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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die güterrechtlic ...
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104. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
5A_234/2012 vom 28. September 2012
 
 
Regeste
 
Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB; Hinzurechnung zur Errungenschaft; unentgeltliche Zuwendung und Erfüllung einer sittlichen Pflicht.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 138 III 689 (689)A. X. (Ehemann, geb. 1955) und Y. (Ehefrau, geb. 1960) heirateten am 26. August 1983. Aus der Ehe ging die gemeinsame Tochter A. (geb. 1991) hervor. Im September 1999 bzw. August 2001 bewilligte das Bezirksgericht Muri den Ehegatten auf Antrag von Y. das Getrenntleben und traf die entsprechenden Regelungen. Am 3. Dezember 2007 machte die Ehefrau die Klage auf Scheidung beim Kantonsgericht Zug anhängig. Mit Urteil vom 26. Januar 2011 des Kantonsgerichts Zug wurde die Ehe geschieden und wurden die Nebenfolgen geregelt. Dabei wurde u.a. Y. verpflichtet, X. in Abgeltung seiner güterrechtlichen Ansprüche den Betrag von Fr. 32'266.40 zu bezahlen.
Zur Ermittlung der güterrechtlichen Ansprüche rechnete das Kantonsgericht der Errungenschaft von X. den Betrag von Fr. 116'000.-BGE 138 III 689 (689) BGE 138 III 689 (690)hinzu, den er an B. geleistet hatte. B. ist die Mutter von C. (geb. 2000), den X. am 5. April 2005 als sein Kind anerkannte.
B. Gegen das Urteil gelangte X. mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zug und verlangte u.a., dass Y. ihm aus Güterrecht Fr. 92'292.40 zu bezahlen habe. Zur Begründung führte er an, dass bei seiner Errungenschaft zu Unrecht der Betrag von Fr. 116'000.- als "unentgeltliche Zuwendung" (im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB) hinzugerechnet worden sei. Das Obergericht hiess die Berufung mit Urteil vom 28. Februar 2012 teilweise gut und verpflichtete Y., X. in Abgeltung güterrechtlicher Ansprüche den Betrag von Fr. 34'292.40 zu bezahlen. Im Übrigen wurde das erstinstanzliche Urteil (mit der erwähnten Hinzurechnung) bestätigt.
C. Mit Eingabe vom 22. März 2012 hat X. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer verlangt die Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Zug vom 28. Februar 2012 und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung.
Y. (Beschwerdegegnerin) beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht schliesst ohne weitere Gegenbemerkungen auf Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
 
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Geldzahlungen seien entgegen der Auffassung des Obergerichts keine "unentgeltlichen Zuwendungen" im Sinne von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB, weshalb die Hinzurechnung zu seiner Errungenschaft eine Rechtsverletzung darstelle. Sein überschüssiges Einkommen könne er rechtmässig verbrauchen, was er im Interesse seines nichtehelichen KindesBGE 138 III 689 (690) BGE 138 III 689 (691)getan habe, indem er diesem durch die Geldzahlungen an die Mutter eine gute mütterliche Fürsorge und Betreuung sichergestellt habe.Die Zahlungen an die Mutter des Kindes habe er gestützt auf eineverantwortungsvolle, soziale Entscheidung als sittliche Pflicht erfüllt.
3.2 Gemäss Art. 208 Abs. 1 ZGB werden zur Errungenschaft hinzugerechnet: die unentgeltlichen Zuwendungen, die ein Ehegatte während der letzten fünf Jahre vor Auflösung des Güterstandes ohne Zustimmung des anderen Ehegatten gemacht hat, ausgenommen die üblichen Gelegenheitsgeschenke (Ziff. 1), sowie Vermögensentäusserungen, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes vorgenommen hat, um den Beteiligungsanspruch des andern zu schmälern (Ziff. 2). Zweck der Bestimmung ist, die Anwartschaft des Ehegatten auf Beteiligung am Vorschlag des anderen zu schützen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 1992, N. 5 zu Art. 208 ZGB). Der Beschwerdeführer hält demgegenüber im Wesentlichen fest, dass er nicht verpflichtet gewesen sei, Errungenschaft zu bilden, zumal er seine Pflicht, Unterhalt an die Ehefrau und das gemeinsame Kind zu leisten, nicht verletzt habe und daher in guten Treuen auf das Einverständnis der Beschwerdegegnerin zu den Geldzahlungen habe schliessen dürfen. Damit und mit seinem Vorbringen, die Geltendmachung des Hinzurechnungsanspruchs komme einer "doppelten Alimentierung" der Beschwerdegegnerin gleich und sei rechtsmissbräuchlich, geht er fehl. Der Beschwerdeführer verkennt, dass die grundsätzliche Dispositionsfreiheit der Ehegatten gemäss Art. 201 Abs. 1 ZGB nur innerhalb der gesetzlichen Schranken gilt (BGE 118 II 27 E. 4b S. 30 f.) und das Gesetz gewisse illoyale Vermögensverminderungen sanktioniert (HUWILER, Beiträge zur Dogmatik des neuen ordentlichen Güterstandes der Errungenschaftsbeteiligung, in: Das neue Ehe- und Erbrecht [...], 1988, S. 98). Das Obergericht hat verneint, dass eine Vermögensentäusserung mit Schmälerungsabsicht im Sinne von Ziff. 2 von Art. 208 Abs. 1 ZGB vorliege. In Frage kommt daher nur eine Hinzurechnung gemäss Ziff. 1.
3.3.2 Das Gesetz gewährt der Mutter eines nichtehelichen Kindes lediglich einen Anspruch für die "Kosten des Unterhalts" für eine beschränkte Zeit vor und nach der Geburt (Art. 295 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB), welcher als eine Art Entschädigung verstanden wird (BREITSCHMID, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 1 zu Art. 295 ZGB; MEIER/STETTLER, Droit de filiation, 4. Aufl. 2009, Rz. 1111 S. 640 f. mit Hinweisen). Der Anspruch gemäss Art. 295 ZGB bedeutet jedoch keinen Anspruch auf Unterhalt für die Betreuung, welcher de lege lata nicht besteht (im Gegensatz zum deutschen Recht, vgl. § 1651 l Abs. 2 BGB; vgl. RUMO-JUNGO, Betreuungsunterhalt bei getrennt lebenden nicht verheirateten Eltern - ein Denkanstoss, recht 26/2008 S. 31 ff.). Der Bundesrat hat auch kürzlich keinen hinreichenden Grund gesehen, um einen BGE 138 III 689 (692) BGE 138 III 689 (693)statusunabhängigen Betreuungsunterhalt vorzuschlagen (Botschaft vom 16. November 2011 zur Änderung des ZGB [Elterliche Sorge], BBl 20119077, 9096 Ziff. 1.5.5.2). Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt kann sich jedoch auf einen Vertrag mit dem Vater stützen (MEIER/STETTLER, a.a.O.). Vereinbarungen ausserhalb der gesetzlichen Unterhaltspflicht erscheinen grundsätzlich als Schenkungsversprechen (Art. 239 OR) oder als Versprechen der Erfüllung einer sittlichen Pflicht (vgl. HAUSHEER/SPYCHER, in: Handbuch des Unterhaltsrechts, 2. Aufl. 2010, Rz. 06.201 S. 473; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 5. Aufl. 1999, Rz. 21.24 S. 162).
3.4 Was der Beschwerdeführer weiter vorbringt, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Entgegen seiner Darstellung konnte er nicht ein Einverständnis der Beschwerdegegnerin zu den erwähnten Geldzahlungen annehmen. Aus dem angefochtenen Urteil gehen in tatsächlicher Hinsicht keine Anhaltspunkte hervor, welche auf das Vorliegen einer sich aus den Umständen ergebenden Zustimmung der Beschwerdegegnerin schliessen lassen (vgl. HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 33 zu Art. 208 ZGB). Die Geldzahlungen des Beschwerdeführers fallen sodann unbestrittenermassen nicht unter "übliche Gelegenheitsgeschenke", und sie wurden innerhalb der letztenBGE 138 III 689 (693) BGE 138 III 689 (694)fünf Jahre vor dem 3. Dezember 2007 (Einreichung des Scheidungsbegehrens), d.h. dem für die Auflösung des Güterstandes massgebenden Zeitpunkt (Art. 204 Abs. 2 ZGB), vorgenommen. Wenn das Obergericht die Geldzahlungen im Umfang von Fr. 116'000.- an B. gestützt auf Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB zur Errungenschaft des Beschwerdeführers hinzugerechnet hat, stellt dies keine Verletzung von Bundesrecht dar. Somit bleibt es bei der im angefochtenen Urteil angeordneten güterrechtlichen Nebenfolge.BGE 138 III 689 (694)