50. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Bank B. (Beschwerde in Zivilsachen) | |
5A_110/2021 vom 2. August 2022 | |
Regeste | |
Art. 38 LugÜ, Art. 250 Abs. 2 SchKG, Art. 148 Abs. 1 IPRG; vollstreckbar erklärtes ausländisches Urteil, negative Kollokationsklage, Einrede der Verjährung.
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Sachverhalt | |
A.a Am 3. September 2019 eröffnete das Bezirksgericht Zürich über C. den Konkurs. Das Konkursamt Altstetten-Zürich legte am 15. Januar 2020 den Kollokationsplan auf. Darin wurde A. als Gläubiger mit einer Forderung Dritter Klasse von Fr. 10'070.87 für eine Honorarrechnung vom 12. Januar 2019 zugelassen. Als weitere Gläubigerin wurde Bank B. mit einer Forderung Dritter Klasse von Fr. 437'466.80 gemäss Urteil vom 10. Juli 2013 des englischen Northampton County Court zugelassen.
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A.b Am 5. Februar 2020 erhob A. beim Bezirksgericht Zürich (negative) Kollokationsklage gemäss Art. 250 Abs. 2 SchKG gegen Bank B. und verlangte die Streichung von deren Forderung im Kollokationsplan. Mit Urteil vom 13. Juli 2020 wies das Bezirksgericht die Kollokationsklage ab; die Zulassung der Forderung von Bank B. im Kollokationsplan wurde bestätigt.
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B. Gegen das Kollokationsurteil des Bezirksgerichts gelangte A. an das Obergericht des Kantons Zürich. Mit Urteil vom 30. Dezember 2020 wies das Obergericht die Berufung ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil.
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C. Mit Eingabe vom 8. Februar 2021 hat A. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils. In der Sache verlangt er, es sei die von Bank B. (Beschwerdegegnerin) eingegebene und von der Konkursverwaltung im Kollokationsplan im Konkurs C. zugelassene Forderung zu streichen. Weiter ersucht der Beschwerdeführer um aufschiebende Wirkung.
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(...)
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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(Auszug)
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3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Frage der Verjährung einer im Konkurs eingegebenen Forderung, welche sich auf ein englisches Urteil stützt. Die Zulassung ist Streitgegenstand in einem negativen Kollokationsprozess. Während das Obergericht in Anwendung des Rechts des Urteilsstaates (England) die Verjährung der Forderung verneint und die Kollokation der beklagten Mitgläubigerin bestätigt hat, hält der Beschwerdeführer die Forderung der Beschwerdegegnerin für nicht mehr durchsetzbar. Er rügt vorab die Nichtanwendung von englischem Recht bzw. eine Verletzung von Art. 96 lit. a BGG.
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3.2 Gemäss Art. 148 IPRG (SR 291) untersteht die Verjährung (sowie das Erlöschen) einer Forderung dem auf die Forderung anwendbaren Recht. Typischerweise regeln Kollisionsregeln des IPRG das anwendbare Recht im Erkenntnisverfahren. Wird die Forderung - wie im konkreten Fall - durch Urteil des Richters festgestellt, stellt sich jedoch die Frage der Verjährung der Wirkungen eines Urteils. Unter dieser Art der Verjährung ist die Frist zu verstehen, nach deren Ablauf die Durchsetzung des Urteils nicht mehr erzwungen werden kann, wie dies in den meisten Rechtssystemen vorgesehen ist (GIRSBERGER/GASSMANN, in: Zürcher Kommentar zum IPRG, 3. Aufl. 2018, N. 18 zu Art. 148 IPRG: "Urteils- oder Vollstreckungsverjährung").
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3.2.3 In der Lehre wird zum Teil die Meinung vertreten, dass unabhängig vom Vorliegen eines Urteils das Recht der Forderung anzuwenden sei (Forderungsstatut; VOCK, in: SchKG, Kurzkommentar, 2. Aufl. 2014, N. 10 zu Art. 81 SchKG), oder die 10-jährige Frist von Art. 137 Abs. 2 OR massgeblich sei, sofern im ausländischen Urteil - was hier ohnehin nicht zutrifft (Versäumnisurteil) - schweizerisches Recht auf die Forderung angewendet wurde (BERTI, Zürcher Kommentar, 2002, N. 32 zu Art. 137 OR). Als eine weitere Möglichkeit wird erwähnt (SCHWANDER, a.a.O., S. 18; vgl. PICHONNAZ, in: Commentaire romand, Code des obligations, Bd. I, 3. Aufl. 2021, N. 7 zu Art. 137 OR), die Frist zur Durchsetzung eines ausländischen Urteils in der Schweiz ausschliesslich an schweizerisches Recht bzw. Art. 137 Abs. 2 OR zu knüpfen, in der Annahme, dass mit dem Exequatur erst die Vollstreckbarkeitsfrist ausgelöst wird. In diese Richtung argumentiert stellenweise die Beschwerdegegnerin und zieht damit unausgesprochen die Zehnjahresfrist heran.
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3.2.5 Wenn das Obergericht die Anwendbarkeit von Art. 137 Abs. 2 OR auf ausländische vollstreckbare Urteile verworfen hat, ist es massgebender Praxis und Lehre gefolgt, wonach derartige Fristen (Verjährung als zeitliche Grenzen zur Durchsetzung des Urteils) nicht im Exequaturverfahren, sondern - wie dargelegt - in der Zwangsvollstreckung vorgebracht werden können. Die Vorinstanz hat sodann darauf abgestellt, dass die Beschränkung bzw. der Ausschluss der Durchsetzbarkeit einer Forderung die Hauptwirkung der Verjährung ist, auch wenn die Forderung in einem Urteil festgestellt worden ist. Die Anwendung des Verjährungsrechts des Urteilsstaates lässt sich mit guten Gründen vertreten, weil es sich regelmässig um eine mit Rechtskraft des Urteils eintretende neue Verjährungsfrist handelt. Diese Anknüpfung soll dazu beitragen, widersprechende Anerkennungs- und Vollstreckungsentscheide zu vermeiden (GIRSBERGER/GASSMANN, a.a.O., N. 18 zu Art. 148 IPRG; WILDHABER/DEDE, a.a.O.). Wenn das Obergericht diesem Kriterium ausschlaggebende Bedeutung zugemessen hat, lässt sich dies mit Bundesrecht vereinbaren, und das Bundesgerichtsurteil aus dem Jahre 2006 kann - auch bei willkürfreier Kognition - bestätigt werden.
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3.3.2 Sodann hat das Obergericht für die zeitliche Geltendmachung der Urteilsforderung die englischen Civil Procedure Rules 1998 (CPR) berücksichtigt (R. 83.2 [3.a]), und festgehalten, dass erstnach Ablauf von sechs Jahren eine besondere gerichtliche Erlaubnis notwendig ist, um die Vollstreckung ("writ or warrant") eines Urteils verlangen zu können ("A relevant writ or warrant must not be issued without the permission of the court where [...] six years or more have elapsed since the date of the judgment or order.").Aus den (von den Vorinstanzen stellenweise angeführten) Hinweisen zum englischen Recht geht hervor, dass Grundgedanke der bereits erwähnten Bestimmung (sec. 24) im Limitation Act 1980 sei, dass der Urteilsgläubiger mit der Urteilsvollstreckung fortfahren muss, und der dafür vorgesehene Zeitablauf von sechs Jahren sich in der Regelung wiederfinde, wonach innert dieses Zeitablaufs die Zwangsvollstreckung ohne besondere gerichtliche Erlaubnis durchgeführt wird (vgl. MCGEE, Limitations Periods, 2014, Rz. 17.006; ferner WIEDEMANN, Vollstreckbarkeit, 2017, S. 205) . Wie die Schweiz (Art. 135 Ziff. 2 OR), so sehen auch ausländische Rechtsordnungen als hauptsächlichen Mechanismus der Wahrung einer Frist zur Durchsetzung einer Forderung durch den Gläubiger u.a. die gerichtliche Klage oder konkret nach nationalem Recht bezeichnete Vollstreckungsmassnahmen vor. Wenn das Obergericht beide im Prozessrecht vorgesehenen, aber die Durchsetzung der Urteilsforderung - im Sinne einer Verjährung - begrenzende Frist berücksichtigt hat, ist dies nicht zu beanstanden.
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3.4 Insoweit ist nicht ersichtlich, dass die Vorinstanz die Regeln des schweizerischen internationalen Privatrechts verletzt haben soll (Art. 96 lit. a BGG), wenn es für die Verjährung der umstrittenen Forderung (wie vom Beschwerdeführer verlangt) auf das englische Recht des Urteilsstaates abgestellt hat und dabei (mit Hinweis auf GIRSBERGER/GASSMANN, a.a.O., N. 20 zu Art. 148 IPRG) alle Fragen, die den rechtlichen Einfluss der Zeit auf die Obligation betreffen (Beginn, Dauer, Wahrung der Urteilsverjährungsfrist), miteinbezogen hat.
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