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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. März 1965 i.S. Neukomm gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich.
 
 
Regeste
 
Art. 31 Abs. 1, 36 Abs. 2 SVG, 49 Abs. 5 SSV.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 91 IV 9 (9)Aus dem Tatbestand
Neukomm steuerte am 23. November 1963 in Zürich einen "Volkswagen" gegen eine Kreuzung, an der die automatische Lichtsignalanlage auf Blinklicht umgeschaltet war. Als er die Kreuzung überqueren wollte, stiess er mit einem von links kommenden "Mercedes"-Wagen zusammen, der von Neuffer geführt war.
Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich erklärte Neukomm der Übertretung von Art. 31 Abs. 1 SVG schuldig und büsste ihn mit Fr. 20.-. Neukomm führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde.
 
Der Einzelrichter führt aus, es sei richtig, dass Neukomm seine Aufmerksamkeit vor allem dem von rechts kommenden Verkehr zuzuwenden hatte. Das habe ihn jedoch nicht der Pflicht enthoben, auch nach links zu beobachten. Da die automatische Signalanlage an der Kreuzung auf Blinklicht umgeschaltet gewesen sei, habe er den gesamten Verkehrsfluss im Auge behalten müssen. Er habe sich nicht blindlings darauf verlassen dürfen, dass Neuffer ihm den Vortritt gewähren werde; dennBGE 91 IV 9 (9) BGE 91 IV 9 (10)erfahrungsgemäss versuchten vortrittsbelastete Fahrer immer wieder, an verkehrsreichen und mit Blinklicht versehenen Kreuzungen sich durchzuschlängeln.
Mit dieser Begründung lässt sich die Verurteilung Neukomms jedoch nicht aufrechterhalten. Nach dem angefochtenen Urteil hat der Beschwerdeführer den von links kommenden "Mercedes"-Wagen bereits kurz vor dessen Einfahrt in die Kreuzung erblickt. Da Neuffer nur langsam fuhr, durfte Neukomm an sich voraussetzen, dass jener ihm den Vortritt gewähren werde. Das gelbe Blinklicht änderte daran nichts. Dieses wies bloss auf die besondere Gefährlichkeit der Kreuzung hin (Art. 49 Abs. 5 SSV), bedeutete folglich nur erhöhte Vorsicht. Die gegenseitigen Verpflichtungen der beteiligten Fahrer wurden dadurch entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht berührt oder gar umgekehrt. Gerade bei verkehrsreichen und gefährlichen Kreuzungen besteht ein besonderes Interesse an einer klaren Rechtslage. Dies aber setzt voraus, dass sich alle, insbesondere auch vortrittsbelastete Führer, genau an die Verkehrsordnung halten.
Das Verschulden des Beschwerdeführers kann daher nicht darin erblickt werden, dass er nicht den gesamten Verkehrsfluss, also auch den von links kommenden Wagen Neuffers, im Auge behielt.BGE 91 IV 9 (10)