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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
3. a) Der Beschwerdeführer macht sinngemäss geltend, di ...
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3. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 16. Januar 1991 i.S. H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
Regeste
 
Art. 63 StGB; Strafzumessung, Kulturkonflikt.
 
 
Sachverhalt
 
BGE 117 IV 7 (7)Am 15. Januar 1990 bestrafte das Obergericht des Kantons Zürich den türkischen Staatsangehörigen H. unter anderem wegen wiederholter Entführung und des wiederholten Versuchs dazu sowie wiederholter Notzucht und des Versuchs dazu mit fünf Jahren und drei Monaten Zuchthaus sowie zehn Jahren Landesverweisung. H. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
BGE 117 IV 7 (7)
 
BGE 117 IV 7 (8)Aus den Erwägungen:
 
aa) Die Strafe ist gemäss Art. 63 StGB vor allem nach dem Verschulden des Täters zuzumessen. Abgesehen von diesem allgemeinen Grundsatz regelt das schweizerische Strafrecht nicht, welche konkreten Umstände dazu führen sollen, dass eine Strafe (innerhalb des ordentlichen Strafrahmens) höher oder niedriger auszufällen ist. Die Antwort auf diese Frage lässt sich denn auch kaum in allgemeiner Weise umschreiben (eingehend STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, Bern 1989, § 7 N 15 ff.).
Die Höhe des Verschuldens variiert zweifellos mit dem Mass an Entscheidungsfreiheit, das dem Täter zugeschrieben werden muss; je leichter es für ihn gewesen wäre, die von ihm übertretene Norm zu respektieren, desto schwerer wiegt seine Entscheidung gegen sie und damit seine Schuld (STRATENWERTH, a.a.O., N 57). Es dürfte denn auch unbestritten sein, dass der vom Beschwerdeführer angesprochene Kulturkonflikt die Tatschuld vermindern kann und er dann auch strafmindernd zu berücksichtigen ist (HORN, Systematischer Kommentar zum (deutschen) Strafgesetzbuch, § 46 N 119). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die Sozialisation des ausländischen Straftäters von den üblichen Wertvorstellungen des Gastlandes erheblich abweicht (NESTLER-TREMEL, Auch für Ausländer giltBGE 117 IV 7 (8) BGE 117 IV 7 (9)allein das deutsche Strafrecht, NJW 1986, S. 1409; vgl. auch BRUNS, Strafzumessungsrecht, 2. Aufl., S. 201/202 mit Hinweisen und Beispielen; allgemein zu Wertungs- und Gewissensnöten bei Tätern aus anderen Kulturkreisen KRAUSS, Unrechtsbewusstsein, Schriftenreihe des Instituts für Konfliktforschung Heft 7, 1982, S. 30 f., und SCHUBARTH, Kommentar StGB, 3. Band, Art. 183 N 60a). Jedoch können dem Ausländer, je länger er in seinem Gastland lebt, desto weniger die Sitten und Gebräuche seines Heimatlandes zugute gehalten werden (HIRSCH, Leipziger Kommentar, 10. Aufl., § 46 N 86).
bb) Die Vorinstanz hat auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer zwischen der türkischen und der schweizerischen Kultur hin- und hergerissen ist, sowie auf seine unstabilen Familienverhältnisse ausdrücklich hingewiesen. Sie hat diese Umstände also in ihre Überlegungen miteinbezogen und zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt. Es mag allerdings auch angemerkt werden, dass der Beschwerdeführer bei der Tatbegehung schon über vier Jahre in der Schweiz weilte, ihm also die schweizerische Mentalität nicht mehr fremd sein konnte und durfte.
Im übrigen wusste der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Aussagen, dass auch in seinem Heimatland die Vergewaltigung von Prostituierten mit Strafe bedroht ist. Es hilft ihm nicht, dass dies in der Türkei angeblich privilegiert wird; da seine Tat auch in der Türkei grundsätzlich strafbar gewesen wäre, was er wusste, ist Strafminderung von vornherein ausgeschlossen (in diesem Sinn auch HIRSCH, a.a.O.). Abwegig ist schliesslich die Bemerkung des Beschwerdeführers, eine Frau, die nach Mitternacht Autostop mache, werde "sogar in hiesigen Breitengraden oft als nichtehrbare Frau betrachtet"; zu Recht hat dieses Argument bei der Strafzumessung der Vorinstanz keine Rolle gespielt. Nach dem Gesagten geht die sinngemäss erhobene Rüge, die Vorinstanz habe durch eine Ermessensüberschreitung Art. 63 StGB verletzt, fehl.BGE 117 IV 7 (9)