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Zitiert durch:
BGE 124 I 6 - Tiermedizinische Heilmittel


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1. Was I. auf den Seiten 6 bis 20 seiner Rechtsschrift vorbringt, ...
2. Bleibt es aber bei der Verurteilung des Beschwerdeführers ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
33. Urteil des Kassationshofes vom 30. Mai 1983 i.S. I. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 204, 58 Abs. 4 StGB; unzüchtige Veröffentlichung, Ersatzforderung des Staates.
 
2. Soweit die Einziehung der unzüchtigen Gegenstände nicht mehr möglich ist, steht dem Staat eine Ersatzforderung in der Höhe des Bruttoertrages aus dem "Pornohandel" zu (E. 2).
 
 
Sachverhalt
 
BGE 109 IV 121 (121)A.- I. betreibt seit Ende Juni 1979 in S. ein und seit Anfang Oktober 1979 in Z. zwei weitere Geschäfte, in denen er Sexartikel, insbesondere pornographische Filme, Kassetten, Magazine und Bücher sowie künstliche Geschlechtsteile und andere Manipulierinstrumente zum Verkauf anbot. Auch wurden in seinen Ladenlokalen pornographische Filme vorgeführt. Die Erzeugnisse bezog I. grösstenteils aus dem Ausland und lagerte sie ausser in den drei Geschäften an seinem Wohnort in A. sowie vorübergehend in einem Lokal in B. Von Ende Juni 1979 bis Ende Dezember 1980 erzielte I. aus dem von ihm betriebenen Pornohandel einen BruttoertragBGE 109 IV 121 (121) BGE 109 IV 121 (122)von Fr. 377'000.-- und einen Nettogewinn von mindestens Fr. 38'400.--.
B.- Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte I. am 19. November 1982 wegen fortgesetzter unzüchtiger Veröffentlichung im Sinne von Art. 204 Ziff. 1 StGB zu einer Busse von Fr. 7'000.--. Es verpflichtete ihn überdies, vom deliktisch erlangten Vermögensvorteil den Betrag von Fr. 250'393.-- an den Kanton Zürich abzuliefern, und beschloss die Einziehung der von der Bezirksanwaltschaft am 1. Juli 1980 und 8. Januar 1982 sichergestellten Gegenstände sowie die Verwertung der Projektoren samt Zubehör und Zuleitung des Erlöses an die Staatskasse bzw. die Vernichtung des übrigen Materials.
C.- I. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, Urteil und Beschluss des Obergerichts Zürich seien aufzuheben und es sei die Sache zu seiner Freisprechung und zur Freigabe der beschlagnahmten Gegenstände an die Vorinstanz zurückzuweisen.
 
Ergänzend sei lediglich vermerkt, dass der im Gesetz enthaltene Begriff des Unzüchtigen ein normativer Begriff ist (BGE 103 IV 97 E. 2b, BGE 99 IV 59 E. 1b), der seiner Natur nach wertender Auslegung durch den Richter bedarf. Indem dieser einen solchen Begriff nach Sinn und Zweck der Norm auslegt, überschreitet er keineswegsBGE 109 IV 121 (122) BGE 109 IV 121 (123)seine Kompetenz und masst sich nicht widerrechtlich Befugnisse des Gesetzgebers an (s. BGE 98 Ib 481).
Der Einwand, die Begriffe des Unzüchtigen und des Öffentlichen befänden sich nicht unter den Legaldefinitionen des Art. 110 StGB, ist unbehelflich. Es gibt im StGB zahlreiche Begriffe, die in Art. 110 StGB nicht umschrieben sind, dennoch aber zu ihrer Anwendung der Auslegung durch den Richter bedürfen. Gegen Art. 1 StGB verstösst der Richter nur, wenn er in freier Rechtsfindung einen neuen Straftatbestand schafft, nicht aber, wenn er einen im Strafgesetz enthaltenen Begriff auslegt, mag es sich dabei auch um extensive Auslegung handeln (BGE 103 IV 129, BGE 95 IV 73).
Im Rahmen des Art. 204 StGB hat der Kassationshof übrigens nicht schlechthin eine zurückhaltende Anwendung des Gesetzes nahegelegt, sondern dies nur für Fälle gefordert, "die nicht unter die eigentliche Pornographie fallen" (BGE 96 IV 71 oben; s. auch BGE 97 IV 101). Entsprechend ist denn auch die Toleranzgrenze nur dort etwas weiter zu ziehen, wo es sich um Grenzfälle handelt (BGE 100 IV 236). Das jedoch trifft hier in keiner Weise zu. Geht man von den Beschreibungen der beschlagnahmten Bücher, Schriften, Filme und Gegenstände durch die Polizei aus, so kann nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, dass es sich um Pornographie, ja zum überwiegenden Teil um harte Pornographie handelt. Der Beschwerdeführer und seine Gehilfen hatten denn auch beispielsweise vor den Zollbehörden ohne weiteres anerkannt, dass sie pornographisches Material eingeführt hatten, und vor erster Instanz hatte sich I. ausdrücklich auf den Standpunkt gestellt, sogenannte Pornographika entsprächen einem menschlichen Urbedürfnis, das er mit seinem Handel befriedige (vgl. Urteil des Kassationshofes vom 16.12.1977 i.S. W. und Kons.).
a) Der Gesetzestext ist wohl Ausgangspunkt der Gesetzesanwendung. Selbst der klare Wortlaut bedarf aber der Auslegung, wenn er vernünftigerweise nicht den wirklichen Sinn des Gesetzes wiedergibt. Massgeblich ist nicht der Buchstabe, sondern der Sinn der Norm, wie er sich aus den ihr zugrundeliegenden Zwecken und Wertungen ergibt (BGE 95 IV 73 E. 3a).
b) Wie der Kassationshof in BGE 103 IV 143 grundsätzlich entschieden hat, erlaubt nichts die Annahme, es könnten von den nach Art. 58 Abs. 1 StGB einzuziehenden Vermögenswerten die Gewinnungskosten abgezogen werden. Da aber der Gesetzgeber mit dem Erlass von Absatz 4 der genannten Bestimmung denjenigen, der die an sich einzuziehenden Gegenstände nicht mehr besitzt, demjenigen gleichstellen wollte, der sie noch hat (BGE 106 IV 337 E. 3b, 104 IV 5 E. 2), widerspräche es der ratio legis, dem ersteren bei Bemessung des an den Staat zu leistenden Ersatzes die Gewinnungskosten in Abzug zu bringen, dem letzteren aber den vollen Vermögenswert zu konfiszieren. So entscheiden hiesse den bevorzugen, welcher, schlau die Rechtslage ausnützend, den erlangten Vermögensvorteil möglichst schnell verbraucht, um dem Zugriff des Staates zuvorzukommen. Diese Folge kann nur vermieden werden, wenn die Einziehung unabhängig davon ausgesprochen wird, ob der Täter zur Zeit des Urteils noch bereichert ist oder nicht (SCHULTZ, ZBJV 112/1976 S. 441). Diese Lösung erscheint jedenfalls immer dann als unbedenklich, wenn der vom Täter erlangte Vorteil die Frucht einer unrechtmässigen Handlungsweise ist. Das aber war hier der Fall. I. hatte zugestandenermassen die pornographischen Schriften und Gegenstände gekauft, um sie entgegen dem Verbot des Art. 204 Ziff. 1 Abs. 2 StGB in Verkehr zu bringen. Indem er mit deren Verkauf seine Auslagen wieder einbrachte, verschaffte er sich Deckung für einen Betrag, welchen er in Durchführung eines sittenwidrigen Geschäfts ausgegeben hatte. Art. 58 StGB verbaut ihm den Weg dazu, diesen Betrag erlaubterweise wieder zu erhalten (s. auch SCHULTZ, a.a.O. S. 440 unten). In der dennoch erlangten Deckung liegt der unrechtmässige Vorteil.
BGE 109 IV 121 (124)
BGE 109 IV 121 (125)c) Dass die auf Fr. 250'393.-- bemessene Ersatzforderung des Staates (das Obergericht hatte diese aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht auf den erst in seiner Instanz ermittelten höheren Bruttoertrag von Fr. 337'000.-- festlegen können) seine Wiedereingliederung erheblich erschweren würde, macht der Beschwerdeführer nicht geltend. Es stellt sich deshalb die Frage nicht, ob allfällige Zahlungserleichterungen zu gewähren seien (BGE 105 IV 22 E. 1a) oder die Ersatzforderung ermässigt werden müsse (BGE 106 IV 10). Schliesslich ist die Massnahme auch sonst nicht unverhältnismässig; denn abgesehen davon, dass Art. 58 Ziff. 4 StGB die Abschöpfung obligatorisch vorsieht und damit dem Ermessen des Richters ausser in den vorgenannten Fällen keinen Raum gibt, wurde die Ersatzforderung in casu aufgrund einer Buchexpertise bemessen, die einen Bruttoertrag von Fr. 337'000.-- ergab.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.BGE 109 IV 121 (125)