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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
4. In materiell-rechtlicher Hinsicht zu prüfen ist in einem  ...
5. Die Vorinstanz hält die Ausschüttung von verdeckten  ...
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16. Auszug aus dem Urteil der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Kantonales Steueramt Nidwalden (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
9C_678/2021 vom 17. März 2023
 
 
Regeste
 
Art. 20 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 und Art. 125 Abs. 3 DBG; Kapitaleinlageprinzip; Rückzahlung verdeckter Kapitaleinlagen.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 149 II 158 (159)A. Die B. AG (nachfolgend: die Gesellschaft) mit Sitz in U./NW, deren Alleinaktionärin A. war, erwarb gemäss öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 10. Dezember 2003 für einen Preis von total EUR 4'610'000.- (bei einem Umrechnungskurs von 1.4862 entsprechend Fr. 6'851'382.-) eine Hotelliegenschaft in V./D. Davon entfielen EUR 4'500'000.- auf ein Erbbaurecht, das A. als Erbbauberechtigte der B. AG verkaufte (...). Zum Erwerbspreis kamen nach Angaben von A. Kaufkosten von EUR 192'131.- bzw. Fr. 285'545.- hinzu. Daraus ergaben sich Anschaffungskosten in Höhe von Fr. 7'136'927.-. Dessen ungeachtet wurde die Hotelliegenschaft in der Buchhaltung der B. AG im Jahr 2003 nur zum Betrag von Fr. 1'865'995.- bilanziert. Im Zeitraum von 2004 bis 2014 wurde der Buchwert der Liegenschaft laufend angepasst. Als die Liegenschaft im Zuge der Liquidation der B. AG im Jahr 2015 verkauft wurde, betrug der Buchwert Fr. 3'426'930.- bzw. EUR 2'850'199.-. Aus der Veräusserung der Liegenschaft resultierte gemäss Erfolgsrechnung der B. AG ein Bruttoerlös in Höhe von EUR 5'546'357.60.
B. Mit Veranlagungsverfügung vom 5. Oktober 2018 rechnete das Kantonale Steueramt Nidwalden A. für das Steuerjahr 2015 sowohl für die direkte Bundessteuer als auch für die Kantons- und Gemeindesteuern einen Betrag in Höhe von Fr. 2'284'214.- (Begründung zur Veranlagung) bzw. Fr. 2'212'929.- (Veranlagungsziffern) als Einkommen auf. (...) Dagegen erhob A. Einsprache. Mit Einspracheentscheid vom 1. September 2020 (verfügt am 3. September 2020) wies das Steueramt die Einsprache ab und verböserte dieBGE 149 II 158 (159) BGE 149 II 158 (160)Veranlagung, indem sie den aufzurechnenden Betrag nunmehr mit Fr. 2'275'164.- bezifferte. (...) Eine Beschwerde hiergegen wies das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 19. April 2021 (versendet am 12. August 2021) ab.
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. September 2021 beantragt A. die Aufhebung des Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden vom 19. April 2021. Die Aufrechnung von Fr. 2'275'164.- sei aufzuheben und das steuerbare Einkommen sei auf Fr. 49'705.- festzusetzen.
Das Kantonale Steueramt Nidwalden und - betreffend die direkte Bundessteuer - die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) beantragen die Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführerin repliziert, das Kantonale Steueramt Nidwalden dupliziert.
(Auszug)
 
III. Direkte Bundessteuer
Vorliegend steht eine privative Übernahme einer Schuld der Gesellschaft durch einen Anteilsinhaber zur Diskussion. Soweit derBGE 149 II 158 (160) BGE 149 II 158 (161)Anteilsinhaber im Gegenzug für diese Schuldübernahme keine Regressforderung gegenüber der Gesellschaft erwirbt und die Gesellschaft ihm auch sonst keine Gegenleistung erbringt, gibt es keinen Grund, diesen Vorgang im Kontext von Art. 20 Abs. 3 DBG anders zu behandeln als den Zuschuss von Barmitteln in die Gesellschaft, mit denen die Gesellschaft ihre Schulden in der Folge selbst begleicht. Mit der Vorinstanz und der Lehre ist demnach davon auszugehen, dass dieser Vorgang eine Kapitaleinlage im Sinne von Art. 20 Abs. 3 DBG bedeutet.
Dieser Würdigung steht im Übrigen nicht entgegen, dass das Bundesgericht in einem Urteil aus dem Jahr 2014 die Praxis der ESTV bestätigt hat, wonach Forderungsverzichte der Anteilsinhaber in Sanierungssituationen ungeachtet Art. 60 lit. a DBG grundsätzlich steuerbar sind, wenn sie erfolgswirksam verbucht werden (Urteil 2C_634/2012 vom 20. Oktober 2014 E. 5.2.4, in: StE 2015 B 72.19 Nr. 19, StR 70/2015 S. 247; Kreisschreiben Nr. 32 der ESTV vom 23. Dezember 2010 "Sanierung von Kapitalgesellschaften und Genossenschaften", Ziff. 3.1.b; vgl. zur analogen Situation bei Forderungsverzichten von nahestehenden Personen Urteil 2C_576/2020 vom 17. August 2020 E. 2.3.2; vgl. auch zur Rechtslage vor Inkrafttreten des DBG BGE 115 Ib 269 E. 4c). Vorliegend geht es nicht um einen Forderungsverzicht in einer Sanierungssituation. Ausserdem hat die Gesellschaft die der Befreiung von der Hypothekarschuld inhärente Leistung der Beschwerdeführerin auch nicht erfolgswirksam verbucht.
Die Gesellschaft hat die Befreiung von der Hypothekarschuld durch die Beschwerdeführerin nicht in ihren Büchern abgebildet. Es ist demnach entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Zahlung der Gesellschaft als Rückzahlung einer verdeckten Kapitaleinlage betrachtet hat.
BGE 149 II 158 (161)
BGE 149 II 158 (162)5. Die Vorinstanz hält die Ausschüttung von verdeckten Kapitaleinlagen (in Anwendung von Art. 20 Abs. 1 lit. c DBG) für steuerbar. Es ist zu prüfen, ob dies zutrifft.
5.2.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der massgeblichen Norm. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss das Gericht unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente nach der wahren Tragweite der Norm suchen. Dabei hat es insbesondere den Willen des Gesetzgebers zu berücksichtigen, wie er sich namentlich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (historische Auslegung). Weiter hat das Gericht nach demBGE 149 II 158 (162) BGE 149 II 158 (163)Zweck, dem Sinn und den dem Text zugrunde liegenden Wertungen zu forschen, namentlich nach dem durch die Norm geschützten Interesse (teleologische Auslegung). Wichtig ist auch der Sinn, der einer Norm im Kontext zukommt, und das Verhältnis, in welchem sie zu anderen Gesetzesvorschriften steht (systematische Auslegung). Das Bundesgericht befolgt bei der Auslegung von Gesetzesnormen einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es ab, die einzelnen Auslegungselemente einer Prioritätsordnung zu unterstellen (BGE 148 V 28 E. 6.1; BGE 146 V 224 E. 4.5.1, BGE 146 V 95 E. 4.3.1, 51 E. 8.1; je mit Hinweisen).
5.2.3 Die Position der ESTV und damit auch der Vorinstanz scheint inspiriert zu sein von Art. 5 Abs. 1bis des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über die Verrechnungssteuer (VStG; SR 642.21), der ähnlich wie Art. 20 Abs. 3 DBG eine Ausnahme von der Verrechnungssteuer für die Rückzahlung von Reserven aus Kapitaleinlagen vorsieht. Im Unterschied zu Art. 20 Abs. 3 DBG setzt Art. 5 Abs. 1bis VStG ausdrücklich voraus, dass "die Reserven aus Kapitaleinlagen von der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft in der Handelsbilanz auf einem gesonderten Konto ausgewiesen werden und die Gesellschaft oder Genossenschaft jede VeränderungBGE 149 II 158 (163) BGE 149 II 158 (164)auf diesem Konto der [ESTV] meldet." Der Bundesrat hatte ursprünglich gleich wie bei der Verrechnungssteuer auch die Ausnahme von der Einkommenssteuer nach Art. 20 Abs. 3 DBG davon abhängig machen wollen, dass die Kapitaleinlagen in der Handelsbilanz auf einem gesonderten Konto ausgewiesen und Veränderungen der ESTV gemeldet werden (Botschaft vom 22. Juni 2005 zum Bundesgesetz über die Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten und Investitionen [Unternehmenssteuerreformgesetz II], BBl 2005 4733, 4845 Ziff. 7.2, 4878). Auf Antrag der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S) wurden diese zusätzlichen Voraussetzungen in Art. 20 Abs. 3 E-DBG im Rahmen der parlamentarischen Beratungen gestrichen und stattdessen die Kapitalgesellschaften und Genossenschaften in Art. 125 Abs. 3 DBG (unter der Marginalie "Beilagen zur Steuererklärung") verpflichtet, "das ihrer Veranlagung zur Gewinnsteuer dienende Eigenkapital am Ende der Steuerperiode oder der Steuerpflicht auszuweisen. Dieses besteht aus dem einbezahlten Grund- oder Stammkapital, den in der Handelsbilanz ausgewiesenen Reserven aus Kapitaleinlagen nach Artikel 20 Absätze 3-7, den offenen und den aus versteuertem Gewinn gebildeten stillen Reserven sowie aus jenem Teil des Fremdkapitals, dem wirtschaftlich die Bedeutung von Eigenkapital zukommt" (AB 2006 S 441). Der Kommissionssprecher im Ständerat bezeichnete diese Änderung als eine "mehr formelle Bereinigung" (vgl. Votum Ständerat Lauri, AB 2006 S 441). Wie aus den Kommissionsprotokollen der WAK-S hervorgeht, bezweckte der Änderungsantrag, dass - entgegen dem Vorschlag des Bundesrats - beim Anteilsinhaber auch dann keine Einkommenssteuer anfallen sollte, wenn die Gesellschaft die Kapitaleinlage nicht bzw. nicht korrekt verbucht hatte. Denn die unrichtige bzw. unvollständige Verbuchung könne nicht dem Anteilsinhaber angelastet werden. Mit Art. 125 Abs. 3 DBG sollte nur, aber immerhin im Sinne einer Bilanzvorschrift die Gesellschaft zum separaten Ausweis der Kapitaleinlagen verpflichtet werden (vgl. Protokolle WAK-S vom 16.-18. Januar 2006, S. 89 ff. und vom 27./28. März 2006, S. 18 ff.). In der Schwesterkommission des Nationalrats vertrat ein Vertreter der Verwaltung später allerdings die Auffassung, dass die offene, separate Verbuchung der Kapitaleinlagen trotz der Änderung Voraussetzung für die Einkommenssteuerfreiheit sei (vgl. Protokoll WAK-N vom 26./27. Juni 2006, S. 49).BGE 149 II 158 (164)
BGE 149 II 158 (165)5.2.4 Auch aus der gesetzessystematischen Position von Art. 125 Abs. 3 DBG im 2. Kapitel ("Verfahrenspflichten") des Dritten Titels ("Veranlagung im ordentlichen Verfahren") des Fünften Teils ("Verfahrensrecht") des Gesetzes folgt grundsätzlich, dass diese Vorschrift nur das Verfahren und nicht den materiellen Teil des Steuerrechtsverhältnisses betrifft. Zudem richtet sich die Bestimmung nach ihrem klaren Wortlaut nicht an die Anteilsinhaber, sondern an die Kapitalgesellschaften und Genossenschaften.
5.2.5 In Anbetracht dieser grammatikalischen, historischen und systematischen Ausgangslage dominiert in der Literatur die Meinung, dass auch verdeckte Kapitaleinlagen von der Steuerausnahme gemäss Art. 20 Abs. 3 DBG profitieren können müssen (vgl. RETO ARNOLD, Unternehmenssteuerreform II - Publikation des Kreisschreibens Nr. 29 zum Kapitaleinlageprinzip, StR 66/2011 S. 101; BRAUCHLI ROHRER/ATHANASSOGLU, Kapitaleinlageprinzip - Es besteht Handlungsbedarf, Der Schweizer Treuhänder [ST] 2010 S. 690; BRÜLISAUER/SUTER, Das Kapitaleinlageprinzip [1. Teil], IFF Forum für Steuerrecht 2011 S. 124 f.; DANON/OBRIST, a.a.O., N. 286 zu Art. 20 DBG; RECHSTEINER/SIGRIST, Das Kapitaleinlageprinzip der USTR II, ST 2008 S. 785; OLIVER UNTERSANDER, Kapitaleinlageprinzip und Unternehmenssteuerreform II, 2005, S. 35 f.; tendenziell auch SOTTILE/IGLESIAS, Principe de l'apport de capital en droit fiscal et relation avec le droit commercial, in: Développements récents et droit commercial II, CEDIDAC Nr. 90, 2013, S. 45 f.; a.M. dagegen ALTORFER/ALTORFER, Das Kapitaleinlageprinzip, ST 2009 S. 274; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Handkommentar zum DBG, 3. Aufl. 2016, N. 109 zu Art. 20 DBG; ohne klaren Positionsbezug ALTORFER/STREULE, a.a.O., N. 223 f. zu Art. 20 DBG; PETER LOCHER, Kommentar DBG, Teil I, 2. Aufl. 2019, N. 170 zu Art. 20 DBG). Aus verfassungsrechtlicher Sicht fügen gewisse Autoren an, dass auch das Postulat der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Art. 127 Abs. 2 BV) gebiete, verdeckte Kapitaleinlagen bei der Ausschüttung von der Einkommenssteuer auszunehmen. Es handle sich nicht um von der Gesellschaft neu erwirtschaftete Gewinne, deren Besteuerung beim Anteilsinhaber gerechtfertigt wäre. Ausserdem drohe eine Benachteiligung von Anteilsinhabern schweizerischer Kapitalgesellschaften und Genossenschaften im Vergleich zu Anteilsinhabern ausländischer Gesellschaften (vgl. BRÜLISAUER/ SUTER, a.a.O., S. 126; DANON/OBRIST, a.a.O., N. 286 zu Art. 20 DBG). In der Tat besteht die ESTV bei ausländischen Gesellschaften, fürBGE 149 II 158 (165) BGE 149 II 158 (166)die zwar das Kapitaleinlageprinzip, nicht aber das schweizerische Rechnungslegungsrecht gilt, offenbar nicht auf dem gesonderten Ausweis in der Handelsbilanz, sondern lässt auch einen auf "andere Art erbrachten Nachweis über das Vorliegen und die Rückzahlung von qualifizierenden Kapitaleinlagen durch die in der Schweiz ansässigen Beteiligungsinhaber" genügen (ESTV-KS Nr. 29c, S. 9 Ziff. 4.1).
BGE 149 II 158 (167)5.3.2 Auch Praktikabilitätsüberlegungen gebieten jedenfalls in der vorliegenden Konstellation keine Deckungsgleichheit zwischen der Verrechnungssteuer und der Einkommenssteuer. Auf Ebene der Verrechnungssteuer liegt die Steuerpflicht bei der ausschüttenden Gesellschaft (Art. 10 Abs. 1 VStG). Die Verrechnungssteuer wird im Selbstveranlagungsverfahren erhoben (Art. 38 Abs. 2 VStG); die ESTV kann und muss nicht jeden Steuertatbestand untersuchen. Da die Gesellschaft steuerbare Leistungen innert 30 Tagen ab Entstehung der Steuerforderung (d.h. i.d.R. innert 30 Tagen ab Fälligkeit der steuerbaren Leistung; Art. 16 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 12 Abs. 1 VStG und Art. 21 Abs. 1 und 2 der Verordnung vom 19. Dezember 1966 über die Verrechnungssteuer [VStV; SR 642.211]) deklarieren und in derselben Frist die Steuer bezahlen können muss, ist es unabdingbar, dass bereits im Zeitpunkt der Ausrichtung Gewissheit darüber besteht, ob Leistungen der steuerpflichtigen Gesellschaft an ihre Anteilsinhaber der Verrechnungssteuer unterliegen oder nicht. Das Verbuchungserfordernis in Art. 5 Abs. 1bis VStG dient dazu, diese Gewissheit herzustellen (vgl. ALTORFER/GRETER, in: Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, 2. Aufl. 2012, N. 154 zu Art. 5 VStG). Insofern kann sich die ESTV bei der Verrechnungssteuer neben dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1bis VStG auch auf einen praktischen Grund berufen, wenn sie den steuerpflichtigen Gesellschaften die steuerfreie Auszahlung von Kapitaleinlagen nur dann gestatten will, wenn das Verbuchungserfordernis eingehalten ist (vgl. aber ALTORFER/ GRETER, a.a.O., N. 154 f. zu Art. 5 VStG; BRÜLISAUER/SUTER, a.a.O., S. 124 ff., nach denen das Verbuchungserfordernis auch bei der Verrechnungssteuer nur verfahrensrechtliche Bedeutung haben soll).
Bei der direkten Bundessteuer veranlagen die kantonalen Steuerbehörden die Anteilsinhaber dagegen individuell für ihre steuerpflichtigen Einkünfte, wobei sie den relevanten Sachverhalt "zusammen mit dem Steuerpflichtigen" feststellen (Art. 123 Abs. 1 DBG). Im direktsteuerlichen Veranlagungsverfahren gilt mithin die Untersuchungsmaxime (BGE 148 II 285 E. 3.1.1; BGE 147 II 209 E. 5.1.3); die Veranlagungsbehörde kann und muss - unter Mitwirkung des Steuerpflichtigen - grundsätzlich jeden steuerbaren Sachverhalt untersuchen. Im Unterschied zur Situation bei der Verrechnungssteuer braucht das steuerliche Schicksal einer Leistung nicht bereits im Zeitpunkt ihrer Ausrichtung geklärt zu sein. Denn in der Veranlagung des Anteilsinhabers kann die VeranlagungsbehördeBGE 149 II 158 (167) BGE 149 II 158 (168)retrospektiv prüfen, ob Leistungen, die der Anteilsinhaber von der Gesellschaft empfangen hat, aus Kapitaleinlagen stammten oder nicht. In der Regel wird die Veranlagungsbehörde dafür auf die Aufstellungen der Gesellschaft gemäss Art. 125 Abs. 3 DBG zurückgreifen. Es spricht indessen nichts dagegen, den Anteilsinhabern zu erlauben, auf andere Weise nachzuweisen, dass eine Leistung aus einer Kapitaleinlage stammte und deshalb steuerfrei bleiben muss. Wie bereits erwähnt, lässt die ESTV solche alternative Nachweise für Kapitaleinlagen in ausländische Gesellschaften zu (vgl. ESTV-KS Nr. 29c, S. 9 Ziff. 4.1). Gelingt dieser Nachweis nicht, trägt der Anteilsinhaber die beweisrechtlichen Konsequenzen, da es sich um eine steuermindernde bzw. -ausschliessende Tatsache handelt (Art. 8 ZGB analog; BGE 148 II 285 E. 3.1.3).