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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
1. Gemäss Versicherungspolice vom 3. April 2003 vereinbarten ...
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32. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen X. AG (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
4A_419/2008 vom 28. Januar 2009
 
 
Regeste
 
Krankentaggeldversicherung nach VVG; allgemeine Geschäftsbedingungen; Ungewöhnlichkeitsregel.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 135 III 225 (225)A. A. (Beschwerdeführerin) schloss mit der Z. (nachfolgend: die Versicherung) für die Dauer vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2003 eine "Krankentaggeldversicherung für Betriebsinhaber und Kaderpersonen gemäss Kollektivvertrag mit dem Schweizerischen Kaderverband" nach VVG (SR 221.229.1) ab. Durch einenBGE 135 III 225 (225) BGE 135 III 225 (226)Unfall vom 23. Dezember 2002 wurde die Beschwerdeführerin dauernd zu 100 % arbeitsunfähig. Die Versicherung leistete Taggelder, kündigte jedoch den Vertrag per 31. Dezember 2003 und erbrachte nach diesem Zeitpunkt bis zum 28. Juni 2004 noch 180 Taggelder. Die X. AG (Beschwerdegegnerin) übernahm das Portefeuille der Versicherung. Sie lehnte in der Folge aber das Gesuch um Ausrichtung weiterer Taggelder ab. Daraufhin erhob die Beschwerdeführerin Klage und verlangte von der Beschwerdegegnerin Fr. 33'200.- nebst Zins. Mit Urteil vom 27. Juni 2008 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Klage ab.
B. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, das Urteil des Sozialversicherungsgerichts aufzuheben, und hält an dem im kantonalen Verfahren gestellten Begehren fest. Die Beschwerdegegnerin verweist auf das angefochtene Urteil und schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Sozialversicherungsgericht hat auf Vernehmlassung verzichtet.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und weist die Sache an die Vorinstanz zurück.
 
BGE 135 III 225 (227)1.1 Dass die Kündigung des Versicherungsvertrages durch die Beschwerdegegnerin rechtsgültig erfolgte, ist zwischen den Parteien nicht umstritten. Die Vorinstanz schloss daraus, das Versicherungsverhältnis habe am 31. Dezember 2003 geendet, was mit dem Erlöschen des Vertrages nach Art. 22 Abs. 1 lit. c AVB gleichzusetzen sei. Für diesen Zeitpunkt bestimme Art. 22 Abs. 2 Satz 1 AVB, dass die vertraglichen Leistungen für laufende Krankheiten und Unfälle noch während der folgenden 180 Tage beziehungsweise bis zum Ablauf der vereinbarten Leistungsdauer ausgerichtet würden. Diese Bestimmung ist nach Auffassung der Vorinstanz hinreichend klar. Die Formulierung "beziehungsweise bis zum Ablauf der vereinbarten Leistungen" sei aufgrund des Umstands, dass es der Beschwerdegegnerin nicht verwehrt gewesen sei, nach Eintritt des Schadenfalles den Taggeldvertrag zu kündigen (Art. 23 Abs. 2 AVB), limitierend zu verstehen. Werde fristgerecht gekündigt, erlösche der Versicherungsschutz auf den Kündigungszeitpunkt, selbst wenn in einem laufenden Schadensfall noch nicht sämtliche Taggelder erschöpft sein sollten. Es seien somit grundsätzlich keine Leistungen über diesen Zeitpunkt hinaus geschuldet, mit der Ausnahme der hier vereinbarten Nachdeckung von 180 Taggeldern. Diese seien erbracht worden, weshalb die Klage bereits aus diesem Grund abgewiesen werden müsse und die Frage der Verjährung offengelassen werden könne.
1.4 Bereits in systematischer Hinsicht fällt auf, dass sich die strittige Regelung nicht unter den Bestimmungen zum Umfang der Leistungen, sondern zur Dauer des Versicherungsschutzes befindet, obwohl sie sich inhaltlich auf die Dauer der Leistungserbringung und damit auf den Leistungsumfang bezieht. Dieser beträgt gemäss der besonderen Parteiabrede, welche den allgemeinen Vertragsbestimmungen vorgeht (BGE 125 III 263 E. 4b/bb S. 266 f. mit Hinweisen), maximal 720 Tage pro Versicherungsfall. Nach dem umstrittenen Art. 22 Abs. 2 AVB wirkt sich aber ein Erlöschen des Versicherungsschutzes auf bereits eingetretene Versicherungsfälle leistungsverkürzend aus, selbst wenn das Vertragsende durch eine Kündigung seitens des Versicherungsunternehmens hervorgerufen wurde. Nach dieser Regel hätte es der Versicherer ab einem gewissen Zeitpunkt in der Hand, durch die Kündigung die Leistungsdauer abzukürzen und so das vereinbarte Maximum von 720 Tagen nicht zur Anwendung kommen zu lassen. Eine derartige Möglichkeit des Versicherungsunternehmens, durch einseitige Willenserklärung nach Eintritt des Versicherungsfalles auf den zeitlichen Umfang der geschuldeten Leistungen Einfluss zu nehmen, ist dem Wesen des Versicherungsvertrages und generell dem Grundsatz "pacta sunt servanda" (vgl. hierzu BGE 135 III 1 E. 2.4 S. 9) fremd. Bei Abschluss des Vertrages muss der Versicherungsnehmer vernünftigerweise weder damit rechnen, dass der Versicherungsschutz gegen Ende der Vertragsdauer abnimmt, noch damit, dass der Versicherer nach Belieben eine bereits entstandene Leistungspflicht durch Kündigung des Vertrages reduzieren kann. Art. 22 Abs. 2 AVB hätte zur Folge, dass der Versicherte beim Eintritt eines Schadens gegen Ende der ursprünglich vereinbarten Vertragsdauer die Leistungsdauer zufolge der Ungewissheit über den Fortbestand des Versicherungsvertrages nicht abschätzen könnte. Die Deckungslücken, die durch die Kürzung der Leistungen infolge Kündigung entstünden, blieben auch beim Abschluss eines neuen, an den beendigten anschliessenden Versicherungsvertrages offen (Art. 9 VVG; NEF, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag [VVG], 2001, N. 1 zu Art. 9 VVG). Vor diesem Hintergrund konnte die Versicherung nach Treu und Glauben nicht davon ausgehen, die Beschwerdeführerin würde einer derartigen Klausel zustimmen.BGE 135 III 225 (228)
BGE 135 III 225 (229)1.5 Nach dem Gesagten genügt die globale Übernahme der AVB nicht, um die in Art. 22 Abs. 2 AVB vorgesehene Kürzung der Leistungen bei Kündigung des Vertrages zur Anwendung kommen zu lassen. Dass die Beschwerdeführerin bei Vertragsschluss auf diese Klausel speziell hingewiesen worden wäre, ist nicht festgestellt. Daher kann die Beschwerdegegnerin aus Art. 22 Abs. 2 AVB nichts zu ihren Gunsten ableiten, und es kann offenbleiben, ob die Bestimmung hinreichend klar und überhaupt zulässig ist.BGE 135 III 225 (229)