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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Anlass zur Beschwerde gibt das Gesuch um Rechtsöffnung, m ...
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43. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
5A_375/2017 vom 13. Juni 2018
 
 
Regeste
 
Art. 80 f., Art. 149a Abs. 1 SchKG; definitive Rechtsöffnung, Verjährung der im Verlustschein verurkundeten Forderung.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 144 III 360 (360)A.
A.a B. wurde mit den am Singapore International Arbitration Centre (SIAC) gefällten Schiedssprüchen vom 31. Mai 2002 und 10. Juli 2002 verpflichtet, A. Schadenersatz in der Höhe von SGD 12'156'950.- nebst Zins zu 6 % ab dem Tag des Schiedsspruchs, SGD 916'479.-, SGD 203'086.-, 6 % Zins auf dem Betrag von SGD 1'119'565.- sowie alle Verfahrens- und Parteikosten des Beschwerdeführers zu bezahlen.
A.b A. leitete für die Forderungen gestützt auf die Schiedsurteile mit Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes Zug vom 5. September 2002 die Betreibung Nr. x ein. Nach Beseitigung des Rechtsvorschlages (durch den Rechtsöffnungsentscheid des Kantonsgerichts Zug vom 20. Februar 2003) wurde die Betreibung fortgesetzt.
A.c Die Betreibung Nr. x führte zum Verlustschein Nr. z vom 31. Dezember 2010 infolge Pfändung nach Art. 149 SchKG. Ausgewiesen wurde damit ein Verlust von Fr. 16'695'999.20.
B.
B.a A. leitete mit Zahlungsbefehl Nr. y vom 23. Mai 2016 (Betreibungsamt Zug) gegen B. die Betreibung für den Betrag von Fr. 16'695'999.20 ein. Der Betreibungsschuldner erhob Rechtsvorschlag.BGE 144 III 360 (360)
BGE 144 III 360 (361)B.b Am 8. Juli 2016 gelangte A. an das Kantonsgericht Zug und verlangte in der Betreibung Nr. y die definitive Rechtsöffnung für den in Betreibung gesetzten Betrag sowie für Betreibungskosten von Fr. 413.30. Eventualiter sei die provisorische Rechtsöffnung zu erteilen. Er stützte das Gesuch auf den Verlustschein vom 31. Dezember 2010 sowie die beiden SIAC-Schiedsurteile aus dem Jahre 2002. Mit Entscheid vom 19. Dezember 2016 wies das Kantonsgericht Zug (Einzelrichter) das Gesuch um Rechtsöffnung ab.
B.c Gegen den Rechtsöffnungsentscheid erhob A. Beschwerde, welche das Obergericht des Kantons Zug mit Urteil vom 28. März 2017 abwies.
C. Mit Eingabe vom 15. Mai 2017 hat A. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt, es sei der obergerichtliche Entscheid aufzuheben. In der Sache verlangt er, in der gegen B. (Beschwerdegegner) geführten Betreibung Nr. y des Betreibungsamtes Zug für den Betrag von Fr. 16'695'999.20 sowie Betreibungskosten (Fr. 413.30) die definitive Rechtsöffnung zu erteilen. Eventualiter sei die provisorische Rechtsöffnung zu erteilen.
Mit Verfügung vom 2. Juni 2017 wurde auf das Gesuch des Beschwerdeführers hin der Beschwerde (hinsichtlich die Pflicht zur Bezahlung der Parteientschädigung) die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Verfügung vom 19. Januar 2018 wurde das Gesuch des Beschwerdegegners auf Sicherstellung einer allfälligen Parteientschädigung gutgeheissen. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Auszug)
 
3.1 Ausländische Schiedssprüche kommen als Vollstreckungstitel im Sinne von Art. 80 Abs. 1 SchKG in Betracht; sie sind anzuerkennenBGE 144 III 360 (361) BGE 144 III 360 (362)und vollstreckbar zu erklären, wenn keine Ablehnungsgründe gemäss dem einschlägigen New Yorker Übereinkommen vom 10. Juni 1958 (SR 0.277.12) bestehen (Art. 194 IPRG [SR 291]). Gegen die vom Beschwerdeführer vorgelegten SIAC-Schiedssprüche vom 31. Mai 2002 und 10. Juli 2002 liegen unstrittig keine Verweigerungsgründe gemäss dem New Yorker Übereinkommen vor (vgl. STAEHELIN, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs [nachfolgend: Basler Kommentar], Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 93 ff. zu Art. 80 SchKG). Die SIAC-Schiedssprüche sind anerkenn- und vollstreckbar und stellen definitive Vollstreckungstitel im Sinne von Art. 80 Abs. 1 SchKG dar.
3.2.3 Für die im Verlustschein verurkundete Forderung hat der Schuldner persönlich - anders als ein allfälliger Mitverpflichteter - keine Zinsen zu zahlen (Art. 149 Abs. 4 SchKG). Die Verlustforderung war bis zur Revision des SchKG von 1994/1997 gegenüber dem Schuldner unverjährbar. Gemäss Art. 149a Abs. 1 SchKG verjährtBGE 144 III 360 (362) BGE 144 III 360 (363)sie nunmehr gegenüber dem Schuldner 20 Jahre nach Ausstellung des Verlustscheines, und gegenüber seinen Erben bereits ein Jahr nach Eröffnung des Erbganges (vgl. STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 3. Aufl. 2016, § 5 Rz. 207). Gleiche Rechtswirkungen hat auch der Konkursverlustschein (Art. 265 Abs. 2 SchKG).
3.4.2 Die Vorinstanz hat den Schluss gezogen, dass auch die Verjährung der Verlustforderung (Art. 149 SchKG), d.h. die nach derBGE 144 III 360 (363) BGE 144 III 360 (364)Pfändung in der Schweiz zu Verlust gekommene Forderung gemäss IPRG vom Recht des Urteilsstaates geregelt sei. Der im Urteil zitierten Lehre lässt sich allerdings nicht entnehmen, dass die Verjährung der nach SchKG zwangsvollstreckten Forderung vom Vorrang des IPRG erfasst und die Verjährungsbestimmung des SchKG unwirksam sein soll. Dass zwangsvollstreckungsrechtliche Regeln auf die materielle Schuldverpflichtung des Schuldners einwirken und vorgehen, selbst wenn die Forderung sich nach ausländischem Recht richtet, ist nicht ungewöhnlich (vgl. Art. 208 SchKG, Fälligkeit bei Konkurseröffnung; Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 4. März 2008 E. 3.3, BlSchK 2010 S. 166; ferner GILLIÉRON, a.a.O., Bd. III, 2001, N. 19 zu Art. 208 SchKG).
BGE 144 III 360 (366)3.5.4 Sinn und Zweck der Bestimmung machen deutlich, dass das Institut der (heutigen) ausserordentlich langen Frist der Verjährung einer Verlustforderung so eng mit der weiteren Zwangsvollstreckung verbunden ist, dass es nicht aus dem ganzen Komplex der Nachforderung aus einer verlustreichen Pfändungsbetreibung herausgelöst werden kann (vgl. HERRMANN, Die weitere Schuldexekution nach ungenügender Zwangsvollstreckung, 1947, S. 18). Die Verjährung nach Art. 149a Abs. 1 SchKG - d.h. die 20-jährige Verjährungsfrist gegenüber dem Schuldner zu dessen Lebzeiten - wirkt in erster Linie im Dienst des Zwangsvollstreckungsrechts, genauso wie die damit verbundene Unverzinslichkeit der Verlustforderung, weshalb gegen die Regelung im Schuldbetreibungsrecht nichts einzuwenden ist (AFFOLTER, Der Verlustschein in der Pfändung auf Betreibung, 1978, S. 84). Sollen die beiden Privilegien dem Schuldner und dem Gläubiger in der Zwangsvollstreckung in der Schweiz zugutekommen, ist ihre Anwendung unabhängig davon gerechtfertigt, ob auf die Forderung ausländisches oder schweizerisches Recht anwendbar ist. Ein Grund, weshalb die Verlustforderung anders behandelt werden soll, nur weil darauf nicht schweizerisches Privat- oder öffentliches Recht, sondern ausländisches Recht anwendbar ist, lässt sich nicht erblicken. Als Massnahme der Spezialexekution, deren Wirkung auf den Staat ihrer Durchführung beschränkt ist (vgl. SCHWANDER, a.a.O., N. 27 zu Art. 30a SchKG), beansprucht der Verlustschein einzig Geltung im Inland (vgl. AFFOLTER, a.a.O., S. 120). So wenig wie es bei einer öffentlichrechtlichen Forderung einen Grund gibt, die Anwendbarkeit von Art. 149a Abs. 1 SchKG in der Nachforderung zu versagen, so wenig steht ihr der Umstand entgegen, dass auf die im Verlustschein verurkundete Forderung nicht schweizerisches, sondern ausländisches Privatrecht anwendbar ist.