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Regeste
Mit Eingabe vom 26. Januar 1961 haben Sie uns die Frage unterbreitet, welches Betreibungsamt zur Eintragung von Eigentumsvorbehalten zuständig sei, wenn der Erwerber unter Vormundschaft steht: ob es das Amt des Wohnsitzes sei, also des Sitzes der Vormundschaftsbehörde (Art. 25 Abs. 1 ZGB), oder das Amt des unter Umständen von jenem Wohnsitz verschiedenen "tatsächlichen" Wohnortes.
1. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer steht nicht an, auf d ...
2. Das Gesetz (Art. 715 Abs. 1 ZGB) schreibt vor, dass der Eigent ...
3. Bei Bevormundeten muss nach der gesetzlichen Ordnung gleichwie ...
4. Die für die Eintragung am tatsächlichen Wohnort ange ...
5. Endlich ist darauf hinzuweisen, dass bevormundete Personen nur ...
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7. Schreiben der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 16. Februar 1961 an das Betreibungsinspektorat des Kantons Zürich.
 
 
Regeste
 
Wo sind Eigentumsvorbehalte einzutragen, wenn der Erwerber unter Vormundschaft steht?
 
 
BGE 87 III 29 (29)Mit Eingabe vom 26. Januar 1961 haben Sie uns die Frage unterbreitet, welches Betreibungsamt zur Eintragung von Eigentumsvorbehalten zuständig sei, wenn der Erwerber unter Vormundschaft steht: ob es das Amt des Wohnsitzes sei, also des Sitzes der VormundschaftsbehördeBGE 87 III 29 (29) BGE 87 III 29 (30)(Art. 25 Abs. 1 ZGB), oder das Amt des unter Umständen von jenem Wohnsitz verschiedenen "tatsächlichen" Wohnortes.
 
Die das Gesetz ausführende Verordnung stellt dies völlig klar. Sie spricht an gewissen Stellen, dem Wortlaut des Gesetzes folgend, vom Wohnort des Erwerbers, daneben aber - offensichtlich in gleicher Bedeutung - von dessen Wohnsitz (vgl. Art. 3 Abs. 2 und Art. 4 Abs. 5). Darin liegt eine zweifellos richtige Verdeutlichung des Gesetzestextes. Die Rechtslehre steht auf dem gleichen Boden (vgl. LEEMANN, N. 32 ff. zu Art. 715, und HAABBGE 87 III 29 (30) BGE 87 III 29 (31)/SIMONIUS/SCHERRER, N. 55 ff. zu den Art. 715/16 ZGB).
Die Verordnung bestimmt ferner, die Eintragung sei (falls der Erwerber in der Schweiz wohnt) "nur" an seinem Wohnorte zu vollziehen, nicht auch noch an einem andern Ort, wie etwa an der Geschäftsniederlassung einer natürlichen Person oder, bei einer juristischen Person, ausser am Hauptsitz auch noch am Ort eines Filialbetriebes (vgl.BGE 42 II 14ff.). Bei ausländischen Gesellschaften ist der schweizerische Filialsitz laut Handelsregistereintrag, nicht der allenfalls in einem andern Betreibungskreis befindliche Betriebsort massgebend (BGE 45 II 272ff.).
So verhält es sich selbst dann, wenn die Vormundschaftsbehörde dem Mündel gemäss Art. 412 ZGB eine selbständige berufliche oder gewerbliche Tätigkeit gestattet hat und er diese Tätigkeit (erlaubterweise) in einem andern Betreibungskreis ausübt. In diesem Falle besteht zwar für Verbindlichkeiten aus dem Betrieb ein spezieller Betreibungsort (Art. 47 Abs. 3 SchKG). Das spielt jedoch für die Eintragung von Eigentumsvorbehalten keine Rolle, da hiefür ein einheitlicher Registerort am Wohnort (= Wohnsitz) vorgesehen ist.
4. Die für die Eintragung am tatsächlichen Wohnort angeführten Zweckmässigkeitsgründe halten der Prüfung nicht stand. Wenn gesagt wird, ein Verkäufer, der den Vertrag in Unkenntnis der Vormundschaft mit dem Käufer selbst abgeschlossen hat, sollte in allen Fällen an dessen "tatsächlichem" Wohnort in gültiger Weise den Eigentumsvorbehalt eintragen lassen können, so liefe dies auf eine Missachtung des Vormundschaftsrechtes hinaus. Nach Art. 375 Abs. 3 ZGB ist eine gehörig veröffentlichteBGE 87 III 29 (31) BGE 87 III 29 (32)Bevormundung jedermann gegenüber wirksam. Zu schützen sind danach diejenigen, die der Vormundschaft Rechnung tragen und sich an das Registeramt des Sitzes der Vormundschaftsbehörde wenden. Wer sich über die dem Bevormundeten gegenüber bestehenden Eigentumsvorbehalte erkundigen will, hat Anspruch darauf, bei diesem Amt erschöpfende Auskunft zu erhalten. Dritten gegenüber darf somit ein nur anderswo erfolgter Eintrag keinesfalls wirksam sein (vgl. auchBGE 39 I 144undBGE 42 III 16).
Mit einer andern Lösung der Frage des Eintragungsortes wäre übrigens für den Verkäufer wenig gewonnen. War der Käufer urteilsunfähig, so ist der Vertrag gar nicht gültig, auch der Eigentumsvorbehalt als solcher nicht; indessen ist das nicht gültig übertragene Eigentum ohnehin beim Verkäufer geblieben. Bei Urteilsfähigkeit des Käufers kann der Vertrag nur mit Genehmigung des Vormundes endgültig zustande kommen (Art. 410 ZGB). Erfährt der Verkäufer nachträglich von der Vormundschaft, und erwirkt er die Genehmigung des Vormundes, so steht nichts entgegen, nun den Eigentumsvorbehalt am zuständigen Ort eintragen zu lassen. Die Genehmigung wirkt ja, auch wenn sie nicht zum voraus erteilt wurde, zurück, und der Eigentumsvorbehalt kann, sofern er nur bei Übergabe der Sache bereits vereinbart war, auch noch später eingetragen werden (BGE 42 III 175). Entsprechendes gilt, wenn der Kaufvertrag durch eine allgemeine Bewilligung der Vormundschaftsbehörde nach Art. 412 ZGB gedeckt ist. Ist dies aber nicht der Fall, und wird der Kaufvertrag auch nicht vom Vormund genehmigt, so ist dem Eigentumsvorbehalt die Rechtsgrundlage entzogen, selbst wenn er bereits beim zuständigen Registeramt eingetragen wurde. Im übrigen steht dem Verkäufer nach Art. 411 ZGB grundsätzlich die Rückforderung der Sache zu.
5. Endlich ist darauf hinzuweisen, dass bevormundete Personen nur mit Zustimmung der VormundschaftsbehördeBGE 87 III 29 (32) BGE 87 III 29 (33)ausserhalb des Vormundschaftskreises Wohnung nehmen dürfen und alsdann die Vormundschaft auf die Behörde des neuen Ortes zu übertragen ist (Art. 377 ZGB; BGE 86 II 287 ff.). Wird diese Regelung befolgt, so fällt überall dort, wo jede Gemeinde eine eigene Vormundschaftsbehörde hat, der tatsächliche Wohnort der von ihr betreuten Mündel mit dem Sitz der Behörde zusammen. So verhält es sich auch im Kanton Zürich (§ 73 EGzZGB). Die Zuständigkeitsnorm des Art. 715 ZGB, wie sie nach dem Gesagten zu verstehen ist, dürfte daher gewöhnlich niemandem nachteilig sein. Es ist uns auch nicht bekannt geworden, dass die das Gesetz ergänzenden, den Ort der Eintragungen betreffenden Bestimmungen der Verordnung vom 19. Dezember 1910 sich als unzweckmässig oder der Ergänzung bedürftig erwiesen hätten. Wir halten daher eine Änderung dieser Bestimmungen nicht für geboten.BGE 87 III 29 (33)