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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass der Tag der Abb ...
Erwägung 3.4
Erwägung 4
Erwägung 4.3
Bearbeitung, zuletzt am 22.03.2023, durch: DFR-Server (automatisch)
 
43. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.A. und B.A. gegen Steuerkommission Stadt Brugg und Kantonales Steueramt Aargau (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
2C_259/2022 vom 7. Dezember 2022
 
 
Regeste
 
Art. 82 Abs. 1 BVG; Art. 7 BVV 3; Abzugsberechtigung von Säule 3a Beiträgen; zeitliche Zuordnung.
 
Die Gutschrift auf dem Sammelkonto einer Versicherung reicht für die Rechtzeitigkeit vor dem Jahreswechsel nicht aus. Ausschlaggebend ist die Gutschrift auf dem individuellen Vorsorgekonto des Steuerpflichtigen (E. 4.1 und 4.2).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 148 II 556 (557)A.A. überwies am Freitag, 29. Dezember 2017 (Tag der Abbuchung) den Betrag von Fr. 24'632.- zwecks Leistung eines weiteren Beitrags an die Säule 3a bei der D. AG.
Die Steuerkommission Brugg veranlagte die Eheleute A.A. und B.A. und liess den geltend gemachten Abzug für Beiträge an die Säule 3a von A.A., sowohl für die Kantons- und Gemeindesteuern 2017 als auch die direkte Bundessteuer 2017, um Fr. 24'632.- nicht zu.
Das Verwaltungsgericht bestätigte die ursprüngliche Veranlagung, nachdem das Spezialverwaltungsgericht den Rekurs der Eheleute betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern 2017 guthiess.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten der Eheleute (nachfolgend: die Beschwerdeführer) ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)
 
BGE 148 II 556 (557) BGE 148 II 556 (558)Aus den Erwägungen:
 
3.2.2 Gemäss § 40 Abs. 1 lit. e StG/AG gilt, dass von den Einkünften die Einlagen, Prämien und Beiträge zum Erwerb von vertraglichen Ansprüchen aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge im Sinne und im Umfang des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- undBGE 148 II 556 (558)BGE 148 II 556 (559)Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) abgezogen werden können (entsprechend Art. 9 Abs. 2 lit. e StHG). Somit ist vorab zu klären, ob und gegebenenfalls was sich aus dem BVG betreffend die Rechtzeitigkeit von Beiträgen für das Kalenderjahr 2017 ergibt.
 
Erwägung 3.4
 
Art. 7 BVV 3 präzisiert die zwei oberen Grenzbeträge für Personen, die einer Vorsorgeeinrichtung angehören oder nicht angehören. Der Umfang der steuerlich abzugsfähigen Beiträge an die gebundene Selbstvorsorge (Säule 3a) ist folglich in Art. 7 BVV 3 umfangmässig beschränkt. Zeitlich geht aus der Bestimmung nicht explizit hervor, bis wann die Beiträge zu leisten sind, damit sie (noch) im selben Kalenderjahr vom Einkommen abziehbar sind. Die Gesetzesbestimmung von Art. 82 BVG ist folglich gemeinsam mit Art. 7 BVV 3 auszulegen.BGE 148 II 556 (559)
BGE 148 II 556 (560)3.4.2 Der in § 40 Abs. 1 lit. e StG/AG geregelte Abzug für Säule 3a Beiträge, der seine Grundlage in Art. 82 Abs. 1 und 2 BVG findet und inhaltlich mit diesem identisch ist, kann nicht anders als Art. 82 Abs. 1 und 2 BVG interpretiert werden (BGE 119 Ia 241 E. 6b; BGE 116 Ia 270; vgl. für die bundesrechtlich inhaltlich identische Norm Art. 33 Abs. 1 lit. e des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11] sowie das Urteil 2C_1050/2011 vom 3. Mai 2013 E. 2.2). Aus der Wortwahl "ausschliesslich und unwiderruflich" sowie dem Sinn und Zweck folgt, dass der Beitrag auf dem Vorsorgekonto des Steuerpflichtigen gutgeschrieben sein muss, damit er nicht mehr anderweitig verwendet wird oder verwendet werden kann: Erst dann kann der Beitrag der jeweiligen beruflichen Vorsorge dienen. So ist der Eintritt der Mittel in den Vorsorgekreislauf entscheidend für die Abzugsfähigkeit der Beiträge (vgl. Urteil 2C_680/2019 vom 12. Februar 2020 E. 2.2.3). Zeitlich abzustellen ist mithin auf den Tag der Gutschrift, nicht auf den Tag der Abbuchung beim Steuerpflichtigen. Der Zeitpunkt der Gutschrift bestimmt somit die zeitliche Zuordnung der freiwillig geleisteten Beiträge für die Ermittlung des Reineinkommens im relevanten Kalenderjahr.
3.4.4 Im Übrigen gilt in analoger Weise als Erfüllung einer Steuerforderung auch ein der Post übergebener Zahlungsauftrag oder eine vorgenommene Anweisung für sich allein noch nicht, sondern es bedarf der Gutschrift auf dem Konto der Steuerbehörde (MICHAEL BEUSCH, Der Untergang der Steuerforderung, 2012, S. 139 f. m.w.H.). Geldschulden sind Bringschulden (Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR: DerBGE 148 II 556 (560) BGE 148 II 556 (561)Schuldner (vorliegend der Steuerpflichtige) hat dafür zu sorgen, dass der Gläubiger (vorliegend die Vorsorgeeinrichtung) zum vereinbarten Erfüllungszeitpunkt (vorliegend bis zum Jahreswechsel) über das Geld verfügen kann. Bedient sich der Schuldner eines Erfüllungsgehilfen, wie beispielsweise der Post, so darf der Gläubiger nicht schlechter gestellt sein als bei der Barzahlung. Der Schuldner hat mit anderen Worten dafür zu sorgen, dass das Geld rechtzeitig in dessen Verfügungsbereich gelangt. Bis zu diesem Zeitpunkt trägt der Schuldner die Verlust- und Verzögerungsgefahr (BGE 119 II 232 E. 2; ULRICH SCHROETER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, 7. Aufl. 2020, N. 34, 39 und 42 zu Art. 74 OR).
 
Erwägung 4
 
BGE 148 II 556 (562)4.2 Die Vorinstanz führt weiter aus, dass nicht nur die Abbuchung der Beiträge beim Steuerpflichtigen, sondern ebensowenig die Gutschrift auf dem (allgemeinen) Bank- oder Postkonto (hier sog. Sammelkonto) der Versicherung oder Bankstiftung ausreichend sei, da von diesem Konto noch Rückzahlungen an die Steuerpflichtigen möglich seien. Massgebend sei vielmehr der Zeitpunkt, in dem die Beiträge auf dem (individuellen) Vorsorgekonto gutgeschrieben würden.
Gemäss vorinstanzlicher Sachverhaltsfeststellung erfolgte die Verbuchung/Einbettung des Säule 3a Beitrags auf dem Vorsorgekonto des Beschwerdeführers 1 bei der D. AG - aufgrund dazwischenliegender Sonn- und Feiertage - namentlich 30. Dezember 2017 (Samstag), 31. Dezember 2017 (Sonntag), 1. Januar 2018 (Neujahr am Montag) und 2. Januar 2018 (Berchtoldstag am Dienstag) - erst am 3. Januar 2018 (Mittwoch).
Die Präzisierung der Vorinstanz ist zutreffend: Beiträge können erst dann der jeweiligen beruflichen Vorsorge - ausschliesslich und unwiderruflich - dienen, wenn sie dem individuellen Vorsorgekonto des jeweiligen Steuerpflichtigen gutgeschrieben wurden. Die Gutschrift auf dem (allgemeinen) Bank- oder Postkonto einer Versicherung reicht nicht aus.
Abgesehen davon, dass die Beschwerdeführer jedenfalls prozessual nicht rechtsgenüglich nachweisen können (vgl. nicht publ. E. 2.2.1), dass die Beiträge noch vor dem Jahreswechsel, d.h. bis und mit dem 31. Dezember 2017, der D. AG gutgeschrieben wurden, ist dies nicht entscheidend, sondern die Gutschrift auf dem Vorsorgekonto des Beschwerdeführers 1 als solche. Ausgehend vom für das Bundesgericht verbindlich festgestellten Sachverhalt (Art. 105 Abs. 1 BGG) ist der Beitrag erst nach Jahreswechsel, d.h. am Mittwoch, 3. Januar 2018 bei der D. AG eingegangen. Die D. AG hat entsprechend für das Kalenderjahr 2017 die Bescheinigung korrekterweise verweigert.
 
Erwägung 4.3
 
Die Ausführung der Beschwerdeführer, wonach das Gutachten aufzeigen könne, dass der Zahlungseingang in der Nacht vom Donnerstag auf den Freitag, d.h. 28./29. Dezember 2017 und noch am 29. Dezember 2017 eingetroffen sein soll (vgl. oben E. 4.3.1) - also sogar der Zahlungsvorgang noch am Vortrag der Überweisung stattgefunden haben soll -, ist in sich widersprüchlich und überzeugt dabei auch nicht.BGE 148 II 556 (563)