Abruf und Rang:
RTF-Version (SeitenLinien), Druckversion (Seiten)
Rang: 

Zitiert durch:


Zitiert selbst:


Regeste
Sachverhalt
Auszug aus den Erwägungen:
1. Die Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen (PBV; SR  ...
2. Die Vorinstanz stellt nicht in Abrede, dass in den inkriminier ...
Bearbeitung, zuletzt am 12.07.2022, durch: DFR-Server (automatisch)
 
11. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. Januar 1987 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen gegen Z. (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 20a ff. UWG; Art. 14 der Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 113 IV 36 (36)A.- Das Reisebüro X. liess in der "Ostschweiz" vom 7. und vom 14. Februar 1985 sowie im "Blick" vom 7. Februar und vom 26. März 1985 verschiedene Inserate erscheinen, in denen es Reisen anzeigte, etwa "Tunesien ab Fr. 580.--/430.--"; "Marokko 1 Woche ab Fr. 680.--"; "Viva Mexico ... Linienflug und 14 faszinierende Tage ab Fr. 3'590.--". In den Inseraten fehlten Angaben über die Reisedaten, die Art der Unterkunft und/oder den Umfang der im Preis inbegriffenen Verpflegung.
BGE 113 IV 36 (36)
BGE 113 IV 36 (37)B.- Die I. Gerichtskommission des Bezirksgerichts St. Gallen sprach Z., den verantwortlichen Direktor des Unternehmens, am 6. Dezember 1985 der fortgesetzten Widerhandlung gegen die Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 1'000.--, bedingt vorzeitig löschbar bei einer Probezeit von einem Jahr. Das Kantonsgericht St. Gallen sprach den Gebüssten auf dessen Berufung hin am 11. Juli 1986 von der Anklage der fortgesetzten Widerhandlung gegen die Preisbekanntgabeverordnung frei.
C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Z. beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
 
Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen wirft dem Beschwerdegegner in der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht vor, dass er in den inkriminierten Zeitungsinseraten unter Verwendung der Formel "ab ... Franken" lediglich die Mindestpreise bzw. die billigsten Varianten aufgeführt habe. Sie legt ihm aber zur Last, dass er in den Inseraten die für die angegebenen Mindestpreise angebotenen Leistungen nicht genügend spezifiziert und damit gegen Art. 14 Abs. 1 PBV verstossen habe, und sie vertritt sodann die Auffassung, dass es sich bei den bekanntgegebenenBGE 113 IV 36 (37) BGE 113 IV 36 (38)Preisen nicht um die tatsächlich zu bezahlenden Preise im Sinne von Art. 13 Abs. 1 PBV gehandelt habe, da die Bearbeitungsgebühr und verschiedene Zuschläge darin nicht enthalten gewesen seien.
a) Wohl gehört der Katalog wie das Zeitungsinserat zur "Werbung" im Sinne von Art. 13 ff. PBV; Inserate und Kataloge sind aber selbständige Werbemittel, und die Angebote müssen daher in jedem Werbemittel spezifiziert werden, in dem Preise bekanntgegeben werden. Die im Zeitungsinserat enthaltene Verweisung auf den Katalog, in dem die Angebote spezifiziert werden, genügt nicht. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 13 f. PBV und insbesondere aus Sinn und Zweck der Preisbekanntgabe gemäss der Preisbekanntgabeverordnung und dem ihr zugrunde liegenden UWG. Die angebotene Leistung muss "aus der Preisbekanntgabe" deutlich hervorgehen (Art. 14 Abs. 1, 11 Abs. 2 PBV). Wohl wird kaum jemand allein schon aufgrund eines Zeitungsinserats, in dem beispielsweise "1 Woche Marokko ab Fr. 680.--" angezeigt wird, eine Reise buchen; das ist indessen rechtlich unerheblich (vgl. BGE 108 IV 125). Das Zeitungsinserat kann und soll den Leser zur Kontaktaufnahme mit dem Anbieter anregen. Die Preise müssen daher schon in diesem frühen Stadium miteinander vergleichbar sein. Das sind sie nicht, wenn die Angebote im Zeitungsinserat nicht spezifiziert werden. Es besteht in diesem Fall einerseits die Gefahr der Benachteiligung des Konsumenten, der mit jenem Anbieter Kontakt aufnimmt, dessen Angebot aufgrund der Preisangaben im Zeitungsinserat auf den ersten Blick als das günstigste erscheint, und andererseits die Gefahr der Benachteiligung des Konkurrenten, dessen Angebot aufgrund der Preisangaben im Inserat auf den ersten Blick als weniger günstig erscheint. DiesenBGE 113 IV 36 (38) BGE 113 IV 36 (39)Gefahren unter anderem will die Preisbekanntgabepflicht gemäss Art. 20a ff. UWG begegnen, welche sowohl den Schutz des Konsumenten als auch den Schutz des Konkurrenten zum Zweck hat und überhaupt der Lauterkeit des Wettbewerbs dient (BGE 108 IV 123 mit Hinweis).
b) Der Einwand des Beschwerdegegners, es sei nicht nachgewiesen, dass die inkriminierten Inserate wegen der mangelhaften Spezifizierung des Angebots eine effektive, konkrete Gefahr der Irreführung begründet hätten, geht an der Sache vorbei. Art. 14 Abs. 1 PBV setzt nicht eine konkrete Täuschungsgefahr voraus. Wohl hat die Preisbekanntgabepflicht gemäss Art. 20a ff. UWG unter anderem den Zweck, den Konsumenten vor Irreführung zu bewahren; das bedeutet indessen nicht, dass die Täuschung bzw. die konkrete Gefahr der Irreführung des Konsumenten (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal von Art. 14 Abs. 1 PBV in Verbindung mit Art. 20e UWG sei. Das Gebot der Spezifizierung des Angebots in Zeitungsinseraten ist aus den genannten Gründen prinzipiell geeignet, den durch Art. 20a ff. UWG verfolgten Zwecken zu dienen, und es ist damit gesetzmässig (vgl. BGE 108 IV 125 mit Verweisungen). Der Richter hat daher Art. 14 Abs. 1 PBV anzuwenden, wenn die darin genannten Voraussetzungen erfüllt sind, und er hat nicht zu prüfen, ob im konkreten Fall effektiv eine Täuschungsgefahr bestanden habe.
c) Dem Beschwerdegegner ist allerdings zuzustimmen, dass die Vorschriften der Preisbekanntgabeverordnung, insbesondere auch Art. 13 und 14 PBV, nicht auf die Zeitungsinserate der Reiseveranstalter zugeschnitten sind. Die Besonderheit namentlich von Pauschalarrangements besteht darin, dass sie eine Vielzahl unterschiedlicher Sach- und Dienstleistungen enthalten, und zwar auch Dienstleistungen, die nicht unter Art. 10 PBV ("Bekanntgabepflicht") fallen, welche aber dennoch gemäss Art. 14 Abs. 1 PBV zu spezifizieren sind, wenn in der Werbung, etwa in Zeitungsinseraten, für das Pauschalarrangement ein Preis angegeben wird. Die vom Kantonsgericht gewählte Lösung, wonach die Spezifizierung des Angebots im Katalog ausreicht, wenn im Zeitungsinserat auf den Katalog verwiesen wird, ist zwar klar und einfach, sie ist aber nach dem Gesagten mit dem Wortlaut und insbesondere mit Sinn und Zweck von Art. 14 Abs. 1 PBV nicht zu vereinbaren. Soll die Werbung mit Preisangaben in Zeitungsinseraten nicht allzu stark eingeschränkt werden, dann kann die Lösung bei der gegenwärtigen Rechtslage nur darin bestehen, dass an die Spezifizierung nichtBGE 113 IV 36 (39) BGE 113 IV 36 (40)zu strenge Anforderungen gestellt werden. Eine stichwortartige Darstellung der wesentlichen Leistungen, welche für den bekanntgegebenen Preis erbracht werden, genügt. Das Zeitungsinserat, das einen Preis bekanntgibt, muss zumindest Angaben enthalten über das Reiseziel, das wichtigste Transportmittel, die Art der Unterkunft (Mittelklasshotel; Doppelzimmer etc.), den Umfang der im angegebenen Preis inbegriffenen Verpflegung (Frühstück, Halbpension etc.) sowie die Dauer des Arrangements. Wo der angegebene Preis nur unter bestimmten Voraussetzungen, etwa betreffend die Reisedaten (Vorsaison; Hin- und/oder Rückreise in der Wochenmitte), gilt, muss auch dies aus dem Inserat hervorgehen. Diese Angaben sind bei der Mehrzahl der Arrangements, bei denen der Kunde stets im gleichen Hotel oder nur in wenigen verschiedenen Hotels übernachtet, auch im Rahmen eines Zeitungsinserats durchaus möglich und zumutbar. Bei grossen Rundreisen und den sog. Abenteuerreisen kann allerdings selbst eine knapp zusammenfassende stichwortartige Darstellung der wesentlichen, im angegebenen Preis inbegriffenen Leistungen den Rahmen eines kleineren Zeitungsinserats sprengen. Dem Anbieter ist es indessen unbenommen, auf die Angabe von Preisen im Zeitungsinserat zu verzichten; in diesem Fall hat er das Angebot nicht gemäss Art. 14 Abs. 1 PBV zu spezifizieren.
Der Einwand des Beschwerdegegners, es sei unmöglich, die vielfältigen und variantenreichen Angebote in den Zeitungsinseraten zu spezifizieren, geht an der Sache vorbei. Das Spezifizierungsgebot in der Werbung besteht nur insoweit, als im betreffenden Werbemittel Preise angegeben werden. Im vorliegenden Fall waren nur jene Reisen durch Angabe der wesentlichen Leistungen zu spezifizieren, welche zu den bekanntgegebenen Mindestpreisen angeboten wurden.
d) Gewiss vermitteln die Angaben über die im bekanntgegebenen Preis inbegriffenen wesentlichen Leistungen nur eine Teilinformation. Die vom Beschwerdegegner erwähnte Gefahr, dass ein Kunde allein aufgrund dieser Teilinformation eine Reise buchen könnte, ohne sich zunächst noch aus den Katalogen und/oder in den Reisebüros umfassender zu informieren, ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der Spezifizierungspflicht gemäss Art. 14 Abs. 1 PBV ebenso unerheblich wie die vom Beschwerdegegner an anderer Stelle erwähnte Erfahrungstatsache, dass kaum jemand einzig aufgrund eines Zeitungsinserats eine Reise bucht. Entscheidend ist insoweit allein, dass Zeitungsinserate auch in der ReisebrancheBGE 113 IV 36 (40) BGE 113 IV 36 (41)geeignet sind, einen gewissen Einfluss auf das Konsumverhalten des Durchschnittslesers und das Wettbewerbsverhältnis auszuüben.
e) Indem der Beschwerdegegner die inkriminierten Zeitungsinserate erscheinen liess, in denen die zu den bekanntgegebenen Preisen angebotenen Reisen nicht durch Angabe der wesentlichen Leistungen im genannten Sinne spezifiziert waren, erfüllte er den objektiven Tatbestand von Art. 14 Abs. 1 PBV in Verbindung mit Art. 20e UWG.
Die Beschwerdeführerin setzt sich nicht mit dem subjektiven Tatbestand auseinander. Darüber sowie über die Frage eines Irrtums wird das Kantonsgericht zu befinden haben.BGE 113 IV 36 (41)