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Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger sei durch eine i ...
2. Nach Art. 143 Abs. 2 SchKG hat der Ersteigerer, der den Gantka ...
3. Auf S. 8 der Berufungsschrift versucht die Beklagte ihre Schad ...
4. Die Vorinstanz hat dem Kläger die Kosten der ersten Gant  ...
5. (Zinsberechnung.)  ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
36. Urteil der II. Zivilabteilung vom 4. Oktober 1956 i.S. Konkursmasse der Hotel Rigi-First AG gegen Dubs.
 
 
Regeste
 
Grundstückssteigerung; Zahlungsverzug; Haftung für die Verwertungskosten.
 
Die Haftung setzt voraus, dass aus der Nichterfüllung des ersten Steigerungskaufs ein Schaden entstanden ist.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 82 III 137 (137)A.- Im Konkurs der Hotel Rigi-First AG wurde die Hotelliegenschaft samt Zugehör bei der öffentlichen Versteigerung vom 15. Juli 1948 zum Preise von Fr. 500 000.-- Karl Dubs zugeschlagen, nachdem er unmittelbar vorher eine Anzahlung von Fr. 10'000.-- geleistet hatte. Ziffer 7 der Steigerungsbedingungen regelte die auf Abrechnung anBGE 82 III 137 (137) BGE 82 III 137 (138)der Kaufsumme zu leistenden Barzahlungen und Ziffer 8 a) bestimmte, dass der Ersteigerer ohne Abrechnung an der Kaufsumme "die Verwertungskosten, sowie die Kosten der Eigentumsübertragung und der in bezug auf Grundpfandrechte, Dienstbarkeiten usw. erforderlichen Löschungen und Änderungen im Grundbuch und in den Pfandtiteln" zu übernehmen bezw. bar zu bezahlen habe (vgl. Formular VZG Nr. 13 b). Nach Ziffer 10 hatte der Käufer die Barzahlungen im Sinne von Ziffern 7 und 8 bis zum 5. August 1948 zu erbringen.
B.- In der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1948 brannte das Hotel bis auf die Grundmauern nieder. Am 29. Juli 1948 wurde Dubs unter dem Verdacht, am Brand irgendwie beteiligt zu sein, in Untersuchungshaft gesetzt. Da er seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam und mehrere zu Verlust gekommene Grundpfandgläubiger sich der von ihm nachgesuchten Erstreckung der Zahlungsfrist widersetzten, hob die Konkursverwaltung am 19. August 1948 den Zuschlag auf. Die Beschwerde, die Dubs hiegegen führte, wurde letztinstanzlich am 17. Januar 1949 abgewiesen.
C.- Die Versicherungsgesellschaften, bei denen das Hotel gegen Feuerschaden versichert war, zahlten dem Konkursamt für Gebäudeschaden (Verkehrswert) und Zugehör insgesant Fr. 423'866.-- aus.
D.- Am 24. Mai 1950 fand die zweite Steigerung statt. Versteigert wurden die Hotelliegenschaft mit der Brandruine und der im Falle des Wiederaufbaus des Hotels vor dem 1. April 1952 bestehende Versicherungsanspruch auf Zahlung der "Differenz zwischen dem Ersatzwert bei Wiederaufbau des Hotelgebäudes von Fr. 1193 000.-- und dem Verkehrswert von Fr. 228'000.--" in Höhe von Fr. 965'000.--. Ziffer 1 der "Besondern Steigerungsbedingungen" bestimmte:
"Der frühere Ersteigerer haftet für den Ausfall und allen weitern Schaden. Der Zinsverlust wird hiebei zu 5% berechnet. Insbesondere fallen die Verwertungskosten dieses Verfahrens zu seinen Lasten."BGE 82 III 137 (138) BGE 82 III 137 (139)Dubs nahm an dieser Steigerung teil. Den Zuschlag erhielt zu Fr. 180'000.-- ein anderer Bieter.
E.- Mit Schreiben vom 22. August 1950 verlangte Dubs von der Konkursmasse auf den 26. August 1950 die Rückerstattung der am 15. Juli 1948 geleisteten Anzahlung von Fr. 10'000.-- und die Auszahlung des Betrages von Fr. 22'591.65, auf den sich seine durch den Ganterlös gedeckte Grundpfandforderung samt den Zinsen belief. Am 29. August 1950 hinterlegte er beim Konkursamt gegen Freigabe von zwei Schuldbriefen, die er nach der ersten Steigerung bei diesem Amte hinterlegt hatte, den Betrag von Fr. 10'000.--. Da die Konkursmasse seinen Anspruch auf diese Beträge ablehnte, leitete er im Jahre 1954 gegen sie beim Vermittleramt Arth Klage auf Zahlung von Fr. 42'591.65 nebst 5% Zins seit 26. August 1950 ein. Die Beklagte anerkannte bei der Sühnverhandlung vom 5. Juni 1954, dass er Fr. 21'380.94 zugut habe, und zahlte ihm diesen Betrag aus. Die Restforderung des Klägers von Fr. 21'210.71 bestritt sie infolge Verrechnung mit einer Schadenersatzforderung gegen den Kläger, die sich wie folgt zusammensetzt:
"1. Verwaltungskosten bis zur Aufhebung des
Gantzuschlages durch Urteil des Schweiz.
Bundesgerichtes vom 17. Januar 1949 Fr. 15'634.18
2. Kosten der ersten Steigerung vom 15. Juli
1948 " 1'666.48
3. Kosten der zweiten Steigerung vom
24. Mai 1950 " 740.85
4. Gebühren- und Auslagenrechnung des
Konkursamtes Arth " 2'849.20
5. Grundbuchgebühren Arth & Vitznau " 320.--
Total Fr. 21'210.71."
Hierauf belangte der Kläger die Beklagte vor Bezirksgericht Schwyz auf Zahlung von Fr. 21, 210.71 nebst Zins... Das Bezirks- und das Kantonsgericht Schwyz haben die Klage für den Betrag von Fr. 19'544.23 nebst Zins ... geschützt und sie für die restlichen Fr. 1666.48 abgewiesen.
F.- Gegen das kantonsgerichtliche Urteil vom 27. Februar 1956 hat die Beklagte die Berufung an das BundesgerichtBGE 82 III 137 (139) BGE 82 III 137 (140)erklärt mit dem Antrag auf gänzliche Abweisung der Klage. Der Kläger hat die Anschlussberufung erklärt mit dem Antrag, es sei ihm auch der abgewiesene Betrag von Fr. 1666.48 zuzusprechen.
 
Die Beklagte weist freilich darauf hin, dass die Gantbedingungen dem zweiten Ersteigerer keine Kosten auferlegten, woraus ersichtlich gewesen sei, dass der frühere Ersteigerer sie tragen sollte, da doch keine Rede davon habe sein können, dass sie der "unschuldigen" Konkursmasse aufgebürdet würden. Daraus allein musste jedoch der Kläger keineswegs den Schluss ziehen, die seine Haftung betreffende Ziffer 1 der Gantbedingungen sei anders als wörtlich zu verstehen. Die Konkursverwaltung konnteBGE 82 III 137 (140) BGE 82 III 137 (141)ja aus andern Gründen als im Hinblick auf die Haftung des frühern Ersteigerers davon absehen, dem zweiten Ersteigerer Kosten aufzuerlegen, z.B. aus der Überlegung heraus, dass ein dem Erwerber ohne Abrechnung am Kaufpreis überbundener Kostenbetrag von über Fr. 20'000.-- eine entsprechende Zurückhaltung der Bieter zur Folge haben müsste; es ist doch wohl anzunehmen, dass der an der zweiten Gant erzielte Erlös von Fr. 180'000.-- den Betrag darstellt, den der letzte Bieter insgesamt auszulegen bereit war.
Abgesehen hievon ist aber die Auffassung der Beklagten auch deshalb unrichtig, weil es sich bei Ziffer 1 der Gantbedingungen nicht um eine "Verfügung" im Sinne des Art. 17 SchKG handeln konnte. Die Konkursverwaltung hatte keine rechtliche Möglichkeit, in einer für den Kläger verbindlichen Weise zu verfügen, dass und in welchem Umfang er für die Folgen der Nichterfüllung des Gantkaufs einzustehen habe. Über das Bestehen einer Haftung aus Art. 143 Abs. 2 SchKG hat im Streitfall der Richter zu befinden (vgl. JAEGER N. 2 zu Art. 143). Deshalb behandelt Art. 131 VZG richtigerweise die Ausfallforderung im Konkurs als einen Rechtsanspruch der Masse, in Ansehung dessen der Konkursverwaltung nur die Befugnis zum Inkasso oder zur Abtretung an die Gläubiger zusteht. Unter diesen Umständen konnte in Ziffer 1 der Gantbedingungen ohnehin nur ein Hinweis auf die gegebenenfalls zur Anwendung kommenden gesetzlichen Bestimmungen oder die Ankündigung eines Anspruchs der Masse liegen, nicht aber eine Verfügung, die mangels Anfechtung durch Beschwerde rechtskräftig geworden wäre. Hätte die Konkursmasse im vorliegenden Falle nicht zufälligerweise die tatsächliche Möglichkeit der Verrechnung gehabt, so wäre ihr bezw. den allfälligen Abtretungsgläubigern zur Durchsetzung ihres angeblichen Anspruchs von vornherein kein anderer Weg offen gestanden als die Anrufung des Richters.
2. Nach Art. 143 Abs. 2 SchKG hat der Ersteigerer, der den Gantkauf nicht hält, den bei der zweiten SteigerungBGE 82 III 137 (141) BGE 82 III 137 (142)allfällig entstehenden Ausfall und den weitern Schaden zu ersetzen. Einen Ausfall macht die Beklagte nicht geltend. Dagegen will sie um den Betrag der Verwertungskosten von Fr. 21'210.71 geschädigt sein. Nach ihrer Meinung dürfen die der Konkursmasse ausbezahlten Brandversicherungsbeträge bei der Schadensermittlung nicht in Rechnung gestellt werden. Ob ihr aus der Nichterfüllung des Gantkaufs durch den Kläger ein Schaden erwachsen sei, lässt sich aber schlechterdings nicht anders feststellen als durch Vergleichung der Lage, in der sie sich bei Erfüllung befunden hätte, mit derjenigen, die sich aus der Nichterfüllung ergeben hat. Dabei kann selbstverständlich die Tatsache nicht unberücksichtigt bleiben, dass sie Brandversicherungsbeträge empfangen hat, die bei Erfüllung des Gantkaufs nicht an sie ausbezahlt worden wären. Ihr Hinweis auf Mühen und Kosten, die sie zur Einbringung der Versicherungsleistungen habe aufwenden müssen, ist unbehelflich, da sie diese Aufwendungen nicht näher bezeichnet und insbesondere nicht angegeben hat, auf welchen Betrag sie zu beziffern seien. Es muss daher bei der Feststellung der Vorinstanz bleiben, dass der Erlös aus der zweiten Gant zusammen mit den Brandversicherungsleistungen nicht nur den frühern Zuschlagspreis erreichte, sondern dass daraus auch noch die sämtlichen Kosten im Betrag von Fr. 21'210.71, welche die Beklagte als Schaden geltend macht, "mehr als gedeckt werden konnten". Durch die Nichterfüllung des ersten Gantkaufs hat somit die Konkursmasse nicht einen Schaden erlitten, sondern im Gegenteil einen bedeutenden Vorteil erlangt.
3. Auf S. 8 der Berufungsschrift versucht die Beklagte ihre Schadenersatzforderung damit zu begründen, dass ihr der Kläger durch Unterlassung einer Beschwerde gegen Ziffer 1 der Steigerungsbedingungen die Möglichkeit genommen habe, die Verwertungskosten dem zweiten Ersteigerer aufzulegen. Diese Ausführungen gehen schon deshalb fehl, weil es sich, wie in Erwägung 1 ausgeführt, bei jener "Bedingung" nicht um eine der BeschwerdeBGE 82 III 137 (142) BGE 82 III 137 (143)zugängliche Verfügung handelte. Zudem ist auch in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es keineswegs sicher, sondern im Gegenteil durchaus unwahrscheinlich ist, dass die zweite Gant auch bei Überbindung der Kosten einen Erlös von Fr. 180 000.-- ergeben hätte. Für den Gantkäufer machte es ja keinen Unterschied, ob er diesen Betrag als reinen Kaufpreis zahlte oder ob darin Verwertungskosten enthalten waren. Bei Überbindung der Kosten wäre daher der Zuschlagspreis aller Wahrscheinlichkeit nach entsprechend niedriger geblieben.
Aus diesen Gründen ist die Hauptberufung abzuweisen.
BGE 82 III 137 (144)Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Hauptberufung wird abgewiesen. In Gutheissung der Anschlussberufung wird das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass die Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger Fr. 21'210.70 nebst Zins... zu bezahlen.BGE 82 III 137 (144)