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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt der Zahlungsbefehl ...
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13. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
5A_638/2018 vom 10. Februar 2020
 
 
Regeste
 
Art. 49, 65 Abs. 3 SchKG; Art. 518 ZGB; Betreibung des Erbschaftsgläubigers gegen den Willensvollstrecker; Betreibungsort.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 146 III 106 (106)A.
A.a Am 8. Dezember 2017 stellte B. beim Betreibungsamt N. das Begehren um Betreibung gegen A. "als Willensvollstrecker im Nachlass C. sel." für eine Forderung von Fr. 1'280'000.- nebst Zins von 5 % seit 1. April 2017.
A.b Das Betreibungsamt erliess am 11. Dezember 2017 den Zahlungsbefehl Nr. x, welcher als Schuldner "A." und als Forderungsgrund "1. Kaufpreistranche gemäss Kaufvertrag vom 2./10. Dezember 2016, Passivlegitimation aufgrund Prozessstandschaft als Willensvollstrecker im Nachlass C." nennt. Gegen den am 11. Januar 2018 zugestellten Zahlungsbefehl erhob A. gleichentags Rechtsvorschlag.
A.c Gegen den Zahlungsbefehl erhob A. am 22. Januar 2018 betreibungsrechtliche Beschwerde beim Bezirksgericht Meilen als untere kantonale Aufsichtsbehörde über die Betreibungsämter. Er beantragte, BGE 146 III 106 (106) BGE 146 III 106 (107) es sei die Nichtigkeit der Betreibung Nr. x (Zahlungsbefehl vom11. Dezember 2017) des Betreibungsamtes N. festzustellen, eventualiter sei diese aufzuheben. Mit Entscheid vom 21. März 2018 hob die untere Aufsichtsbehörde die erwähnte Betreibung auf.
B. Gegen den Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde gelangte B. am 5. April 2018 an das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Mit Entscheid vom 11. Juli 2018 wurde die Beschwerde gutgeheissen; der erstinstanzliche Beschwerdeentscheid wurde aufgehoben und der erwähnte Zahlungsbefehl (durch Abweisung der Beschwerde von A. vom 22. Januar 2018) bestätigt.
C. Mit Eingabe vom 2. August 2018 hat A. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt, es seien das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die von B. (Beschwerdegegner) mit Zahlungsbefehl vom 11. Dezember 2017 des Betreibungsamtes N. eingeleitete Betreibung Nr. x aufzuheben; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
(...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Auszug)
 
BGE 146 III 106 (108)3.2.1 Gemäss Art. 49 SchKG kann eine Erbschaft, solange die Teilung nicht erfolgt, eine vertragliche Gemeinderschaft nicht gebildet oder eine amtliche Liquidation nicht angeordnet ist, in der auf den Verstorbenen anwendbaren Betreibungsart an dem Ort betrieben werden, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte. Trotz fehlender Rechtspersönlichkeit hat die unverteilte Erbschaft kraft Art. 49 SchKG Parteifähigkeit in einer gegen sie gerichteten Betreibung, d.h. sie ist passiv betreibungsfähig (u.a. GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 5. Aufl. 2012, Rz. 339; BGE 116 III 4 E. 2a). Zur Entgegennahme der für die unverteilte Erbschaft bestimmten Betreibungsurkunden ist als Vertreter im Sinne von Art. 65 Abs. 3 SchKG der Willensvollstrecker legitimiert ( BGE 101 III 1 E. 1). Wird die unverteilte Erbschaft betrieben, richtet sich die Betreibung gegen die Vermögenswerte der Erbschaft, nicht gegen die Erben persönlich ( BGE 116 III 4 E. 2a; BGE 113 III 79 E. 4).
BGE 146 III 106 (109)3.3.1 In einem Urteil aus dem Jahre 1939 hielt das Bundesgericht zum Betreibungsort des Wohnsitzes des Willensvollstreckers fest, dass ein Vertreter gemäss Art. 65 Abs. 3 SchKG (wie der Willensvollstrecker) wohl als Zustellungsempfänger in Betracht komme. Hingegen spiele der Wohnsitz des Willensvollstreckers, der auch im Ausland sein könne, keine Rolle für den Betreibungsort in der Schweiz; massgebend sei der Betreibungsort nach Art. 49 SchKG (Urteil B 286/1939 vom 11. Dezember 1939, in: ZR 1940 Nr. 159 S. 349).
3.4 Die Aufsichtsbehörde hält die (teilweise zitierte) Rechtsprechung und Lehre für nicht überzeugend, um Art. 49 SchKG auf die BGE 146 III 106 (109) BGE 146 III 106 (110) Betreibung gegen den Willensvollstrecker anzuwenden. Nach der Vorinstanz spricht der Umstand, dass die Betreibung zufolge Prozessstandschaft gegen den Willensvollstrecker persönlich gerichtet sei, für die Anwendung von Art. 46 SchKG, weil er die Stellung des Schuldners habe. Zutreffend ist, dass der Willensvollstrecker nach der Rechtsprechung (E. 3.2.2) kraft seines Amtes Parteistellung hat (sog. Amtstheorie; Urteil 5P.355/2006 vom 8. November 2006 E. 3.1). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz führt indessen sowohl die Betreibung gegen die "unverteilte Erbschaft" als auch gegen den "Willensvollstrecker" zur Anwendung von Art. 49 SchKG, wie im Folgenden darzulegen ist.
3.4.1 Richtig ist, dass die Erbschaft keine Parteifähigkeit zur aktiven Betreibung hat, sondern hierfür einzig der Willensvollstrecker berechtigt ist (Urteil 5A_768/2014 vom 2. November 2015 E. 1.2.1). Hingegen kommt der unverteilten Erbschaft in der gegen sie gerichteten Betreibung kraft Art. 49 SchKG die Parteifähigkeit und passive Betreibungsfähigkeit zu: In diesem Fall wird die Erbschaft als Partei betrachtet. Danach kommt ihr die Parteirolle zu, und nicht dem Willensvollstrecker, welcher insoweit nur der Vertreter der Erbschaft ist (LORANDI, Erblasser, Erbengemeinschaft, Erbe[n] und Erbschaft als Schuldner, AJP 2012 S. 1388). Es trifft zu, dass die Parteifähigkeit der unverteilten Erbschaft in den gerichtlichen SchKG-Verfahren (Inzidenzverfahren) unterschiedlich beantwortet wird (LORANDI, a.a.O., S. 1387 mit Hinweisen). Für die Betreibung ist jedenfalls das betreibungsrechtliche Sonderregime von Art. 49 SchKG massgebend; dieses geht insoweit als lex specialis der allgemeinen Regelung des ZGB vor (LORANDI, a.a.O.; LÖTSCHER, Die Prozessstandschaft, 2016, Rz. 1045), ebenso den bundesrechtlichen Zuständigkeitsvorschriften (Botschaft vom 18. November 1998 zum Gerichtsstandsgesetz, BBl 1999 2829, 2855 Ziff. 243). Bei dieser Sichtweise richten sich die Modalitäten der Betreibung (Art, Ort) nach Art. 49 SchKG, und weder Art noch Ort der Betreibung hängen von der Person des Wilensvollstreckers ab. Der Willensvollstrecker ist hingegen ausschliesslich befugt, sich der Betreibung zu widersetzen, und in dieser Eigenschaft berechtigt, die Betreibungsurkunden zu empfangen (LAYDU MOLINARI, a.a.O., S. 158). Dies führt zum Schluss, dass im Fall, in welchem - wie hier - eine ungeteilte Erbschaft besteht, die Betreibung am Ort anzuheben ist, wo der Erblasser zur Zeit seines Todes betrieben werden konnte, und nicht am Wohnsitz des Willensvollstreckers.
3.4.2 Kein anderes Ergebnis folgt aus dem Blickwinkel, wonach der Erbschaftsgläubiger seine Betreibung gegen den Willensvollstrecker BGE 146 III 106 (110) BGE 146 III 106 (111) richtet. Auch hier bestimmen sich nach einhelliger Meinung (E. 3.3.2) die Art der Betreibung (auf Pfändung oder Konkurs) und der Betreibungsort nach der Person des Erblassers bzw. der unverteilten Erbschaft (Art. 49 SchKG). Um deren passiven Betreibungsfähigkeit Rechnung zu tragen, unterscheidet sich die Parteistellung des Willensvollstreckers im Ergebnis nicht von derjenigen eines Vertreters des Nachlasses. Dieses Ergebnis - d.h. die Einschränkung der Parteirolle des Willensvollstreckers in der Passivbetreibung - steht im Einklang mit Bundesrecht: Der Gesetzgeber hat das Bedürfnis anerkannt, bereits schwebende Betreibungen mit dem Tod des Schuldners mit Beschränkung auf die Nachlassaktiven fortzusetzen (Art. 59 Abs. 2 SchKG) oder auch für Erbschaftsschulden neu einzuleiten (Art. 49 SchKG), insbesondere wenn die Erben auswärts wohnen und der Nachlass nach der Teilung in alle Winde verweht wird (FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 1984, § 11 Rz. 10; LAYDU MOLINARI, a.a.O., S. 150 f.). Grenze ist jedoch die Teilung der Erbschaft oder die Bildung der Gemeinderschaft oder amtliche Liquidation, nicht die Einsetzung eines Willensvollstreckers. Seine persönlichen Verhältnisse sind nicht ausschlaggebend: Sein Wohnsitz stellt einen zufälligen Anknüpfungspunkt dar (PICHLER, Die Stellung des Willensvollstreckers in "nichterbrechtlichen" Zivilprozessen, 2011, S. 177); nicht sein Privatvermögen, sondern die Nachlassaktiven werden von der Betreibung erfasst (E. 3.2.2). Unter Beachtung von Art. 49 SchKG weist die Betreibung die notwendige Sachnähe nicht nur zum Betreibungsort des Erblassers auf, wie die Vorinstanz selber eingeräumt hat, sondern auch zur Betreibungsart: Dass eine Fortsetzung der Betreibung z.B. auf Konkurs am Wohnort des Willensvollstreckers Sinne mache, weil der Willensvollstrecker - zufällig - der Konkursbetreibung unterliegt, ist nicht ersichtlich. Es besteht kein Anlass, an der Auffassung zu zweifeln, dass die besondere Regelung gemäss Art. 49 SchKG massgebend ist.