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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Gemäss Art. 41 Abs. 1 VVG (SR 221.229.1) wird die Forderu ...
4. Die Beweislast für eine Anzeigepflichtverletzung begr&uum ...
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81. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. Z. gegen X. Versicherungen (Berufung)
 
 
5C.7/2003 vom 12. Mai 2003
 
 
Regeste
 
Auskunftspflicht des Anspruchsberechtigten im Schadenfall (Art. 39 VVG).
 
Art. 6 VVG sieht keine Beweiserleichterung im Sinne einer Mitwirkungspflicht des Anspruchsberechtigten vor. Darauf hinaus liefe aber eine Ausdehnung der Auskunftspflicht von Art. 39 VVG auf den dort geregelten Tatbestand (E. 4).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 129 III 510 (511)Am 13. April 1999 erlitt Z. einen Verkehrsunfall. Mit Schadenanzeige vom 20. Januar 2000 machte sie gegenüber der X. Versicherung Leistungen für Erwerbsausfall geltend. Auf Ersuchen der Versicherung erstattete der Hausarzt von Z. am 28. Februar 2000 einen Auszug aus der Krankengeschichte seiner Patientin.
Am 23. März 2001 klagte Z. beim Kantonsgericht Nidwalden gegen die X. Versicherung auf Bezahlung des Erwerbsausfalls. Die Beklagte erhob Widerklage. Mit Urteil vom 28. Februar 2002 wies das Kantonsgericht die Klage zur Zeit ab (Ziff. 1). Die Widerklage wurde gutgeheissen und die Klägerin verpflichtet, der Beklagten Namen und Adressen der Krankenkassen bekannt zu geben, bei welchen sie in den Jahren 1991 bis 1996 versichert war (Ziff. 2 ). Dagegen appellierte die Klägerin und beantragte, das Urteil des Kantonsgerichts aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Erwerbsunfähigkeitsrenten im Betrage von Fr. 14'076.94 nebst Zins zu bezahlen. Am 3. Oktober 2002 hiess das Obergericht des Kantons Nidwalden die Appellation gut und hob die Ziffern 2-5 des Urteils des Kantonsgerichts auf.
Die Klägerin beantragt dem Bundesgericht mit Berufung, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung des eingeklagten Betrages zu verpflichten. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut und weist die Sache an das Obergericht zur materiellen Entscheidung zurück.
BGE 129 III 510 (511)
 
BGE 129 III 510 (512)Aus den Erwägungen:
 
Vorliegend hat die Anspruchsberechtigte eine Lebensversicherung mit Leistungen auch im Falle der Erwerbsunfähigkeit abgeschlossen. Sie begründet ihren Anspruch mit der durch den Unfall vom 13. April 1999 erlittenen Arbeitsunfähigkeit, wofür ihr die Beklagte ab dem 91. Tag eine monatliche Rente von Fr. 1'000.- zu entrichten hat. Befürchtetes Ereignis ist die geltend gemachte Erwerbsunfähigkeit. Demzufolge ist die Klägerin zu allen Auskünften über Umstände verpflichtet, welche der Abklärung der von ihr geltend gemachten Erwerbsunfähigkeit oder deren Folgen dienlich sind. Nun stehen aber keine Unklarheiten im Zusammenhang mit dem leistungsbegründenden Ereignis zur Diskussion, dessen Eintritt anscheinend klar ist und von der Beklagten nicht bestritten wird. Umstritten ist vielmehr, ob die Beklagte gemäss Art. 6 VVG vom Vertrag zurücktreten darf bzw. hätte zurücktreten müssen, oder ob sie gestützt auf die gesetzliche Mitwirkungspflicht von der Klägerin weitere Angaben bzw. Vollmachten in Bezug auf Abklärungen einer allfälligen Verletzung der Anzeigepflicht einholen und sich erst später für oder gegen einen Rücktritt entscheiden darf.
BGE 129 III 510 (513)
BGE 129 III 510 (514)4. Die Beweislast für eine Anzeigepflichtverletzung begründenden Umstände obliegt - der Regel von Art. 8 ZGB entsprechend - dem Versicherer (URS CH. NEF, Basler Kommentar [Hrsg.: Honsell/Vogt/Schnyder], N. 14 zu Art. 6 VVG). Art. 6 VVG sieht keine Beweiserleichterung im Sinne einer Mitwirkungspflicht des Anspruchsberechtigten vor. Darauf hinaus liefe aber eine Ausdehnung der Mitwirkungspflicht von Art. 39 VVG auf den in Art. 6 VVG geregelten Tatbestand; der Anspruchsberechtigte wäre danach hinsichtlich der ihm verdachtsweise vorgeworfenen Anzeigepflichtverletzung gezwungen, gewissermassen sich selber zu denunzieren. Ist aber Art. 39 VVG auf die Rücktrittsmöglichkeit des Versicherers gemäss Art. 6 VVG nicht anwendbar, hat die Klägerin mit ihrem passiven Verhalten auf das Schreiben der Beklagten vom 14. März 2000 weder gegen eine klare gesetzliche noch vertragliche Mitwirkungspflicht verstossen bzw. keine Auskunftspflicht verletzt. Es kann daher auch nicht gesagt werden, zufolge Verletzung der Mitwirkungspflicht habe die Forderung nicht fällig werden können und habe die Frist von Art. 6 VVG nicht zu laufen begonnen. Der Beklagten steht einzig die Sanktionsmöglichkeit zur Verfügung, vom Vertrag zurückzutreten. Die Sache ist zum materiellen Entscheid an das Obergericht zurückzuweisen.BGE 129 III 510 (514)