Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang: 

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Dem Beschwerdeführer stand auf der Verzweigung Widengasse ...
2. Nach ständiger Rechtsprechung hat auch der Vortrittsberec ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
13. Urteil des Kassationshofes vom 9. Januar 1979 i.S. Sch. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 36 Abs. 2 SVG, 14 Abs. 2 VRV. Vortrittsrecht.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 105 IV 52 (52)A.- Sch. fuhr am 6. Februar 1978 gegen 07.00 Uhr mit seinem Personenwagen in Frick durch die Widengasse, die in die Kaistenbergstrasse mündet. Vor der Einmündung setzte er seine Geschwindigkeit auf ca. 5 km/h herab und liess nach einem Blick nach links, wo auf eine Sichtdistanz von 50 m kein Fahrzeug sichtbar war, seinen Wagen im Schrittempo in die Verzweigung rollen, weil von rechts auf der Kaistenbergstrasse in rascher Fahrt ein Auto nahte, das er vorbeifahren lassen wollte. Nach dessen Durchfahrt bog Sch. nach links in die Kaistenbergstrasse ein. Noch im Bereiche der Verzweigungsfläche, etwas jenseits der Strassenmitte, stiess er mit einem vonBGE 105 IV 52 (52) BGE 105 IV 52 (53)links kommenden Auto zusammen, dessen Führer R. angenommen hatte, Sch. werde nicht nur das erste Fahrzeug, sondern auch noch seinen Wagen vorbeifahren lassen.
B.- Das Bezirksamt Laufenburg büsste R. wegen Missachtung des Vortrittsrechts (Art. 36 Abs. 2 SVG) mit Fr. 80.-, Sch. wegen mangelnder Aufmerksamkeit (Art. 31 Abs. 1 SVG) mit Fr. 40.-.
Sch. erhob gegen den Strafbefehl Einsprache. Diese wurde vom Bezirksgericht Laufenburg und am 26. Oktober 1978 auch vom Obergericht des Kantons Aargau abgewiesen.
C.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt Sch. das obergerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau schliesst auf Abweisung der Beschwerde.
 
Die Vorinstanz meint, der Beschwerdeführer hätte nach der Einfahrt in die Verzweigung nochmals nach links blicken müssen, weil die Möglichkeit der Annäherung eines vorher nicht sichtbaren Wartepflichtigen bestanden habe. Dieser Ansicht ist nicht beizupflichten. Dem Vortrittsberechtigten obliegt die Pflicht zur Sicherung nach links nur zu Beginn der Einfahrt und bloss zur Vermeidung einer Kollision mit Verkehrsteilnehmern, die nicht mehr rechtzeitig halten könnten oder offensichtlich nicht anhalten wollen. Da keine Anzeichen dafür vorlagen und mit der Einfahrt gefahrlos begonnen werden konnte, musste sich nachher der Berechtigte nicht mehr darauf einstellen, es könnte doch noch ein Wartepflichtiger von links herannahen, der möglicherweise das Vortrittsrecht missachte. Soll die Sorgfaltspflicht des Berechtigten nicht überspannt und sein Recht erhalten bleiben, kann nicht verlangt werden, dass er auch noch in der Verzweigung nach Wartepflichtigen Ausschau halte.
Nach Auffassung der Vorinstanz hätte der Beschwerdeführer bedenken müssen, seine langsame Fahrweise habe Anlass zum Schluss geben können, er wolle auch noch den von links kommenden Wartepflichtigen vorbeifahren lassen. Diese Folgerung war nicht zulässig. Nicht einmal aus einem vollständigen Halt darf für sich allein geschlossen werden, der Vortrittsberechtigte verzichte auf die Ausübung seines Rechts (BGE 95 IV 137). Erst recht lässt ein Schrittempo einen solchen Schluss nicht zu. Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer den von rechts kommenden Wagen, der sein Vortrittsrecht missachtete, vorbeifahren liess, ist kein zuverlässiges Anzeichen für einen Verzicht. Die Einfahrt des Beschwerdeführers in die Fahrbahn des von links Kommenden machte im Gegenteil deutlich, dass er diesem gegenüber von seinem Vortrittsrecht Gebrauch machte.
Unbegründet ist schliesslich auch der Vorwurf, der Beschwerdeführer hätte nach der Durchfahrt des von rechts kommenden Fahrzeuges nicht brüsk weiter fahren dürfen. BGE 95 IV 138, auf den die Vorinstanz verweist, bezieht sich nur auf die Einfahrt in eine Verzweigung nach einem Sicherheitshalt. Diese Voraussetzungen waren hier nicht gegeben. Wenn der Beschwerdeführer nach der Durchfahrt des andern beschleunigte, um die Verzweigung dem Verkehr so rasch wie möglichBGE 105 IV 52 (54) BGE 105 IV 52 (55)wieder freizugeben, so war das zweckmässig und ist nicht zu beanstanden.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts - 2. Strafkammer - des Kantons Aargau vom 26. Oktober 1978 aufgehoben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.BGE 105 IV 52 (55)