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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 1
Erwägung 2
3. Umstritten ist vorab die Rechtsnatur des von der Beschwerdef&u ...
Erwägung 4
Erwägung 4.2
Erwägung 5
Erwägung 6
Erwägung 7
Erwägung 8
Erwägung 8.2
Erwägung 8.3
Bearbeitung, zuletzt am 25.01.2023, durch: DFR-Server (automatisch)
 
31. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.-Gaming Ltd. gegen Interkantonale Geldspielaufsicht (Gespa) (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
2C_336/2021 vom 18. Mai 2022
 
 
Regeste
 
Art. 27, 29 Abs. 2, Art. 94 Abs. 4, Art. 106 und 190 BV; Art. 3 lit. a, Art. 4, 9, 21, 24 Abs. 1 und Art. 86 ff. BGS; DNS-Zugangssperre für von ausländischen Unternehmen in der Schweiz angebotene Online-Geldspiele.
 
Übersicht über die Grundregeln des Geldspielgesetzes (E. 2).
 
In den Geltungsbereich des Geldspielgesetzes fallen grundsätzlich alle Spiele, bei denen gegen Leistung eines Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht steht; das zu prüfende Geldspiel erfüllt die entsprechenden Voraussetzungen (E. 3).
 
Ausländische Anbieterinnen von in der Schweiz nicht bewilligten Online-Geldspielen können sich für den Marktzugang nicht auf die Wirtschaftsfreiheit und die Rechtsprechung des EuGH bzw. des EFTA-Gerichtshofs zur unionsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit berufen (E. 5 und 6).
 
Übersicht über die verschiedenen Möglichkeiten von Zugangssperren (E. 7).
 
Die derzeit praktizierte "Domain-Name-System-Sperre" (DNS-Sperre) ist trotz ihrer beschränkten Wirksamkeit verhältnismässig (E. 8).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 148 II 392 (393)A.
A.a Die A.-Gaming Ltd. hat ihren Sitz in Malta und betreibt über die Domain "a.com" dort lizenzierte Online-Casinospiele, Online-Sportwetten sowie andere Online-Angebote. Sie sperrte per 1. Januar 2019 bezüglich der Schweiz den Zugang zu ihrem Online-Sportwetten- und -Casinoangebot mittels eines "Geoblocking", indessen nicht jenen zum sog. "x Game". Die Interkantonale Lotterie- und Wettkommission (Comlot; seit dem 1. Januar 2021: Interkantonale Geldspielaufsicht [Gespa]) veröffentlichte am 8. Oktober 2019 im Bundesblatt eine Allgemeinverfügung betreffend die Einschränkung des ZugangsBGE 148 II 392 (393) BGE 148 II 392 (394)zu in der Schweiz nicht bewilligten Online-Spielangeboten (BBl 2019 6627); dabei sperrte sie auch die Domain "a.com".
A.b Auf Einsprache der A.-Gaming Ltd. bestätigte die Comlot am 7. Mai 2020 ihre Allgemeinverfügung. Sie ging davon aus, dass es sich - wie sie bereits am 15. September 2019 festgestellt habe - beim "x Game" um ein Geldspiel im Sinne des Bundesgesetzes vom 29. September 2017 über Geldspiele (Geldspielgesetz, BGS; SR 935.51) handle. Dass der mögliche geldwerte Vorteil bzw. Gewinn von einem sich verändernden Kurs der im Zentrum des Spiels stehenden "X" abhänge, stehe dieser Beurteilung nicht entgegen. Die von A.-Gaming Ltd. vorgesehene Massnahme ("Geoblocking"), um zu verhindern, dass aus der Schweiz auf ihr Spielangebot zugegriffen wird, sei ungenügend. Da auf "a.com" ein "klassisches und breites Angebot in der Schweiz nicht bewilligter Geldspiele zu finden" sei, erweise sich die (gesamte) Sperrung der Domain als verhältnismässig.
B. Das interkantonale Geldspielgericht (Geldspielgericht) wies am 15. Februar 2021 die hiergegen gerichtete Beschwerde der A.-Gaming Ltd. ab, soweit sie die Qualifikation des "x Game" als Geldspiel sowie die Verfassungsmässigkeit der entsprechenden Netzsperre betraf; es bestätigte demzufolge die angefochtene Sperrverfügung bezüglich der Domain "a.com". Soweit die Beschwerde die Sportwetten betraf, hiess es diese teilweise gut und stellte fest, dass die für das Sportwettenangebot gewählte Methode des "Geoblockings" grundsätzlich als "'geeignete technische Massnahme' i.S. von Art. 87 Abs. 2 BGS gelten" könne. (...)
C. Die A.-Gaming Ltd. beantragt vor Bundesgericht, das Urteil des Geldspielgerichts aufzuheben, soweit sie in diesem Verfahren unterlegen sei. Es sei die Gespa anzuweisen, die Sperrverfügung vom 8. Oktober 2019 betreffend die Sperre des Zugangs zur Webseite "a.com" aufzuheben; sie sei anzuhalten, die Domain "a.com" von ihrer Sperrliste zu löschen und die Fernmeldedienstanbieterinnen unverzüglich zu verpflichten, die Sperrung des Zugangs zu "a.com" aufzuheben; allenfalls seien die beanstandeten Dispositivziffern aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Geldspielgericht zurückzuweisen. Schliesslich sei festzustellen, dass die Netzsperre im Geldspielgesetz verfassungswidrig sei.
(...)
BGE 148 II 392 (394) BGE 148 II 392 (395)Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Auszug)
 
 
Erwägung 1
 
1.3 Im Rahmen der Neuorganisation ersetzt die als öffentlich-rechtliche Anstalt ausgestaltete Interkantonale Geldspielaufsicht ([Gespa]; Art. 19 ff. i.V.m. Art. 73 Abs. 2-4 GSK) die Interkantonale Lotterie- und Wettkommission (Comlot); das Interkantonale Geldspielgericht ([Geldspielgericht]; Art. 11 ff. i.V.m. Art. 73 Abs. 6 GSK) löst - als interkantonale Vorinstanz des Bundesgerichts - dieBGE 148 II 392 (395) BGE 148 II 392 (396)bisherige Rekurskommission Interkantonale Vereinbarung Lotterien und Wetten (Rekolot) ab. Gegen seine Entscheide ist - wie früher gegen jene der Rekolot - die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten zulässig (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 83 [e contrario] und Art. 86 lit. d BGG; zum bisherigen System: BGE 141 II 262 E. 1; BGE 135 II 338 E. 1; je mit weiteren Hinweisen).
1.4.1 Das Bundesgericht wendet das Recht zwar von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), es prüft jedoch unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) nur die vorgebrachten Argumente, falls weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 142 I 135 E. 1.5). In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten gilt eine qualifizierte Rüge- und Substanziierungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 139 I 229 E. 2.2; BGE 136 II 304 E. 2.5). Das Bundesgericht ist an den Sachverhalt gebunden, wie die Vorinstanz ihn festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), es sei denn, dieser erweise sich in einem entscheidwesentlichen Punkt als offensichtlich falsch oder unvollständig bzw. seine Feststellung beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 142 I 135 E. 1.6; BGE 133 II 249 E. 1.4.3), was in der Beschwerdeschrift detailliert darzulegen ist.
 
Erwägung 2
 
2.1 Das Geldspielgesetz löst das Spielbankengesetz vom 18. Dezember 1998 (SBG; AS 2000 677) und das Bundesgesetz vom 8. Juni 1923 betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten BGE 148 II 392 (396) BGE 148 II 392 (397)(LG; BS 10 255) ab. Es führt diese beiden Erlasse zusammen, um im Rahmen von Art. 106 BV eine kohärente sowie zweck- und zeitgemässe Regelung des Geldspiels in der Schweiz zu schaffen. Das Gesetz will die Bevölkerung angemessen vor den Gefahren schützen, die von den Geldspielen ausgehen (Art. 2 lit. a BGS), dafür sorgen, dass die Geldspiele sicher und transparent durchgeführt werden (Art. 2 lit. b BGS), und sicherstellen, dass der Reingewinn aus den Grossspielen grundsätzlich vollumfänglich und in transparenter Weise für gemeinnützige Zwecke sowie ein Teil der Bruttospielerträge der Spielbanken zugunsten der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung verwendet werden (Art. 2 lit. c und d BGS; Botschaft vom 21. Oktober 2015 zum Geldspielgesetz, BBl 2015 8387 ff., 8388 f. sowie Ziff. 1.2.1 [S. 8406]; vgl. CLÉMENCE GRISEL RAPIN, in: Commentaire romand, Constitution fédérale, 2021, N. 41 ff. zu Art. 106 BV; MATTHIAS OESCH, in: Basler Kommentar, Bundesverfassung, 2015, N. 32 ff. zu Art. 106 BV).
3.1.1 Der User registriert sich kostenlos als Spieler auf der A.-Website. Er erhält einen persönlichen "Gaming Account", auf den er Geld einbezahlt. Mit seinem Guthaben kann er in der Folge "X" von anderen Spielteilnehmern kaufen oder an diese verkaufen. "X" sind virtuelle Werteinheiten, für die es ausserhalb des Spiels keine Verwendung gibt. Der Kaufpreis der "X" bestimmt sich laufend anhandBGE 148 II 392 (397) BGE 148 II 392 (398)des Angebots und der Nachfrage. Der Preis steigt, wenn mehr "X" nachgefragt als zum Kauf angeboten werden. Der User setzt ein Angebot, in dem er die Anzahl "X" bezeichnet, welche er kaufen oder verkaufen will; gleichzeitig bestimmt er "seinen" Preis für die Transaktion (in EUR). Er bestätigt das Angebot, indem er den "Kauf-" oder "Verkauf"-Knopf betätigt, worauf dieses - ohne Widerruf seinerseits - während 72 Stunden im System bestehen bleibt. Wenn innerhalb dieser Zeit ein anderer Teilnehmer ein korrespondierendes Angebot (d.h. ein Angebot mit einem gleichen Preis) macht, wird die Transaktion automatisch ausgeführt.
3.2.1 Als Geldspiele gelten Spiele, bei denen gegen Leistung eines geldwerten Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht stehtBGE 148 II 392 (398) BGE 148 II 392 (399)(Art. 3 lit. a BGS). Die Geldspiele charakterisieren sich somit nach dem Wortlaut von Art. 3 lit. a BGS im Wesentlichen durch zwei Elemente: die Leistung eines Einsatzes und eine Gewinnmöglichkeit. Beide Elemente müssen nach den Materialien in Geld oder einem Geldsurrogat ("geldwerter Einsatz" und "anderer geldwerter Vorteil") bestehen. Die beiden Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Kein Geldspiel liegt vor, wenn entweder der geldwerte Einsatz oder der Abschluss eines Rechtsgeschäfts auf der einen Seite oder der Geldgewinn auf der anderen Seite entfällt bzw. beide Kriterien nicht erfüllt sind. Dies ist etwa bei Unterhaltungsspielen der Fall (z.B. Flipperkasten): Bei diesen fehlt häufig die Möglichkeit eines Geldgewinns oder eines anderen geldwerten Vorteils (BBl 2015 8387 ff. Ziff. 2.1 [S. 8435 f.]; GRISEL RAPIN, a.a.O., N. 13 zu Art. 106 BV; SCHERRER/MURESAN, a.a.O., Rz. 43 ff.; Bundesamt für Justiz, Merkblatt vom Juni 2020 zu Gratisspielen und Einsatz; ZÜND/HUGI YAR, a.a.O., Rz. 12 ff.).
3.2.2 Das Geldspielgesetz regelt die Zulässigkeit von Geldspielen umfassend. Es dient nach der bundesrätlichen Botschaft der widerspruchsfreien und transparenten Regulierung des "gesamten" schweizerischen Geldspielsektors (BBl 2015 8387 ff. Ziff. 1.2.1 [S. 8406]; teleologisches Auslegungselement). In den Geltungsbereich des Geldspielgesetzes fallen deshalb grundsätzlich "alle" Spiele, bei denen gen Leistung eines geldwerten Einsatzes oder bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht steht (BBl 2015 8387 ff. Ziff. 1.2.2 [S. 8406]; vgl. auch BENNO SCHNEIDER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, Ehrenzeller/Schindler/Schweizer/Vallender [Hrsg.], 3. Aufl. 2014, N. 5 f. zu Art. 106 BV). Dass der Gesetzgeber den Geldspielbegriff weit verstanden wissen wollte, ergibt sich auch daraus, dass er Tätigkeiten, die gemäss Finanzmarktaufsichtsgesetz vom 22. Juni 2007 (FINMAG; SR 956.1) der Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) unterstehen, ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausgenommen hat, "weil zahlreiche Finanzdienstleistungen (u.a. etwa strukturierte Produkte, die an der Börse gehandelt werden)" unter die Geldspieldefinition gemäss Art. 3 lit. a BGS und damit in den Geltungsbereich des Geldspielgesetzes fallen würden, "was verhindert werden soll" (vgl. BBl 2015 8387 ff. Ziff. 2.1 [S. 8435]; systematisches Auslegungselement). Mit diesem Geldspielbegriff besteht eine umfassendere (Ober-) Kategorie gegenüber den bisherigen Begriffen (Lotterien,BGE 148 II 392 (399) BGE 148 II 392 (400)Sportwetten, Glücks- und Geschicklichkeitsspiele usw.; vgl. auch SCHERRER/ MURESAN, a.a.O., Rz. 48, die sich aber kritisch hierzu äussern), die teilweise in einem neuen Zusammenhang (Grossspiele, Kleinspiele) in das Gesetz übernommen wurden (vgl. GIOVANNI BIAGGINI, BV Kommentar, 2. Aufl. 2017, N. 3 zu Art. 106 BV).
3.2.4 Auch der Einwand, dass der Geldgewinn nicht von der Beschwerdeführerin ausgehe, sondern sich aus dem Handel der Teilnehmer im Rahmen des Spieles ergebe, überzeugt nicht: Unter den Begriff des "Durchführens von Geldspielen" fällt auch das Führen einer Plattform, die es Spielerinnen und Spielern ermöglicht, gegeneinander zu spielen (vgl. BBl 2015 8387 ff. Ziff. 2.1 [S. 8433]) - hier um den potentiellen Wertgewinn der "X". Die Beschwerdeführerin stellt das entsprechende Spiel zur Verfügung; sie bietet es online an. Sie erlässt die Regeln und steuert das Spielgeschehen: Gemäss den "X-Game-Regeln" vom 11. Mai 2019 handelt es sich um ein Spiel und nicht eine wirtschaftliche Realität (Ziff. 1.1 und 1.3). Die Beschwerdeführerin ist nicht gehalten, das Spiel weiterBGE 148 II 392 (400) BGE 148 II 392 (401)anzubieten (Ziff. 4 1. Satz), was dazu führen kann, dass Teilnehmer gegebenenfalls unter dem Wert entschädigt werden, den sie für den Kauf der "X" eingesetzt haben. Die Beschwerdeführerin ist zudem berechtigt, "X zu kaufen, zu verkaufen oder auszugeben" (Ziff. 4 2. Satz), womit sie den "X"-Kurs und damit die Gewinnmöglichkeit der Teilnehmer mitbeeinflusst. Sie behält sich im gleichen Sinn das Recht vor, "die Gesamtzahl an X nach ihrem Ermessen" zu ändern (erhöhen/verringern; vgl. Ziff. 6 letzter Satz). Die in Aussicht gestellte Gewinnmöglichkeit ist demnach ihr zuzurechnen, auch wenn der Kurs sich im Spiel nach Angebot und Nachfrage richtet. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin besteht ein ihr zurechenbares Abhängigkeitsverhältnis von Einsatz und Gewinnaussicht.
 
Erwägung 4
 
4.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die im Geldspielgesetz vorgesehene Netzsperre stelle als solche einen schweren Eingriff in verfassungsmässige Rechte und insbesondere in ihre Wirtschaftsfreiheit dar (Art. 27 und 94 BV); sie sei willkürlich (Art. 9 BV) und unverhältnismässig (Art. 5 Abs. 2 BV). An der NetzsperreBGE 148 II 392 (402) BGE 148 II 392 (403)bestehe kein öffentliches Interesse; sie sei weder geeignet noch erforderlich, um ihren Zweck zu erreichen. Die Netzsperre diene lediglich einem Ziel: dem Schutz von Schweizer Anbietern vor ausländischer Konkurrenz und damit letztlich unzulässigem "ökonomischem Heimatschutz". Es sei deshalb die Verfassungswidrigkeit der Netzsperre als solche festzustellen und der Gesetzgeber einzuladen, die Art. 86 ff. BGS verfassungskonform auszugestalten bzw. ein Konzessionssystem einzuführen, welches den Zielen des Geldspielgesetzes tatsächlich gerecht werde. Eine Prüfung und eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Regelung im Geldspielgesetz mit der Einladung an den Gesetzgeber, diese anzupassen, dränge sich auf, da die Netzsperre "offensichtlich" gegen Grundrechte verstosse und keinem öffentlichen Interesse diene.
 
Erwägung 4.2
 
4.2.2 Im vorliegenden Fall ist kein entsprechendes Bedürfnis ersichtlich: Der Gesetzgeber hatte von den von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Problemen Kenntnis, dennoch erliess er die Sperrregelung bewusst in der beanstandeten Weise (vgl. BBl 2015 8387 Ziff. 2.7 [S. 8475]; AB 2017 N 83 ff., 122-133; AB 2017 S 626). Es kann nicht gesagt werden, dass diese offensichtlich (ihre)BGE 148 II 392 (403) BGE 148 II 392 (404)Grund oder Freizügigkeitsrechte verletzen würde - im Gegenteil (vgl. die nachstehenden E. 5 und 6). Es genügt deshalb, im Folgenden zu prüfen, ob die beanstandete Internetsperre (anderweitig) Bundesrecht verletzt. In diesem Zusammenhang werden (indirekt) auch gewisse Aussagen zur Verfassungsmässigkeit der beanstandeten Netzsperre gemacht werden müssen (vgl. nachstehende E. 8). Mehr ist nicht erforderlich.
 
Erwägung 5
 
 
Erwägung 6
 
BGE 148 II 392 (406)6.2 Es steht den Mitgliedstaaten zwar frei, die Ziele ihrer Geldspielpolitik festzulegen und das angestrebte Schutzniveau genau zu definieren, doch müssen die vorgesehenen Massnahmen verhältnismässig sein. Die Beschränkung muss tatsächlich darauf abzielen, die Spielgelegenheiten zu verringern und die Geldspieltätigkeit in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (vgl. das Urteil des EuGH vom 30. April 2014 C-390/12 Pfleger und andere, Randnrn. 54 f. [aktuelle und dynamische "Kohärenzprüfung"]). Die Finanzierung gemeinnütziger Zwecke darf nicht ausschliessliche Rechtfertigung der restriktiven Geldspielpolitik bilden (vgl. das Urteil des EuGH vom 6. November 2003 C-243/01 Gambelli und andere, Slg. 2003 I-13031 Randnr. 62; ZÜND/HUGI YAR, a.a.O., Fn. 67). In Bezug auf Online-Geldspiele ist es wegen der besonderen Gefahren, die von ihnen ausgehen, mit dem Unionsrecht vereinbar, dass Veranstalterinnen, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind, im Hoheitsgebiet eines anderen keine Geldspiele über das Internet anbieten dürfen, wenn sie dort nicht (auch) niedergelassen sind (vgl. das Urteil des EuGH vom 3. Juni 2010 C-258/08 Ladbrokes Betting&Gaming Ltd., Slg. 2010 I-04757 Randnrn. 54 ff.) - dies zumindest, falls die rechtswidrige Spieltätigkeit im betreffenden Land einen erheblichen Umfang erreicht hat und die erlassenen Massnahmen systematisch und kohärent darauf abzielen, die Spiellust der Verbraucher in rechtmässige Bahnen zu lenken (Urteil des EuGH Ladbrokes Betting&Gaming Ltd., Randnrn. 24 ff.; vgl. auch das Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 30. Mai 2007 E-3/06 Ladbrokes Ltd. ; REMUS MURESAN, Aspekte der Rechtsprechung des EuGH zu Sportwetten, causa sport 3/2010 S. 215 ff., dort S. 216 f.).
 
Erwägung 7
 
7.3 Die ESBK und die Gespa informieren über ihre Sperrlisten auf ihrer Website mit einem Link auf die Website der anderen Behörde (Art. 88 Abs. 1 BGS). Sie setzen die Fernmeldedienstanbieterinnen mittels eines einfachen und gesicherten Verfahrens über die Sperrlisten in Kenntnis (Art. 88 Abs. 2 BGS). Gemäss Art. 92 VGS sperren die Fernmeldedienstanbieterinnen den Zugang zu den von der ESBK und der Gespa gemeldeten Spielangeboten innert höchstensBGE 148 II 392 (407) BGE 148 II 392 (408)fünf Arbeitstagen. Die Fernmeldedienstanbieterinnen bestimmen die Sperrmethode unter Berücksichtigung des Stands der Technik und des Verhältnismässigkeitsprinzips im Einvernehmen mit der ESBK und der Gespa (Art. 93 VGS; vgl. Bundesamt für Justiz, Merkblatt über das Spielen auf illegalen Online-Seiten, April 2021, Ziff. 3).
 
BGE 148 II 392 (409)Erwägung 8
 
 
Erwägung 8.2
 
 
Erwägung 8.3
 
8.3.2 Der Gesetzgeber war sich bewusst, dass keine hundertprozentige Wirksamkeit gewährleistet werden kann (Problematik des "https-Protokolls", bei der eine Weiterleitung auf die Warn- und Informationsseite nicht möglich ist; Anwendungen auf Smartphones usw.) und Umgehungsmöglichkeiten bestehen (durch VPN-Verbindungen; manuelle Änderung des Nameservers[alternativer DNS-Server], Abänderung des Domainnamens durch den Veranstalter usw.); dennoch wurde die DNS-Sperrung als Sperrmöglichkeit erachtet, welche "gegenwärtig" die "einfachste und angemessenste Lösung für das Sperren nicht bewilligter Spiel-Internetseiten" bilde, "wobei sie in technischer Hinsicht nicht perfekt" erscheine und "von Benutzerinnen und Benutzern mit den notwendigen technischen Kenntnissen umgangen werden" könne, weshalb allenfalls künftig andere technische Mittel verwendet werden könnten bzw. allenfallsBGE 148 II 392 (410) BGE 148 II 392 (411)müssten. Der blosse Umstand, dass der Zugang zu nicht bewilligten Websiten durch diese Sperrmassnahmen zumindest erschwert wird, dürfte bei durchschnittlichen Spielerinnen und Spielern bereits genügen, um sie zu den legalen Angeboten hinzuführen und eine zureichende präventive Wirkung zu entfalten (BBl 2015 8387 ff. Ziff. 2.7[S. 8475];AB 2017 N 122-133). Es kann mit dem Bundesrat und dem Gesetzgeber - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht gesagt werden, dass die DNS-Zugangssperre für die Durchschnittsspielerin oder den Durchschnittsspieler von vornherein keinerlei Wirkungen im Hinblick auf den angestrebten Zweck entfalten würde (so auch MICHAEL WEBER, Illegales Anbieten von Geldspielen - Auslegung und Bewertung der relevanten Bestimmungen des BGS, sui generis 2021 S. 49 ff., Rz. 53 S. 57 f.; UHLMANN/ STALDER, a.a.O., Ziff. 2 S. 368 ff.; kritischer: THOUVENIN/STILLER, a.a.O., lit. E Ziff. 1 S. 14 f., 17 f.; vgl. auch BIAGGINI, a.a.O., N. 6 in fine zu Art. 106 BV).
8.3.3 Die DNS-Zugangssperre ist auch erforderlich (vgl. UHLMANN/ STALDER, a.a.O., Ziff. 3 S. 370 f.; anders: THOUVENIN/STILLER, a.a.O., lit. E Ziff. 2 S. 15 f.): Im Gesetzgebungsverfahren wurden verschiedene weitere Massnahmen geprüft. Diese wären entweder nicht gleich wirksam wie die Zugangssperre (Sperrung von Internetseiten auf freiwilliger Basis; Veröffentlichung einer "weissen" Liste mit einem Label; Veröffentlichung einer schwarzen Liste ohne anschliessende Sperrung; vgl. hierzu die Notiz des Bundesamts für Justiz, Internetsperre, a.a.O., Ziff. 4.5 S. 28 ff.) oder sie wären gegenüber dieser mit anderen gewichtigen Nachteilen verbunden (Sperrung der Zahlungsmöglichkeiten; Kombination von Internet- und Zahlungssperren; Unterdrückung von Suchergebnissen auf Internet-Suchmaschinen; Strafbarkeit der Spielerinnen und Spieler; vgl. hierzu die Notiz des Bundesamts für Justiz, Internetsperre, a.a.O., Ziff. 4.1-4.4 S. 16 ff.). Auch die Beschwerdeführerin vermag keine weniger weitgehende, aber im Hinblick auf den Schutz des gewählten Geldspielsystems und der Spielerinnen und Spieler ebenso wirksame Massnahme zu nennen. Ein anderes Konzessionierungs- und Bewilligungssystem, welches den Schweizer Markt auch für ausländische Online-Anbieterinnen - wie die Beschwerdeführerin - öffnen würde, kann im Hinblick auf Art. 106 BV weder aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip noch der Wirtschaftsfreiheit abgeleitet werden (BIAGGINI, a.a.O., N. 6 in fine zu Art. 106 BV; SCHNEIDER, a.a.O., N. 7 in fine zu Art. 106 BV).BGE 148 II 392 (411)
BGE 148 II 392 (412)8.3.4 Schliesslich besteht bei der gewählten Lösung auch eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation (Zumutbarkeit; vgl. auch UHLMANN/ STALDER, a.a.O., Ziff. 4 S. 371 ff.; kritischer: THOUVENIN/STILLER, a.a.O., lit. E Ziff. 3 und 4 S. 16 ff.): Dem öffentlichen Interesse am Schutz vor exzessivem Spiel und anderen spielbezogenen Gefahren (Geldwäschereibekämpfung usw.; vgl. vorstehende E. 8.3.1) kommt grundlegende Bedeutung zu; dies gilt auch für die Sicherstellung einer wirksam überwachten und transparenten Spielabwicklung, indem die Online-Spielangebote auf in der Schweiz ansässige und hier beaufsichtigte Anbieterinnen beschränkt werden. Ein "Overblocking" ist zwar nicht auszuschliessen, doch kann dieser Nachteil in zumutbarer Weise durch andere geeignete Massnahmen vermieden werden (E-Mail-Account bei Drittanbieter usw.). Im Übrigen deckt Art. 86 Abs. 2 BGS nach seinem Sinn und Zweck auch die Blockade des mit der beanstandeten Website verbundenen E-Mailverkehrs ab, wenn dieser mit dem unbewilligten Spielangebot in Zusammenhang steht bzw. zu dessen Realisierung dient (Kundenbetreuung, Abrechnungsverfahren, "Umgehungsempfehlungen" usw.).
8.3.5 Die beanstandete Methode der DNS-Sperrung ist mit einem geringeren "Overblocking"-Risiko verbunden als die IP-Sperrung (THOUVENIN/STILLER, a.a.O., lit. E Ziff. 3 und 4 S. 16 f.). Sie wird auch in anderen Bereichen (illegale Pornographie) und in anderen Staaten mit einem Geld- und Glücksspielmonopol eingesetzt (Bundesamt für Justiz, Internetsperre, a.a.O., Ziff. 2 S. 3 ff.), was als Indiz für eine gewisse minimale Sachgerechtigkeit gelten kann. Den ausländischen Anbieterinnen steht die Möglichkeit offen, den Zugang zu in der Schweiz nicht bewilligten Spielen durch eigene Massnahmen (wirksames "Geoblocking", keine Eröffnung von Konten für Schweizer Spielerinnen und Spieler usw.) zu unterbinden. In diesem Fall wird ihre Domain für die Schweiz weder gelistet noch gesperrt. Nach Art. 87 Abs. 2 BGS kann gegen die Zugangssperre insbesondere Einsprache erhoben werden, wenn die Veranstalterin sich auf dem Schweizer Markt nach hiesigem Recht rechtskonform verhält und das betroffene Angebot aufgehoben oder den Zugang dazu mit geeigneten technischen Massnahmen selber unterbunden hat. In diesem Fall streicht die zuständige Behörde das entsprechende Angebot "von Amtes wegen oder auf Ersuchen aus der Sperrliste" (Art. 90 BGS). Nachdem die Vorinstanz das "Geoblocking" der Beschwerdeführerin für das Sportwettenangebot als "geeignete technische Massnahme" im Sinn von Art. 87 Abs. 2 BGS gewertetBGE 148 II 392 (412) BGE 148 II 392 (413)und das EJPD (Bundesamt für Justiz) den vorinstanzlichen Entscheid diesbezüglich nicht angefochten hat, ist die Frage hier nicht weiter zu vertiefen, ob dies zutrifft oder nicht.