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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Erwägung 1
Bearbeitung, zuletzt am 02.09.2023, durch: DFR-Server (automatisch)
 
17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B., Stadt Zürich, Bausektion des Stadtrates und Stadt Zürich, Tiefbauamt (Beschwerde in öffentlich- rechtlichen Angelegenheiten)
 
 
1C_203/2022 vom 12. April 2023
 
 
Regeste
 
Art. 93 BGG; Baubewilligung mit Nebenbestimmungen.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 149 II 170 (171)A. Die Bausektion des Stadtrats Zürich erteilte B. mit Beschluss vom 26. Juni 2018 die Baubewilligung für den Ersatzneubau eines Wohnhauses an der X-gasse in Zürich. Hiergegen rekurrierten A. und die C. als Eigentümer von Nachbarparzellen an das Baurekursgericht des Kantons Zürich, das die Rechtsmittel am 30. August 2019 guthiess und die Baubewilligung aufhob. Daraufhin gelangte B. an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Mit Urteil vom 8. April 2020 hiess dieses seine Beschwerde gut. Es hob den Entscheid des Baurekursgerichts auf und wies die Angelegenheit zur neuen Beurteilung zurück.
Das wiederum mit der Sache befasste Baurekursgericht wies die Rekurse mit Entscheid vom 23. Oktober 2020 ab, soweit es darauf eintrat. In der Folge erhob A. Beschwerde. Mit Urteil vom 10. Februar 2022 wies das Verwaltungsgericht ihr Rechtsmittel ab.
B. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 5. April 2022 beantragt A., die Urteile des Verwaltungsgerichts vom 8. April 2020 und vom 10. Februar 2022 seien aufzuheben und die Baubewilligung zu verweigern. Eventuell sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...)
Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.
(Auszug)
 
 
Erwägung 1
 
1.4 Beim angefochtenen Urteil vom 8. April 2020 handelt es sich um einen Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG. Das Verwaltungsgericht entschied darin (anders als vor ihm das Baurekursgericht), dass die Absätze 1 und 2 des am 1. November 2018 in Kraft getretenen Art. 24cbis der Bau- und Zonenordnung (BZO) derBGE 149 II 170 (172) BGE 149 II 170 (173)Stadt Zürich auf das Verfahren anwendbar seien, nicht aber dessen Absätze 3 bis 5. Es kam zum Schluss, dass die Bestimmung der Bewilligungsfähigkeit des Projekts nicht entgegenstehe. Dieser Zwischenentscheid wirkte sich auf den Inhalt des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 10. Februar 2022 aus. Sofern es sich bei Letzterem um einen Endentscheid handelt, kann Ersterer nach Art. 93 Abs. 3 BGG zusammen mit diesem beim Bundesgericht angefochten werden. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, ist im Folgenden zu untersuchen.
1.6 Bei den genannten Nebenstimmungen handelt es sich um aufschiebende Bedingungen. Bis zu ihrer Realisierung kann die Baubewilligung keine praktische Wirksamkeit entfalten. Nach der Rechtsprechung führen derartige Bedingungen dazu, dass das Baubewilligungsverfahren als noch nicht abgeschlossen gilt, sofern die Formulierung der Bedingungen einen Spielraum für ihre Umsetzung belässt. Diesfalls kann die Baubewilligungsbehörde die Einhaltung der Nebenbestimmung erst gestützt auf entsprechend überarbeitete Pläne beurteilen,BGE 149 II 170 (173) BGE 149 II 170 (174)d.h. diese Beurteilung wird nicht schon im Rechtsmittelentscheid vorweggenommen (zum Ganzen: Urteil 1C_513/2020 vom 3. Mai 2021 E. 1.1 mit Hinweisen). Dies ist hier der Fall: Bei der Umsetzung der erwähnten Vorschriften zur Umgebungsgestaltung und insbesondere zur Parkierung besteht ein Spielraum. Im Übrigen bestreitet die Beschwerdeführerin, dass angesichts der beschränkten Platzverhältnisse überhaupt sämtliche Anforderungen erfüllt werden könnten, und sie kritisiert, das Verwaltungsgericht habe sich mit ihrer Kritik zu diesem Punkt teilweise nicht auseinandergesetzt.
1.7 In seiner Rechtsprechung zu Baubewilligungen, die von der verfügenden Behörde oder einer Rechtsmittelbehörde mit Nebenbestimmungen versehen wurden, ist das Bundesgericht freilich teilweise (ausdrücklich oder stillschweigend) von einem Endentscheid ausgegangen, allerdings ohne die dargelegten Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 90 BGG zu erörtern (Urteile 1C_72/2021 vom 12. September 2022 E. 1; 1C_25/2019 vom 5. März 2020 E. 1; 1C_266/2018 vom 12. April 2019 E. 1; 1C_615/2017 vom 12. Oktober 2018 E. 1.1; 1C_398/2016 vom 2. Februar 2017 E. 1). Stattdessen setzte es sich im Rahmen der materiellen Begründung mit der Frage auseinander, ob das bundesrechtliche Koordinationsgebot von Art. 25a RPG (SR 700) missachtet oder kantonale Normen betreffend die Möglichkeit, eine Bewilligung mit Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen, Befristungen) zu verknüpfen, in willkürlicher Weise (Art. 9 BV) angewendet worden war. In dieser Hinsicht erwog es etwa, es gehe nicht an, einen Bau mit der Auflage zu bewilligen, die fehlende Erschliessung müsse vor Baubeginn geregelt sein. Nachgelagerte Verfahren seien nur dann zulässig, wenn dies von der Sache her sinnvoll sei - so beispielsweise, wenn die Beurteilung der Farb- und Materialwahl während der Bauausführung besser möglich sei - und sich daraus keine wesentlichen neuen Auswirkungen oder Änderungen für das Projekt ergeben oder ergeben könnten (Urteile 1C_25/2019 vom 5. März 2020 E. 8; 1C_266/2018 vom 12. April 2019 E. 3.3; 1C_615/2017 vom 12. Oktober 2018 E. 2.5 mit Hinweis auf ARNOLD MARTI, Besprechung des Urteils 1C_476/ 2016 vom 9. März 2017, in: ZBl 118/2017 S. 623).
1.8 Unbesehen der Frage, ob nachgelagerte Verfahren im Licht von Art. 25a RPG und dem kantonalen Recht zulässig sind, ist indessen zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein nach Art. 90 ff. BGG vor Bundesgericht anfechtbarer Entscheid vorliegt. Nach dem AusgeführtenBGE 149 II 170 (174) BGE 149 II 170 (175)ist von einem Zwischenentscheid auszugehen, wenn bei der Umsetzung der Nebenbestimmung ein Spielraum besteht und trotz nominaler Erteilung einer "Baubewilligung" gar noch nicht gebaut werden darf. Dabei ist vom wahren Sinn der Bewilligung auszugehen und nicht von einer allenfalls unglücklich gewählten Formulierung (vgl. Urteil 1C_72/2021 vom 12. September 2022 E. 4.4).
1.9 In der Literatur ist die bundesgerichtliche Praxis zu Nebenbestimmungen in Baubewilligungen mit dem Argument kritisiert worden, dass häufig unklar sei, ob eine Auflage der Bauherrschaft einen Gestaltungsspielraum bzw. der Baubewilligungsbehörde einen Entscheidungsspielraum belasse. Verfahrensbeteiligte Dritte müssten in jedem nicht eindeutigen Fall den Gang ans Bundesgericht auf sich nehmen (REY/HOFSTETTER, Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zu suspensiv erteilten Baubewilligungen, BR 2023 S. 8). Dem ist Folgendes entgegenzuhalten: Zwar qualifiziert das Bundesgericht Rückweisungsentscheide, die der unteren Instanz keinen Entscheidungsspielraum mehr belassen, hinsichtlich ihrer Anfechtbarkeit als (Quasi-)Endentscheide, obwohl sie formal Zwischenentscheide darstellen. Jedoch riskieren die Verfahrensbeteiligten nicht den Verlust der Beschwerdemöglichkeit, wenn sie solche Entscheide nicht sofort anfechten. Denn wird von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht, sind die betreffenden Zwischenentscheide praxisgemäss in Anwendung von Art. 93 Abs. 3 BGG durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar (zum Ganzen: Urteil 1C_317/2019 vom 17. März 2020 E. 2 mit Hinweisen). Die Beantwortung der Frage, ob ein formal nicht verfahrensabschliessender, kantonal letztinstanzlicher Entscheid einen (Gestaltungs- bzw. Entscheidungs-)Spielraum belässt, verliert somit insofern an Bedeutung, als beim Zuwarten mit der Erhebung einer Beschwerde ans Bundesgericht kein Rechtsverlust droht. An den obigen Ausführungen ist deshalb festzuhalten.