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Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Gemäss Art. 80 Abs. 1 SchKG kann der Gläubiger defin ...
3. Der Beschwerdeführer wähnt sich in einem Albtraum. E ...
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17. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. Nachmann gegen German und Mitb. sowie Obergericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
 
 
5P.315/2003 vom 9. Dezember 2003
 
 
Regeste
 
Internationales Privatrecht; definitive Rechtsöffnung aufgrund eines Schiedsspruchs (Art. 80 Abs. 1 SchKG, Art. 1 Abs. 1 lit. e, Art. 189 und 190 IPRG).
 
Die fehlende Begründung des Schiedsspruchs bildet keinen Anfechtungsgrund; dieser Umstand steht daher auch der Gewährung der definitiven Rechtsöffnung gestützt auf den Schiedsspruch nicht entgegen (E. 2.2).
 
Da die Erläuterung des Schiedsspruchs mit Beschwerde hätte angefochten werden können, eine Anfechtung aber unterblieben ist, erweist sich die Annahme der kantonalen Instanz nicht als willkürlich, es stehe ihr im Rahmen des Rechtsöffnungsverfahrens nicht zu, die Einwendung der mangelhaften Erläuterung zu prüfen (E. 2.3).
 
Mangels Beschwerde gegen den Schiedsspruch ist die Auffassung der kantonalen Instanz nicht willkürlich, sie habe im Rechtsöffnungsverfahren nicht zu prüfen, ob dem Schiedsgericht eine Klage bzw. ein Rechtsbegehren unterbreitet worden sei (E. 2.4).
 
Verneinung der Nichtigkeit des Schiedsspruchs im konkreten Fall (E. 3).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 130 III 125 (126)A. Mit als "Arbitration" übertiteltem Entscheid ("decision") vom 31. Dezember 1998 verpflichtete Hugo Krug, Düsseldorf, JeanBGE 130 III 125 (126) BGE 130 III 125 (127)Nachmann (im Folgenden: der Beschwerdeführer), der "German family" USD 425'000.- und GBP 15'000.- (zuzüglich Zinsen) zu bezahlen. Er führte in seinem Entscheid unter anderem aus, er sei von beiden Parteien unwiderruflich beauftragt worden, ihren Streit beizulegen. In der Folge stellte der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht Düsseldorf den Antrag, den Schiedsspruch aufzuheben. Mit Beschluss vom 23. März 2000 wies das Oberlandesgericht Düsseldorf den Antrag zurück mit der Begründung, Schiedsort sei nach der Schiedsvereinbarung Zürich. Der darauf angerufene III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs beschloss am 25. Januar 2001, die Rekursbeschwerde nicht entgegenzunehmen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukomme und sie im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg habe.
B. Auf Antrag der "German family", nämlich Eitan German, Judith German und Joachim German, bescheinigte die III. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich am 28. November 2001 gestützt auf Art. 193 Abs. 2 IPRG die Vollstreckbarkeit des Schiedsentscheids vom 31. Dezember 1998. Zur Begründung wurde angeführt, der Schiedsrichter habe in der Erklärung vom 5. September 2001 zu einem entsprechenden Erläuterungsbegehren die Namen und Adressen der einzelnen Mitglieder der "German family" bezeichnet (nämlich die Beschwerdegegner) und am 12. Februar 2001 gestützt auf ein weiteres Erläuterungsbegehren zudem schriftlich bescheinigt, dass sein Entscheid vom 31. Dezember 1998 nach den Bestimmungen des 12. Kapitels des IPRG ergangen sei und der Sitz des Schiedsgerichts sich in Zürich befunden habe. Weiter habe das schweizerische Bundesgericht bestätigt, dass bis zum 26. November 2001 keine Beschwerde gegen den Schiedsspruch eingegangen sei. Auf eine gegen diese Vollstreckbarkeitsbescheinigung eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde trat das Kassationsgericht des Kantons Zürich nicht ein.
C. Am 11. März 2003 erteilte die Einzelrichterin des Bezirksgerichts Meilen auf Gesuch der Beschwerdegegner in der Betreibung Nr. 13'343 des Betreibungsamtes Zollikon definitive Rechtsöffnung im Betrage von Fr. 706'095.- nebst Zins zu 5% seit dem 10. Januar 2002 sowie Fr. 264'552.- und Fr. 35'818.- nebst Zins zu 8% seit dem 1. Januar 1998. Das Obergericht des Kantons Zürich wies eine gegen diese Verfügung erhobene Nichtigkeitsbeschwerde am 30. Juni 2003 ab.BGE 130 III 125 (127)
BGE 130 III 125 (128)D. Gegen diesen Entscheid hat der Beschwerdeführer am 29. August 2003 staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Hauptantrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache an das Obergericht zurückzuweisen mit der Anweisung, die Rechtsöffnung aufzuheben; eventualiter sei festzustellen, dass ihm ab Kenntnisnahme des bundesgerichtlichen Entscheids über die vorliegende Beschwerde die Wiederherstellungsfrist gemäss Art. 35 OG zur Anfechtung des Schiedspruchs vom 31. Dezember 1998 im Sinne von Art. 190 Abs. 2 IPRG zu laufen beginne. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
 
2. Gemäss Art. 80 Abs. 1 SchKG kann der Gläubiger definitive Rechtsöffnung verlangen, wenn die in Betreibung gesetzte Forderung auf einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil beruht. Legt der Gläubiger ein Urteil und eine Rechtskraftbescheinigung vor, kann sich der Schuldner nur in engen Grenzen gegen die Rechtsöffnung zur Wehr setzen. So kann er rügen, das Urteil sei nichtig. Dieser Einwand führt allerdings bei Zivilurteilen nur in den seltensten Fällen zum Erfolg (vgl. BGE 63 III 57; STAEHELIN, Basler Kommentar, SchKG I, N. 14 zu Art. 80 SchKG) und wird von Lehre (vgl. etwa JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 4. Aufl., 1997, Kommentierung zu Art. 80 SchKG) und Rechtsprechung (BGE 117 III 57 E. 4a S. 59) als mögliche Einwendung gegen den Rechtsöffnungstitel daher teils gar nicht erwähnt. Weiter kann der Schuldner rügen, der Sachentscheid sei nicht vollstreckbar (vgl. JAEGER/WALDER/KULL/ KOTTMANN, a.a.O., N. 2 zu Art. 81 SchKG; STAEHELIN, a.a.O., N. 2 zu Art. 81 SchKG). Schliesslich kann er bei Urteilen geltend machen und durch Urkunden beweisen, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden oder die Verjährung eingetreten sei (Art. 81 Abs. 1 SchKG). Schiedsurteile sind Urteilen staatlicher Gerichte gleichgestellt (BGE 117 III 57 E. 4a S. 59). Sie unterstehen bei internationalen Verhältnissen dem IPRG (Art. 1 Abs. 1 lit. e und Art. 176 Abs. 1 IPRG; STAEHELIN, a.a.O., N. 16 zu Art. 80 SchKG).
2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei willkürlich, gestützt auf ein Schriftstück, das von den kantonalen Behörden als "Schiedsentscheid" bezeichnet werde, definitive Rechtsöffnung zuBGE 130 III 125 (128) BGE 130 III 125 (129)gewähren, wenn der betreibende Gläubiger nicht gleichzeitig die zugrunde liegende Schiedsvereinbarung vorlege. Der Rechtsöffnungsrichter habe nämlich zu prüfen, ob der vorgelegte Entscheid wirklich ein vollstreckbarer Schiedsspruch und nicht bloss ein Schiedsgutachten oder eine Meinungsäusserung sei.
Es trifft zu, dass der Schiedsentscheid gemäss Art. 189 Abs. 2 IPRG zu begründen ist, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Die Begründung des Entscheids ist dispositiver Natur. Darauf kann auch im Nachgang zum Entscheid konkludent verzichtet werden. Der Beschwerdeführer behauptet selber nicht, er habe eine Begründung verlangt. Bei dieser Sachlage kann er im Vollstreckungsverfahren nicht mit Erfolg rügen, dem Schiedsentscheid fehle die erforderliche Begründung. Es kommt hinzu, dass Art. 190 Abs. 2 IPRG den Beschwerdegrund der fehlenden Entscheidgründe nicht kennt. Die Begründungspflicht kann auch nicht aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör im Sinne von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG abgeleitet werden (BGE 116 II 373). Die fehlende Begründung eines Schiedsurteils verstösst zudem nicht gegen den Ordre public (Art. 190 Abs. 2 lit. e IPRG; BGE 101 Ia 521 E. 4 S. 525 ff.). Bildet das Fehlen einer Begründung nicht einmal einen Anfechtungsgrund nach Art. 190 Abs. 2 IPRG, so kann dieser Umstand auch die Vollstreckung nicht hindern.
BGE 130 III 125 (131)Was den Hinweis auf die fehlende Schiedsvereinbarung und die fehlende Begründung des Erläuterungsentscheids betrifft, kann auf bisher Gesagtes verwiesen werden. Im Weiteren trifft die Aussage, es handle sich bei der "German family" um eine völlig falsche Parteibezeichnung, nicht zu. Vielmehr erläuterte der Schiedsrichter mit Schreiben vom 5. September 2001 die ungenaue Parteibezeichnung dahingehend, dass es sich um die Beschwerdegegner handelt, welche im Verlauf des ganzen Schiedsverfahrens nicht geändert haben. Schliesslich weist das Obergericht mit Grund darauf hin, dass der Beschwerdeführer die Erläuterung mit Beschwerde gemäss Art. 190 Abs. 2 IPRG hätte anfechten können. Da er dies nicht getan hat, durfte die kantonale Behörde ohne Willkür annehmen, es stehe nicht in ihrer Kompetenz, die Einwendung der mangelhaften Erläuterung im Rahmen des Rechtsöffnungsverfahrens zu prüfen.
3.2 Im vorliegenden Fall liegt kein Nichtentscheid vor. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Schiedsrichter sein Schriftstück vom 31. Dezember 1998 als Entscheid ("I am giving you herebelow my decision") bezeichnet und auch ein klares Dispositiv verfasst, datiert und unterzeichnet hat. Zudem hat er in seiner Erläuterung vom 12. Februar 2001 festgehalten, dass dieser Entscheid nach den Bestimmungen des 12. Kapitels des IPRG ergangen sei und der Sitz des Schiedsgerichts sich in Zürich befinde. Es hat dem Beschwerdeführer bei dieser Sachlage klar sein müssen, dass der Schiedsrichter nicht bloss eine Meinung zum Ausdruck gebracht, sondern einen Entscheid gefällt hat, welcher rechtzeitig angefochten werden muss. Tatsächlich hat der Beschwerdeführer den Schiedsspruch innert Frist beim (unzuständigen) Oberlandesgericht Düsseldorf unter anderem mit der Begründung angefochten, es liege kein Entscheid eines Schiedsgerichts vor. Der Entscheid kann auch nicht wegen seiner Mängel als nichtig bezeichnet werden. Dem Entscheid des Schiedsrichters ist im vorliegenden Fall ein jahrelanger intensiv geführter Streit um formelle und materielle Fragen voraus gegangen. Aus den umfangreichen Darlegungen im Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. März 2000 zum Verfahrensablauf werden der Grund des jahrelangen Streits, dessen Entwicklung und die materiellen Standpunkte der ParteienBGE 130 III 125 (132) BGE 130 III 125 (133)deutlich sichtbar. Es wird wohl zutreffen, dass das Verfahren Mängel aufweist, zumal es sich beim Schiedsrichter zwar offenbar um eine Fachperson handelt, welche das Vertrauen beider Parteien genossen hat und den Streit richtig hat einschätzen können, nicht aber um einen Juristen, der in Verfahrensfragen bewandert ist. Insgesamt kann jedenfalls nicht gesagt werden, es habe überhaupt kein Verfahren stattgefunden. Weiter hat der Beschwerdeführer dem Schiedsrichter gegenüber in englischer Sprache schriftlich erklärt, er bevollmächtige ihn, den Streit mit der "German family" zu schlichten, und er werde seine Entscheidung "as a single arbitrator" akzeptieren und befolgen. Ein ähnliches Schreiben liegt auch seitens der Beschwerdegegner vor, so dass auch eine rudimentäre Schiedsvereinbarung besteht. Damit kann nicht angenommen werden, es liege ein Nicht- oder ein nichtiger Entscheid vor. Der Beschwerdeführer hätte vielmehr Anlass gehabt, rechtzeitig nach dem Erlass des Schiedsspruchs oder spätestens nach dem erfolglosen Anrufen der deutschen Gerichte und der vorgenommenen Erläuterungen gestützt auf Art. 190 Abs. 2 IPRG Beschwerde zu erheben oder ein Gesuch um Wiederherstellung der Frist gemäss Art. 35 OG einzureichen.BGE 130 III 125 (133)