23. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.A. und B.A. gegen Steuerverwaltung und Steuerrekurskommission des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
2C_916/2020 vom 19. Mai 2022 | |
Regeste | |
Art. 82 BVG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit. b BVV 3; Art. 37a DBG bzw. Art. 11 Abs. 4 StHG; Berücksichtigung von BGSA-Einkünften beim Abzug des sog. grossen Säule 3a-Beitrags.
| |
Gegen eine solche Berücksichtigung spricht weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte von Art. 37a DBG bzw. Art. 11 Abs. 4 StHG hinsichtlich der Frage, wie weit der Abgeltungscharakter der Quellensteuer auf BGSA-Einkünften zu gehen hat (E. 4.2 und 4.3).
| |
Sachverhalt | |
![]() | |
B. Von den durch A.A. und B.A. im ordentlichen Veranlagungsverfahren angegebenen Fr. 1'100.- rechnete die Steuerverwaltung des Kantons Bern sowohl bei den Kantons- und Gemeindesteuern als auch der direkten Bundessteuer der Steuerperiode 2016 Fr. 355.- beim steuerbaren Einkommen auf und anerkannte damit den Abzug bloss im Umfang von Fr. 745.-, d.h. 20 % der im ordentlichen Veranlagungsverfahren zu besteuernden Lohnzahlungen. Die dagegen durch die Betroffenen erhobenen Rechtsmittel auf kantonaler Ebene blieben erfolglos (zuletzt abgewiesen durch das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 29. September 2020).
| |
C. Am 4. November 2020 haben A.A. und B.A. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht eingereicht. Sie stellen den Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern aufzuheben, ihr steuerbares Einkommen um Fr. 355.- herabzusetzen und die zu viel entrichteten Steuern samt Verzugszins zurückzuerstatten. (...)
| |
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
| |
(Auszug)
| |
Erwägung 3 | |
3.1 Gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. e DBG (SR 642.11) können Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge bis zu einem ![]() ![]() | |
3.2.1 Sachlich unterscheiden sich die beiden Bestimmungen einzig insoweit, als Art. 37a DBG einen Steuersatz von 0.5 % vorsieht, wohingegen Art. 11 Abs. 4 StHG entsprechend der Tarifautonomie der Kantone keinen Tarif vorgibt (wobei indessen fast alle Kantone ![]() ![]() | |
Erwägung 4 | |
4.2 Trotz der Stellung von Art. 37a DBG und Art. 11 Abs. 4 StHG ausserhalb der Bestimmungen über die Quellensteuer im DBG (Art. 83 ff. DBG) und im StHG (Art. 32 ff. StHG) ist klar, dass mit diesen Bestimmungen für kleine Arbeitsentgelte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit gemäss BGSA ein eigenes Quellensteuerverfahren ![]() ![]() | |
Wenn die Quellensteuer gemäss Art. 37a DBG bzw. Art. 11 Abs. 4 StHG beim Arbeitgeber erhoben wird, so legen schon praktische Gründe nahe, auch einen Abzug für Beiträge des Arbeitnehmers an die Säule 3a auszuschliessen, obwohl in diesen Bestimmungen nur die Nichtberücksichtigung von Abzügen für Berufskosten und Sozialabzügen ausdrücklich erwähnt ist.
| |
Der Arbeitgeber weiss zwar z.B. im Hinblick auf die Pflicht zum Anschluss an eine Familienausgleichskasse (und muss dies auch wissen), ob ein Arbeitnehmer Kinder hat, die zum Bezug von Kinderzulagen berechtigen (und die, bei ordentlicher Besteuerung, zur Vornahme eines Sozialabzugs berechtigen würden). Die Berücksichtigung eines entsprechenden Sozialabzugs bei Erhebung der Quellensteuer erscheint somit praktisch zumindest nicht ausgeschlossen (wobei indes zu berücksichtigen ist, dass gegebenenfalls für eine Person mehrere BGSA-Arbeitsverhältnisse nebeneinander bestehen und deshalb nicht klar ist, welcher Arbeitgeber den Sozialabzug vorzunehmen hätte).
| |
Mit Bezug auf Sozialabzüge besteht somit ein gesetzgeberischer Regelungsbedarf, der durch den in Art. 37a Abs. 1 DBG und Art. 11 Abs. 4 StHG enthaltenen Ausschluss der Sozialabzüge abgedeckt ist. Dagegen sind dem Arbeitgeber Beiträge, welche ein Arbeitnehmer freiwillig an eine Einrichtung der Säule 3a entrichtet, in aller Regel gar nicht bekannt - und müssen ihm auch nicht bekannt sein. Schon deshalb fällt eine Berücksichtigung entsprechender Beträge im Rahmen der Erhebung der Quellensteuer ausser Betracht, ohne dass der Gesetzgeber dies ausdrücklich regeln müsste. Allein aus dem Ausschluss der Sozialabzüge für das in erster Linie den ![]() ![]() | |
4.3.1 Aus den Gesetzesmaterialien zum BGSA geht hervor, dass sich anfänglich vor allem die Eidgenössische Steuerverwaltung gegen eine Ausdehnung der Quellensteuer gewendet hatte. Nachdem die Frage im Vernehmlassungsverfahren zu einem Vorentwurf des Bundesrats wiederum aufgegriffen worden war, lehnte der Bundesrat gestützt auf die Ergebnisse einer von der Schweizerischen ![]() ![]() | |
4.3.3 Aus der Entstehungsgeschichte von Art. 37a DBG und Art. 11 Abs. 4 StHG ergibt sich damit zwar, dass mit der Quellensteuer gemäss den genannten Vorschriften eine endgültige Quellensteuer mit Abgeltungscharakter gegenüber der ordentlichen Einkommenssteuer eingeführt werden sollte. Jedoch ergibt sich für die Beantwortung der Frage, ob darüber hinaus das quellenbesteuerte Einkommen im Rahmen der nachmaligen Berechnung des grossen Säule 3a-Abzugs überhaupt nicht mehr zu berücksichtigen sein sollte, auch aus der Entstehungsgeschichte von Art. 37a DBG und Art. 11 Abs. 4 StHG nichts. ![]() |