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Regeste
Sachverhalt
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Bearbeitung, zuletzt am 02.12.2023, durch: DFR-Server (automatisch)
 
44. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. SA und B. gegen C. (Beschwerde in Zivilsachen)
 
 
5A_869/2021 vom 25. April 2023
 
 
Regeste
 
Art. 250 SchKG, Art. 59 Abs. 2 lit. a ZPO; Kollokationsklage, schutzwürdiges Interesse.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 149 III 362 (363)A.
A.a Die D. AG, mit Sitz in U., wurde mit Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 9. November 2016 wegen Mängeln in der Organisation in der Gesellschaft (gemäss Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR) aufgelöst und es wurde ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs angeordnet. Die D. AG verfügte seit dem 27. Juli 2016 über keinen eingetragenen Verwaltungsrat mehr. B. war früher einziger Verwaltungsrat.
A.b Am 8. Juni 2018 legte das Konkursamt Riesbach-Zürich den Kollokationsplan im Konkurs der D. AG auf. Darin wurde die A. SA mit einer Forderung von Fr. 13'887.32 (Forderung [Ord.] Nr. 2, dritte Klasse) und B. mit einer Forderung von Fr. 50'916.80 (Forderung [Ord.] Nr. 1, erste Klasse) kolloziert. C. wurde mit Forderungen von Fr. 43'449.05 (Forderung [Ord.] Nr. 5) und Fr. 1'259.72 (Forderung [Ord.] Nr. 6) kolloziert. E. wurde mit einer Forderung von Fr. 23'002.20 (Forderung [Ord.] Nr. 4, dritte Klasse) kolloziert, trat die Forderung indes an C. ab, was im Kollokationsplan angepasst wurde. Die voraussichtliche Konkursdividende beläuft sich laut Konkursamt auf Null Prozent.
B. Am 28. Juni 2018 erhoben die A. SA und B. (negative) Kollokationsklage gegen C. beim Bezirksgericht Zürich und verlangten die Wegweisung der Forderungen (Nr. 4, Nr. 5 und Nr. 6) von C.
Mit Entscheid vom 10. Juli 2020 trat das Bezirksgericht auf die Kollokationsklage der A. SA mangels Rechtsschutzinteresse nicht ein.BGE 149 III 362 (363)
BGE 149 III 362 (364)Die Kollokationsklage von B. wurde im gleichen Entscheid mit Bezug auf die Forderungen Nr. 4 und Nr. 6 abgewiesen und mit Bezug auf die Forderung Nr. 5 teilweise gutgeheissen, d.h. nur im Umfang von Fr. 5'870.72 zugelassen.
C. Hiergegen gelangten die A. SA und B. mit Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich.
Am 7. September 2021 wies das Obergericht die Beschwerde der A. SA ab (Urteilsdispositiv-Ziff. 1).
Die Beschwerde von B. wurde vom Obergericht teilweise gutgeheissen: Die Beurteilung der Sache wurde in Bezug auf die Forderung Nr. 4 an die Vorinstanz zurückgewiesen (Beschlussdispositiv-Ziff. 1), und die Forderung Nr. 5 wurde nur im Umfang von Fr. 870.72 zugelassen; im Übrigen, d.h. in Bezug auf die Forderung Nr. 6 wurde die Beschwerde abgewiesen (Urteilsdispositiv-Ziff. 2).
D. Mit Eingabe vom 18. Oktober 2021 haben die A. SA und B. Beschwerde in Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben.
Die A. SA (Beschwerdeführerin) beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils (Dispositiv-Ziff. 1) und das Eintreten auf ihre Kollokationsklage sowie die Gutheissung ihrer Anträge auf Wegweisung der zugunsten von C. (Beschwerdegegner) kollozierten Forderungen Nr. 4-6.
B. (Beschwerdeführer) verlangt ebenfalls die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils (Dispositiv-Ziff. 2, im Umfang der abgewiesenen Anträge) und die vollumfängliche Gutheissung seiner Anträge auf Wegweisung der zu Gunsten des Beschwerdegegners kollozierten Forderungen Nr. 5 und Nr. 6.
(...)
Das Bundesgericht weist die von der A. SA erhobene Beschwerde in Zivilsachen ab und tritt auf die subsidiäre Verfassungsbeschwerde von B. nicht ein.
(Auszug)
 
2.4 Gemäss Rechtsprechung und Lehre kann das schutzwürdige Interesse an der Kollokationsklage trotz mutmasslicher Nulldividende gegeben sein, wenn der klagende Gläubiger die Wegweisung (Art. 250 Abs. 2 SchKG) eines anderen Gläubigers verlangt, um ihm die Möglichkeit zu nehmen, gegen den Wegweisungskläger aufgrund einer Abtretung nach Art. 260 SchKG aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit vorzugehen (BGE 146 III 113 E. 3; HIERHOLZER/SOGO, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung undBGE 149 III 362 (365) BGE 149 III 362 (366)Konkurs, Bd. II, 3. Aufl. 2021, N. 34 zu Art. 250 SchKG, mit Hinweisen); im Verantwortlichkeitsprozess kann die Gläubigereigenschaft nicht mehr bestritten werden (vgl. BGE 132 III 342 E. 2.2, 2.3; FINK, BGer 5A_535/2018: Rechtsschutzinteresse an einer Kollokationsklage bei einer mutmasslichen Nulldividende, Anmerkung [zu BGE 146 III 113 ], AJP 2021 S. 126 f.).
2.5.3 Die Beschwerdeführerin wendet ein, dass von ihr nicht verlangt werden könne, bereits im Rahmen der Kollokationsklage ihre Strategie betreffend Abtretung offenzulegen und bekanntzugeben, andernfalls die Gläubigermehrheit sich die Geltendmachung durch die Masse selber vorbehalten könne bzw. werde. Mit ihren Vorbringen blendet die Beschwerdeführerin jedoch aus, dass wegen der mutmasslichen Nulldividende mit der Kollokationsklage kein geldwerter Prozessgewinn erzielt werden kann: Aus diesem Grund wird im Konkurs von juristischen Personen die Frage nach dem Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Behandlung der Kollokationsklage gestellt (E. 2.3.2) und vom klagenden Gläubiger die konkrete Darlegung verlangt, dass er sich die Forderung abtreten lassen möchte (LIEB HEEB, Kollokationsklagen - Praxis des Bezirksgerichts Zürich, ZZZ 2022 S. 305; BRUNNER/REUTTER/SCHÖNMANN/TALBOT, Kollokations- und Widerspruchsklagen nach SchKG, 3. Aufl. 2019, S. 34). Wenn das Obergericht festgehalten hat, die Beschwerdeführerin habe nichts Entsprechendes geltend gemacht, und das Rechtsschutzinteresse deshalb verneint hat, ist dies nicht zu beanstanden. Es besteht auch kein Anlass, diesen Aspekt weiter zu erörtern. Soweit sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf neue, gestützt auf Art. 99 BGG zu berücksichtigende Tatsachen (betreffend Abtretungsbegehren) beruft, weil erst der obergerichtliche Entscheid Anlass zum Vorbringen gegeben habe, ist das Vorbringen unzulässig: Bereits das Bezirksgericht hat das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin mit Hinweis auf diese Rechtsprechung verneint.BGE 149 III 362 (367)
BGE 149 III 362 (368)2.6 Schliesslich beruft sich die Beschwerdeführerin auf das Interesse der Konkursmasse, welches sie geltend machen dürfe. Die Konkursmasse habe ein Interesse zu verhindern, dass der Beschwerdegegner zu Unrecht als Konkursgläubiger kolloziert werde und in Genuss von Gläubigerrechten komme. Dieses Interesse bestehe unabhängig von einer Abtretung von Ansprüchen nach Art. 260 SchKG und sei (auch mit Blick auf einen möglichen Nachkonkurs) genügend, was das Obergericht verkannt habe. Die weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin stellen (entgegen ihrer Darstellung) keine Rügen der Verletzung einer Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) dar, sondern richten sich gegen die Rechtsanwendung des Obergerichts.
2.6.3 Im Grundsatz steht unstreitig fest, dass mit der Wegweisungsklage ebenfalls Rechte der Masse geltend gemacht werden, auf welche diese verzichtet hat, nämlich das Bestreitungsrecht der MasseBGE 149 III 362 (368) BGE 149 III 362 (369)gegenüber der vom beklagten Gläubiger angemeldeten Konkursforderung (BGE 146 III 113 E. 3.3.4 mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat in diesem Sinn entschieden, dass für das Rechtsschutzinteresse des Wegweisungsklägers genügt, wenn er im Fall, dass er selber bereits vollständig befriedigt ist, nicht für sich, aber für die Masse etwas erreichen kann (BGE 115 III 68 E. 3). Wenn die Beschwerdeführerin daraus schliesst, dass sie "ebenfalls oder erst recht" klagen dürfe, da sie als Gläubigerin noch nicht befriedigt sei, greift dies indessen zu weit. Damit übergeht sie, dass - wie hier - im Falle der mutmasslichen Nulldividende ein geldwertes Interesse gerade fehlt und für die Masse bzw. für alle Gläubiger in gleicher (fataler) Weise mit der Klage kein geldwerter Prozessgewinn erzielt werden kann. Aus diesem Grund muss - wie bereits erwähnt - der Wegweisungskläger im Falle der Nulldividende das Rechtsschutzinteresse besonders und konkret darlegen (E. 2.3.2, E. 2.5.3; BRUNNER/REUTTER/SCHÖNMANN/TALBOT, a.a.O., S. 34). Wenn das Obergericht auf dieser Voraussetzung bestanden hat, stellt dies keine Rechtsverletzung dar.
2.6.5 Unbehelflich ist, wenn sich die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf BGE 146 III 441 beruft. Das Bundesgericht hat mit diesem Urteil klargestellt, dass die Löschung der konkursiten Gesellschaft im Handelsregister keinen Einfluss auf die Aktivlegitimation der Abtretungsgläubiger nach Art. 260 SchKG hat: AufgrundBGE 149 III 362 (369) BGE 149 III 362 (370)der Abtretung sind die Abtretungsgläubiger zur Eintreibung der abgetretenen Ansprüche berufen, auch wenn das Konkursverfahren geschlossen und die Gesellschaft gelöscht wird (BGE 146 III 441 E. 2.7). Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Abtretung nach Art. 260 SchKG und damit das besondere Interesse, welches der Wegweisungskläger in den genannten Abtretungskonstellationen haben kann, um selbst bei Nulldividende einen Kollokationsprozess zu führen. Voraussetzung ist jedoch, dass das entsprechende Rechtsschutzinteresse konkret dargelegt wird, was der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist.