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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Die Anerkennung kann gemäss Art. 260a Abs. 1 ZGB von  ...
4. Die Beschwerdeführer begründen ihr Anfechtungsin ...
5. Ihren Hauptantrag, die Kindesanerkennung aufzuheben, begr& ...
6. Schliesslich stellt sich die Frage nach der zwangsweisen D ...
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78. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Gemeindeamt des Kantons Zürich, Stadt Winterthur und Gemeinde Flums-Dorf gegen A. und B.B. (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
5A_590/2016 vom 12. Oktober 2017
 
 
Regeste
 
Art. 260a Abs. 1 ZGB; Art. 260b Abs. 1 ZGB i.V.m. Art. 296 ZPO; Aktivlegitimation zur Anfechtung einer Kindesanerkennung; Beweisfragen im Abstammungsprozess.
 
Beweis, insbesondere durch DNA-Gutachten, dass der Anerkennende nicht der Vater des Kindes ist. Zulässigkeit und Voraussetzungen einer zwangsweisen Durchsetzung der gerichtlich angeordneten DNA-Begutachtung (E. 5 und 6).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 143 III 624 (625)A. (1952, Schweizer Bürger) und C.B. (Jahrgang 1981, kosovarische Staatsangehörige) heirateten 2004 im Kosovo. Die Ehefrau reiste darauf in die Schweiz ein und erhielt die Niederlassungsbewilligung. Mit Urteil vom 2. Februar 2010 wurde die (kinderlose) Ehe geschieden. C.B. gebar im September 2010 den Knaben B.B, den A. beim Zivilstandsamt Winterthur als sein Kind anerkannte. B.B. erhielt das Bürgerrecht des Vaters von Flums-Dorf.
Mit Verfügung vom 8. August 2011 widerrief das Migrationsamt die Niederlassungsbewilligung von C.B. Die dagegen eingelegten kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos, doch hiess das Bundesgericht die Beschwerde von C.B. gut. Es bejahte zwar das Vorliegen einer Scheinehe und damit eines Grundes für den Widerruf der Niederlassungsbewilligung, beliess C.B. aber das Aufenthaltsrecht, weil ihr Sohn B.B. als Schweizer Bürger gilt, solange keine erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaftsanerkennung stattgefunden hat, und weil keine Gründe dafür bestanden, C.B. als sorgeberechtigter Mutter eines Schweizer Kindes die Anwesenheit zu verweigern (Urteil 2C_303/2013 vom 13. März 2014). Während des ausländerrechtlichen Verfahrens ersuchten C.B. und A. das Zivilstandsamt um BGE 143 III 624 (625) BGE 143 III 624 (626) Durchführung des Vorbereitungsverfahrens für eine erneute Eheschliessung. Das Zivilstandsamt verweigerte seine Mitwirkung am Eheschliessungsverfahren. Die dagegen eingelegten kantonalen Rechtsmittel blieben erfolglos. Zuletzt wies das Bundesgericht eine Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden konnte (Urteil 5A_30/2014 vom 15. April 2014).
Am 7. Oktober 2013 klagten das Gemeindeamt des Kantons Zürich, die Stadt Winterthur und die Gemeinde Flums-Dorf gegen A. und B.B. auf Anfechtung der Anerkennung und verlangten die Aufhebung des Kindesverhältnisses zwischen A. und B.B. Das Bezirksgericht verfügte ein DNA-Gutachten zur Abklärung der Vaterschaft. A. focht die Beweisverfügung bis vor Bundesgericht an, das seine Beschwerde abwies, soweit darauf eingetreten werden konnte (Urteil 5A_745/2014 vom 16. März 2015). B.B. blieb dem Termin zur Begutachtung unentschuldigt fern. A. verweigerte seine Mitwirkung an der DNA-Begutachtung ausdrücklich und wurde wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung mit einer Busse bestraft. Das Bezirksgericht verneinte die Aktivlegitimation der Kläger und wies die Klage ab. Auf Berufung hin bejahte das Obergericht die Aktivlegitimation, hielt hingegen eine zwangsweise Durchführung der DNA- Begutachtung für ausgeschlossen und den Beweis auch sonst nicht für erbracht, dass A. nicht der Vater von B.B. ist. Es wies die Klage ab.
Das Gemeindeamt des Kantons Zürich (Beschwerdeführer 1), die Stadt Winterthur (Beschwerdeführerin 2) und die Gemeinde Flums- Dorf (Beschwerdeführerin 3) sind an das Bundesgericht gelangt. Sie beantragen, das Kindesverhältnis zwischen A. (Beschwerdegegner 1) und B.B. (Beschwerdegegner 2) aufzuheben, eventuell die Sache an die Vor- oder die erste Instanz zurückzuweisen. Die Beschwerdegegner schliessen auf Abweisung. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit an der Sitzung vom 12. Oktober 2017 öffentlich beraten. Es tritt auf die Beschwerde des Beschwerdeführers 1 nicht ein, heisst die Beschwerde der Beschwerdeführerinnen 2 und 3 teilweise gut, soweit es darauf eintritt, hebt das angefochtene Urteil auf und weist das Bezirksgericht an, ein DNA-Gutachten zwecks Aufklärung des Kindesverhältnisses zwischen den Beschwerdegegnern unter Androhung der zwangsweisen Durchführung anzuordnen und im Weigerungsfall einen Wangenschleimhautabstrich bei den Beschwerdegegnern durch die kantonal zuständige Behörde vollziehen zu lassen.
(Zusammenfassung) BGE 143 III 624 (626)
 
BGE 143 III 624 (627)Aus den Erwägungen:
 
3.2.1 Ob das bisherige Klagerecht des Gemeinwesens im neuen Recht noch Platz haben sollte, war in der Expertenkommission umstritten. Es wurde für die Anfechtung der Vaterschaftsvermutung zugunsten des Ehemannes ersatzlos gestrichen, in Bezug auf das freiwillig begründete Kindesverhältnis aber beibehalten, weil die Anerkennung vom Gesetz an keine besonderen Voraussetzungen geknüpft wird und damit die Gefahr missbräuchlicher Anerkennungen besteht (z.B. zur Umgehung der Vorschriften der Adoption oder der erbrechtlichen Pflichtteilsschranken oder zur Verschaffung des Bürgerrechts). In der Expertenkommission scheiterte der Vorschlag, die Aktivlegitimation des Gemeinwesens davon abhängig zu machen, dass kein BGE 143 III 624 (627) BGE 143 III 624 (628) überwiegendes Interesse des Kindes an der Aufrechterhaltung seiner Rechtsbeziehung zum Vater besteht. Die neue gesetzliche Regelung nahm deshalb keine Rücksicht darauf, ob eine Anfechtung im konkreten Fall den Kindesinteressen widerspricht, und stellte es damit auch nicht dem Ermessen des Gerichts anheim, im konkreten Fall die einzelnen Interessen gegeneinander abzuwägen (für eine Zusammenfassung der Ergebnisse: BERNHARD SAGER, Die Begründung des Kindesverhältnisses zum Vater durch Anerkennung und seine Aufhebung, 1979, S. 148 f.).
3.2.2 Der Entwurf für eine Revision der Bestimmungen über das eheliche und aussereheliche Kindesverhältnis übernahm alsdann eine mit dem heutigen Art. 260a Abs. 1 ZGB wörtlich übereinstimmende Regelung des Klagerechts (BBl 1974 II 117). Gemäss Botschaft kann die Anfechtungsklage wie bisher von jedermann, der ein Interesse hat (aArt. 306 ZGB), und überdies - nach dem Vorbild der Nichtigerklärung der Ehe (aArt. 121 Abs. 2 ZGB) und der Anfechtung der Adoption (Art. 269a Abs. 1 ZGB) - auch von der Heimat- und Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden erhoben werden (Botschaft vom 5. Juni 1974 über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Kindesverhältnis], BBl 1974 II 1 S. 40). Der verwiesene Art. 269a Abs. 1 ZGB lehnt sich seinerseits an aArt. 306 ZGB und aArt. 121 ZGB an (Botschaft vom 12. Mai 1971 über die Änderung des Zivilgesetzbuches [Adoption und Art. 321 ZGB], BBl 1971 I 1200 S. 1241). Das Klagerecht gemäss aArt. 121 Abs. 2 ZGB (AS 1952 1087 S. 1100: "von jedermann, der ein Interesse hat, namentlich auch von der Heimat- oder Wohnsitzgemeinde") wurde zur Bekämpfung von sog. Bürgerrechtsehen geschaffen, d.h. von Eheschliessungen, die nicht eine Lebensgemeinschaft begründen, sondern bloss der Ausländerin das Schweizerbürgerrecht vermitteln sollen und offenkundig die Umgehung der Einbürgerungsvorschriften bezwecken (Botschaft vom 9. August 1951 zum Entwurf zu einem Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts, BBl 1951 II 669 S. 706), und die Drittanfechtung der Anerkennung gemäss aArt. 306 ZGB wollte den Gefahren begegnen, die die Erleichterung der Form der Anerkennung (Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten oder mit einer öffentlichen Urkunde oder Verfügung von Todes wegen) in sich schliesst (Botschaft vom 28. Mai 1904 zu einem Gesetzesentwurf enthaltend das Schweizerische Zivilgesetzbuch, BBl 1904 IV 1 S. 39; vgl. EUGEN HUBER, Schweizerisches Zivilgesetzbuch. Erläuterungen zum Vorentwurf des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes, Bd. I, 2. Aufl. 1914, S. 263 f.). BGE 143 III 624 (628)
BGE 143 III 624 (629)3.2.3 Dem Entwurf zu Art. 260a Abs. 1 ZGB stimmten Stände- und Nationalrat diskussionslos zu (AB 1975 S 118 und AB 1975 N 1758).
3.4.1 Nach dem Wortlaut von Art. 260a Abs. 1 ZGB und dem gesetzgeberischen Konzept haben die Heimatgemeinde und die BGE 143 III 624 (629) BGE 143 III 624 (630) Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden nebeneinander ein selbstständiges Klagerecht, das es ihnen ermöglichen soll, gegen missbräuchliche Kindesanerkennungen einzuschreiten. Der Missbrauch kann in der Erschleichung des Anwesenheits- oder Bürgerrechts und der damit verbundenen Vorteile (z.B. Unterstützungsleistungen, Burgernutzen, Wahl- und Stimmrecht usw.) bestehen. Am Gesetzeszweck misst sich das schutzwürdige Interesse der Gemeinden an der Anfechtung einer Kindesanerkennung. Dass die Ausübung des von weitergehenden Bedingungen unabhängigen Klagerechts der Gemeinden unter Umständen dem Interesse des Kindes an der Vaterschaft des Anerkennenden widersprechen kann, war dem Gesetzgeber mit Blick auf die Entstehungsgeschichte bewusst oder musste ihm aufgrund der Formulierung der Bestimmung zumindest bewusst sein. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass der damalige Gesetzgeber die Interessenabwägung im Gesetz selber vornehmen wollte und dem öffentlichen Interesse an der Missbrauchsbekämpfung gegenüber dem Interesse des Kindes an der Aufrechterhaltung des Kindesverhältnisses den Vorrang eingeräumt hat.
BGE 143 III 624 (631)3.4.3 Triftige Gründe für ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut sind nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber setzt das "Kindeswohl" gezielt ein (z.B. in der Gestaltung der Elternrechte und -pflichten, der elterlichen Sorge, prozessualer Mitwirkungspflichten usw.), aber nicht in der Beurteilung der Aktivlegitimation, die an Eigenschaften der klagenden Partei anknüpft und nicht an ebensolche Dritter. Ob - anders gesagt - ein subjektives Recht oder ein Rechtsverhältnis klageweise geltend gemacht werden soll, ist im Allgemeinen der freien Entschliessung seiner Träger anheimgestellt (vgl. MAX GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 139). Was aber für die Aktivlegitimation allgemein gilt, trifft auch auf deren Sonderfall zu, wo der Gesetzgeber zur Wahrung öffentlicher Interessen eine Behörde für berechtigt erklärt, eine Klage zu erheben, die in ein fremdes Rechtsverhältnis eingreift. Ihre Befugnis, frei und unabhängig von entgegenstehenden Interessen Dritter das gesetzlich eingeräumte Klagerecht auszuüben, wird einzig durch das Rechtsschutzinteresse begrenzt (Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO), das sich am Gesetzeszweck misst und bereits im Falle der blossen Möglichkeit einer missbräuchlichen Kindesanerkennung zu bejahen ist (vgl. BGE 41 II 425 S. 427; 77 II 193 E. 2b S. 199). Nicht durch eine Einschränkung des Klagerechtes, sondern auf der Ebene des schutzwürdigen Interesses begegnet der Gesetzgeber somit der behaupteten Gefahr, Behörden könnten beliebig Kindesanerkennungen anfechten.
3.4.4 Die Berücksichtigung grundrechtlicher Garantien (BV, EMRK oder KRK) führt die Auslegung hier nicht weiter, wobei dahingestellt bleiben mag, welche Ansprüche auf eine rechtliche Eltern-Kind-Beziehung bestehen, wenn das genetische Abstammungsverhältnis fraglich ist (vgl. die weiterführenden Nachweise in BGE 141 III 312 E. 6 S. 323 ff. und 328 E. 7 S. 347 ff.). Denn das Sachgericht hat in seinem Urteil von Gesetzes wegen das öffentliche Interesse der klagenden Gemeinden an der Aufhebung des Kindesverhältnisses und das private Interesse des beklagten Kindes an der Beibehaltung des Kindesverhältnisses gegeneinander abzuwägen. Das Zivilgesetzbuch verlangt nicht, dass die genetische zwingend der sozialen Elternschaft vorgeht (vgl. THOMAS GEISER, Kind und Recht - von der sozialen zur genetischen Vaterschaft?, FamPra.ch 2009 S. 41 ff., mit Beispielen). Die Interessenabwägung hat deshalb zu erfolgen, sobald erwiesen ist, dass der Anerkennende als genetischer Vater des Kindes tatsächlich ausscheidet. Erst in diesem BGE 143 III 624 (631) BGE 143 III 624 (632) Zeitpunkt wird die Frage nach den auf dem Spiele stehenden Interessen aktuell. Gleichzeitig ist damit der Anspruch des Kindes auf Kenntnis der genetischen Herkunft in einem gerichtlichen Verfahren erfüllt. Auch verfahrensrechtlich ist die gerichtliche Interessenabwägung gewährleistet. Die Parteien im Anfechtungsprozess, der nach den Bestimmungen des vereinfachten Verfahrens durchgeführt wird (Art. 295 ZPO), können nach Abschluss der Beweisabnahme zum Beweisergebnis und zur Sache Stellung nehmen (Art. 232 i.V.m. Art. 219 ZPO). Da das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären hat (Art. 296 Abs. 1 ZPO), berücksichtigt es zudem neue Tatsachen und Beweismittel bis zur Urteilsberatung (Art. 229 Abs. 3 i.V.m. Art. 219 ZPO). Dass das Kindeswohl in der Beurteilung der Aktivlegitimation keine Rolle spielt, bedeutet für die Parteien somit keinen Nachteil. Es wird unter vorgängiger Wahrung der Parteirechte im Sachurteil verwirklicht.
3.5 Als Auslegungsergebnis ist aus den dargelegten Gründen festzuhalten, dass das Interesse des Kindes, das Kindesverhältnis zum BGE 143 III 624 (632) BGE 143 III 624 (633) Anerkennenden aufrechtzuerhalten, das Klagerecht der Heimat- und der Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden, missbräuchliche Kindesanerkennungen gerichtlich anzufechten, nicht einschränkt.
4.2 Die Wohnsitzgemeinde (Beschwerdeführerin 2) hat ein Anfechtungsinteresse, weil der Anerkennende dem Kind und der Mutter zufolge des vermittelten Bürgerrechts einen Aufenthaltstitel verschafft und aufgrund seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind unterstützungsbedürftig werden kann. Die Unterstützung obliegt dem Wohnkanton, der das unterstützungspflichtige Gemeinwesen - in der Regel die Wohnsitzgemeinde - und die zuständige Fürsorgebehörde bezeichnet (Art. 12 des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1977 BGE 143 III 624 (633) BGE 143 III 624 (634) über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger [Zuständigkeitsgesetz, ZUG; SR 851.1]). Dass im Kanton Zürich eine vom Normalfall abweichende Regelung bestehe, wird nicht behauptet und trifft auch nicht zu. Gemäss § 32 des kantonalen Sozialhilfegesetzes vom 14. Juni 1981 (SHG; LS/ZH 851.1) obliegt die Pflicht zur Leistung persönlicher und wirtschaftlicher Hilfe der Wohngemeinde des Hilfesuchenden. Es besteht hier zudem nicht bloss eine theoretische Möglichkeit, dass künftig eine Unterstützungsbedürftigkeit eintreten könnte, zumal der Beschwerdegegner 1 gemäss eigenen Angaben und Belegen von der Wohnsitzgemeinde heute Ergänzungsleistungen bezieht. Nachweislich werden auch die Kindesmutter und der Beschwerdegegner 2 von der Wohnsitzgemeinde unterstützt. Damit hat die Wohnsitzgemeinde (Beschwerdeführerin 2) ebenfalls ein schützenswertes Interesse an der Anfechtungsklage.
4.3 Der Beschwerdeführer 1 als kantonale Aufsichtsbehörde im Zivilstandswesen wird in Art. 260a Abs. 1 ZGB nicht namentlich als klageberechtigt aufgeführt. Eine zusätzliche Klage einer zuständigen Behörde - wie heute in Art. 106 Abs. 1 ZGB und früher in aArt. 121 Abs. 1 und aArt. 306 ZGB vorgesehen - besteht nicht (BERNHARD SCHNYDER, "... jedermann, der ein Interesse hat", in: Festschrift für Cyril Hegnauer [...], 1986, S. 453 ff., 457 bei Anm. 23). Unter den Begriff des klageberechtigten "jedermann, der ein Interesse hat", kann indessen auch das Gemeinwesen fallen, wenn es ein besonderes eigenes Interesse nachzuweisen vermag und nicht bloss das allgemeine Interesse anruft (BGE 77 II 193 E. 1b S. 196). Nach der Lehre kann das Interesse materieller oder ideeller, aktueller oder virtueller Art sein. Der Kläger muss durch das unrichtige Kindesverhältnis unmittelbar und ernstlich betroffen sein (HEGNAUER, a.a.O., N. 102 zu Art. 260a ZGB; STETTLER, a.a.O., § 13/II/F S. 207 f.). Dass der Beschwerdeführer 1, wie er es selber vorträgt, der Registerwahrheit verpflichtet sei, trifft zu und berechtigt ihn zur Klage auf Berichtigung von Angaben im Personenstandsregister (Art. 42 Abs. 2 ZGB). Eine solche Klage betrifft aber die Gültigkeit der Anerkennung und nicht deren Wahrhaftigkeit; diese und nur diese ist Gegenstand des Anfechtungsverfahrens (HEGNAUER, a.a.O., N. 60 zu Art. 260a ZGB). Mithin begründet der Beschwerdeführer 1 an der Anfechtung der Kindesanerkennung kein eigenes, über ein allgemeines rechtsstaatliches hinausgehendes Interesse. Er ist folglich nicht klageberechtigt, und ihm gegenüber hat das Obergericht die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. BGE 143 III 624 (634)
BGE 143 III 624 (635)5. Ihren Hauptantrag, die Kindesanerkennung aufzuheben, begründen die Beschwerdeführerinnen mit den Ergebnissen des durchgeführten Beweisverfahrens und der Weigerung der Beschwerdegegner, an der DNA-Begutachtung teilzunehmen.
5.2.2 Für Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten schreibt Art. 296 ZPO vor, dass das Gericht den Sachverhalt von Amtes wegen erforscht (Abs. 1) und ohne Bindung an die BGE 143 III 624 (635) BGE 143 III 624 (636) Parteianträge entscheidet (Abs. 3). Es gelten damit die uneingeschränkte Untersuchungsmaxime und die Offizialmaxime. Im Einklang mit der Untersuchungsmaxime wird für Statusprozesse - entsprechend dem bisherigen Recht (aArt. 254 Ziff. 2 ZGB) - präzisiert, dass die Parteien und Dritte an allen Untersuchungen mitzuwirken haben, die zur Aufklärung der Abstammung nötig und ohne Gefahr für die Gesundheit sind (Art. 296 Abs. 2 ZPO). Im öffentlichen Interesse ist somit die Verfügungsbefugnis der Parteien eingeschränkt und das Gericht gehalten, nach der materiellen Wahrheit zu forschen (Urteile 5A_745/2014 vom 16. März 2015 E. 2.3, in: FamPra.ch 2015 S. 741; 5A_492/2016 vom 5. August 2016 E. 3.1, in: FamPra.ch 2016 S. 1015).
5.3.1 Aus einem Bericht des Vertrauensanwaltes der Schweizer Vertretung in Pristina vom 14. Februar 2013 soll sich ergeben, dass E. schon zur Zeit der Geburt des Beschwerdegegners 2 im Kosovo als Ehemann der Kindesmutter gegolten habe und deshalb der Beschwerdegegner 2 als sein Kind zu gelten habe. Das Obergericht hat den Bericht als nicht verwertbares Beweismittel bezeichnet, aber auch festgehalten, selbst wenn auf den Bericht abgestellt werden BGE 143 III 624 (636) BGE 143 III 624 (637) wollte, ergebe sich daraus kein genügender Beweis der Nichtvaterschaft des Beschwerdegegners 1, habe doch insbesondere der angebliche Vater E. ausdrücklich von sich gewiesen, Vater des Beschwerdegegners 2 zu sein. Ob das Obergericht das Beweismittel willkürfrei für nicht verwertbar halten durfte, kann dahingestellt bleiben, hält doch seine Beweiswürdigung der Willkürprüfung stand. Aussagen vom blossen Hörensagen schaffen keinen Beweis der Vaterschaft, selbst wenn sie in einem schriftlichen Bericht wiederholt werden. Auch zur beantragten Auswertung der Reisepässe der Kindesmutter und des Beschwerdegegners 2 hat das Obergericht festgehalten, daraus lasse sich kaum etwas bezüglich der Vaterschaft des Beschwerdegegners 1 ableiten, selbst wenn die Kindesmutter mit dem Beschwerdegegner 2 regelmässig in den Kosovo gereist sein sollte. Im Reiseverhalten der Kindesmutter und des Beschwerdegegners 2 erblicken die Beschwerdeführerinnen ein Indiz für die Bestätigung des weiteren Indizes, dass E. der Ehemann der Kindesmutter und der Vater des Beschwerdegegners 2 sei. Aus den Vermerken in Reisepässen kann sich ergeben, dass und wohin die Passinhaberin gereist ist. Wen sie am Zielort der Reise getroffen haben könnte, ergibt sich daraus nicht. Dazu bedürfte es in der Indizienkette hin zur Vaterschaft einer Person weiterer Glieder, deren Bestehen die Beschwerdeführerinnen weder behaupten noch belegen.
BGE 143 III 624 (638)6. Schliesslich stellt sich die Frage nach der zwangsweisen Durchsetzung der gerichtlich verfügten DNA-Begutachtung. Die kantonalen Gerichte haben die Anwendung von Polizeigewalt abgelehnt. Die Beschwerdeführerinnen rügen den Untersuchungsgrundsatz im Abstammungsprozess (Art. 296 Abs. 1 ZPO) wie auch ihren Beweisführungsanspruch (Art. 8 ZGB) als verletzt. Sie beantragen deshalb die Rückweisung der Sache an eine kantonale Instanz.