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Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
2. Der Behandlung der betreffenden Fragen ist vorauszuschicke ...
3. Vorliegend treten verschiedene Grundsätze in Widerstr ...
4. Der Beschwerdeführer stellt nirgends in Frage, dass s ...
5. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Ar ...
6. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 1 ...
7. Über die Nichteintretenserwägungen hinaus hat da ...
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32. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. und Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
5A_619/2016 vom 23. März 2017
 
 
Regeste
 
Art. 5 Abs. 2 HKsÜ; Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 450c ZGB; Art. 30 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 440 ZGB; Art. 29a BV; Art. 13 i.V.m. Art. 8 EMRK und Art. 301a Abs. 2 ZGB; Erlaubnis der Auswanderung des Kindes; Entzug der aufschiebenden Wirkung; Unabhängigkeit der KESB; Rechtsweggarantie; wirksame Beschwerde.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 143 III 193 (194)A. A. und B. sind die nie miteinander verheiratet gewesenen Eltern von C. (geb. 2008). Seit der Trennung der Eltern im Jahr 2009 lebt C. bei der Mutter. Am 16. September 2014 wurde den Eltern die gemeinsame elterliche Sorge erteilt.
B. Am 9. Dezember 2015 beantragte die Mutter, es sei ihr - unter Anpassung der Kinderbelange - zu erlauben, per 1. Februar 2016 zusammen mit ihrer Tochter nach Bonn zu ziehen; der persönliche Verkehr sei neu zu regeln.
Am 27. Januar 2016 erteilte die KESB die Zustimmung zum Wechsel des Aufenthaltsortes der Tochter und regelte den persönlichen Verkehr zwischen ihr und dem Vater für die Übergangszeit nach dem Umzug. Ferner entzog sie einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung. BGE 143 III 193 (194)
BGE 143 III 193 (195)In der Folge zog die Mutter Anfang Februar 2016 mit dem Kind nach Bonn.
Mit Entscheid vom 23. Juni 2016 trat das Obergericht wegen entfallener Zuständigkeit auf die Beschwerde des Vaters nicht ein, wobei es mit subsidiärer Begründung ausführte, dass diese in der Sache abzuweisen gewesen wäre.
C. Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat der Vater eine Beschwerde erhoben mit den Begehren um dessen Aufhebung und Rückweisung der Sache zur materiellen Beurteilung, eventualiter um Abweisung des Gesuchs um Zustimmung zum Wechsel des Aufenthaltsortes des Kindes. Die Angelegenheit wurde an einer öffentlichen Sitzung beraten.
(Zusammenfassung)
 
2. Der Behandlung der betreffenden Fragen ist vorauszuschicken, dass das Obergericht angesichts des erfolgten tatsächlichen Wegzuges des Kindes zu Recht nicht auf die gegen die Wegzugsentscheidung der KESB eingereichte Beschwerde eingetreten ist. Mit dem Wegzug des Kindes in einen anderen Vertragsstaat des Haager Kindesschutzübereinkommens vom 19. Oktober 1996 (HKsÜ; SR 0.211. 231.011) und dortiger Begründung gewöhnlichen Aufenthaltes - vorliegend ohne Weiteres zu bejahen, da der Wegzug mit dem hauptbetreuenden Elternteil erfolgt ist, welcher am Zuzugsort einen neuen Wohnsitz begründet hat (dazu BGE 129 III 288 E. 4.1 S. 292; BGE 142 III 1 E. 2.1 S. 4; Urteil 5A_293/2016 vom 8. August 2016 E. 3.1 m.w.H.), und das Kind am neuen Ort eingeschult worden ist - entfällt die internationale Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte (Art. 5 Abs. 2 HKsÜ; BGE 142 III 1 E. 2.1 S. 4 m.w.H.), soweit - was der Beschwerdeführer zu Recht nicht behauptet - kein widerrechtliches Verbringen im Sinn von Art. 7 HKsÜ vorliegt; der Wegfall der Entscheidzuständigkeit gilt grundsätzlich auch in Bezug auf das mit einem Rechtsmittel befasste Gericht ( BGE 132 III 586 E. 2.3.1 S. 592; Urteile 5A_622/2010 vom 27. Juni 2011 E. 3 und 4; 5A_131/2011 vom 31. März 2011 E. 3.3.1; BUCHER, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international [...], 2011, N. 24 zu Art. 85 IPRG) und a fortiori für das im Zeitpunkt des Wegzuges noch gar nicht mit einem Rechtsmittel befasste Gericht. Ein in Verletzung der direkten Zuständigkeit gemäss Art. 5 ff. HKsÜ BGE 143 III 193 (195) BGE 143 III 193 (196) ergangener materieller Entscheid könnte im Vertragsstaat des neuen gewöhnlichen Aufenthaltes auch nicht anerkannt werden (vgl. Art. 23 Abs. 2 lit. a HKsÜ).
3. Vorliegend treten verschiedene Grundsätze in Widerstreit. In bestimmten Situationen verlangt das Kindeswohl - welches die Leitmaxime des materiellen Kindesrechts bildet ( BGE 129 III 250 E. 3.4.2 S. 255; BGE 141 III 312 E. 4.2.4 S. 319, BGE 141 III 328 E. 5.4 S. 340; BGE 142 III 481 E. 2.6 S. 491) - nach rascher Entscheidung. Dies darf indes nicht den Anspruch auf Zugang zu einem Gericht untergraben. Auf dieser Ebene ist der Regelungsgegenstand mit der Effektivität des Rechtsschutzes in Einklang zu bringen. Spezifisch für den transnationalen Wegzug des Kindes tritt der Umstand hinzu, dass das Haager Kindesschutzübereinkommen mit Bezug auf das Sorgerecht einschliesslich des Aufenthaltsbestimmungsrechts (vgl. Art. 3 lit. b HKsÜ) ein Zuständigkeitsregime aufstellt (vgl. Art. 5 HKsÜ), welches einen Kompetenzwechsel herbeiführt und bewusst von der perpetuatio fori absieht (vgl. LAGARDE, in: Explanatory Report on the 1996 Hague Child protection convention, 1998, Rz. 41 f.; Practical Handbook on the Operation of the 1996 Hague Child Protection Convention, Hague Conference on Private International Law 2014, S. 41 [beide Dokumente abrufbar auf der Website der Haager Konferenz www.hcch.net ]). Es geht darum, innerhalb des Haager Rechtsraumes die materielle Entscheidkompetenz einem Gericht mit örtlicher Nähe zum aktuellen Aufenthaltsort des Kindes und damit demjenigen Gericht zuzuweisen, welches in der Regel über mehr Sachnähe verfügt (vgl. LAGARDE, a.a.O., Rz. 8 und 37). Dieser Grundsatz ergibt sich indirekt auch aus Art. 8 HKsÜ. Ausnahmen bestehen primär im Zusammenhang mit der Scheidungszuständigkeit (vgl. Art. 10 HKsÜ; LAGARDE, a.a.O., Rz. 62 ff.). Diese Konstellation interessiert aber vorliegend nicht.
Im Nachfolgenden werden die eingangs genannten Grundsätze in eine wechselseitige Beziehung und Ordnung zu bringen sein. Dabei ist, namentlich auch für die Frage nach dem Zugang zu einem Gericht, dem soeben dargelegten Haager Zuständigkeitsmechanismus besonderes Augenmerk zu schenken.
4. Der Beschwerdeführer stellt nirgends in Frage, dass sich die KESB auf Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 450c ZGB und damit auf eine formell-gesetzliche Grundlage gestützt hat. In Fällen, welche keinen Aufschub dulden, ist die Option, einer allfälligen Beschwerde die BGE 143 III 193 (196) BGE 143 III 193 (197) aufschiebende Wirkung zu entziehen, denn auch keine blosse Möglichkeit, sondern Pflicht (vgl. STECK, in: Erwachsenenschutz, 2013, N. 7 zu Art. 450c ZGB). Gleichzeitig versteht sich aber von selbst, dass der Entzug der aufschiebenden Wirkung eine Dringlichkeit des Vollzuges bzw. vorliegend des Wegzuges voraussetzt. Im Einzelfall ist eine Abwägung der auf dem Spiel stehenden Interessen vorzunehmen (vgl. GEISER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 5. Aufl. 2014, N. 7 zu Art. 450c ZGB), bei welcher stets auch die Hauptsachenprognose eine Rolle spielt. Was die Besonderheit des vorliegenden Falles anbelangt, so bildet der Verlust der schweizerischen Jurisdiktion bei Auswanderung des Kindes ebenfalls ein für die Abwägung zu berücksichtigendes Kriterium, denn genau deshalb hat der Gesetzgeber die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland unabhängig von den konkreten Begebenheiten des Einzelfalles als zustimmungspflichtig erklärt (Botschaft vom 16. November 2011 zu einer Änderung des ZGB [Elterliche Sorge], BBl 2011 9108 zu Art. 301a).
Der Beschwerdeführer thematisiert indes die - mit dem Stellenantritt der Mutter in Bonn (Arbeitsvertrag ab 1. Februar 2016) begründete - Dringlichkeit nicht, sondern beschränkt sich auf das Vorbringen (dazu E. 5 und 6), bei Auswanderung von Kindern habe die ansonsten einzelfallweise vorzunehmende Interessenabwägung von vornherein zu unterbleiben, weil ein in Anwendung von Art. 301a Abs. 2 lit. a ZGB erlaubender erstinstanzlicher Entscheid von der Rechtsmittelinstanz gar nie überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden könne, wenn das Kind zwischenzeitlich im Ausland neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe.
5.3 In Bezug auf die Organisation und das äussere Erscheinungsbild der KESB im Kanton Bern stechen markante Unterschiede gegenüber der in E. 5.1 beschriebenen Thurgauer Situation ins Auge, und zwar bereits unmittelbar aus dem Entscheid, um welchen es vorliegend geht; dort ist links oben auf der ersten Seite als entscheidende Instanz aufgeführt: "Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern" sowie unmittelbar darunter "Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Bern". Dies erweckt gegen aussen den klaren Anschein einer Integration des Entscheidungsträgers in die kantonale Verwaltung. Dass es sich bei der KESB im Kanton Bern nicht nur dem Anschein nach, sondern auch tatsächlich um eine (dezentrale) Verwaltungseinheit handelt, ergibt sich aus Art. 18 Abs. 2 lit. c KESG/BE (BSG 213.316), wonach die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion gegenüber den KESB-Präsidien die Vorgesetztenfunktion in personalrechtlichen Belangen ausübt, sowie aus Art. 4 Abs. 1 KESV/BE (BSG 213.316.1), welcher auf die Grundsätze der Verordnung für die Organisation und Steuerung der dezentralen Verwaltung der JGK (OSDV/BE; BSG 152.322.1) verweist. Was die Entscheidfindung anbelangt, sind die KESB gemäss Art. 2 Abs. 3 KESG/BE unabhängig. In die gleiche Richtung deutet der bezüglich Wahl, Organisation und Kompetenzen erfolgende Verweis in Art. 1 Abs. 2 KESG/BE auf das GSOG/BE (BSG 161.1), welches in Art. 4 die Unabhängigkeit der Gerichtsbehörden und der Staatsanwaltschaft deklariert. In gewissem Widerspruch dazu stehen jedoch Art. 4 Abs. 3 lit. a, f und g KESV/BE, wonach das Kantonale Jugendamt (KJA) in eigener Verantwortung die fachliche Beratung und Unterstützung der KESB wahrnimmt, Richtlinien sowie Weisungen erlässt und die Mitarbeitergespräche mit den KESB-Präsidien führt. Angesichts dieser schillernden Rechtslage ist zweifelhaft, ob die KESB im Kanton Bern in fachlicher Hinsicht bzw. bei ihrer Entscheidfindung wirklich vollständig unabhängig ist. Jedenfalls in personeller Hinsicht ist nach der aktuellen Rechtslage ein Subordinationsverhältnis nicht wegzudiskutieren. Klar ist sodann die organisatorische Einbindung, indem die KESB im Kanton Bern als dezentrale Verwaltungseinheit ausgestaltet ist.
5.4 Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erkennen, inwiefern die KESB im Kanton Bern als unabhängiges Gericht im Sinn von Art. 30 BV BGE 143 III 193 (199) BGE 143 III 193 (200) und Art. 6 Ziff. 1 EMRK gelten könnte. Gestaltet ein Kanton die betreffende Behörde als Verwaltungseinheit aus, bedeutet das aber für sich genommen noch keine Verletzung der Rechtsweggarantie gemäss Art. 29a BV. Diese stellt keine unmittelbaren Anforderungen an die Gerichtsorganisation (WALDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesverfassung, 2015, N. 16 zu Art. 29a BV), sondern besteht einzig darin, dass die Rechtsstreitigkeit wenigstens einmal durch eine richterliche Behörde beurteilt wird (statt vieler: WALDMANN, a.a.O., N. 13 zu Art. 29a BV). Dies ist vorliegend der Fall, weil eine Beschwerdemöglichkeit an das mit uneingeschränkter Kognition ausgestattete (vgl. Art. 314 Abs. 1 i.V.m. Art. 450a Abs. 1 ZGB) Obergericht des Kantons Bern bestand und dessen Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen werden kann. Insbesondere liegt auch keine Konstellation vor, in welcher über die Rechtsweggarantie hinaus von Verfassungs (vgl. Art. 31 Abs. 4 BV) oder Gesetzes wegen bereits in erster Instanz zwingend ein Gericht entscheiden müsste.
Abgesehen davon, dass der angefochtene Entscheid subsidiär eine materielle Begründung enthält (dazu E. 7), darf vorliegend der in E. 2 und 3 beschriebene Haager Mechanismus nicht ausser Acht gelassen werden. Wie gesagt will das Haager Kindesschutzübereinkommen innerhalb der Vertragsstaaten für alle Sorgerechtsbelange einschliesslich des Aufenthaltsbestimmungsrechts den Zugang zu einer sachnahen Entscheidinstanz sicherstellen, was in bewusster Wertung durch Verzicht auf das Prinzip der perpetuatio fori geschieht. Durch die Ratifizierung des betreffenden Übereinkommens schaffen die Vertragsstaaten einen einheitlichen Rechtsraum, wobei die staatsvertraglich erfolgende Zuweisung der Zuständigkeiten notwendigerweise mit dem betreffenden Verzicht der Vertragsstaaten auf eigene konkurrenzierende Zuständigkeiten einhergeht (vgl. LAGARDE, a.a.O., Rz. 6). Es verhält sich nicht anders als beispielsweise beim Lugano-Übereinkommen, wo dem Kläger ebenfalls zugemutet wird, an den in Art. 2 ff. LugÜ (SR 0.275.12) festgelegten Gerichtsständen und damit gegebenenfalls im Ausland zu klagen. Darin liegt keine unzulässige Beschränkung der Rechtsweggarantie.
Vorliegend ist der Zuständigkeitsverlust gemäss Art. 5 Abs. 2 HKsÜ eo ipso als Folge des Wegzuges eingetreten. Dass aber die BGE 143 III 193 (200) BGE 143 III 193 (201) Rechtsfolge nicht gewissermassen zu einer Voraussetzung für die materielle Wegzugsentscheidung bzw. zu deren zentralem Entscheidungskriterium gemacht werden kann, hat das Bundesgericht bereits im Zusammenhang mit der analogen Fragestellung festgehalten, ob bei gegebener Dringlichkeit über die Wegzugsfrage im Rahmen von vorsorglichen Massnahmen entschieden werden darf (vgl. Urteil 5A_306/2016 vom 7. Juli 2016 E. 3.2.2).
Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, dass er innerhalb des von den Vertragsstaaten durch die Ratifikation des HKsÜ geschaffenen Rechtsraumes - vorliegend in Deutschland - kein im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 EMRK unabhängiges Gericht anrufen könnte, welches über die Fragen des Sorgerechts einschliesslich des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des persönlichen Verkehrs materiell entscheiden würde. Es ist denn auch nicht zu sehen, inwiefern der Zugang zu einem Gericht für die betreffenden Fragen bei einem Wegzug des Kindes in einen anderen Vertragsstaat des Haager Kindesschutzübereinkommens nicht weiterhin lückenlos bestehen würde; vielmehr ist dies gerade das zentrale Anliegen des Übereinkommens.
6.1 Nach Art. 13 EMRK hat jede Person, die in ihren konventionsmässig anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden ist, das Recht, bei einer innerstaatlichen Instanz eine wirksame Beschwerde zu erheben, auch wenn die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher Eigenschaft gehandelt haben. Das Recht auf wirksame Beschwerde ist ein akzessorisches Recht. Eine Verletzung von Art. 13 EMRK kann nur in Verbindung mit einer materiellen Garantie der EMRK gerügt werden, was im vorliegenden Fall (Art. 8 EMRK i.V.m. Art. 301a Abs. 2 ZGB) zutrifft. Mit Art. 13 EMRK BGE 143 III 193 (201) BGE 143 III 193 (202) sollen die Konventionsrechte der Sache nach innerstaatlich garantiert werden (vgl. BREUER, in: Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Kommentar, Karpenstein/Mayer[Hrsg.], 2. Aufl. 2015, N. 25 zu Art. 13 EMRK). Im Vordergrundsteht die Frage, was eine "wirksame Beschwerde" bedeutet. Nach der Rechtsprechung muss die Beschwerde sowohl rechtlich als auch tatsächlich wirksam sein (vgl. Urteil des EGMR Nr. 22689/07 de Souza Ribeiro gegen Frankreich vom 18. Dezember 2012 § 78; GRABENWARTER/PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 6. Aufl. 2016, § 24 N. 197; BREUER, a.a.O., N. 42 zu Art. 13 EMRK), indem sie die vermeintliche Verletzung beziehungsweise ihr Andauern verhindert (vgl. Urteil des EGMR Nr. 29400/05 Kommunistische Partei Russlands gegen Russland vom 19. Juni 2012 § 82).
In tatsächlicher Hinsicht ist offensichtlich, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Vorbringen der Mutter im erstinstanzlichen Verfahren (Arbeitsstelle in Bonn per 1. Februar 2016) wusste, dass der Wegzug unmittelbar bevorstehen würde. Genau dies war ja der Grund für den Entzug der aufschiebenden Wirkung, wie unmittelbar aus der Begründung des Entscheides der KESB hervorgeht. Sodann ergibt sich die entsprechende Anordnung klar aus dem Dispositiv des Entscheides. Dessen Kenntnisnahme bei Erhalt sowie die Einleitung BGE 143 III 193 (202) BGE 143 III 193 (203) der sich aufgrund des Dispositivs ergebenden notwendigen Schritte gehören zur sorgfältigen anwaltlichen Tätigkeit, jedenfalls soweit die Dringlichkeit offensichtlich und rasches Handeln objektiv möglich ist. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass es keineswegs notwendig gewesen wäre, innerhalb weniger Tage die vollständige Beschwerde einzureichen. Vielmehr hätte es genügt, den Entscheid anzufechten, mit kurzer Begründung superprovisorisch die Erteilung der aufschiebenden Wirkung zu verlangen und eine einlässliche Beschwerdebegründung innerhalb der zur Verfügung stehenden 30-tägigen Frist in Aussicht zu stellen. Das Einreichen einer wirksamen Beschwerde wäre deshalb im vorliegenden Fall ohne Weiteres möglich gewesen.
Der Beschwerdeführer kritisiert die materielle Begründung des Obergerichtes als oberflächlich; gemäss BGE 142 III 481 E. 2.3 S. 486 seien im Sinn der Washingtoner Erklärung die verschiedenen BGE 143 III 193 (203) BGE 143 III 193 (204) Parameter im Rahmen einer umfassenden Auslegeordnung zu prüfen und zu beantworten. Insbesondere sei gemäss BGE 142 III 481 E. 2.7 S. 495 auch die Umteilung des Kindes in Erwägung zu ziehen, wenn ein Elternteil offensichtlich nur deshalb wegziehe, um es dem anderen zu entfremden. Ferner habe sich das Obergericht nicht mit der Stellungnahme der Beiständin vom 6. Januar 2016 auseinandergesetzt, wonach das Kind bei einem Aufenthaltswechsel all seine Freunde und Bekannten sowie seinen Therapeuten und sein gesamtes vertrautes Umfeld in der Schweiz verliere und sich in einem unbekannten Umfeld neu zurechtfinden müsste.
In erster Linie wird damit eine Verletzung der Begründungspflicht als Teilgehalt des rechtlichen Gehörs geltend gemacht. Dies setzt jedoch eine substanziierte Verfassungsrüge, nämlich die Rüge der Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV voraus, wofür das strenge Rügeprinzip gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG gilt (zu den diesbezüglichen Rügeanforderungen siehe BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176). Dem vermögen die weder der Form noch dem Inhalt nach als Verfassungsrüge, sondern in rein appellatorischer Weise vorgetragenen Ausführungen nicht ansatzweise gerecht zu werden.
Im Übrigen war der Wegzug auch von der Sache her klarerweise zu erlauben und insbesondere steht diese Erlaubnis entgegen den Ausführungen des Vaters nicht in Widerspruch, sondern in Übereinstimmung mit der einschlägigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 301a Abs. 2 lit. a ZGB. Im Leitentscheid BGE 142 III 481 hat das Bundesgericht festgehalten, dass in einem ersten Schritt gerade nicht - im Sinn der Washingtoner Erklärung (dazu E. 2.3 S. 486) - eine allgemeine Abwägung zwischen den Interessen aller Beteiligten vorzunehmen ist, sondern aufgrund einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers im Rahmen der parlamentarischen Beratung von Art. 301a Abs. 2 ZGB (dazu E. 2.4 S. 487 f.) ein jeder Elternteil frei ist, um- oder wegzuziehen (E. 2.5 S. 488 ff.), und in einem zweiten Schritt unter der Hypothese des Wegzuges der geeignetere Aufenthaltsort des Kindes zu klären ist (E. 2.6 S. 491 f.), namentlich anhand von Kriterien wie Stabilität der Verhältnisse, Erziehungsfähigkeit sowie Betreuungsmöglichkeit der Eltern, Alter und Äusserungen sowie Bedürfnisse des Kindes, dessen Bezug zum alten und neuen Ort, sprachliche Integration u.a.m.
Für den vorliegenden Fall ergibt sich aus den Entscheiden der KESB und des Obergerichts, dass das Begehren des Vaters um BGE 143 III 193 (204) BGE 143 III 193 (205) alternierende Obhut angesichts des in diesem Zusammenhang in Auftrag gegebenen Ergänzungsgutachtens vom 29. Juni 2015, welches der Mutter volle und dem Vater eine eingeschränkte Erziehungsfähigkeit attestierte, mit Entscheid der KESB vom 2. September 2015, bestätigt durch das Obergericht mit Entscheid vom 21. Januar 2016, abgewiesen wurde und das Kind deshalb weiterhin zur Hauptsache von der Mutter betreut wird, wobei der Vater in der Schweiz über ein erweitertes Besuchsrecht verfügte. Weiter ergibt sich, dass eine enge Beziehung zu den in Gehdistanz lebenden Grosseltern in Bonn besteht und auch der Pate in dortiger Nähe wohnt, dass die Mutter in Bonn eine angemessene Wohn- und Betreuungslösung gefunden hat, während der Vater für den Fall eines Verbleibens des Mädchens in der Schweiz keine Lösung aufgezeigt bzw. einzig mit Schreiben vom 22. Dezember 2015 abstrakt festgehalten hat, mit Hilfe der Grossmutter die Betreuung problemlos sicherstellen zu können, dass das Kind an beiden Elternteilen hängt, jedoch die Mutter seine wichtigste Bezugsperson ist und es gemäss Ergänzungsgutachten altersentsprechend entwickelt und verhaltensunauffällig ist.
Dass bei einem Umzug auf grössere Distanz die Beziehung zum alten Ort bei einem Kind im Alter von C. relativ rasch verblasst und die Therapie nicht mit dem bisherigen Therapeuten fortgesetzt werden kann, versteht sich von selbst und ergibt sich nicht erst aus dem Bericht der Beiständin, welchen das Obergericht im Unterschied zur KESB nicht ausdrücklich zitiert hat. Indes behauptet auch der Vater nicht, dass die Therapie in Bonn nicht fortgeführt werden könnte. Sodann sprechen die einschlägigen Kriterien (Erziehungseignung, Betreuungskontinuität) dafür, dass es im besseren Interesse des Kindes ist, mit der Mutter nach Bonn zu ziehen, als zum Vater umplatziert zu werden. Im Übrigen lässt sich entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers auch nicht von einer gefährdenden Entwurzelung des Kindes sprechen; es verbleibt im gleichen Sprachraum und wird künftig in einem ihm aus Besuchen bereits bekannten und in Kürze vertrauten Umfeld leben (Grosseltern, Götti, Freundeskreis der Mutter und bald auch eigene Schulfreundinnen). Ferner bleibt es auch in der vorliegenden Beschwerde bei der abstrakten Behauptung, die Mutter wolle ihm das Kind entfremden und der Wegzug beruhe deshalb nicht auf sachlichen Motiven; dem stehen die von der KESB und dem Obergericht getroffenen, für das Bundesgericht verbindlichen gegenteiligen Sachverhaltsfeststellungen (Art. 105 Abs. 1 BGG) entgegen, vor deren Hintergrund die in spezifischen BGE 143 III 193 (205) BGE 143 III 193 (206) Fallkonstellationen indizierte Überprüfung einer Umplatzierung (vgl. BGE 142 III 481 E. 2.7 S. 495) - vorliegend zum bisher nicht betreuenden und gemäss Gutachten für die Betreuung auch weniger geeigneten Vater - nicht entfernt zur Debatte stehen kann.
Dem kantonalen Rechtsmittel konnte somit in der Sache kein Erfolg beschieden sein und die dahingehenden subsidiären materiellen Erwägungen des Obergerichtes verletzen kein Bundesrecht. Erneut sei aber betont, dass es sich dabei um eine materielle Eventualbegründung handelte und das Obergericht auf die Berufung richtigerweise nicht eingetreten ist, weil es keinen materiellen Entscheid fällen durfte und ein solcher in Deutschland auch nicht anerkannt werden dürfte (vgl. dazu E. 2). (...)BGE 143 III 193 (206)