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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
1. Nach Art. 178 Abs. 1 StGB verjährt die Verfolgung der Ver ...
2. Keinesfalls kann von einem Dauerdelikt die Rede sein. Wird ein ...
3. Die Fortsetzung der mit der Strafanzeige verübten Ehrverl ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
23. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. November 1967 i.S. Geiger und Konsorten gegen Maissen und Konsorten.
 
 
Regeste
 
1. Art. 174 Ziff. 2, 71 Abs. 2 und 3 StGB. Planmässigkeit der Verleumdung begründet weder ein Dauerdelikt noch ein fortgesetztes Delikt (Erw. 1).
 
3. Art. 173 f., 71 Abs. 2, 1 StGB. Fortgesetztes Delikt. Blosse Prozessvorkehren in Prosequierung einer ehrenrührigen Strafanzeige sind nicht Fortsetzung der Ehrverletzung (Erw. 3).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 93 IV 93 (94)Aus dem Sachverhalt:
A.- Am 27. Mai/11. Juni 1964 reichte Rechtsanwalt Dr. Benno Schmid für Alex Maissen beim Untersuchungsrichteramt Basel-Stadt Strafanzeige ein gegen Werner Cermak und Friedrich Schertenleib wegen Betruges, Wuchers, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsführung. In der Anzeige wurde den Beschuldigten u.a. vorgeworfen, betrügerische Handlungen gegen Josef Dörig begangen zu haben, Cermak gemeinsam mit Rechtsanwalt Dr. Paul Geiger.
Dr. Geiger, Cermak und Schertenleib erhoben wegen der Strafanzeige beim Friedensrichteramt Zürich 1 gegen Maissen und Dr. Schmid Ehrverletzungsklagen und reichten am 8. August 1966 beim Bezirksgericht Zürich die Anklageschriften ein.
B.- Mit Beschlüssen vom 10. und 24. Februar 1967 wies das Bezirksgericht Zürich die Ehrverletzungsklagen wegen Verjährung von der Hand.
Das Obergericht des Kantons Zürich, an das die Ankläger rekurrierten, wies am 4. September 1967 die Rekurse ab.
C.- Gegen diesen Entscheid führen die Ankläger Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei aufzuheben und die Vorinstanz sei zur Zulassung der Klagen anzuhalten.
 
Die vom 27. Mai 1964 datierte Strafanzeige an das Untersuchungsrichteramt Basel wurde am 11. Juni 1964 zur Post gegeben. Die Verfolgung der Ehrverletzungen war daher am 8. August 1966, als die Beschwerdeführer in Zürich die Klagen einreichten, verjährt, sofern man es nicht mit einem fortgesetzten Delikt nach Art. 71 Abs. 2 oder einem Dauerdelikt nach Abs. 3 zu tun hat, wie die Beschwerdeführer geltend machen.
Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht darauf an, ob die behaupteten Verleumdungen im Sinne von Art. 174 Ziff. 2 StGB planmässig begangen wurdenBGE 93 IV 93 (94) BGE 93 IV 93 (95)oder nicht. Die Planmässigkeit begründet kein Dauerdelikt, und für eine fortgesetzte Handlung beginnt die Verjährung nach Art. 71 Abs. 2 erst mit der letzten Teilhandlung zu laufen, auch wenn nicht Planmässigkeit vorliegt.
Die betreffenden Eingaben scheinen im vorliegenden Verfahren nicht beigezogen worden zu sein und befinden sich jedenfalls nicht unter den Akten. Ihr Beizug war für die Entscheidung auch nicht notwendig.
Dass die Eingaben keinerlei Äusserungen enthielten, die schon an und für sich irgendwie an die Ehre der Beschwerdeführer gerührt hätten, anerkennen diese ausdrücklich. Sie erklären bloss, die Eingaben der Angeklagten an die Basler Behörden seien darauf gerichtet gewesen, den ehrverletzenden Erfolg der Strafanzeige zu gewährleisten oder zu fördern. Danach haben also die Angeklagten die als ehrverletzend eingeklagten Ausführungen der Strafanzeige in den Eingaben nicht wiederholt. Damit haben sie indessen gemäss Art. 1 StGB schon objektiv den Tatbestand von Art. 174 bzw. 173 StGB nicht erfüllen können, denn diese Bestimmungen setzen voraus, dass jemand bei einem andern eines unehrenhaften Verhaltens oder anderer Tatsachen, die geeignet sind, seinen Ruf zu schädigen, beschuldigt oder verdächtigt wird. Fortsetzungszusammenhang aber ist nur möglich zwischen Handlungen, die strafbar sind (BGE 91 IV 66).
Wer eine ehrverletzende Straf- oder Zivilklage einreicht, macht sich, wenn die Voraussetzungen der Art. 173 ff. StGB erfüllt sind, durch diese Handlung der (vollendeten) EhrverletzungBGE 93 IV 93 (95) BGE 93 IV 93 (96)strafbar und kann nicht auch noch für die nachfolgenden Prozessvorkehren bestraft werden, die bloss der Prosequierung der Klage dienen. Sonst würde sich der Kläger durch jedes Fristverlängerungsgesuch und jeden Beweisantrag einer neuen Ehrverletzung schuldig machen. Die Hartnäckigkeit, mit der ein Kläger eine ehrenrührige Klage durchficht, kann von Bedeutung für das Strafmass sein; strafbare Fortsetzungstatbestände werden mit blossen Prozesshandlungen, die nicht in sich selber ehrenrührig sind, nicht geschaffen.BGE 93 IV 93 (96)