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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die öffentliche V ...
Bearbeitung, zuletzt am 10.08.2023, durch: DFR-Server (automatisch)
 
20. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. und Mitb., E. gegen A. und Mitb. sowie F. gegen A. und Mitb. (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
5A_784/2021 und andere vom 27. Februar 2023
 
 
Regeste
 
Art. 651 Abs. 2 ZGB; Teilung des Miteigentums durch öffentliche Versteigerung; Zwangsversteigerung.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 149 III 165 (166)A.
A.a Die Liegenschaft x 12, U. (Sektion y, Grundstück Nr. z), steht im hälftigen Miteigentum von A., F. sowie E. und im hälftigen Miteigentum von B., C. und D.
A.b Am 3. Mai 2017 erhoben A., F. und E. Klage beim Zivilgericht Basel-Stadt gegen B., C. und D. (sowie die mittlerweile verstorbene G.) auf Aufhebung und Aufteilung des Miteigentums (nach Art. 650/651 ZGB). Die Liegenschaft sei durch das Gericht öffentlich zu versteigern und es sei der Steigerungserlös nach Tilgung der Gebühren und Steuern den Miteigentümern gemäss ihren Quoten zuzuweisen.
A.c Am 8. August 2019 entschied das Zivilgericht Basel-Stadt im Wesentlichen, dass das Miteigentum an der Liegenschaft aufgehoben und die Liegenschaft durch das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt öffentlich versteigert werde. Es behaftete die Parteien auf ihrem Einverständnis, dass die Liegenschaft durch die Gesellschaft H. geschätzt werde und der Mindestpreis zur Versteigerung drei Viertel vom Schätzwert betrage. Weiter wurde das Betreibungs- und Konkursamt entsprechend angewiesen, die öffentliche Versteigerung in Anwendung der üblichen Gantbedingungen durchzuführen und in der Folge den Netto-Erlös gemäss Quoten zuzuweisen.
A.d Das Betreibungs- und Konkursamt Basel-Stadt, Abteilung Liegenschaftsverwaltung, teilte A. am 18./19. Februar 2020 die Verkehrswertschätzung von I.H., Gesellschaft H., vom [recte] 20. Januar 2020 sowie dessen Stellungnahme zu Ergänzungsfragen vom 18. Februar 2020 mit. Weiter wies das Amt darauf hin, dass für die vom Gericht angeordnete Versteigerung das kantonale Gesetz vom 8. Oktober 1936 betreffend das Gantwesen (SG 230.900) anwendbar sei.
A.e Am 2. März 2020 gelangte A. an das Zivilgericht Basel-Stadt als untere Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt. Sie verlangte im Wesentlichen, dass die Verkehrswertschätzung vom 20. November 2019 (einschliesslich Stellungnahme vom 18. FebruarBGE 149 III 165 (166) BGE 149 III 165 (167)2020) aufgehoben und eine neue Schätzung durch einen unabhängigen Schätzer erstellt werde. Mit Entscheid vom 6. Januar 2021 wies das Zivilgericht die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten wurde.
B. Hiergegen gelangte A. an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als obere kantonale Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt. Mit Entscheid vom 6. September 2021 wurde die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf eingetreten wurde.
C. Mit Eingabe vom 27. September 2021 hat A. Beschwerde in Zivilsachen erhoben (Verfahren 5A_784/2021). Die Beschwerdeführerin verlangt die Aufhebung des Entscheides des Appellationsgerichts. In der Sache beantragt sie die Anweisung an das Betreibungs- und Konkursamt, eine Neuschätzung anzuordnen. Eventuell sei die Sache zur Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
(...)
Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab, soweit darauf einzutreten ist.
(Auszug)
 
3.2 Gemäss Art. 650 Abs. 1 ZGB hat jeder Miteigentümer das Recht, die Aufhebung des Miteigentums zu verlangen (unter Vorbehalt derBGE 149 III 165 (167) BGE 149 III 165 (168)im Gesetz erwähnten Ausschlussgründe). Können sich die Miteigentümer über die Art der Aufhebung nicht einigen, so wird nach Anordnung des Gerichts die Sache körperlich geteilt oder, wenn dies ohne wesentliche Verminderung ihres Wertes nicht möglich ist, öffentlich oder unter den Miteigentümern versteigert (Art. 651 Abs. 2 ZGB). Das Gericht hat nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu entscheiden (Urteil 5A_936/2020 vom 15. Juli 2021 E. 3.3.1; SUTTER-SOMM, Eigentum und Besitz, in: SPR Bd. V/1, 2. Aufl. 2014, S. 121 Rz. 262). Kaufverträge, die durch Versteigerung zustande kommen, werden in Art. 229-236 OR geregelt: Gegenstand sind in erster Linie öffentliche freiwillige Versteigerungen (Art. 229 Abs. 2 OR) sowie die Zwangsversteigerung (Art. 229 Abs. 1 OR), die jedoch ausschliesslich dem SchKG untersteht (AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl. 2013, § 27 Rz. 23). Die Kantone können in den Schranken der Bundesgesetzgebung weitere ergänzende Vorschriften über die öffentliche Versteigerung aufstellen (Art. 236 OR; TERCIER/BIERI/CARRON, Les contrats spéciaux, 5. Aufl. 2016, S. 168 Rz. 1216-1218, S. 169 Rz. 1222).
3.5.1 Zutreffend geht das Appellationsgericht davon aus, dass sich weder dem Wortlaut von Art. 651 Abs. 2 ZGB noch der Entstehung der Bestimmung die Anwendung des ZwangsvollstreckungsrechtsBGE 149 III 165 (169) BGE 149 III 165 (170)entnehmen lässt (vgl. Botschaft vom 28. Mai 1904 zu einem Gesetzesentwurf enthaltend das Schweizerische Zivilgesetzbuch, BBl 1904 IV 62, vgl. Art. 645 Abs. 2 E-ZGB, S. 276). Vielmehr wird früh festgehalten, dass die öffentliche Versteigerung nach Art. 651 Abs. 2 ZGB nicht als Zwangsversteigerung zu verstehen sei und daher nicht den Regeln des SchKG bzw. der VZG unterstehe (WIELAND, Zürcher Kommentar, 1909, N. 7 zu Art. 651 ZGB).
3.5.3 Nicht weiter führt der Hinweis der Beschwerdeführerin auf andere privatrechtliche Bestimmungen, in welchen auf die Regeln des Zwangsvollstreckungsrechts zurückgegriffen wird. Es trifft zu, dass z.B. bei Ausschluss eines Miteigentümers (Art. 649b ZGB) dessen Miteigentumsanteil (für den Fall der abgelaufenen Veräusserungsfrist) durch "öffentliche Versteigerung nach den Vorschriften über die Zwangsverwertung von Grundstücken" verwertet wird (Art. 649b Abs. 3 ZGB, Art. 78a VZG; SUTTER-SOMM, a.a.O., S. 111 Rz. 234; PERRUCHOUD, a.a.O., N. 30 zu Art. 649b ZGB). Es geht um den Ausschluss eines renitenten Miteigentümers, weshalb die öffentliche Versteigerung vom zwingend vorgegebenen Lauf gemäss den Regeln des Zwangsvollstreckungsrechts bestimmt wird. Die Aufhebung des Miteigentums wird jedoch in die Hände des Teilungsgerichts gelegt, welches die Steigerungsbedingungen frei gestalten, gegebenenfalls streitige Modalitäten entscheiden, vereinbarteBGE 149 III 165 (170) BGE 149 III 165 (171)Modalitäten jedoch berücksichtigen kann (vgl. BGE 51 II 294 S. 296; Urteil 5A_174/2015 vom 14. Oktober 2015 E. 6.2; STEINAUER, Les droits réels, Bd. I, 6. Aufl. 2019, Rz. 1672; SCHMID/HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 6. Aufl. 2022, S. 211 Rz. 789). Es ist nicht ersichtlich, dass der Rückgriff auf Art. 649b Abs. 3 ZGB (in Kraft [erst] seit 1. Januar 1965; AS 1964 993) oder andere privatrechtliche Bestimmungen die fehlende zwangsvollstreckungsrechtliche Natur der öffentlichen Versteigerung nach Art. 651 Abs. 2 ZGB in Frage stellen würde.