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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Während die Rekurrenten sich auf den Standpunkt stellen,  ...
3. a) Diese Rechtfertigung der kantonalen Aufsichtsbehörde w ...
4. In einem Briefwechsel, den die Schuldbetreibungs- und Konkursk ...
5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die kantonalen Aufsicht ...
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17. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 27. September 1988 i.S. X. und Y. (Rekurs)
 
 
Regeste
 
Art. 18 Abs. 1 SchKG. Feststellung der Fristwahrung.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 114 III 51 (51)A.- Mit Postaufgabe am 18. Juli 1988 erhoben X. und Y. gegen die Entscheide des Bezirksgerichtspräsidenten von Steckborn vom 27./28. Juni 1988 Beschwerde bei der Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Thurgau. Da diese Zweifel hegte, ob die zehntägige Beschwerdefrist eingehalten sei, forderte sie mit Schreiben vom 19. Juli 1988 die Beschwerdeführer auf, innert fünf Tagen den Nachweis der Fristwahrung zu erbringen - dies verbunden mit der Androhung, dass sonst auf die Beschwerden nicht eingetreten würde. Des näheren ging es um die Feststellung, an welchem Tag den Beschwerdeführern die erstinstanzlichen Entscheide zugestellt worden waren.BGE 114 III 51 (51)
BGE 114 III 51 (52)Die Beschwerdeführer weigerten sich, den von ihnen verlangten Beweis der Fristwahrung zu erbringen. Das veranlasste die Rekurskommission an der Sitzung vom 11. August 1988, entsprechend ihrer Androhung auf die Beschwerden nicht einzutreten.
B.- Gegen den Nichteintretensentscheid der Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 11. August 1988 haben X. und Y. Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts erhoben, der gutgeheissen wurde.
 
3. a) Diese Rechtfertigung der kantonalen Aufsichtsbehörde widerspricht der Auffassung, welche die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts in einem anderen Rekursverfahren derselben Rekurrenten gegen einen Nichteintretensentscheid der Rekurskommission des Obergerichts des Kantons Thurgau vertreten hat. In jenem Urteil vom 6. Juli 1988 (dessen Begründung die Parteien noch nicht kannten, als der hier angefochtene Nichteintretensentscheid gefällt wurde) hat das Bundesgericht ausgeführt, es könne kaum Zweifel darüber aufkommen, dass von Amtes wegen zu prüfen sei, ob die Beschwerde- und Rekursfristen gemäss Art. 17 ff. eingehalten worden sind; und esBGE 114 III 51 (52) BGE 114 III 51 (53)hat unter Hinweis auf die Literatur (GILLIERON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, Lausanne 1985, S. 58 oben; JAEGER, Schuldbetreibung und Konkurs, Zürich 1911, N. 9 zu Art. 17 SchKG, N. 3 zu Art. 18 SchKG; JAEGER, Poursuite pour dettes et faillite, Lausanne/Genève 1920, N. 3 zu Art. 18 SchKG, Abs. 2) der Meinung Ausdruck gegeben, dass gegebenenfalls die Aufsichtsbehörden der Frage nachzugehen hätten, wann ein Beschwerdeführer oder Rekurrent Kenntnis vom angefochtenen Entscheid bekommen hat, und dass zu diesem Zweck von den Aufsichtsbehörden die nötigen Bescheinigungen einzuholen seien.
b) Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer hat in ihrem Urteil vom 6. Juli 1988 auch auf BGE 102 III 127 hingewiesen, wo im Leitsatz gesagt wurde, die Frage, ob eine Beschwerde rechtzeitig erhoben worden ist, müsse von der Aufsichtsbehörde auf jeden Fall dann von Amtes wegen geprüft werden, wenn es ohne weiteres als möglich erscheine, dass die Beschwerdefrist eingehalten worden ist. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, gibt doch die Rekurskommission im angefochtenen Entscheid selber zu, dass die Beschwerdefrist im kantonalen Verfahren "eventuell als gegeben zu erachten gewesen wäre", nämlich in dem Fall, wo die Rekurrenten die erstinstanzlichen Entscheide am letzten Tag der postalischen Abholfrist entgegengenommen haben sollten. Die Rekurrenten ihrerseits behaupten, sie hätten die Entscheide des Bezirksgerichtspräsidenten von Steckborn am zweitletzten Tag der Abholfrist (6. Juli 1988, 07.45) abgeholt und betrachten damit die Einreichung des Rekurses am Montag, 18. Juli 1988, als rechtzeitig.
c) Nicht entgegenhalten kann die Rekurskommission den Rekurrenten BGE 92 I 253 ff. Abgesehen davon, dass dieser Bundesgerichtsentscheid die Beweislast im Steuerverfahren zum Gegenstand hat, vermag auch seine Begründung bei näherer Betrachtung den Standpunkt der Rekurskommission nicht zu stützen:
Das Bundesgericht hat diesem Urteil die Beweislastregel von Art. 8 ZGB zugrunde gelegt, wonach die Beweislosigkeit einer Tatsache zu Ungunsten dessen ausschlägt, der aus ihrem Vorhandensein ein Recht ableitet. Es hat dann ausgeführt, der Beweis dafür, dass es überhaupt zur Zustellung der Verfügung kam, obliege der Behörde, die allein in der Lage sei, sich den Beweis dafür zu sichern. Wer die Beweislast dafür zu tragen habe, wann die Zustellung erfolgte, hänge davon ab, ob der Versand des Aktes durch die Behörde oder der Empfang derselben durch die ParteiBGE 114 III 51 (53) BGE 114 III 51 (54)die Frist auslöse. Wörtlich heisst es dann für den Fall, dass der Beginn der Rechtsmittelfrist auf den Tag festgesetzt wird, an dem der Adressat die Verfügung erhalten hat: "Da eine Partei, der eine Verfügung uneingeschrieben zugestellt worden ist, regelmässig nicht in der Lage ist, das Empfangsdatum nachzuweisen, fällt die Beweislast für das Datum der Behörde zu, die die Beweislosigkeit durch den uneingeschriebenen Versand des Aktes verursacht hat" (BGE 92 I 258 E. 3a).
Für den Beginn der Rekursfrist in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen ist unbestritten das Datum der Zustellung massgebend (Art. 77 Abs. 2 OG; BGE 97 III 9 E. 1), also der Tag, an welchem der Rekurrent den vorinstanzlichen Entscheid erhalten hat. Die Rekurskommission behauptet nicht, dass sie von einer anderen Fristberechnung ausgehe. Sie behauptet aber auch nicht, dass den Rekurrenten die Entscheide des Bezirksgerichtspräsidenten von Steckborn eingeschrieben zugestellt worden wären, und offensichtlich steht schon gar nicht eine Zustellung nach Massgabe von Art. 72 der Verordnung (1) zum Postverkehrsgesetz (SR 783.01) zur Diskussion.
Damit steht fest, dass auch nach der Regel, welche das Bundesgericht in dem von der Rekurskommission zitierten Urteil aufgestellt hat, den kantonalen Aufsichtsbehörden der Beweis dafür obliegt, dass die Rekurrenten nicht rechtzeitig Beschwerde eingelegt haben.
Es bleibt aber dabei, dass von Bundesrechts wegen keine Vorschrift besteht, welche die (unteren und oberen) kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen dazuBGE 114 III 51 (54) BGE 114 III 51 (55)verpflichten würde, ihre Entscheide in einer postalisch ganz bestimmten Form zuzustellen (BGE 97 III 9 E. 1). Doch obliegt es den Aufsichtsbehörden, das Datum der Zustellung ihres Entscheides zu beweisen, wenn dieses wegen einer unzweckmässigen Form der Zustellung nicht ohne weiteres festgestellt werden kann. Das entspricht der von Rechtsprechung und Literatur aufgestellten Regel, wonach die Beweislast von der Behörde zu tragen ist, wenn die Partei den Beweis der Rechtzeitigkeit aus Gründen nicht erbringen kann, die nicht von ihr, sondern von der Behörde zu verantworten sind (BGE 92 I 257 E. 3 mit Hinweis auf BGE 70 I 66 und KUMMER, N. 191 zu Art. 8 ZGB; vgl. bezüglich Art. 34 SchKG auch BGE 101 III 67 E. 5).