schloss mit dem BFM am 23. Dezember 2013/7. Januar 2014 die als öffentlich-rechtlicher Vertrag bezeichnete Rahmenvereinbarung betreffend Sicherheitsdienstleistungen sowie Patrouillendienste. Unter dem Titel "Gegenstand des Vertrags" überträgt Art. 2 der Rahmenvereinbarung der Beschwerdeführerin "die Erbringung sämtlicher in den Unterkünften des BFM anfallenden Sicherheitsdienstleistungen", unter anderem für das EVZ Kreuzlingen. Art. 7 der Rahmenvereinbarung umschreibt die anfallenden Aufgaben näher: Sie umfassen den Betrieb der Loge inkl. Zutritts- und Austrittskontrolle, die Gewährleistung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit in der Unterkunft sowie auf dem gesamten Unterkunftsgelände (inkl. Schutz der Asylsuchenden und des Personals vor Gefahren, Intervention bei Notfällen, Umgang mit renitenten Personen sowie Durchführung von Personendurchsuchungen) sowie administrative Tätigkeiten in Zusammenhang mit dem Betrieb der Unterkunft (Sicherstellung des Informationsflusses, Mitwirkung bei der Koordination und Überwachung von Terminen der Asylsuchenden, Dokumentation etc.). Art. 9BGE 148 II 218 (224) BGE 148 II 218 (225)der Rahmenvereinbarung sieht ferner für die Mitarbeiterprofile "Ordnungsdienst", "Hundeführer" sowie "Ordnungsdienst Patrouille" die "Anwendung von Hilfsmitteln und Waffen" vor, "sofern die zu erfüllende Schutzaufgabe eine solche Ausrüstung erfordert und durch das BFM bewilligt wurde". In Art. 6 der Rahmenvereinbarung erklärt die Beschwerdeführerin, die Anforderungen an private Sicherheitsfirmen gemäss Art. 5 Abs. 1 und 6 der damaligen Verordnung vom 31. Oktober 2007 über den Einsatz privater Sicherheitsfirmen durch den Bund (Verordnung über den Einsatz privater Sicherheitsfirmen, aVES, AS 2007 5226 f.) zu erfüllen.
4.4 Das Gewaltmonopol liegt beim Staat (Art. 57 BV; BGE 140 I 353 E. 8.7, BGE 140 I 2 E. 10.2.2). Wie oben dargelegt (vgl. vorstehende E. 3.3), gelten damit für eine Auslagerung sicherheitspolizeilicher Aufgaben namentlich in Bezug auf die formellgesetzliche Grundlage (Art. 178 Abs. 3 BV) besonders hohe Anforderungen. Das gilt vorliegend umso mehr, als Sicherheitsaufgaben in Asylunterkünften besondere Risiken und Konfliktpotential bergen (vgl. NIKLAUS OBERHOLZER, Bericht vom 30. September 2021 über die Abklärung von Vorwürfen im Bereich der Sicherheit in den Bundesasylzentren erstattet im AuftragBGE 148 II 218 (225) BGE 148 II 218 (226)des SEM [nachfolgend: Bericht Oberholzer], Ziff. 5.1 f. S. 51 f., www.sem.admin.ch unter Das SEM/Aktuelle Themen/Untersuchungsbericht Oberholzer [besucht am 2. Februar 2022]); ferner MICHEL FÉRAUD, Bericht vom August 2016 über die Abklärung von Vorwürfen betreffend das EVZ Kreuzlingen im Auftrag des SEM [nachfolgend: Bericht Féraud], www.sem.admin.ch unter Publikationen & Service/Berichte [besucht am 2. Februar 2022]).
 
Erwägung 5
 
    1 Der Bund errichtet Empfangsstellen, die vom Bundesamt geführt werden.
    1bis Das Bundesamt kann Asylsuchende, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder die durch ihr Verhalten den ordentlichen Betrieb der Empfangsstellen erheblich stören, in besonderen Zentren unterbringen, die durch das Bundesamt oder durch kantonale Behörden errichtet und geführt werden. In diesen Zentren können unter den gleichen Voraussetzungen Asylsuchende untergebracht werden, die einem Kanton zugewiesen wurden. Bund und Kantone beteiligen sich im Umfang der Nutzung anteilsmässig an den Kosten der Zentren.
    1ter In Zentren nach Absatz 1bis können die gleichen Verfahren durchgeführt werden wie in den Empfangsstellen; ausgenommen ist die Einreichung eines Asylgesuchs.
    2 Die Empfangsstelle erhebt die Personalien und erstellt in der Regel Fingerabdruckbogen und Fotografien. Sie kann weitere biometrische Daten erheben und die Asylsuchenden summarisch zum Reiseweg und zu den Gründen befragen, warum sie ihr Land verlassen haben.
    2bis Bestehen im Rahmen eines ausländerrechtlichen Verfahrens oder eines Strafverfahrens Hinweise, dass eine angeblich minderjährige ausländische Person das Mündigkeitsalter bereits erreicht hat, so veranlasst die Empfangsstelle ein Altersgutachten.
    2terDas Bundesamt kann Dritte mit Aufgaben zur Sicherstellung des Betriebs der Empfangsstellen und der besonderen Zentren nach Absatz 1bis sowie mit weiteren Aufgaben nach Absatz 2 beauftragen; davon ausgenommen ist die Befragung des Asylsuchenden nach Absatz 2. Die beauftragten Dritten unterstehen der gleichen Schweigepflicht wie das Bundespersonal.
    3 Das Departement erlässt Bestimmungen, um ein rasches Verfahren und einen geordneten Betrieb sicherzustellen.
Gemäss dem Wortlaut von aArt. 26 Abs. 2ter AsylG kann das BFM "Dritte mit Aufgaben zur Sicherstellung des Betriebs der Empfangsstellen und der besonderen Zentren nach Absatz 1bis sowie mit BGE 148 II 218 (227) BGE 148 II 218 (228)weiteren Aufgaben nach Absatz 2 beauftragen". Während sich die "weiteren Aufgaben" aus Abs. 2 ergeben (Personalienaufnahme, Erstellenvon Fingerabdruckbogen und Fotografien, Erhebung biometrischer Daten etc.), umschreibt das Gesetz nicht näher, welche Aufgabenund Tätigkeiten die "Sicherstellung des Betriebs" ("assurer le fonctionnement", "garantire l'esercizio") umfasst. Aus dem Wortlaut derBestimmung ergibt sich folglich nicht, dass bzw. inwiefern hoheitliche und sicherheitspolizeiliche Verwaltungsaufgaben an Private übertragen werden können.
5.3.4 Bei einer systematischen Betrachtung zeigt sich, dass aArt. 17 AsylV 1 die Übertragung von hoheitlichen Aufgaben sogar ausschliesst: "Das BFM kann zur Sicherstellung des Betriebs der Aussenstellen Dritte mit nicht hoheitlichen Aufgaben beauftragen". Der Titel von aArt. 17 AsylV 1 ist - im Gegensatz zu den von BGE 148 II 218 (228) BGE 148 II 218 (229)aArt. 26 Abs. 2ter AsylG erfassten Empfangsstellen und besonderen Zentren - zwar auf Aussenstellen beschränkt, verweist indessen ebenfalls auf aArt. 26 Abs. 2ter AsylG. Als Verordnungsbestimmung kann aArt. 17 AsylV 1 die Gesetzesbestimmung von aArt. 26 Abs. 2ter AsylG nicht einschränken. Er bestätigt aber die vorangehende Auslegung (vgl. vorstehende E. 5.3.1. und 5.3.2), dass gestützt auf aArt. 26 AsylG keine hoheitlichen Aufgaben übertragen werden können (anderer Meinung SYLVIE COSSY, in: Code annoté de droit des migrations, Bd. IV: Loi sur l'asile [LAsi], Nguyen/Amarelle [Hrsg.], 2015, N. 48f. zu Art. 26 AsylG).
BGE 148 II 218 (230)5.4.1 Die Bestimmung von Art. 22 BWIS betreffend "Grundsätze" lautet:
    1 Fedpol sorgt in Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden für den Schutz der Behörden und der Gebäude des Bundes sowie der Personen und Gebäude, für welche der Bund völkerrechtliche Schutzpflichten erfüllen muss.
    2 Der Bundesrat kann für diese Aufgaben staatliche oder private Schutzdienste einsetzen.
    3 Er kann andere geeignete Bedienstete für Schutzaufgaben einsetzen oder bei besonderem Bedarf oder bei erhöhter Bedrohung nach Absprache mit den kantonalen Regierungen den zuständigen kantonalen Behörden zur Verfügung stellen.
    4 Das nach diesem Gesetz zum Schutz von Personen, Behörden und Gebäuden eingesetzte Personal darf zur Erfüllung seines Auftrags und, soweit die zu schützenden Rechtsgüter es rechtfertigen, polizeilichen Zwang und polizeiliche Massnahmen anwenden. Das Zwangsanwendungsgesetz vom 20. März 2008 ist anwendbar.
Absatz 2 i.V.m. Absatz 1 von Art. 22 BWIS erlauben somit den Einsatz von privaten Schutzdiensten namentlich zum "Schutz der Behörden und der Gebäude des Bundes", wobei gemäss Absatz 4 zur Erfüllung dieses Auftrags und, soweit die zu schützenden Rechtsgüter es rechtfertigen, polizeilicher Zwang und polizeiliche Massnahmen angewendet werden dürfen.
5.4.3 Gemäss Art. 23 aAbs. 2 BWIS wird für alle Gebäude, in denen Bundesbehörden untergebracht sind, das Hausrecht von den Vorstehern der untergebrachten Departemente, Gruppen, Ämter oderBGE 148 II 218 (230) BGE 148 II 218 (231)anderen Bundesbehörden ausgeübt. Art. 3 Abs. 1 aVSB sieht weiter vor, dass die in Art. 23 aAbs. 2 BWIS genannten Bundesstellen "für ihre Schutzaufgaben private Schutzdienste beiziehen" können. Bereits hinsichtlich der Normstufe genügt die Verordnungsbestimmung von Art. 3 Abs. 1 aVSB nicht für die Übertragung einer öffentlich-rechtlichen Aufgabe, welche formellgesetzlich vorgesehen sein muss (vgl. vorstehende E. 3.3.1; ferner GAMMA, a.a.O., S. 317 f.). Wie in Bezug auf Art. 22 Abs. 2 BWIS gilt ferner, dass der umfassende Sicherheitsdienst in einer Asylunterkunft auch die in Art. 23 aAbs. 2 BWIS i.V.m. Art. 3 Abs. 1 aVSB aufgeführten Schutzaufgaben überschreitet (vgl. vorstehende E. 5.4.2). Namentlich beschränkt sich das Hausrecht auf die Verfügungsgewalt über einen bestimmten Raum und die Durchsetzung der Hausordnung (vgl. Urteil 1B_443/2011 vom 28. November 2011 E. 2.5; THOMAS SÄGESSER, Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz [RVOG], 2007, N. 2 zu Art. 62f RVOG; GAMMA, a.a.O., S. 318 f.).
 
Erwägung 6
 
6.1 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Gewährleistung der Sicherheit in einer vom Bund geführten Asylunterkunft als öffentlich-rechtliche Aufgabe des Bundes zu qualifizieren ist (vgl. vorstehende E. 4.3). Für die durch die Rahmenvereinbarung vorgesehene umfassende Übertragung dieser Aufgabe an die Beschwerdeführerin fehlte es im Zeitpunkt des Vertragsschlusses an einerBGE 148 II 218 (231) BGE 148 II 218 (232)hinreichend bestimmten formellgesetzlichen Grundlage (vgl. vorstehende E. 3.3 und 5). Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass die im Rahmenvertrag angeführten Gesetzesbestimmungen vorliegend die Auslagerung von Verwaltungsaufgaben im Bereich des staatlichen Gewaltmonopols erlauben sollten (vgl. vorstehende E. 5). Es kann offenbleiben, inwieweit dies, unter Berücksichtigung weiterer verfassungsrechtlicher Gesichtspunkte, überhaupt zulässig wäre.