4. Auszug aus dem Urteil der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A.A. und B.A. gegen Steuerverwaltung des Kantons Freiburg (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) | |
9C_677/2021 vom 23. Februar 2023 | |
Regeste | |
Art. 32 Abs. 2 DBG; Unterhaltskosten für Liegenschaften; Abzug von Instandstellungskosten bei "wirtschaftlichem Neubau" (Praxisänderung).
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Sachverhalt | |
Am 17. Juni 2019 reichten die Eheleute A. im Kanton Freiburg die Steuererklärung 2018 ein. Sie deklarierten ein Einkommen aus unselbständiger Haupterwerbstätigkeit von Fr. 141'873.- (Ehemann) und Fr. 76'297.- (Ehefrau), ein Einkommen aus Privatkapitalien von Fr. 18'643.- sowie ein Einkommen aus Privatliegenschaften von Fr. 31'087.-, wovon sie unter anderem Liegenschaftsunterhaltskosten von Fr. 73'971.- (Fr. 23'318.- für die selbstbewohnte Liegenschaft im Kanton Freiburg; Fr. 50'653.- für die Liegenschaft im Kanton Jura) zum Abzug brachten.
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B. Am 21. Mai 2020 wurden die Eheleute A. ordentlich veranlagt. Die Kantonale Steuerverwaltung Freiburg übernahm die deklarierten Einkommensbestandteile, akzeptierte aber einen Abzug für Liegenschaftsunterhaltskosten von lediglich Fr. 19'326.- (satzbestimmend: Fr. 22'369.-) bei der Kantonssteuer und Fr. 22'369.- bei der direkten Bundessteuer. In Bezug auf die Kosten, die auf die Liegenschaft im Kanton Jura entfielen, begründete die Steuerverwaltung die Kürzung damit, dass wertvermehrende Auslagen nicht in Abzug gebracht werden könnten. Kosten für den Teilabbruch, die Auskernung und die Neugestaltung stellten andere Kosten bzw. einen Mehrwert dar und können bei der Einkommenssteuer nicht abgezogen werden. Unter Berücksichtigung der übrigen Steuerfaktoren ergab sich ein steuerbares Einkommen von Fr. 183'291.- (Kantonssteuer; geschuldete Steuer: Fr. 19'277.40) respektive Fr. 184'081.- (direkte Bundessteuer; geschuldete Steuer: Fr. 9'729.-) sowie ein steuerbares Vermögen von Fr. 7'412'324.- (satzbestimmend: Fr. 7'462'701.-; geschuldete Steuer: Fr. 24'460.60). Aus der gleichentags vorgenommenen interkantonalen Steuerausscheidung ergibt sich, dass für die Liegenschaft in der Gemeinde U./JU (nachfolgend: die Liegenschaft) ein Abzug von Fr. 3'043.- akzeptiert wurde. Die gegen diese Veranlagung erhobenen kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos (Einspracheentscheid der Steuerverwaltung vom 2. Februar 2021; Urteil des Kantonsgerichts Freiburg, Steuergerichtshof, vom 28. September 2021).
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C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 5. November 2021 beantragen die Eheleute A. die Aufhebung des Urteils des Kantonsgerichts des Kantons Freiburg vom 28. September 2021. Sie seien betreffend die Kantons- und Gemeindesteuern 2018 sowie die direkte Bundessteuer 2018 unter Berücksichtigung der deklarierten Liegenschaftsunterhaltskosten im Betrag von Fr. 69'979.- (sich zusammensetzend aus Liegenschaftsunterhaltskosten für die Liegenschaft in W./FR im Umfang von Fr. 19'326.- und für die Liegenschaft in U./JU im Umfang von Fr. 50'653.-) zu veranlagen.
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Die Vorinstanz, die Kantonale Steuerverwaltung Freiburg und die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) beantragen die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
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4.2 Die Vorinstanz hat den Abzug der streitbetroffenen Kosten als Unterhaltskosten in einer ersten Begründungslinie ausgeschlossen, weil die Beschwerdeführer im Steuerjahr 2018 zwar Unterhaltskosten für die Liegenschaft geltend machten, aber keinen Ertrag deklarierten. Es könne auch nicht von einer bloss vorübergehenden, durch Renovationsarbeiten bedingten Nichtnutzung der Liegenschaft gesprochen werden.
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Diese Begründung überzeugt nicht. Es ist typisch für die Instandstellung einer neu erworbenen Liegenschaft, dass sie eine gewisse Zeit und nicht selten mehrere Monate in Anspruch nimmt, während welcher der Erwerber aus der Liegenschaft keinen Ertrag erzielt. Die Auffassung der Vorinstanz würde darauf hinauslaufen, dass Erwerber die Instandstellungskosten nie abziehen könnten, wenn die Instandstellung der Liegenschaft am Ende der betroffenen Steuerperiode noch andauert. Das liefe Art. 32 Abs. 2 DBG, der die Kosten der Instandstellung neu erworbener Liegenschaften ausdrücklich für abziehbar erklärt, offensichtlich zuwider. Auch die von der Vorinstanz zitierte Stelle im Urteil 2C_1166/2016 / 2C_1167/2016 vom 4. Oktober 2017 E. 2 ist nicht so zu verstehen, dass Instandstellungskosten in derart weitreichendem Umfang vom Abzug ausgeschlossen sind.
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4.3.1 Nach der früheren Dumont-Praxis konnten Kosten von Unterhaltsarbeiten, die unmittelbar (d.h. innert fünf Jahren) nach dem Grundstückserwerb vorgenommen werden, grundsätzlich nicht vom Einkommen abgezogen werden (vgl. BGE 123 II 218 E. 1a). Eine Ausnahme machte das Bundesgericht ab dem Leiturteil BGE 123 II 218 bezüglich Kosten für den Unterhalt neuerworbener, nicht vernachlässigter Liegenschaften, wenn es um den periodischen Unterhalt (und nicht um das Nachholen unterbliebenen Unterhaltes) ging; solche Kosten konnten demnach vom Einkommen abgezogen werden. Davon unterschied es jedoch den Fall, wo der neue Vermieter oder Verpächter die Liegenschaft renoviert, um den Miet- oder Pachtertrag zu steigern, oder wo eine (auch selbstgenutzte) Liegenschaft ganz oder teilweise umgebaut oder einer neuen Nutzung zugeführt wird (vgl. BGE 123 II 218 E. 1c; vgl. auch BGE 133 II 287 E. 2.2; vgl. zur geschichtlichen Entwicklung der Dumont-Praxis KOCHER/ ANZANTE, a.a.O., S. 712 ff.).
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4.4 Das Bundesgericht hat sich im Urteil 2C_153/2014 vom 4. September 2014 mit dem Vorwurf auseinandergesetzt, die vollständige Verweigerung des Abzugs von Kosten bei "wirtschaftlichem Neubau" stelle einen Rückfall in die vom Gesetzgeber abgeschaffte Dumont-Praxis dar. Es erwog, der Vorwurf sei unberechtigt, denn die Dumont-Praxis habe lediglich die Kosten zur Instandstellung einer stark vernachlässigten Liegenschaft in den ersten fünf Jahren nach deren Erwerb betroffen. Sei es dagegen um eine nicht vernachlässigte Liegenschaft gegangen, so habe schon nach früherem Recht gegolten, dass der Eigentümer Kosten habe abziehen können, soweit sie für den normalen periodischen Unterhalt aufgewendet worden seien. Davon zu unterscheiden sei (und bleibe auch nach Abschaffung der Dumont-Praxis) der Fall, wo der neue Vermieter oder Verpächter die Liegenschaft renoviere, um den Miet- oder Pachtertrag zu steigern, oder wo eine (auch selbst genutzte) Liegenschaft ganz oder teilweise umgebaut oder einer neuen Nutzung zugeführt werde. Insofern dienten die Ausgaben nicht dazu, die Liegenschaft in ihrem bisherigen vertrags- oder nutzungsmässigen Zustand zu erhalten, sondern zielten sie darauf ab, die Einkommensquelle zu verbessern (Urteil 2C_153/2014 vom 4. September 2014 E. 4.2, in: StE 2014 B 25.6 Nr. 63, StR 70/2015 S. 157; vgl. auch Urteil 2C_242/ 2020 vom 23. September 2020 E. 5).
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4.5 An dieser Sichtweise kann bei erneuter Überprüfung nicht festgehalten werden (vgl. zu den Voraussetzungen für eine Praxisänderung BGE 146 I 105 E. 5.2.2; BGE 145 I 227 E. 4). Gemäss den Materialien ging es dem Gesetzgeber bei der Änderung von Art. 32 Abs. 2 DBG darum, die wirtschaftliche Betrachtungsweise, auf der die Dumont-Praxis basiert hatte, "in allen Fällen" zugunsten einer objektiv-technischen Betrachtungsweise zurückzudrängen (vgl. oben E. 4.3.2). Es ist nicht einzusehen, weswegen die Figur des "wirtschaftlichen Neubaus" davon ausgenommen sein sollte, wo sie doch der wirtschaftlichen Betrachtungsweise entspringt und ein wesentlicher Bestandteil der im Verlauf der Jahre präzisierten Dumont-Praxis gewesen war (vgl. BGE 123 II 218 E. 1c und 2; BGE 103 Ib 197 E. 3; Urteil 2C_233/2011 vom 28. Juli 2011 E. 3.2). Eine "wirtschaftliche" Gesamtbetrachtung eines Totalsanierungs-, Renovierungs- oder Umbauprojekts auf einer neu erworbenen Liegenschaft, aufgrund derer der einkommenssteuerliche Kostenabzug schematisch komplett und damit auch für Kostenbestandteile verweigert wird, die bei individueller Betrachtung aufgrund ihrer objektiv-technischen Natur eigentlich werterhaltender Natur wären, ist also weder mit dem Wortlaut noch mit der Entstehungsgeschichte von Art. 32 Abs. 2 DBG vereinbar (vgl. MAIBACH/HÄUSELMANN, Kein Unterhaltskostenabzug bei wirtschaftlichem Neubau, StR 70/2015 S. 658, S. 659 f.; KOCHER/ANZANTE, a.a.O., S. 722; NICOLAS MERLINO, in: Commentaire romand, LIFD, 2. Aufl. 2017, N. 52 zu Art. 32 DBG; für eine individuelle Betrachtung nach objektiv-technischen Kriterien auch RICHNER/FREI/KAUFMANN/ROHNER, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 4. Aufl. 2021, N. 73 zu § 30 StG/ZH; a.M. PETER LOCHER, Kommentar zum DBG, 2. Aufl. 2019, N. 19 und 33 zu Art. 32 DBG; differenzierend LISSI/DINI, in: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 4. Aufl. 2022, N. 35 zu Art. 32 DBG). Mit Blick auf künftige, hier nicht streitbetroffene Steuerperioden ist sodann auf Art. 32 Abs. 2 Satz 3 DBG in der seit dem 1. Januar 2020 gültigen Fassung hinzuweisen, wonach die Rückbaukosten im Hinblick auf einen Ersatzneubau den Unterhaltskosten gleichgestellt sind. Ab der Steuerperiode 2020 ist also bei Totalsanierungs-, Renovierungs- oder Umbauprojekten ohnehin zwischen verschiedenen Kategorien von Aufwendungen zu unterscheiden, sodass insoweit auch der für die Rechtsfigur des wirtschaftlichen Neubaus angeführte Praktikabilitätsvorteil einer Gesamtbetrachtung entfällt.
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4.7 Die Beschwerdeführer führen in ihrer Beschwerde im Einzelnen auf, welche Aufwendungen zu welchen Teilen als werterhaltend zu betrachten seien, und haben dazu bereits vor der Vorinstanz diverse Unterlagen eingereicht. Aufgrund ihrer im Lichte der vorstehenden Erwägungen unrichtigen Rechtsauffassung hat sich die Vorinstanz hierzu folgerichtig nicht geäussert. Da es nicht am Bundesgericht ist, die Sachverhaltsdarstellung und Beweismittel der Beschwerdeführer wie eine erste Gerichtsinstanz zu würdigen, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu Sachverhaltsergänzung und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 107 Abs. 2 BGG).
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